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Der Versuch dich zu verstehen

von

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Aussprache

In seinem Zimmer angekommen schob John die Tür genervt zu, ließ die Tasche davor fallen und setzte sich auf sein Bett. Es war wieder typisch für Sherlock über jeden sofort Bescheid zu wissen, ihre emotionalen Beziehungen zueinander zu kennen, aber zu festgefroren zu sein um irgendeine Art von Taktgefühl zu haben.

Wäre Mary wirklich in ihn verliebt gewesen, hätte sie das längst gesagt – sie erzählte ihm schließlich auch sonst alles. Und der Zeitpunkt zu dem sie sich verliebt haben sollte war auch unrealistisch, denn es würde bedeuten, dass sie schon während ihrer laufenden Beziehung etwas für ihn empfunden haben sollte, was wiederum bedeuten würde, dass er selbst der Grund für die Trennung war. Wenn er daran dachte, wie niedergeschlagen Mary nach ihrer Trennung und über ihre verzweifelte Liebe war und dass er der Grund dafür gewesen sein sollte, bildete sich ein Kloß in seinem Hals. Der Gedanke seiner eigenen besten Freundin, die ihm aus seinen Depressionen und seiner Trauer über Sherlock geholt hatte, so eine tiefe und lange Trauer beschert zu haben, verstimmte ihn. Er fühlte sich plötzlich schuldig. Er hatte Mary wirklich noch nie so gesehen und ihr diese Gefühle für ihn auch nie angesehen. Aber Sherlock hatte es deduziert, und er irrte sich nicht und wenn nur sehr minimalistisch.

Er hatte es mal wieder geschafft. Als Angeber rücksichtslos über andere geurteilt. Auf Gefühlen herum getrampelt und nicht einmal einen Gedanken an diese verschwendet.

Er war sauer auf Sherlock. Wirklich sauer – auf dessen maßlose Kaltherzigkeit. Er war sich nicht mehr sicher, ob er heute wirklich hier übernachten wollte.
 

[Sherlock]

Zurückgelassen im Wohnzimmer, stand er nun. Verdattert. Nicht wissend, was er falsch gemacht hatte. Hatte er John nicht einen Gefallen getan, indem er ihn aufklärte? Er wollte doch sonst alles genau verstehen und predigte wie wichtig es sei ehrlich und offen zu reden. Was also war sein Problem? Jetzt konnte John sie einfach darauf ansprechen und sie konnten es klären. Sie lag ihm doch am Herzen, wollte er da nicht über allem im Klaren sein mit ihr – sichergehen, dass sie sich unbeschwert und verstanden fühlt?

Er versuchte zu helfen und John war wütend. Gefühle. Banalitäten. Und jetzt unterlag er ihnen selbst. War wütend darauf, dass John wütend war. Nur warum war John wütend? Was verstand Sherlock nicht?

Er wanderte im Raum herum, versuchte logische Schlüsse aus John's Gefühlsregungen zu ziehen. Plötzlich blieb er stehen und starrte in die Luft, bis er seiner Haltung kurz nach gab, sich umdrehte und zur Treppe ging.

„John! John komm' bitte runter, ich weiß warum du wütend bist und würde dir gerne etwas erklären!“
 

[John]

Darauf hatte er gewartet – dass sich Sherlock Gedanken machte. Endlich einmal verstand das und vor allem wie er Menschen mit seinem unüberlegten Zurschaustellen verletzen konnte.

Er begab sich die Treppe hinunter, ging an Sherlock vorbei und setzte sich in seinen Sessel. In gerader Haltung wartete er darauf, dass sich der jüngere ihm gegenüber setzte.

Als dieser dann dort saß begann der Arzt sofort zu sprechen.
 

„Du-“
 

„Nein. Stopp. John. Mein Zug.“ unterbrach ihn Sherlock direkt. „Ich habe gesagt ich würde versuchen mich dir gegenüber zu öffnen und das werde ich auch tun. Ich dachte ich würde dir helfen, wenn ich dir von Mary erzählte. Warum habe ich es dir nicht von Anfang an gesagt? Weil ich dachte du würdest es doch schon wissen, es ist so offensichtlich, wie könnte man da..“ er blickte in John's empörtes Gesicht und versuchte sich schnell aus der Situation zu retten „jedenfalls nahm ich an, du wärst um ihr emotionales Wohlergehen besorgt und würdest deshalb wissen wollen, dass ihr etwas auf dem Herzen liegt. John.. Ich habe nur versucht zu helfen, was habe ich falsch gemacht? Sag mir was ich anders machen soll!“
 

„Du könntest aufhören über solche Sachen wie über deine Fälle zu reden!“ antwortete der ältere und begann dann zu kichern. Diese unsichere Seite an Sherlock fand er schon immer irgendwie süß. Bemüht John nicht wütend zu machen – ohne wirklich Ahnung zu haben was ihn überhaupt erst wütend gemacht haben könnte.

„Ich bin es gewohnt, dass du über fremde Personen, sogar über tote fremde Personen so sprichst, aber, bei Gott Sherlock, es geht um die Gefühle meiner besten Freundin und du redest darüber als seien es Todesursache, Tathergang und Motiv. Ein bisschen Mitgefühl wäre mal nett gewesen..“ John versank in eine eher trübe Stimmung.

„Außerdem hast du mich damit zum Mörder erklärt.“
 

Sherlock zog die Augenbrauen zusammen.
 

„Mary hat vor 1 ½ Jahren ihre 3-jährige Beziehung beendet, weil sie sich in jemand anderen verliebt hatte, aber wusste, dass es einseitig war. Sie war bis aufs Letzte verzweifelt, weil sie mir nicht helfen konnte, weil sie ja selber nicht gerade der positive Pol war.“
 

„Es war Totschlag, kein Mord. Du hast es nicht geplant. Jeglicher Vorwurf dir selbst gegenüber ist im Grunde sinnlos – es ist ja nicht wirklich jemand gestorben, nicht wahr.“
 

Sie schwiegen. John war etwas beschämt direkt wütend geworden zu sein und seinen Freund selber als den kaltherzigen abgestempelt zu haben. Sherlock schien sich in den letzten zwei Jahren tatsächlich verändert zu haben. Er verhielt sich noch immer ähnlich, aber er schien seine Motivation geändert zu haben. War er tatsächlich rücksichtsvoller geworden?
 

„Es tut mir Leid. Ich.. ich schätze ich hatte es selber schon irgendwie geahnt und wollte es einfach nie wahr haben. Zu wissen, dass ich an ihrer Verzweiflung schuldig sein soll.. Wie du darüber gesprochen hast.. Nein, die Tatsache, dass du es deduziert hast.. Naja, du hast bestätigt, dass es so ist wie ich es nicht wollte und.. ach.. was mache ich mir die Mühe.. du weißt es doch sowieso schon..“ er blickte ein wenig im Raum herum, unschlüssig, worauf er eigentlich hinaus wollte.
 

„Ist gut, ich verzeihe dir.“ lächelte der jüngere ihn frech an.
 

„Du verzeihst mir? Du verzeihst mir?“ er schnalzte einmal mit der Zunge „Wie unwahrscheinlich großzügig von dir!“
 

Wieder schwiegen sie, grinsten beide.
 

„UND ich entschuldige mich bei dir. Dafür, dass ich nicht in einem.. menschlicheren Tonfall mit dir darüber geredet habe. Ich werde versuchen auch das etwas anzupassen. Aber-“
 

„Aber ich werde geduldig sein. Ja. Ich werde es versuchen, ich bin nur noch etwas gereizt von deiner.. Aktion. DU weißt schon – dieses vom Dach springen, zwei Jahre tot sein und dann einfach so wieder auftauchen. Hab' etwas Geduld mit mir!“
 

Sie lächelten einander an.

Schwiegen eine ganze Weile.
 

„Wer wusste alles wo du in den letzten 2 Jahren warst?“ frug John ruhig. Er wusste er würde verletzt sein, wenn Sherlock ihm mitteilte dass jemand und wer davon wusste. Er würde verletzt darüber sein, dass Sherlock ihm nichts erzählt hatte. Aber das spielte keine Rolle. Er wollte jetzt ihn jetzt einfach nur bei sich haben und ihn festhalten, damit er nicht wieder ging.
 

„Mycroft. Unsere Eltern. Molly. 25 meiner Helfer aus dem Obdachlosennetzwerk.“ sagte er etwas vorsichtig, vernahm wie John unbewusst tief ein- und ausatmete.

„Bitte, John. Meinen Eltern hätte ich es ja wohl nicht verheimlichen können und die Anderen brauchte ich alle..“
 

„Und warum hast du mir nichts erzählt?“ die Stimme des Soldaten brach leicht. Er war tief verletzt und enttäuscht.

„Glaubst du ich hätte es nicht für mich behalten können, oder was war das Problem?“ sein Blick suchte verzweifelt nach einer Verneinung dieser Vermutung in der Mimik seines Freundes.

Dieser nickte jedoch nur einmal ohne ihn anzuschauen.
 

John fühlte sich, als stächen Messer in sein Herz. Er war fassungslos, dass Sherlock, der Mann den er liebte, der Mann der ihn immer so fasziniert hat, dieser unglaublich intelligente Mann, von dem er immer dachte er hätte vertrauen in ihn gehabt, offenbar doch an ihm gezweifelt hatte. Doch er trug es nicht nach Außen. Versuchte es in sich zu halten. Er wollte nicht wieder wütend auf Sherlock sein, wollte ihm nicht wieder seinen Groll entgegen schieben.
 

„Und du brauchtest mich überhaupt nicht?“ trotz seiner Versuche möglichst standhaft zu sprechen, war seine Enttäuschung deutlich hörbar für Sherlock.
 

„Doch. Ich brauchte einen Zeugen. Jemanden, der alle von meinem Tod überzeugen konnte, weil er es selbst beobachtet hatte.“ //Und dir von meiner Lebendigkeit zu erzählen hätte dich vielleicht mir nachkommen lassen und dich in Gefahr gebracht.// dachte er sich weiter, ohne es auszusprechen. Es war besser wenn John glaubte, dass ersteres der Fall war. Es würde ihn nicht verleiten ihm in Zukunft zu folgen oder nachzuforschen. Es bedeutete mehr Sicherheit für ihn, auch wenn er dann glaubte Sherlock habe nicht genug Vertrauen in ihn.

„Ich musste sicher sein, dass du nichts wusstest, damit du deine Rolle glaubhaft spielen konntest, sonst wäre es alles umsonst gewesen.. Es tut mir Leid, John. Aber ich bin sicher, dass du mir glaubst wenn ich dir sage, dass es nicht meine Intention war dir damit weh zu tun.“
 

John nickte nur leicht. Er verstand Sherlock, diesbezüglich war er dem Jüngeren einen Schritt voraus. Er war zwar verletzt über die Geheimhaltung, aber er verstand, dass es einen guten Grund gegeben hatte. Sherlock hatte immer gute Gründe. Er war zu geistreich um aus niederen Motiven zu handeln. Mit anderen Menschen und ihren Gefühlen zu spielen.
 

„Und seit wann bist du wieder da?“ erkundigte er sich weiter.
 

„Seit gestern. Du hast als erster davon erfahren.“
 

Etwas in John lächelte. Er war der erste gewesen. Hieß das, dass er an erster Stelle gestanden hatte?
 

„Naja, nach meiner Familie natürlich, aber Mycroft war es ja der mich nach England zurückgeholt hatte und dann wussten unsere Eltern natürlich auch sofort Bescheid.“ ratterte er knapp herunter.
 

Das Lächeln in John zog sich in ein Grinsen. Taktlos. Das war Sherlock. Sein Sherlock.

Er war nicht wütend darüber. Er war froh. Froh, dass er nach dem Anstand an erster Stelle stand. Nach der Familie kam er und sie waren dann noch in ihrer Liebe füreinander geheim gewesen. Und hätte es sich anders arrangieren lassen, hätte er es als erster gewusst – da war er sich nun sicher.
 

„Ich werde die Anderen morgen informieren, wenn du arbeitest. Ich kann es kaum erwarten bald wieder etwas zu tun zu haben – es wird massig Fälle zu lösen geben!“ grinste er vor- und schadenfreudig. Man brauchte ihn, das wusste er, und das genoss er.

Er war wieder ins Leben zurückgekehrt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KiraNear
2014-07-26T09:03:59+00:00 26.07.2014 11:03
Ohje, da hat Sherlock ja mal wieder ein Meisterwerk an Gefühlskunst geschaffen >_<
Aber gut, das John ihm trotzdem nochmal verzeiht.
Antwort von:  TheKats
17.11.2014 09:59
Heya, oh man war ich lange inaktiv - sorry :(

Danke wieder für den Kommentar! Hab mich (wie immer) sehr gefreut c:

Gruß,
Kats

P.S.: Es geht jetzt wieder mit ein paar Kapiteln weiter - würd mich freuen dich weiterhin hier zu wissen!


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