Hast du Angst?
„Hast du Angst?“, fragte er mich und ich antwortete mit „Ja.“.
Unsere Blicke trafen sich nur für einen kurzen Moment, der mir klar vor Augen führte, was ich doch schon längst wusste.
Ja, ich hatte Angst, doch nicht vor ihm.
„Willst du mich töten?“, fragte ich ihn und er antwortete mit „Nein.“
Und noch immer standen wir uns gegenüber.
Minutenlang verharrten wir bewegungslos, sahen uns einfach nur an.
Keiner wagte es diesen Moment mit Worten zu zerstören.
Er sprach so wie so nicht viel und mir hatte es einfach die Sprache verschlagen.
Zwischen uns war etwas, ein enges Band das sich immer weiter zu schnürte.
Nein, ich spreche keinesfalls von Liebe.
Es war eher das Gefühl tiefster Vertrautheit.
Ich vertraute ihm… ihm, einen Massenmörder, der für den Tod unzähliger Menschen verantwortlich war.
Doch zu diesem Zeitpunkt war ich mir einfach sicher.
Würde ich jemals von einer Klippe stürzen, so wäre er bei mir und würde mich auffangen.
Und mit jeder verstreichenden Sekunde zog sich das Band enger um unsere beiden Leiber.
Nun warst du tot.
Besiegt durch die Hand deines Bruders.
Zumindest besagten dies die Gerüchte die im Umlauf waren.
Nein, du warst nicht tot.
Ich wusste es besser.
Du lebtest, warst unbezwingbar wie der Fels in einer Brandung.
Tief in meiner Seele, die mit deiner verknüpft war, konnte ich es spüren.
Deine Anwesenheit, dein Leben.
Du würdest nicht sterben, nicht so, obwohl das doch immer deine Absicht war.
Sag, was hat sich geändert?
Ich sah hinauf zu den Sternen, die wie Diamanten am dunklen Firmament erstrahlten.
Es hieß, ein jeder Stern stand für die Seele der Verstorbenen, die ins endlose Himmelsreich auffuhren.
Mein Blick wanderte ziellos umher, suchte diesen einen Stern, jener der am hellsten schien.
Dann fand ich ihn und eine Träne perlte über meine bleichen Wangen.
Diese Träne galt all den schmerzenden Erinnerungen, die sich in den vergangenen Jahren in mir aufgestaut hatten, mich langsam entzwei brachen.
Ich kam einfach nicht dagegen an.
Was hätte ich nun alles dafür gegeben, wenn du nur bei mir wärst?
Nicht um mich in die Arme zu schließen oder mir beruhigende Worte zuzuflüstern, die du nicht ernst meinen würdest.
Deine bloße Anwesenheit allein hätte schon ausgereicht.
Langsam schlossen sich meine Lider.
Ich sah den Sturm nicht kommen, der sich über meinem Kopf zusammenbraute.
Viel zu sehr war ich damit beschäftigt meinen quälenden Gedanken nachzuhängen.
Und als es bereits zu spät war, ergoss sich ein gewaltiger Monsun über mir.
Du sagtest einmal zu mir:
„Wer den Tod nicht fürchtet, der hat Angst vor dem Leben.“
Diese Worte wurden mir zu einem ewigen Begleiter, hallten wie ein Echo in meinem Herzen wieder.
Wahrscheinlich hattest du Recht.
Und doch wollte ich es einfach nicht wahr haben.
Es war absurd, das ausgerechnet ich mich vor dem Leben fürchten sollte.
Ich hatte doch alles, dennoch fehlte mir etwas.
Was es war wusste ich nicht, bis mir dein Bild vor meinem inneren Auge erschien.
Du sahst mich an, mit diesen blutroten Seen, die so tief und unergründlich waren.
Deine Gesichtszüge waren der Inbegriff der Perfektion.
Keine Gefühlsregung zeichnete sich auf ihnen ab.
Dann warst du weg du ich vermochte es nicht dich aufzuhalten.
Ich frage mich, ob es vielleicht ein Fehler war dich ziehen zu lassen.
Hätte ich dir entgegen treten sollen?
Nein, du hättest dich nicht aufhalten lassen.
Du wähltest die Freiheit, warst du doch schon viel zu lange eingesperrt.
Die Naricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer.
Akatsuki war besiegt.
Damit sprengten sich die eisernen Ketten, die dich gefangen hielten.
War es das?
War das der Grund, der dich von deinem Vorhaben abbrachte?
Du bist frei.
Was hast du nun vor?
Meine Hand hob sich, streckte sich dem Himmel empor und versuchte nach den Sternen zu greifen.
Sie waren so weit entfernt.
Irgendwie erinnerten sie mich an dich, an deine ruhelose Seele.
Und plötzlich war da etwas.
Dieses Gefühl nicht mehr alleine zu sein.
Du tratst aus dem Schatten der Bäume, doch warst du nicht allein.
Ich sah zu euch und lächelte.
Nun wusste ich, was du vorhattest.
„Hast du Angst?“, fragtest du mich und ich antwortete mit „Nein.“.
Es hatte sich viel verändert.
Doch dies war erst der Anfang…