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Last Desire 6.5

Just another Desire
von

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Ein offenes Gespräch

In den nächsten drei Tagen versuchte Jeremiel noch mehrmals, mit Liam zu sprechen, doch dieser war entweder nicht da oder er war beschäftigt und hatte keine Zeit. Natürlich war Jeremiel nicht blöd und hatte schon längst gemerkt, dass Liam ihm absichtlich aus dem Weg ging. Und so langsam wurde das einfach unerträglich für ihn. Das schlug sich auch schnell auf seine Laune nieder. Meist saß er in seinem Zimmer und las Bücher oder löste Rubrikwürfel oder ähnliche Rätselspiele, er verlor jeglichen Appetit und war zudem auch ziemlich niedergeschlagen. Natürlich blieb das nicht unbemerkt. Johnny versuchte ihn irgendwie auf andere Gedanken zu bringen, wenn er nicht gerade beschäftigt war, sich um Mr. Fincher und Norman zu kümmern, die da schon seit Tagen im Keller eingesperrt waren und immer noch für ihr Vergehen büßen mussten. Auch Delta gab sein Bestes um „Engelchen“ irgendwie aufzumuntern, aber nichts wollte wirklich klappen. Schließlich setzten sich die beiden Unvergänglichen zusammen um zu beratschlagen, was sie tun sollten. „Ach Mensch Darling, so langsam weiß ich wirklich nicht mehr weiter. Egal was wir machen, Engelchen ist vollkommen depressiv und lässt sich einfach nicht mehr aufmuntern. Und Liam sieht auch immer unglücklicher aus.“

„Jerry hat nun mal Liebeskummer, wundert dich das? Wenn Liam nicht so einen verdammten Stock im Arsch hätte, dann bestünde dieses Problem jetzt nicht. Er hat einfach zu viel Schiss, dass er Jerry noch mal was antun könnte, dass er sich so dämlich anstellt.“

„Naja verübeln kann man es ihm ja nicht, oder? Immerhin hat er schon Nikolaj verloren und Engelchen ist nur ein Mensch.“

„Stimmt. Wenn Liam für immer mit ihm zusammen bleiben will, dann muss er ihn zu einen von uns machen. Und ich glaube, dass er das nicht will. Zumindest nicht ohne Jerrys Einverständnis.“

„Eine wahre Tragödie. Ich kann mir schon vorstellen, dass er Angst hat, dass er sich emotional zu sehr an Engelchen bindet und dann noch so wird wie Eva. Solange er eine emotionale Distanz zu den Menschen wahren konnte, hat er unter ihnen leben und seine Bürde als Unvergänglicher tragen können. Aber wir wissen ja, wie das mit Eva ausgegangen wäre, wenn Liam sie damals nicht aufgehalten hätte.“

„Erinnere mich bloß nicht daran. Ich hab schon immer gewusst, dass die Alte einen Dachschaden hat.“

„Eva liebt die Menschen zu sehr. Das ist das Verhängnisvolle und Liam fürchtet sich davor, auch Engelchen zu sehr zu lieben. Und er will ihm auch nicht die Chance nehmen, ein normales Leben zu führen. Immerhin wäre Engelchen zu einem ewigen Leben gezwungen und das kann man nicht wirklich von ihm verlangen.“ Stimmt, dachte Johnny und schob sich einen Streifen Kaugummi in den Mund. Sonst wird der arme Kerl noch genauso bescheuert wie wir. Da kann man Liam schon verstehen, dass er ihm das ersparen will. Aber so wie jetzt kann es auch nicht weitergehen. Schön und gut dass ich das wenigstens jetzt mal mit Delta geklärt habe, aber mit Jerry und Liam müssen wir uns echt was einfallen lassen. „Und wenn du Liam mal den Kopf wäschst? Immerhin ist das dein Job!“

„Ich weiß, aber du kennst ihn doch, Darling. Er ist so ein verdammter Sturkopf, mit dem kann man einfach nicht vernünftig reden. Ich überlege echt schon, ob wir nicht vielleicht Eva kontaktieren und sie fragen sollten.“ Sie grübelten die ganze Zeit, ohne auf eine Lösung zu kommen. Da die Rumsitzerei zu nichts führte, beschloss Johnny, sich wieder den V.I.P.s zu widmen und ihnen mal wieder zu zeigen, wo der Hammer hing. Delta hingegen beschloss, es noch mal mit einem Gespräch mit Liam zu versuchen in der Hoffnung, dass dieser mal endlich von seinem Dickschädeltrip herunterkam und vernünftig mit sich reden ließ. Denn so konnte es auf Dauer wirklich nicht weitergehen und Delta konnte auch nicht mit ansehen, wie Liam und Jeremiel so vor die Hunde gingen, nur weil sich dieser Idiot so verdammt stur stellte und sich sein eigenes Glück verbaute.

Er traf den Mafiaboss in seinem Zimmer, wo er gerade dabei war, ein paar Röntgenaufnahmen zu studieren. „Schon wieder einen Patienten?“

„Ein 12-jähriges Mädchen, das einen Hirntumor hat. Ihre Eltern sind gestorben, die Großeltern mittellos. Wenn der Tumor nicht entfernt wird, stirbt sie garantiert. Und dann habe ich noch einen Familienvater, der dringend eine Spenderniere braucht. Die Niere wäre da, aber er hat kein Geld für die Transplantation. Also werde ich das übernehmen.“ „Das sind die Seiten an dir, die ich am meisten an dir liebe, Herzchen. Du hast wirklich ein gutes Herz.“

„Sag schon was du willst.“ Liam war schon so gereizt, seit er Jeremiel zurückgewiesen hatte und das bekamen insbesondere seine Leute zu spüren, weil er nun noch kaltschnäuziger war als ohnehin schon. Der Kimonoträger setzte sich zu ihm hin und überkreuzte die Beine, wobei er auch die Arme verschränkte und ihn mit einem strengen Lehrerblick anfunkelte. „Herzchen, wir müssen mal ernsthaft miteinander reden. So kann das doch echt nicht weitergehen. Ich sehe doch, dass du total unglücklich bist und Engelchen leidet auch wie ein Schlosshund. Was hält dich davon ab, es mit Engelchen zu versuchen? Er hat dir doch seine Liebe gestanden und wenn du endlich mal diesen blöden Stock aus deinem Arsch ziehen und endlich mal Eier in der Hose haben würdest, dann würdest du dich nicht so anstellen. Meine Güte, du wolltest seine Liebe doch, oder etwa nicht? Wovor fürchtest du dich denn so? Etwa davor, dass du ihm wehtun könntest? Oder hast du Angst, ihn zu verlieren? Wenn es das ist, dann kann ich dich nur beglückwünschen: du bist nämlich auf dem besten Weg dahin.“ Liam legte die Aufnahmen beiseite und wirkte sichtlich gereizt. Aber Delta merkte schon, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. Schließlich aber senkte Liam geschlagen den Blick und erklärte „Ich könnte es nicht ertragen, ihm noch einmal so wehzutun wie an dem einen Abend. Ich will ihn beschützen, auch vor mir selbst.“

„Weißt du eigentlich, was für eine gequirlte Scheiße du da redest? Du tust ihm weh, wenn du ihn einfach zurücklässt. Wofür war das dann eigentlich alles? Engelchen hat sich solche Mühe gegeben, dich Hornochsen endlich mal zu verstehen und hat es sogar geschafft, seine Gefühle für dich zu erkennen und dir sogar seine Liebe zu gestehen. Deine Zurückweisung verunsichert ihn doch total und nun leidet er. Was soll er denn jetzt tun, hm? Er ist doch total auf dich fixiert wie ein kleines Hündchen. Johnny und ich sind zwar seine Freunde, aber wir können ihm nicht das geben, was du ihm geben kannst. Er wird nur noch unglücklicher werden, wenn du nicht endlich aufhörst zu denken, du wärst eine Gefahr für ihn.“

„Bin ich es denn nicht? Delta, wir sind eine Mafiaorganisation, schon vergessen? Das ist nicht seine Welt und ich will ihn nicht in Gefahr bringen.“

„Daran hättest du mal vorher denken können, bevor du und Eva ihn wiederbelebt und sein wahres Ich erweckt habt. Warum hat er wohl keine Erinnerungen, hä? So langsam glaube ich nämlich, dass Eva absichtlich seine Erinnerungen gelöscht hat, damit es ihm leichter fällt, sich für ein Leben an deiner Seite zu entscheiden. Er hat doch sonst niemanden außer uns. Sprich doch mit ihm, verdammt.“

„Er hat einen Bruder und ich will ihm nicht die Chance nehmen, ein normales Leben zu führen. Und ich habe begriffen, dass eine Liebe zwischen Menschen und Unvergänglichen nicht möglich ist. Es tut mir leid für Jeremiel, aber es ist das Beste für ihn und eines Tages wird er das auch verstehen.“ Doch Delta schüttelte verständnislos den Kopf und hätte Liam am liebsten eine reingehauen. Dieser verdammte Vollidiot, dachte er und musste sich wirklich zusammenreißen, um nicht noch lauter zu werden. „Du kannst hier nicht entscheiden, was das Beste für ihn ist und was nicht. Das ist immer noch seine Entscheidung, also lass ihn doch entscheiden und hör auf, dich die ganze Zeit so verrückt deswegen zu machen.“ Liam wandte den Blick ab und schwieg. Delta hatte ja schon Recht, aber trotzdem konnte er sich einfach nicht überwinden. Der Kimonoträger schüttelte den Kopf und gab ihm dann einen Klaps auf den Hinterkopf. „Du bist ein unverbesserlicher Idiot, weißt du das? Mensch, du machst dir alles manchmal viel komplizierter als nötig. Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass Engelchen auch ein Wörtchen mitzureden hat? Also jetzt steh verdammt noch mal auf und rede mit ihm, oder ich trete dich zur Tür raus!“ Und damit zerrte Delta ihn vom Stuhl hoch und ging mit ihm zur Tür. Widerwillig folgte Liam ihm und als sie schließlich Jeremiels Zimmer erreichten, da stieß Delta ihn einfach hinein und schloss die Tür ab. „So Herzchen, ich lass dich erst raus, wenn ihr das geklärt habt. Und wenn du versuchen solltest, die Tür aufzubrechen, dann werde ich noch schwerere Geschütze auffahren. Und glaub mir: das willst du sicherlich nicht erleben!“ „Alter Schwede“, bemerkte Johnny, der gerade hinzugekommen war. „Das war ja mal der Oberhammer. Und was jetzt?“

„Aufpassen, dass er nicht tatsächlich versucht, die Tür aufzubrechen. Durchs Fenster wird er wohl kaum türmen, das wäre echt zu kindisch. Aber wer nicht hören will, der muss fühlen. Und die Kinderstunde ist vorbei.“

„Du bist echt der Teufel, Delta.“
 

Jeremiel hatte gar nicht so wirklich registriert, was denn eigentlich passierte. Er hatte gerade an einem Tisch gesessen und ein Kartenhaus gebaut, doch da hatte plötzlich Delta die Tür geöffnet und Liam ins Zimmer hineingestoßen. Dieser versuchte erst die Tür zu öffnen, welche jedoch abgeschlossen war und schlug gegen die Tür wobei er gereizt rief „Delta, hör sofort auf mit dem Blödsinn und lass mich sofort hier raus!“ Doch das hatte keinen Sinn. Delta wollte ihn nicht rauslassen und sich mit Gewalt befreien wollte Liam auch nicht so wirklich. Das würde wahrscheinlich nur noch mehr Stress mit ihm geben. Also gab er es auf und seufzte geschlagen. Er wandte sich Jeremiel zu, der mit seiner Arbeit aufgehört hatte und ihn fragend ansah, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Man sah auch, dass er kaum geschlafen hatte. Er hatte leichte Augenringe, war blass und abgebaut hatte er auch. Und das alles nur meinetwegen, dachte Liam als er ihn so sah. Ihn plagte schon das schlechte Gewissen, doch so wirklich zeigen konnte er das nicht. Aber Jeremiel sah es schon längst. Und anstatt, dass er mit irgendwelchen Vorwürfen kam oder sagte, wie schlecht es ihm ging, fragte er besorgt „Alles in Ordnung mit dir?“ Liam blieb stehen und zögerte erst, näher zu kommen. „Delta spinnt rum, das ist alles…“ „Bist du dir sicher?“ hakte der 25-jährige nach und erklärte „Du siehst ziemlich blass aus. Geht es dir nicht gut?“

„Du solltest dir mal mehr Sorgen um dich machen. Hast du dich mal im Spiegel angesehen?“ Jeremiel senkte den Blick und schwieg. Er machte zuerst einen verschüchterten Eindruck, aber in Wahrheit war er vollkommen niedergeschlagen, ohne es wahrscheinlich selbst zu verstehen. Ihn so zu sehen ließ Liams Vorhaben vergessen und er ging zu ihm hin. Obwohl er vehement Distanz zu ihm wahren wollte, weil er es als das Beste für alle Beteiligten erachtete, verringerte er nun den Abstand und blieb dann direkt vor ihm stehen. Und es kostete ihn eine enorme Willenskraft, ihm nicht noch näher zu kommen. „Ich hatte geschäftlich viel zu tun und musste einige Operationen durchführen“, erklärte er, um Jeremiels Frage zu beantworten. Natürlich war das gelogen. Wegen so etwas würde er gewiss nicht so aussehen. Aber er wollte einfach nicht, dass Jeremiel etwas merkte und dann die Wahrheit wusste. Doch immer noch sah dieser ihn mit fragendem Blick an und schien wohl nicht so ganz zu glauben, was Liam da sagte. Es herrschte ein unangenehmes Schweigen zwischen ihnen und der Mafiaboss überlegte schon, ob er nicht vielleicht doch das Risiko eingehen und einfach die Tür eintreten sollte. Aber gleich schon, als er diesen Plan tatsächlich in die Tat umsetzen wollte, da stand Jeremiel auf und hielt ihn am Arm fest und fragte ganz direkt und beinahe schon mit der unwissenden Unschuld eines Kindes „Warum gehst du mir immer aus dem Weg, Liam? Wovor hast du Angst?“ „Ich hab keine Angst“, erklärte dieser gereizt und riss sich los, wobei er aber Jeremiel so unglücklich stieß, dass dieser den Halt verlor, gegen den Tisch prallte und sich beim Sturz den Kopf anschlug. Er stürzte zu Boden und sofort war Liam bei ihm. „Hey, geht es dir gut?“ Er kniete sich neben ihn hin und sah sich die Verletzung an. Zum Glück war es nichts Ernstes, aber im Grunde bestätigte dieser Vorfall ihn wieder genau darin, was ihm keine Ruhe ließ: er war eine Gefahr für ihn. „Siehst du es jetzt?“ fragte er und senkte den Blick. „Egal was ich auch mache, ich werde dir immer nur wehtun, obwohl ich dich doch nur beschützen will.“

„Aber es ist doch nichts passiert und es war doch ein Versehen“, wandte der 25-jährige ein und stand wieder auf, wobei er vorsichtig die Stelle an seinem Kopf betastete und vor Schmerz das Gesicht leicht verzerrte. „Du musst mich doch nicht stets und ständig beschützen. Ich bin doch nicht aus Glas und kann schon was aushalten.“

„Das hat mir aber bei deiner Entführung ganz anders ausgesehen. Schon mal darüber nachgedacht, was dir noch geblüht hätte, wenn Delta, Johnny und ich dich nicht befreit hätten? Dieser Fincher hätte dich nicht bloß zu seinem Sexsklaven abgerichtet, der hätte dich so verstümmelt, dass von dir kaum noch etwas übrig geblieben wäre. Dich kann man kaum alleine lassen, ohne dass du dich in Schwierigkeiten bringst. Und ich könnte es einfach nicht ertragen, dich noch einmal zu verlieren!“ Wieder sah Jeremiel ihn schweigend an und war sich offenbar nicht sicher, was er tun sollte. Dann aber nahm er Liams Hand, hielt sie fest und sah ihm tief in seine dunkelroten Augen. „Was kann ich denn tun, damit du keine Angst mehr haben musst? Ich kenne mich leider überhaupt nicht mit solchen Dingen aus und weiß deshalb nicht, was ich tun kann. Wenn du einen Weg weißt, dann sag es mir.“ Doch Liam schüttelte den Kopf und sagte nur „Ich kann das nicht von dir verlangen, Jeremiel.“ Aber der 25-jährige ließ einfach nicht locker und sah ihn fragend und mit einem fast schon unglücklichen Blick an. „Was ist es denn? Ist es etwa so schlimm?“

„Ist dir denn nicht klar, dass wir beide in verschiedenen Welten leben?“ rief Liam und erschrocken zuckte Jeremiel zusammen, da er mit diesem plötzlichen Ausbruch nicht gerechnet hatte. Doch er wich nicht vor ihm zurück oder hatte Angst. Er wartete einfach darauf, dass Liam endlich sagte, was das Problem war. „Ich bin unvergänglich, genauso wie meine Familie. Johnny, Delta und Marcel sind aus Fragmenten meines Bewusstseins erschaffen worden, weil ich sonst niemanden hatte. Wir hören niemals auf zu existieren und deshalb werde ich dich wieder verlieren, weil du nur ein Mensch bist. Im Grunde ist das Ganze doch von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ich kann nichts dagegen tun, dass ich unvergänglich bin. Der einzige Weg, dass wir für immer zusammenbleiben können wäre, wenn du ebenfalls zu einem Unvergänglichen wirst. Und das würde bedeuten, dass du dieselbe Bürde tragen musst wie ich und die anderen. Du könntest kein normales Leben führen wie andere Menschen und würdest jeden auf der Welt irgendwann sterben sehen. Das kann ich nicht von dir verlangen.“ Damit wollte Liam nun endlich gehen, denn für ihn hatte sich damit das Thema erledigt. Was sollten sie denn auch sonst noch besprechen? Jeremiel würde selbst sagen, dass er das nie und nimmer wollte. Es hatte einfach keinen Sinn. Es war eine absolut unmögliche Geschichte wie bei… wie bei… na Romeo und Julia! Zwei verschiedene Welten mit einer unglücklichen Romanze und einem absolut beschissenen Ende. Nie und nimmer wollte er Jeremiel so etwas antun und ihm sein Leben als normaler Mensch nehmen. Aber dann sagte der 25-jährige etwas, das ihn nun völlig aus der Bahn warf und ihn so überraschte, dass er gar nichts mehr sagen konnte. „Aber wenn man bei dem ist, den man liebt, dann… dann ist es doch nicht so schlimm wie du sagst. Ich habe keine Erinnerungen an mein altes Leben. Ich kann nicht sagen, ob ich als normaler Mensch glücklich sein kann oder nicht. Das Einzige, was ich vielleicht will ist, meinen Bruder kennen zu lernen. Und wie ich erfahren habe, so habe ich nie wirklich gelebt. Ich war nie glücklich oder traurig und hatte nichts und niemanden. Im Grunde sind du, Delta und Johnny die Einzigen, die mir nahe stehen. Deshalb denke ich nicht, dass es mir so viel ausmachen würde, als Unvergänglicher bei dir zu bleiben.“

„Das sagst du jetzt. Aber spätestens wenn du deinen Bruder triffst oder einen anderen Menschen findest den du sehr gerne hast, dann wirst du dich dagegen entscheiden. Glaub mir!“

„Warum lassen wir es dann nicht auf einen Versuch ankommen?“ fragte Jeremiel ganz einfach und sein Verhalten gab Liam, der seinerseits immer heftiger reagierte, immer mehr Rätsel auf. „Wieso machen wir es nicht einfach so: ich werde meinen Bruder treffen und dann entscheiden, welches Leben ich mir besser vorstellen kann. Ein Leben mit dir oder ein Leben als normaler Mensch.“ Eigentlich war das ja ein guter Vorschlag, gegen den man nichts einwenden konnte. Aber dennoch war Liam skeptisch. „Wenn du zu deinem Bruder gehst, dann… dann wirst du nicht mehr zu mir zurückkehren wollen. Ich kann dir das auch nicht verübeln. Nach allem, was ich dir angetan habe… wer würde denn freiwillig zurückkommen?“ Da Worte offenbar nichts brachten, entschloss sich Jeremiel kurzerhand für etwas anderes. Also stellte er sich auf die Zehenspitzen und küsste Liam. Dabei dachte er sich nicht viel. Er sah es einfach als die wohl beste Methode an, um endlich dieses ganze Hin und Her und Wenn und Aber aus der Welt zu schaffen. Er ließ sich einfach mal von seinem Gefühl leiten. „Ich bin schon ein Mal zu dir zurückgekehrt“, erklärte er und umarmte den Unvergänglichen. „Und deshalb werde ich auch dieses Mal wieder zu dir zurückkehren. Ich liebe dich und ich bin dir auch nicht böse deswegen, was passiert ist. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen und du hast mir ja nicht aus böser Absicht wehgetan. Zwar mag es sein, dass du ein Mafiaboss bist und kriminelle Geschäfte am laufen hast, von denen ich besser nichts wissen sollte. Und es mag wohl sein, dass das nicht meine Welt ist, weil ich mit Verbrechen nichts zu tun haben will. Aber ich weiß, dass du auch ein gutes Herz hast, selbst wenn du kriminelle Geschäfte machst. Du hast mich gerettet und du operierst Menschen, die mittellos sind und Hilfe brauchen. Mag sein, dass in deinem Herzen eine große Finsternis existiert. Wir waren ja dort in dieser dunklen Stadt. Du hast dein Licht komplett verschlossen und ich dachte mir: wenn du dein Licht nutzt, um die Stadt zu erleuchten, dann wird die Finsternis nicht mehr ganz so stark sein wie vorher. Und dann gäbe es überall etwas Licht. Solange du dieses Licht in dir drin nicht verwirfst, habe ich doch gar keinen Grund dazu, nicht mehr zu dir zurückzukommen.“

„Du hast dich wirklich nicht verändert“, seufzte Liam geschlagen und erwiderte die Umarmung. „Obwohl seit damals über 400 Jahre vergangen sind und du dich nicht an dein altes Leben erinnerst, sagst du noch genau die gleichen Worte zu mir wie damals. Als würde in diesem Moment die Zeit wieder zurückgedreht werden…“

Liam hielt ihn fest an sich gedrückt, als wolle er ihn nie wieder loslassen und Jeremiel spürte die tief verborgenen Emotionen. Aber nun verstand er wenigstens, was da die ganze Zeit zwischen ihnen gestanden hatte. Liam wurde von Ängsten und Zweifeln geplagt. Angst davor, dass er die Person verletzen oder verlieren könnte, die er liebt und Zweifel davor, ob er der Richtige war. Zwar konnte Jeremiel auch nicht wirklich die Ideallösung präsentieren, denn er war ja selbst recht überfragt mit der ganzen Situation, aber er glaubte, dass er mit seinem Vorschlag doch eigentlich eine ganz gute Lösung gefunden hatte. So konnte er für sich die beste Entscheidung treffen und auch Liam Gewissheit geben. Natürlich wollte er nach wie vor unbedingt seinen Bruder L kennen lernen und mehr über ihn und sich selbst wissen. Auch wenn sein Leben bis vor seiner Amnesie nicht gerade eines gewesen war, auf das man hätte stolz sein können. Und er wollte ja auch gerne bei Liam bleiben. Er verstand sich auch wunderbar mit Johnny und Delta und hatte die beiden richtig gern. Und er konnte auch seine Gefühle für Liam nicht verleugnen. Er sah auch keinen Grund dazu, es zu tun. Egal was auch kam, er würde sein Versprechen halten und zu ihm zurückkehren.

Schließlich, nachdem sie sich so eine Weile in den Armen lagen, da löste sich Liam ein wenig von ihm und strich sanft über seine Wange. Etwas Seltsames lag in seinem Blick. Es war nicht mehr dieser kühle Ausdruck wie sonst. Nein, er wirkte viel wärmer und emotionaler als sonst. Als würde er nun endlich damit beginnen, ihm auch sein Herz zu öffnen, nachdem die letzten Zweifel beseitigt waren. Und dennoch klang er fast schon unsicher, als er fragte „Darf ich dich berühren?“ Einen Augenblick ließ sich Jeremiel noch Zeit mit der Antwort, denn er wusste, was folgen würde, wenn er sein Einverständnis gab. Aber es war nicht so, dass er es überhaupt nicht wollte. Er war nur nervös und hatte auch ein Stück weit Angst. Aber er vertraute Liam und sagte „Wenn du mir versprichst, mir nicht wehzutun…“

„Das werde ich nicht. Dieses Mal nicht… versprochen.“
 

Delta hatte sein Ohr gegen die Tür gedrückt, während Johnny neugierig durchs Schlüsselloch lugte und sah, was da drinnen vor sich ging. Zwischendurch hatten sie ja echt befürchtet gehabt, dass Liam gleich die Tür aufbrechen und ihnen beiden noch das Fell über die Ohren ziehen würde, aber anscheinend hatte die Methode „Im Raum einschließen und erst rauslassen, wenn alle Konflikte behoben sind“ echt gut gewirkt. Tja, Delta wusste eben, was am Besten in so einer Situation half. Als sie dann aber merkten, dass es langsam interessant wurde, da zerrte Delta Johnny vom Schlüsselloch weg und grinste breit. „Oh ich glaube jetzt wird es richtig heiß!“ „Ja und genau jetzt wäre der passende Zeitpunkt, die beiden in Ruhe zu lassen.“ Damit zog Johnny den Kimonoträger am Ohr von der Tür weg. Dieser zog eine Schmollmiene und jammerte „Ach komm schon, Darling. Jetzt tu doch nicht so, als würdest du das nicht auch gerne sehen.“

„Ja schon, aber denk mal nach, was uns blühen wird, wenn Liam davon spitzkriegt. Der wird uns den Arm abreißen und uns so tief in den Arsch reinrammen, dass wir uns von innen den Hals kratzen können. Und darauf habe ich keine Lust. Und überhaupt: Jerry ist ein guter Freund und da bin ich nicht sonderlich erpicht darauf, ihm und Liam zuzuschauen. Ist ja nicht jeder so versaut und pervers wie du!“

„Ja und? Ich liebe es nun mal Erotisch.“

„Du bist einfach bloß sexsüchtig, das ist alles… Echt unglaublich dass ausgerechnet ich das mal sage: es gibt auch mal Grenzen! Also lass den beiden die Privatsphäre.“

„Nun gut, aber dafür hast du einiges wieder gutzumachen, Darling!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2014-11-06T08:02:40+00:00 06.11.2014 09:02
Kawai^^ :3
Das Kapi war so sweeetttttt^^
*macht eine glückliche Katzenschnute*
Von:  pri_fairy
2014-11-05T21:36:19+00:00 05.11.2014 22:36
richtig süßes Kapitel!:*
bin ich froh, dass die sich vertragen haben :)
*einfach nur glücklich*


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