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Persona: Shadows of Mirror

Kagami no Kage
von

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CXXII – Vorahnung

???
 

Stille umgab sie, welche ab und zu durch ein gleichmäßiges Piepsen unterbrochen wurde. Ein sanfter Windzug berührte ihre Hände und veranlasste sie langsam ihre Augen zu öffnen. Daraufhin schaute sie auf eine dunkle Zimmerdecke, welche durch eine ihr unbekannte Lichtquelle an einer Ecke leicht erhellt wurde. Wo war sie? Sie versuchte sich aufzurichten, doch egal was sie versuchte, ihr Körper verweigerte ihr jeglichen Dienst. Egal ob sie versuchte ihre Arme oder ihre Beine zu bewegen, nichts gelang. Einzig und alleine ihre Augen taten noch, was sie wollte. So versuchte sie sich so gut es ging umzusehen. Zu ihrer Linken erkannte sie die Ansätze von Fenstern, von denen eines angekippt war, sodass die davorhängenden Vorhänge durch den hereinkommenden Wind sanft wehten. Ihr Augen wanderten weiter zu ihrer linken entlang und kamen schließlich ungefähr auf Höhe ihres Kopfes zum Stehen, wo sie einen Ständer erkannte, an welchem ein Gefäß mit einer Flüssigkeit hing. Noch ein Stück höher erkannte sie mehrere Bildschirme, auf welchen bunte Farben flackerten und von denen eindeutig das Piespen ausging. Sie schaute sich weiter um und blieb am Ende an einer Tür zu ihrer Rechten hängen. Diese stand einen Spalt offen, während darin eine junge Frau mit weißer Haube auf dem Kopf stand und sie erschrocken ansah. Plötzlich stürmte sie aus dem Zimmer und rief panisch nach dem Doktor.

In genau diesem Moment wachte Mika auf und blickte sich irritiert in dem dunklen Zimmer um, welches in der realen Welt Mirâ gehörte. Panisch sah sie in alle Richtungen und bemerkte erst nach und nach, wo sie sich wirklich befand. Zitternd legte sie sich die Hand an die Stirn, als ihr bewusst wurde, dass sie wieder einmal geträumt hatte. Und wieder war es ein solcher Traum, in dem sie sich anscheinend in einer anderen Welt befand. Was hatte das nur zu bedeuten? Zitternd nahm sie ihre Hand von der Stirn und blickte auf diese, welche sie daraufhin zu einer Faust ballte, um sie wieder zu beruhigen. Was waren das nur für Träume, die sie da heimsuchten? Und sie wurden mehr und wie sie fand auch schlimmer... Je häufiger sie einen Dungeon besuchte und je mehr Leute sich ihrer Gruppe angeschlossen hatten, desto häufiger wurde sie davon verfolgt. Seufzend lehnte sie sich gegen die Wand. Sie war müde. Der fehlende Schlaf machte ihr zu schaffen. Dass sie jemals so etwas wie Schlafmangel empfinden könnte, hätte sie vor einigen Monaten nicht einmal gedacht. Andererseits konnte sie sich auch nicht mehr genau erinnern, wie sie damals so durchgekommen war. Sie erinnerte sich, wie sie durch diese merkwürdige Welt geschlichen war, aber... hatte sie damals jemals geschlafen? Daran erinnerte sie sich nicht mehr. Jetzt jedoch war sie so unendlich müde und wollte nur noch schlafen, doch sie konnte nicht. Viel zu sehr trieb sie in diesem Moment die Angst um erneut von diesen Träumen eingeholt zu werden. Noch einmal seufzte das kleine Mädchen, eh sie sich mit Schwung erhob und dann das Haus verließ, um einen Spaziergang zu machen.
 

???
 

Langsam öffne ich meine Augen und finde mich erneut im Velvet Room wieder. Überrascht sehe ich mich um, finde dann allerdings nur ein leeres Sofa vor. Sofort überkommt mich eine böse Ahnung und ich schaue erschrocken in einen der Spiegel, die mich umgeben. Doch dieser wirkt normal. Kein dunkler Schatten wabbert um mich herum und droht mich zu verschlingen und auch kein unangenehmes Gefühl kommt in mir auf. Es schien also alles in Ordnung. Erleichtert atme ich auf und richte meinen Blick wieder auf das blaue Sofa mir gegenüber, wo ich nun plötzlich Margaret sitzen sehe, welche mich freundlich anlächelt.

"Willkommen im Velvet Room, werter Gast", begrüßt sie mich, "Verzeih, dass ich dich so unvermittelt hergestellt habe."

"Du hast mich hierhergeholt?", mit ihr zu reden fällt mir wesentlich leichter, als mit Igor.

Die Platinblonde nickt und legt das Kompendium auf den Tisch, welches sie sonst immer im Arm hält. Vorsichtig schlägt sie die erste Seite auf, woraufhin ich die Arcana mit der 0 erkenne. Auf der Seite daneben erscheinen Bilder von Momenten, an denen sich der Social Link fortgesetzt hatte und zeigen mir noch einmal, was zu dem Zeitpunkt geschehen war.

"Ich habe dich zu mir gerufen, um deinen Werdegang in Bezug auf deine Social Links zu bereden", erklärte Margaret ohne von dem Buch aufzuschauen, "Ich bin sehr über deine Fortschritte erstaunt. In den letzten Monaten hast du viele deiner Bekanntschaften stark vertieft und auch neue kennengelernt. Sie alle werden dir auf deinem Weg helfen."

Gebannt lausche ich den Worten der blonden Frau, während ich auf die geöffnete Seite des Buches starre.

Diese spricht nun weiter: „Die Arcana des Narren ist bereits auf Stufe sechs. Du selbst hast leider keinen großen Einfluss auf die Entwicklung dieser Karte. Sie entwickelt sich mit der Stärke deines Teams.“

Überrascht schaue ich auf und in das lächelnde Gesicht der Blonden. Ehrlich gesagt, habe ich bereits selber diese Vermutung gehabt. Immerhin füllte sich der Link immer nur dann, wenn wir einen Dungeon beendet und uns danach besprochen hatten. Margarets Worte bestätigten diesen Verdacht nun.

Sie blättert weiter: „Du hast es auch endlich geschafft eine Bindung zum Magier aufzubauen und ihm zwei Stufen zu verschaffen. Auch die Arcana der Priesterin hast du in der Zwischenzeit für dich gewinnen können. Wirklich erstaunlich. Dagegen hast du die Kaiserin mittlerweile auf Stufe fünf gebracht. Der Kaiser im Gegenzug ist noch auf Stufe drei.“

Immer weiter blättert sie durch das dicke Buch: „Auch den Hierophanten hast du mittlerweile eingesammelt und auf Stufe zwei gebracht. Doch lass mich dich kurz warnen.“

Sie blättert weiter auf die Karte der Liebenden: „Es kann sein, dass dir das Fortführen des Hierophanten Probleme mit der Karte der Liebenden bringen könnte. Wenn du nicht sorgsam genug bist, könnte es passieren, dass diese hier dir entgleitet.“

Ich seufze. Damit habe ich gerechnet. Kuraikos Beziehung zu Shirota war kompliziert und ihre persönliche Art machte die Sache nicht einfacher. Wenn selbst Margaret mir dahingehend einen Tipp mitgibt, muss die ganze Situation einfach kompliziert sein. Das wird mich mit Sicherheit noch einige Nerven kosten. Die Bewohnerin dieser Welt blättert weiter zur Arcana des Streitwagend, welcher sich bereits auf Stufe sieben befindet, hinüber zur Gerechtigkeit auf Stufe sechs, sowie dem Hermit auf Stufe fünf. Ich bin selber erstaunt, wie weit die meisten meiner Social Links bereits geklettert sind. In den letzten Wochen habe ich selten noch wirklich aktiv in die App geschaut, selbst wenn sie mir anzeigte, dass sich etwas getan hatte. Ansonsten wäre ich wohl wesentlich informierter, über den Werdegang. Andererseits will ich aber auch nicht ständig daran erinnert werden, dass diese Freundschaften im Zusammenhang mit meiner Fähigkeit als Wild Card stehen. Der Gedanke, dass sie zerbrechen könnten, wenn meine Aufgabe beendet ist, macht mich einfach zu fertig, weshalb ich daran nicht denken will. Wir gehen die einzelnen Arcanas weiter zusammen durch. Die Schicksals-Arcana befindet sich zu diesem Zeitpunkt auf Stufe drei, die Stärke, also Senpais Arcana, auf der acht und ist damit von allen bisherigen am weitesten geklettert. Alec mit dem Gehängten ist aktuell auf der sechs und Mika mit der Karte des Todes ebenfalls auf der acht. Ihre Arcana macht mir immer noch Sorgen, doch bevor ich mir weiter Gedanken machen kann, blättert Margaret bereits weiter zur Mäßigkeit von Megumi auf Stufe vier. Diese habe ich ja erst vor einigen Tagen wieder erweitert. Auch der Teufel von Kyo war bereits auf der achten Stufe gelandet, was mich ziemlich erstaunt, da ich mir Anfangs ja vorgenommen hatte ihm lieber aus dem Weg zu gehen. Dass ich nun doch relativ schnell so weit mit ihm gekommen bin, erstaunt mich dabei ganz schön. Matsurika mit dem Turm, Shio mit dem Stern und Amy mit dem Mond sind alle auf Stufe fünf und Hiroshi mit der Sonne am Schluss schon auf der sechs. Wenn ich richtig zähle, dann sind es alles in allem 19 Social Links, von denen ich auf 18 selber Einfluss habe. Wie genau das allerdings funktioniert, habe ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht herausgefunden. Eigentlich sind es normale Gespräche, die dazu führen, dass sie sich füllen. Allerdings nicht bei jedem x-beliebigen Gespräch, sonst wäre ich mit Akane, Hiroshi und den anderen aus meinem Team schon wesentlich weiter. Wie also…?

"Damit wären wir am Ende unserer Besprechung", schlägt Margaret ihr Buch wieder zu und holt mich damit aus meinen Gedanken.

Plötzlich bemerke ich, wie die Welt um mich herum beginn zu verschwimmen.

Doch bevor ich vollkommen wegdrifte wendet sich Margaret wieder an mich: "Ach eines habe ich noch... Du hattest uns vor einer Weile wegen der anderen Wild Cards gefragt. Halt die Augen offen, ich habe das Gefühl, dass dir bald jemand mit dieser Kraft begegnen wird."

Damit ist unser Gespräch beendet und ich stürze in tiefe Dunkelheit.
 

Montag, 28.September 2015 - Vollmond
 

Gähnend betrat Mirâ die Eingangshalle der Schule und schlurfte müde zu dem Fach, in welchem ihre Hausschuhe standen. Halb in Trance öffnete sie dieses und wechselte, einem Zombie ähnelnd, ihre Schuhe. Sie war so müde. Ganz davon abgesehen, dass die Aufräumaktion am Vorabend ziemlich lange ging und sie erst spät zuhause war, so hatte ihr der Besuch im Velvet Room den Rest gegeben. Hatte sie überhaupt geschlafen? So recht wusste sie es nicht. Sie fühlte sich, als habe sie die ganze Nacht durchgemacht.

"Ohayou Mirâ", wurde sie von der Seite freundlich begrüßt.

Sie drehte sich zu der Person um, welche sie angesprochen hatte und erkannte Akane, die sie lieb anlächelte: "Du siehst müde aus. Hast du schlecht geschlafen?"

"Ich habe das Gefühl gar nicht geschlafen zu haben", gähnte die Violetthaarige.

Ihre brünette Freundin legte fragend den Kopf schief, doch Mirâ winkte nur ab und meinte, dass es egal sei. Stattdessen setzte sie sich in Bewegung und machte sich auf den Weg zu ihrem Klassenraum. Akane schloss sich ihr an und lief dabei neben ihr her. Gerade als sie in die große Empfangshalle traten, kamen ihnen zwei Erwachsene entgegen, von denen einer der Konrektor war. Die andere Person kannte Mirâ nicht, jedoch nahm sie diese in dem Moment auch nur flüchtig wahr, immerhin war sie noch viel zu müde. Höflich verbeugten sich die beiden Mädchen, als die Männer sie passierten. Plötzlich war Mirâ wieder hellwach, als sie eine blaue Bewegung im Augenwinkel wahrnahm. Überrascht drehte sie sich noch einmal zu den beiden Erwachsenen um und erblickte dann einen strahlenden Schmetterling. Er unterschied sich eindeutig von denen, welche sie vorher bei den anderen ehemaligen Persona-Usern gesehen hatte, doch bevor sie ihn genauer betrachten konnte, war er bereits wieder verschwunden. Ebenso wie die beiden Männer, welche soeben in das Lehrerzimmer eintraten. Irritiert starrte die Oberschülerin in genau diese Richtung und überlegte, ob sie sich das gerade einfach nur eingebildet hatte oder nicht. Ein Tippen auf ihrer Schulter ließ sie wieder zurück ins Hier und Jetzt kommen und zu ihrer besten Freundin sehen.

"Ist alles in Ordnung?", fragte sie mit besorgtem Blick und sah dann in die Richtung, in die die Erwachsenen verschwunden waren, "Kanntest du den Mann?"

"Ähm nein. Nicht wirklich. Ich dachte nur, ich hätte etwas gesehen...", murmelte die Violetthaarige, welche sich wieder abwandte und nun den Weg zu ihrer Klasse antrat.

Akane sah ihr kurz irritiert nach, bevor sie noch ein letztes Mal zum Lehrerzimmer schaute und ihr dann folgte. Mirâ war bewusst, dass sie ihre beste Freundin damit verwirrt hatte, doch solange sie sich nicht sicher war, ob ihre Vermutung stimmte, wollte sie nicht darüber sprechen. Wenn sie sich nicht irrte, so hatte sie eben erneut einen ehemaligen Persona-User gesehen, aber sie wusste es nicht zu einhundert Prozent. Vor allem, da ihr der Schmetterling dieser Person merkwürdig vorkam. Er war anders, das war sicher. Aber vielleicht hatte sie ihn sich auch nur eingebildet, immerhin war sie noch nicht richtig wach. Ihr Gehirn hätte ihr also auch einfach einen Streich spielen können. Bis sie also geklärt hatte, ob und was sie gesehen hatte, wollte sie die Sache lieber erst einmal für sich behalten.
 

In der Mittagspause hatte sich Mirâ auf dem Weg zur 2-3 gemacht, in welche Kuraiko ging. Nach dem Gespräch mit Margaret, in welchem sie auf die Problematik mit Kuraikos und Shirotas Social Links aufmerksam gemacht wurde, hatte sich die Violetthaarige vorgenommen das Gespräch mit der Schwarzhaarigen zu suchen. Es musste eine Möglichkeit geben, beide Arcanas weiterzubringen, ohne dass es Probleme mit der jeweils anderen gab. Wie genau wusste sie nicht, doch sie würde es nicht herausfinden, wenn sie es nicht wenigstens versuchte. Noch einmal tief durchatmend kam sie an besagter Klasse an und lugte durch die geöffnete Tür, woraufhin ihr sofort die Schwarzhaarige in den Blick fiel. Diese saß ihr genau gegenüber, in der letzten Reihe hinten am Fenster und war gerade dabei ihre Lunchbox auszupacken. In diesem Moment schien sie jedoch Mirâ im Augenwinkel zu bemerken und sah sie argwöhnisch an, während diese nur freundlich winkte.

Kurze Zeit später fanden sich beide Mädchen in einer ruhigen Ecke des Schulgebäudes wieder; ihre beiden Bentoboxen vor sich ausgebreitet.

„Also, was wolltest du von mir?“, fragte Kuraiko unvermittelt, während sie sich ein Tamagoyaki aus ihrer Box fischte.

„Nun…“, begann Mirâ und überlegte kurz, wie sie anfangen sollte.

So richtig hatte sie sich da eigentlich keinen Plan gemacht, was sie nun schon irgendwie bereute. Doch es gab kein Zurück mehr, weshalb sie einfach ansprach, was ihr gerade in den Sinn kam:

„Erstmal möchte ich mich entschuldigen, dass ich mich schon wieder bei dir und Tsukiyama-kun eingemischt habe. Du sagtest ja, dass ich mich raushalten soll. Es ist nur…“

„Was?“, genervt hob ihre Freundin die Augenbraue.

Die Violetthaarige schluckte kurz und sprach es direkt an: „Kann es sein, dass es da etwas Unausgesprochenes zwischen euch gibt, was… naja eure Beziehung stört? Ich habe das Gefühl, dass dich etwas belastet, sobald Tsukiyama-kun auftaucht und dass du deshalb nicht möchtest, dass er in deiner Nähe ist.“

„Urgh meine Fresse! Hör auf einen auf Gutmenschen zu machen! Das nervt tierisch!“, wurde die Schwarzhaarige plötzlich laut und ließ damit ihre Freundin zusammenzucken, „Wieso kannst du dich nicht einfach raushalten, wie jeder andere!?“

„Sorry…“, beinahe wäre Mirâ wieder eingeknickt, doch dann schüttelte sie den Kopf und nahm all ihren Mut zusammen.

Sie war doch hier, um das Problem irgendwie zu lösen und nicht, um es wieder dabei zu belassen: „Ich mache mir halt Sorgen, Kuraiko! Wenn da etwas zwischen euch steht, dann solltet ihr darüber sprechen. Vor allem wenn es dich belastet. Und genau das tut es. Auch wenn du versuchst es zu überspielen. Immerhin seid ihr Kindheitsfreunde.“

„Ich überspiele absolut nichts“, kam es nur genervt zurück, was Mirâ jedoch nicht zurückhielt.

„Von wegen!“, schimpfte nun auch sie und ließ Kuraiko damit zum ersten Mal erstaunt dreinschauen, „Ständig überspielst du deine Schwächen. Das ist ja auch in Ordnung, aber mir gegenüber kannst du sie doch zeigen. Immerhin sind wir Freunde!“

Schweigen brach aus, in welchem sich die beiden jungen Frauen nur gegenseitig ansah. Dann jedoch unterbrach die Schwarzhaarige den Blickkontakt und schaute wieder auf ihre Brotdose, die immer noch gut gefüllt war.

„Oh man… du bist echt nervig…“, seufzte sie letztendlich geschlagen, „Dass wir Sandkastenfreunde sind weißt du ja bereits. Als Kinder waren wir echt dicke miteinander und haben fast jeden Tag miteinander gespielt. Bis zur Mittelschule war auch alles gut und dann plötzlich hat der Idiot angefangen mich zu meiden. Gleichzeitig veränderte er sich äußerlich auch so radikal. Sagt dir Albinismus etwas? Mit Sicherheit. Betroffenen fehlen bestimmte Farbpigmente, die Haare und Augen färben. Shirota ist davon betroffen. Eigentlich sind seine Haare schneeweiß, deshalb wirken seine schwarz gefärbten Haare auch so fehl am Platz. Wie ich herausgefunden habe, färbt er sich die Haare, weil sein Vater es so will. Er will es ihm recht machen, der perfekte Sohn sein… und dafür hat er mich einfach fallen lassen.“

Mirâ hörte schweigend zu, bemerkte jedoch, dass es Kuraiko zunehmend schwer fiel über diese Angelegenheit zu sprechen. Ihre Vermutung, dass ihre Freundin dieses Thema belastete, war also richtig gewesen.

„Im zweiten Jahr der Mittelschule kurz nach den Sommerferien war er plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Er tauchte einfach nicht mehr in der Schule auf. Unsere Klassenlehrerin erzählte mir dann, dass er ganz plötzlich die Schule gewechselt hatte. Sie konnte mir aber auch nicht sagen zu welcher Schule er gewechselt ist. Also hab ich versucht es selber herauszufinden. Mag sein, dass ich manchmal etwas komisch bin, aber Freunde sind selbst mir wichtig. Seine Großeltern haben mir letzten Endes erzählt, dass sein Vater ihn zu sich genommen hat und er deshalb die Schule wechseln musste. Sie gaben mir auch seine neue Adresse, zu der ich gegangen bin, um mit Shirota zu reden. Er meinte aber nur, dass ich verschwinden solle. Also habe ich begonnen dieses Spiel mitzuspielen und mir angewöhnt, niemand mehr näher an mich heranzulassen. Ich wollte so etwas nicht noch einmal durchmachen“, erzählte die Schwarzhaarige weiter, „Und im Führjahr tauchte er dann auch plötzlich hier auf und trat dem Botanikclub bei. Ich dachte vielleicht möchte er sich endlich mal dafür entschuldigen. Aber er kam nur am ersten Tag zur Vorstellung, danach blieb er dem Club, wie alle anderen, fern und ich wurde wieder wütend. Dieser Idiot kann mir ernsthaft gestohlen bleiben.“

Die Zuhörerin schwieg. Was hätte sie auch sagen sollen? Sie verstand nun, wieso Kuraiko so wütend auf den jungen Mann war und konnte es sogar nachvollziehen. Wahrscheinlich würde sie genauso reagieren. Trotzdem…

„Jetzt weißt du, was zwischen uns abläuft“, Kuraiko packte ihr Essen zusammen und sah ihre Freundin mit einem ernsten Blick ab, „Deshalb bitte ich dich ein letztes Mal, dich aus der Angelegenheit herauszuhalten. Ich meine es ernst.“

Ohne eine Antwort von Mirâ abzuwarten erhob sie sich und ging. Die Violetthaarige sah ihr besorgt nach. Das warme Gefühl in ihrer Brust, wurde von einem bitteren Beigeschmack begleitet. Egal was sie nun machen würde. Mit Sicherheit würde ihre nächste Aktion Kuraiko sehr wütend machen. Sie musste mit Shirota sprechen und sich damit einmischen. Ihr war klar, dass es anders nicht gehen würde. Gab es denn überhaupt einen Weg, ihre Freundin nicht sauer zu machen? Die Hoffnung darauf hatte die Oberschülerin bereits während des Gespräches mit der Schwarzhaarigen verloren. Doch wie sollte sie sonst weiter vorgehen? Das blieb fraglich und bereitete ihr mehr als nur tierische Bauchschmerzen.
 

Später Nachmittag – Fußballclub
 

Ein lauter Pfiff ging über den Platz und veranlasste die Fußballer der Jûgôya High School ihren Lauf, welchen sie bereits seit 15 Minuten um den Platz machten, zu verlangsamen und letzten Endes zu beenden.

„Alle in einer Reihe aufstellen“, rief ihr Trainer, „Ich habe eine Bekanntgabe zu machen!“

Überrascht sah Hiroshi auf, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte und erblickte dann neben seinem Trainer noch eine weitere Person: Einen jungen Mann, vielleicht Anfang 20, mit ungewöhnlichen dunkelgrauen, kurzen Haaren. Er trug einen dunkelroten Jogginganzug mit weißen Streifen. Unter der offenen Jacke erkannte man ein weißes Shirt, über dem eine kleine Trillerpfeife baumelte. Der Blonde kniff kurz die Augen zusammen, denn irgendwie hatte er das Gefühl, dass mit besagtem Mann etwas nicht stimmte. Für einen Moment war ihm, als würde diesen eine bläuliche Aura umgeben. Doch nachdem er sich kurz die Augen gerieben hatte, war sie verschwunden. Kaum hatten sich alle Anwesenden wie geheißen in einer Reihe aufgestellt, richtete ihr Trainer auch bereits das Wort an seine Schützlinge.

Er zeigte auf die Person neben sich: „Das hier ist Narukami-kun. Er ist Lehramtsstudent und als Dozent an unsere Schule gekommen, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Nebenbei wird er mir bei eurem Training helfen.“

Benannter machte eine höfliche Verbeugung: „Es freut mich, Jungs. Mein Name ist Narukami Yu. Ich hoffe auf gute Zusammenarbeit.“

„Auf gute Zusammenarbeit“, schallte es im Einklang der Fußballspieler, welche sich ebenfalls verbeugten.

Ein Ellenbogen traf Hiroshi in die Rippen und ließ ihn zu seinem Kumpel Shuya schauen, der neben ihm stand.

„Findest du das nicht auch komisch? So mitten im Jahr?“, fragte dieser etwas irritiert.

„Mhm“, der Blick des Blonden ging wieder unbemerkt auf ihren neuen Trainer, welcher sie alle nur anlächelte.

Shuya war zwar manchmal etwas verpeilt, jedoch hatte dieser ein gutes Gespür und vor allem sehr gute Menschenkenntnis. Deshalb musste Hiroshi ihm auch zustimmen. Sie hatten schon einige Male Dozenten an der Schule, aber selten kamen sie mitten im Schuljahr. Irgendwas an dieser Situation war merkwürdig. Er hatte ein schlechtes Gefühl, hoffte jedoch, dass er sich irrte und dass es sich hier wirklich nur um einen Zufall handelte. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er plötzlich den Blick des Grauhaarigen auf sich spürte, und ließ ihn zusammenzucken. Doch als er dem Älteren direkt ins Gesicht sah, blickte dieser in eine andere Richtung, als sei nichts gewesen. Hier stimmte wirklich etwas nicht. Ganz und gar nicht. Da war sich Hiroshi sicher.

„So, da wir nun alle aufgewärmt sind können wir ja mit dem Training beginnen“, holte ihn die Stimme seines Trainers aus den Gedanken, welcher sogleich erklärte, was sie an diesem Nachmittag alles machen würden.

So begann das Training ohne weitere Zwischenfälle und ließ Hiroshi gar keine wirkliche Zeit weiter darüber nachzudenken.
 

Unterdessen stand Mirâ etwas Abseits und blickte hinüber zum Spielfeld, wo der Fußballclub nun mit seinem Training begann. Der Kyudo-Club fiel an diesem Tag aus, da ihr Trainer andere Dinge zu erledigen hatte, weshalb sie eigentlich nachhause gehen wollte. Doch auf dem Weg zum Ausgang lief ihr wieder der junge Mann vom Morgen über den Weg. Und erneut war ihr dabei dieses blaue Licht aufgefallen, welches sich tatsächlich als Schmetterling entpuppte. Dieser erinnerte sie an den, welchen sie in Iwatodai im Krankenhaus gesehen hatte oder besser gesagt: An den von Makoto Yuki. Trotzdem unterschied er sich von diesem, denn er leuchtete viel heller und intensiver, als der des Blauhaarigen. Konnte es sein? War ihr hier eine Wild Card erschienen? Sie erinnerte sich an Margarets Worte, welche sie darauf aufmerksam gemacht hatte, die Augen offen zu halten. Das wäre jedoch wirklich ein ziemlich großer Zufall. Entweder die Bewohner des Velvet Rooms wussten noch mehr, als sie zugaben, oder aber irgendjemand hatte hier seine Hände im Spiel. Vielleicht lag es auch an beidem. Mirâ seufzte, während sie den Grauhaarigen beobachtete, um den nun dauerhaft dieser kleine Schmetterling flog, als wäre er eine Blüte mit Nektar. Plötzlich wandte der junge Mann jedoch den Blick von dem Geschehen vor sich ab und sah genau zu ihr. Augenblicklich schrak die Violetthaarige auf. Ihr war, als würde sein Blick sie durchbohren. Sie schluckte schwer und deutete schnell eine Verbeugung an, bevor sie die Beine in die Hand nahm und sich aus dem Staub machte.

„Das war unheimlich…“, ging ihr durch den Kopf, „Was hat das nur alles zu bedeuten? Wer ist das nur?“
 

Am späten Abend stand die junge Frau besorgt vor ihrem Spiegel. Seit sie nachhause gekommen war, hatte sie versucht Mika zu erreichen, doch das ohne Erfolg. Egal, ob sie es über den Standspiegel in ihrem Zimmer oder über den kleinen Handspiegel versucht hatte, ihre kleine Freundin meldete sich einfach nicht. Sorgenvoll wandte sie ihren Blick ab und schaute aus dem Fenster auf den weißen Vollmond, welcher direkt in ihr Zimmer schien. In den letzten Monaten war genau an solchen Tagen immer jemand in die Spiegelwelt verschleppt worden. Um das zu überprüfen, wollte sie mit der Blauhaarigen sprechen, doch diese war nicht erreichbar. Was sollte sie nun machen? Alleine in die Welt hinter dem Spiegel gehen und nach Mika oder einem vermeintlichen Opfer suchen? Oder gar gleich Megumi mitnehmen? Nein, das war keine Option. Diese Welt war gefährlich, vor allem wenn man alleine ging. Sie würde Megumi und sich selbst nur unnütz in Gefahr bringen. Was blieb ihr also noch? Wieder sah sie zu ihrem Spiegel und versuchte es ein letztes Mal, doch erneut kam keine Antwort. Stattdessen starrte sie nur auf ihr eigenes Ebenbild. Mirâ seufzte. Es hatte keinen Sinn mehr. Gegebenenfalls musste sie es am nächsten Tag noch einmal versuchen. Vielleicht hörten sie ja auch morgen schon von einem plötzlichen Verschwinden. Natürlich war immer noch ihre Hoffnung, dass niemand dort drüben war, doch vorerst musste sie immer mit dem Schlimmsten rechnen. Noch einmal seufzte sie und wandte sich dann ab, um zu ihrem Futon zu gehen. Schwerfällig ließ sie sich darauf fallen und hing dann ihren Gedanken nach. Irgendwas braute sich da zusammen. Sie wusste nicht wieso, aber sie hatte da so ein Gefühl. Erst tauchte dieser merkwürdige Mann an ihrer Schule auf, der womöglich eine Wild Card war, und dann konnte sie Mika nicht erreichen, obwohl sie abgemacht hatten zum nächsten Vollmond miteinander zu sprechen. Was ging hier nur vor? Plötzlich wurden ihre Augen schwer und bevor sie sich weitere Gedanken machen konnte, war sie bereits im Land der Träume verschwunden.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Grüßt euch meine Lieben. ^^
Aufgrund bestimmter Umstände bin ich tatsächlich noch wach und lade deshalb gleich mein neues Kapitel online. =D Das Culture Festival ist nun beendet und es geht wieder mit dem Ernst der Lage weiter. ^^ Trotzdem muss ich ehrlich sein und sagen, dass es bis zum nächsten Dungeon noch etwas hin ist. x'D Nun also wieder einige Alltagskapitel, in denen Mirâ weiter an ihren Social Links arbeiten wird. =D Dann hat es nun auch Yu in meine FF geschafft... höhö... was seine Aufgabe ist? Tja, das verrate ich nicht. xDDD Ich sage aber, dass es etwas mit Mirâs Besuch bei Minato zu tun hat. xD Ihr dürft also gespannt sein. ^^
Ich hoffe es hat euch gefallen. ^^
Bis nächsten Monat.
Eure Shio~ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fubukiuchiha
2023-04-15T09:59:37+00:00 15.04.2023 11:59
Einen wunderschönen guten Morgen, meine leibe Shio ^^

Das Kapitel beginnt mit einer Vision unserer lieben Mika und ich kann verstehen, dass sie dadurch komplett irritiert und verunsichert wird... Irgendwie wirkt es so, als hätte sie mal im Krankenhaus liegen müssen... kein schöner Gedanke, wenn man ehrlich ist...

Mirâ kann unserer Kleinen die Hand geben, denn ihr wird auch keine ruhige Nacht gegönnt, allerdings nicht wegen einer Vision, sondern wegen Margareth. Jetzt haben wir mal einen aktuellen Stand über ihre Social Links und ich musste so lachen XD Erst einmal "Oh, Masaru-senpais Link ist der am weitesten fortgeschrittene ^^" und kurz darauf "Oh, der ist genausoweit fortgeschritten, der auch und der auch XD"

Der nächste Tag beginnt mit absolutem Schlafmangel und Mirâ macht eine seltsame Entdeckung, die sie momentan nur erahnen kann. Erst einmal macht sie sich auf die Suche nach Kuraiko und man kann wirklich verstehen, warum Kuraiko sich eher von Leuten fernhält, wenn der beste Freund einen plötzlich einfach so fallen lässt... Meine arme Kuraiko Q.Q
Tut mir ja leid, aber Mirâ wird sich da nicht raushalten. Allerdings hoffe ich, dass sie es irgendwie gedeichselt bekommen wird, beide Links ins Reine zu bringen ohne sie ins Chaos zu stürzen.

Szenenwechsel zu Hiroshi und dem Fußballteam und... Auftritt Mister Persona 4 Protagonist himself, Narukami Yu! Der gute studiert Lehramt? Wie kam es denn dazu? Hat er Nanako so oft bei den Hausaufgaben geholfen, dass er jetzt Lehrer werden will? XD
Aber so ganz unauffällig ist unser Junge nicht, denn er wird sofort von Hiro, Mirâ und Shuya verdächtigt. Bin auf jeden Fall gespannt, wann es zum ersten Gespräch zwischen ihnen kommt.
Aber ey, Margareth sitzt doch im Velvet Room und grinst sich eins ab XD

Bin auf jeden Fall gespannt, wie es hier weitergehen wird.

Lg Fubuki


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