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Tochter Satans

von

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Unsere kleine Welt

Kapitel 20
 

Unsere kleine Welt
 

Scrall Rabells Sicht
 

Seufzend blickte ich hinab. Hinab auf mein Leben.

Wie war es nur so gekommen?

Warum gerade ich?

Perfekt war mein Leben nie gewesen, aber ich hatte es gemocht. Ich hatte dieses Leben, in das ich nun mal hineingeboren war immer gemocht. War nie melancholisch, nie traurig. Nie hatte ich mir gewünscht, es wäre anders. Ganz gleich, ob es uns an Geld mangelte und mich ständig dieses Gefühl beschlich, dass ich nicht dorthin gehörte, dass ich dort nicht hineinpasste. “Unsere kleine Welt“ hatten wir unser Zusammenleben stets liebevoll genannt. Bloß drei Worte und doch kamen sie einem Schwur gleich. Es war unser kleiner Schwur, immer Zusammenzuhalten, für Einander da zu sein, dem Anderen zuzuhören. Wir waren trotz unserer nahen Blutsverwandtschaft völlig verschieden, doch wir behandelten einander gleich, standen uns auf einer Augenhöhe gegenüber. Ob Mutter und Tochter oder nicht, stets behandelte sie mich wie eine Erwachsene und ich sie mehr wie eine Freundin als Mutter.

Unsere kleine Welt…

Sie hatte nur uns beiden gehört. Sie war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Nicht Lawliet, nicht Ann, eine Grundschulfreundin, oder sonst wer, zu unserer Welt gehörten nur zwei: wir.

Ich weiß noch gut, wie ich einmal Ann besuchte. Anns Verhalten zu ihrer Mutter irritierte mich. Sie sah ihr bewundernd, ja fast unterwürfig entgegen. Aber ich war nicht die Einzige, die die andere nicht verstand. Auf der Beerdigung unserer Nachbarin waren auch Ann und ihre Mutter bei uns, um ihr Beileid auszusprechen. Bei unserer Nachbarin, Frau Tepper, war ich oft als kleines Kind, sie hatte genau wie wir keinerlei Angehörige und so war bis auf uns, Ann und ihre Mutter niemand auf der Trauerfeier. Ich sagte ihr, dass jeder einmal gehen müsse, dass das der unaufhaltliche Lauf des Lebens war und man Glückwünsche aussprechen sollte, statt zu Trauern. Wie genau mein Wortlaut lautete, weiß ich nicht mehr, aber ich weiß noch, wie entsetzt mich Frau Lumy ansah.

„Was redest du da? Du machst mir Angst, du bist erst 5!“

Ich hatte sie nie verstanden. Bloß, dass ich anders war. Ann ging mir von diesem Tage an aus dem Weg. Ich wusste nie, was ich falsch machte, bloß dass ich anders war. Vielleicht mochte ich Lawliet darum. Nie hatte er sich über mich gewundert, vermutlich weil auch er einfach anders war.

Anders als alle anderen.

Aber was rede ich da, so anders wie ich kann er wohl kaum sein… Mag sein, er hat ein Rad ab, aber er ist nicht die Ausgeburt eines… eines…

Widerwärtigen Viehs!!!

„Was machst du da? Starrst du schon wieder durchs Tor in deine Welt zurück?“, riss mich dieser selbsternannte Engel meiner Ankunft aus meinen Gedanken. Trocken blickte ich auf: „Ja.“ „Komm langsam darüber hinweg.“, murmelte er ein wenig nervös, doch ich wandte mich einfach wieder ab: „Danke für den Rat.“

„Du nimmst es dir nicht zu Herzen, was?“

„Nein.“

„Aber es wäre besser.“

„Weiß ich.“

„Mann, sei nicht immer so abgebrüht…“

„Gut.“

„Du kannst nicht zurück.“

„Ist mir bewusst.“

„Ihr geht es sicher gut…“

Das „Gut“ in diesem Satz brachte das Fass zum Überlaufen. Wutschnaubend wirbelte ich erneut zu ihm herum und brüllte aus voller Seele: „WAS ERLAUBST DU DIR EIGENTLICH, DU MISTKERL!!!! GUT?!? GUT?!? WILLST DU MICH VERHÖHNEN?!? MACHST DU DICH LUSTIG?!? SIE IST TOT!!!

TOT!

TOT, KAPIERT?!?

VERSTEHST DU?!?

TOT!!!!! TOT!!!!“

Ich ließ meinem Gefühlsausbruch freiem Lauf und schrie ihm all meine Frustration einfach nur haltlos entgegen. Dem Schauspiel hinter mir, das Portal, durch das man in die Menschen Welt blicken konnte, schenkte ich dabei keinen weiteren Blick mehr. So sah ich nicht, wie die kleine Trauergesellschaft, bestehend aus nicht mehr als einem Pfarrer, noch ein paar Kirchenfutzis und einem Kerl vom Finanzamt, den Sarg ins Grab ließ und zu schaufelte.

Ironie des Schicksals oder? In derselben Nacht hatten sowohl meine süße, durchgedrehte Mutter als auch ich diese Welt verlassen. Mich holte ein Todesgott, sie der Tod selbst. Dieses verfluchte, kleine, verdammte, schwache Herz… Warum nur? Warum hatte es aufgeben müssen? Warum hatte es angehalten? Warum hatten die Tabletten nicht gewirkt?

Warum war ich nicht da gewesen?

Warum?!

Warum brach unsere kleine Welt von jetzt auf gleich auseinander?
 

Warum spielt das Schicksal kalt, rücksichtlos und heimtückisch?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja... wer hätte damit noch am Anfang des Kapitels gerechnet?
Nun ja... so ist das eben, nicht immer fair das Schicksal, ich hoffe das Kapi war nicht zu dramatisch für euren Geschmack...
Wir nähern uns allmählich dem Ende.
LG Komplett anzeigen

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