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Homoarsch

schrieben sie
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Herzlichen Dank an Goetheraserei, für deinen langen und konstruktiven Kommentar! Ich werde gerne noch darauf eingehen!
Ebenso bedanke ich mich bei Vickie für deinen Eindruck! Und jyorie sowie May_Be! Es freut mich sehr, dass dieses kurze Projekt Leser gefunden hat - vor allem, da es ja keine FF im eigentlichen Sinne ist, sondern eine originale Geschichte.

Biel Spaß beim Lesen wünscht euch
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Bete nicht für mich (Don't pray for me)


 

Kapitel 8

Bete nicht für mich (Don't pray for me)

You're fucking crazy, if you think that I'll ever change

I am mine, I am me, I'll never change my ways

I must've a route to escape.

(Asking Alexandria – Don't pray for me)
 


 

Nachdem sie nach einer guten Stunde wegen meines Drängens doch gegangen war, stand ich am Fenster und schaute in die Dunkelheit. Es war November. Die Tage so kurz und die Nächte lang und kalt. Normalerweise, wäre er jetzt bei mir. Wir würden vielleicht einen Film zusammen sehen und immer mal wieder etwas naschen. Aber seit Tagen meldete er sich nicht. Auf meine Nachrichten und Anrufe bekam ich keine Antworten. Er war nicht da.

Er hatte mich allein gelassen. Liebe war Liebe. Manchmal ging sie vorüber.
 

Die Schule zog sich. In der Pause schlenderte ich vom Bäcker über den Schulhof.

»Aber ihr klebt immer aneinander und –«

Sarah verstummte, als sie entdeckte, wie ich mich ihr und meiner Freundin näherte.

»Das haben wir schon immer!«, empörte die sich und warf mir einen genervten Blick zu, obwohl ich mich für unschuldig hielt. »Was ist denn jetzt wieder los?«, fragte ich und konnte nur schwer verbergen, dass es mir eigentlich egal war.

»Es geht ein Gerücht um«, erklärte sie und fixierte Sarah düster, die schaute unbeeindruckt zurück.

»Das Gerücht kommt nicht von mir!«, beteuerte sie stur. Meine Freundin schnaubte.

»Jedenfalls heißt es, dass du und ich – dass wir zusammen wären. Und –«

Sie verstummte und trat von einem Bein auf das andere, als brachten die ungesagten Worte sie dazu.

»Und?«, hakte ich nach.

Allein mein Ton verbat alle Ausflüchte.

»Und dass du deswegen Schluss gemacht hättest.«
 

Nach Schulende wollte sie mich wieder nach Hause begleiten, aber ich schüttelte den Kopf und meinte nur, dass ich noch etwas zu erledigen hätte. Sie wollte nachfragen, doch ich unterbrach sie.

»Alleine«, teilte ich ihr kühl mit.

Ich kannte seine Adresse nur von seinem Handyeintrag in meinem Smartphone.

»Man weiß ja nie«, hatte er gemeint, »aber besser wär's, du würdest dort nie auftauchen.«

Zielstrebig schritt ich auf das Haus zu. Der Garten war offensichtlich gut umsorgt. Irgendwie hatte ich es mir immer etwas schäbig vorgestellt. Doch das Gegenteil war der Fall. Ich stand vor einer verdammten Villa. Als ich klingelte und er öffnete, erstarrte ich. Dort stand er und sah mich an, als sähe er einen Geist. Vielleicht sah ich wirklich wie einer aus, denn ich spürte, wie alles Blut in meine Beine sackte, mein Gesicht kalkweiß.
 

»Was – machst du hier?«, stolperte er über seine eigenen Worte.

Zuerst schwieg ich, denn ich wusste nicht mehr, warum ich hier vor ihm stand. Er schien so vertraut, seine Stimme, sein Mund, seine Augen, das Haar, alles an ihm. Aber ich konnte die Distanz nicht überwinden, die sich zwischen uns aufbaute. Eine Entfernung, die nichts mit Metern zu tun hatte.

»Du«, hauchte ich und räusperte mich sofort, als meine Stimme versagte, »du hast gesagt, dass uns niemand vorschreiben dürfte, was Liebe wäre oder wie oder mit wem. Aber jetzt – ich bin dir egal geworden. Oder?«

Ich wollte, dass es gleichgültig klang. Doch das Zittern in meiner Stimme verriet mich.

Er machte einen Schritt nach hinten und bedeutete mir, in das Haus einzutreten. Er ging vor, stieg eine Treppe hinauf, während er mir leise erklärte, was ich nicht hören wollte.

»Sie werden nicht damit aufhören. Du wirst jeden Tag Angst haben, wenn du die Straße entlang gehst. Es sei denn –«, er stockte, beinahe unmerklich, aber ich hörte es trotzdem, »du hörst auf, eine Schwuchtel zu sein.«

Er öffnete eine Tür und ließ mich eintreten. Zum ersten Mal sah ich sein Zimmer, doch ich hatte keinen Blick dafür übrig. Meine Gesichtszüge entgleisten, als ich endlich etwas begriff.

»Du«, grollte ich, »du hast das rumerzählt!«

»Nein«, behauptete er, doch sein Blick flüchtete vor meinem, als er die Tür hinter sich schloss und er zu spät fragte: »Was meinst du?«

»Du hast das in die Welt gesetzt! Dass ich mit dir Schluss gemacht hätte, weil ich jetzt mit meiner Freundin zusammen wäre und –«

Mir ging die Luft aus, so hektisch ratterte ich alles herunter. Der Zorn nahm mir die Luft zum Atmen.

»Warum glaubst du auch nur eine Sekunde, dass es so besser wäre?«, schrie ich plötzlich. »Du hast gesagt, dass es dir egal ist, was andere sagen! Du – du hast gesagt, dass du immer zu mir stehst!«
 

Er schwieg, betrachtete mich kurz, wandte sich dann an mir vorbei und startete seinen Laptop, der auf dem Bett lag.

»Was soll das? Was –«

Er gab sein Passwort ein.

»Hast du wenigstens gerafft, was ich –«

Er wendete den Bildschirm in meine Richtung.

»Lies«, forderte er mich auf und sagte sonst nichts.

Ich weiß nicht, was mich seiner Aufforderung folgen ließ. Vielleicht waren es die blauen Augen, in denen etwas stand, was ich vorher niemals gesehen hatte. Es war keine Furcht. Kein Amüsement. Kein Funkeln. Dort stand Resignation. Und es zog mir den Boden unter den Füßen weg und die Kraft zum Schreien.

Ich setzte mich auf den Rand seines Bettes und zog den Laptop näher.

Facebook war geöffnet.

»Homoarsch«, stand dort. In Nachrichten, auf seiner Pinnwand.

»Warum hast du nicht –«

»Ich habe sie blockiert und solche Nachrichten und die Absender bei facebook gemeldet. Meine Privatsphäreeinstellungen habe ich seitdem auf Freunde begrenzt. Als sie das gemerkt haben –«, er ging hinüber zum Schreibtisch, kramte in einer Schublade und zog scheinbar willkürlich etwas hervor, »haben sie damit angefangen.«

Er schob mir einen zerknüllten Zettel zu.

»Es ist sinnlos. Es wird nie aufhören, verstehst du?«
 

»An Homoarsch. Wir machen dich fertig. Du wirst schon sehn. Und dein Schwuchtelfreund auch.«
 

»Zwei Tage später hast du im Krankenhaus gelegen. Glaubst du, dass es da noch wichtig ist, ob es mir egal ist, was andere denken? Oder was ich alles zu dir gesagt habe?«

Liebe war Liebe. Auch, wenn man ging, weil man glaubte, dass der andere ohne einen besser dran war.

Er legte sein Gesicht in die Hände, rieb fahrig mit einem Arm über seine Augen, aber als er mich ansah, waren da keine Tränen, nur Resignation in seinem Blick.

»Das nächste Mal hätten sie dich vielleicht –«

Er brachte den Satz nicht zu Ende, doch in diesem Moment verstand ich, dass Menschen wegen Liebe nicht nur Worte sagten oder Versprechen gaben. Liebe war nicht perfekt und es war oft nicht, wie man es sich vorstellte. Meistens war es nämlich verdammt schwer.

Ich atmete tief durch und lehnte mich zurück, starrte an die Decke.

»Du – wolltest mich beschützen?«, flüsterte ich wie erschlagen.
 

Jemand meinte mal zu mir, dass Liebe Liebe war. Damals hatte ich nicht begriffen, wie kompliziert Liebe sein konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  _Risa_
2014-12-18T11:11:24+00:00 18.12.2014 12:11
Das wirft schon ein ganz anderes Licht auf ihn. *Finger heb* trotzdem ist er aus dem Krankenhaus abgehauen :( *grummel*
Dass er ihn beschützen will und deswegen Gerüchte in die Welt setzt, erscheint zuerst mal sehr "edel", nur brachte und bringt es nichts. Er hat ihn ja nur noch mehr Kummer und Selbstzweifel bereitet. Aber sehr schön geschrieben :(

Nur ein kleiner Punkto Klischees: fertisch und kanst? Das ist iwie so das Klischee vom dummen Homophoben. Homophobie ist auch komplizierter als es scheint.
Antwort von:  Jaelaki
18.12.2014 15:45
Hallöchen,

zum Punkt Klischees: der Vater des anderen ist ja durchaus tendenziell homophob. Der Vater kommt allerdings aus einer »bildungsnahen Schicht«. Diese Gruppe hätte ich also schon abgegolten. Der nur eingeschränkt allgemein-gebildete Homophob durfte ebenso nicht fehlen. Auch solche Menschen gibt es ja (leider) auf der Welt.

Gruß,
Jaelaki
Von:  jyorie
2014-12-14T10:12:17+00:00 14.12.2014 11:12
Hey ٩(^ᴗ^)۶

Ich hab mich auch sehr gewundert über die Villa in der der Freund wohnt, ich hatte da auch eher an etwas gedacht wie ein herunter gekommen Haushalt und einem eher angetrunkenen Vater (vielleicht etwas von den YGO-Seto/Joey Storys vorbelastet).

Ich fand es toll, das die Geschichte schon so lange den Namen Trägt und du jetzt erst das ganze auflöst, woher das „Homoarsch SCHRIEBEN sie“ kommt, das du die ganze Zeit darauf hingearbeitet hast und jetzt das Aha-Erlebnis da war. Ich mag das total :D

Ich weiß nicht ganz ob man sich in so einer Situation freut oder ärgert, wenn man sieht, es war nur zu beschützen, hätte man das vorher gewusst welches Herzeleid hätte da vermieden werden könne. Ich bin mir auch nicht sicher ob in dem Moment Dankbarkeit/Wut/Traurigkeit das vorherrschende Gefühl wäre. Das ist so eine echte Klos-Im-Hals-Situation.

CuCu, Jyorie

Von:  Inojin
2014-12-13T10:53:52+00:00 13.12.2014 11:53
Oh man... was für ein Ende. Traurige, aber wundervolle Geschichte. Einfach ohne Worte♡


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