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Der Sanftmütigen Erbe

von

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Sehnsucht

Dunkelheit und sanfte Stille, Willkommen-Sein, wie sie es schon lange nicht mehr gefühlt hatte.

Nicht mehr, seit er – welcher er?

Sie wusste es nicht mehr. Immer hatte sie es zu verdrängen versucht und jetzt, wo sie wieder daran zurückdenken wollte, gelang es nicht mehr.

Welcher er?

Wie sehr sehnte sie sich danach es noch einmal zu wissen, noch einmal diese Geborgenheit zu spüren, doch da war nur eine entfernte Ahnung, die sie nicht zu fassen vermochte.
 

Man sagte immer, in diesen Momenten würde das Leben an einem vorbeiziehen. Bei ihr fehlte ein Stück, von dem sie sich sicher war, dass es wichtig war. Aber sie konnte es nicht erkennen.

Man sagte immer, in diesen Minuten würde man von tiefem Frieden, von Taubheit erfasst. Sie fühlte nur Schmerz und den Knall der Explosion, der in ihren Ohren wiederhallte, bis in alle Unendlichkeit...
 

Beinahe hätte sie es überhört. Das leise, kaum hörbare Rufen.

„Tochter… komm‘ zu mir…“

Sie kannte diese tiefe, sonore Stimme voller Wärme, das wusste sie, aber sie konnte ihr keinen Namen, kein Gesicht zuordnen. Mühsam versuchte sie sich zu konzentrieren, aber der Schmerz in ihrem Körper machte es ihr unmöglich. Sie wurde immer schwächer, ihre Gedanken begannen zu erlöschen. Das Sehnen nach Ruhe und einem Ende der Pein wurde immer heftiger, immer quälender.

„Tochter… komm‘ zu mir… komm‘ her…“, erklang es wieder, so leise und weit entfernt, dass sie es kaum verstand. Oder bildete sie sich das nur ein? War es doch ganz nah? Sie versuchte die Augen zu öffnen, aber dazu war sie bereits zu schwach.

Schmerz durchzuckte sie, als sie zu sprechen versuchte, nachfragen wollte, wer da rief. Dabei wusste sie es, tief im Unterbewusstsein, auch wenn sie es nicht zu erreichen vermochte. Das Atmen wurde schwerer und schwerer.

„Tochter, so höre doch! Komm‘ zu mir her…“ Die Stimme war bittend geworden, so kam es ihr wenigstens vor. Aber sie war noch immer so unendlich weit entfernt...
 

Ihre Gedanken flossen aus ihr hinaus, wie aus einem angeschlagenen Krug und ließen Dunkelheit zurück, Taubheit. Das was sie sich bis eben noch herbei gewünscht hatte – bevor der Ruf erklang. Die letzte Kraft war ihr genommen. Sie konnte nicht mehr nachdenken, wer da rief.

Ihre letzte Wahrnehmung war der Schatten eines riesigen Tieres, der auf sie fiel, und ein warmer Hauch, wie ein Atemzug, der ihr Gesicht streifte, dann war da gar nichts mehr…
 

In der Dunkelheit kaum zu erkennen, senkte das Tier den Kopf.

Es stand direkt neben dem leblosen Körper der noch so jungen Frau, deren Leben soeben von einer der letzten Bomben des Krieges beendet worden war. Und doch war es unendlich weit entfernt.

„Es tut mir Leid… Evastochter… ich konnte dich nicht erreichen…“, hauchte das Tier, seine Schnauze berührte kurz ihre erkaltete, von Metallsplittern zerschnittene Wange, dann zog das Wesen sich zurück. „Ich konnte dich nicht erreichen, denn du hast den Glauben an uns verloren. An mich, an ihn und an die Welt, die auch die deine ist…“ Ein Brummeln war zu hören, das wie ein Seufzen klang.

Die Gestalt des Tieres wurde durchsichtig und begann sich zu verflüchtigen.

Als es verschwand hingen zwei Worte wie ein Nachhall seiner Gedanken in der immerwährenden Dunkelheit: Oh, Susan…


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soweit zum Auftakt. Was sagt ihr dazu? Ahnt ihr, was kommen wird? Komplett anzeigen

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