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Interdependenz Buch 1

Die schweigende Lilie
von

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Erinnerungsnebel

Lange Zeit verharrten sie reglos voreinander, fasziniert von dem jeweils anderen. Keiner der beiden bemerkte, dass sich ihre Finger ineinander verschränkt hatte und sie sich immer näher kamen. Ayco spürte zwar Lucas Wärme und seinen Atem, spürte, wie ihn die Nähe des Magiers elektrisierte, aber zugleich empfand er weder Scheu, noch Angst, noch Scham.

Sein Blick versank in dem Lucas. Ihm wurde gar nicht bewusst, dass er sich Luca immer weiter entgegenreckte. Etwas zog ihn magisch an, verzauberte ihn, weckte den Wunsch in Ayco, dass Luca ihn küsste... Unsicher, fiebrig, reckte Ayco seinen Kopf Luca entgegen. Er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass der Magier die Quelle dieser Gefühle und Wünsche war... Der junge Elf versuchte die ganze Zeit seine Gefühle zu kontrollieren, sich wieder in den Griff zu bekommen, aber er konnte nicht. Lucas Zauber war viel zu stark. Nur war es keine Magie sondern nur das tiefe Gefühl, ihn zu kennen, diese traurigen, sanften Augen, das liebevolle Lächeln, die schmale Gestalt und das schwarze Gefieder... Vage erinnerte Ayco sich an den süßen, unschuldigen Geschmack seiner Lippen und wie es sich anfühlte, seine Haut zu berühren, zu streicheln... und sie mit heißen Küssen zu übersähen...

"Luca... du hast mich verzaubert." Hauchte er, im Taumel seiner Gefühle. "Brich deinen Bann über mich, bitte..."

Luca zog ihn sanft in seine Arme und nahm ihn wie ein Kind, umschlang seine zarte Gestalt. "Ich habe nicht gezaubert, Ayco." Er drückte ihn etwas von sich und lächelte ihn sanft an.

Der Bann brach! Aber es fühlte sich an, als verlöre Ayco einen wirklich wichtigen Bruchteil seiner Erinnerung, die offenbar wieder erwachte.

Ayco seufzte enttäuscht und erstarrte. Luca hielt ihn tatsächlich in seinen Armen und wiegte ihn wie ein Kind... Aber er wollte nicht, dass ihm jemand so nah kam!

"Weg!" keuchte er und stieß Luca von sich.

Der Magier zog sich still zurück und nickte nur stumm.

Ayco wendete sich ab und rieb sich die Oberarme. Nun fror er. Er wollte Luca einerseits nicht so nah an sich heranlassen, zum anderen aber wünschte er sich, dass Luca nicht aufgab und nach und nach seine Seele erkundete, sein Herz eroberte... Er wollte Luca vertrauen und bei ihm sein, denn er fühlte sich unsäglich wohl bei ihm. Und er ließ ihm alle Freiheiten. Es gab nichts, was Luca ihm verbot. Hier dürfte er sein, wie er wollte.

Aber er war zu stolz, um sich zu entschuldigen... reglos blieb er stehen und wartete ab, was geschah. Vielleicht war Luca endlich seine Launen leid, vielleicht verließ er ihn ja, darin würde sich dann nur wieder beweisen, dass er doch niemals jemand anderem Vertrauen konnte...

"Aycolén..." Luca stand direkt hinter ihm. "Bitte, vergib mir die Vertraulichkeit. Aber ich werde Dir nie etwas tun. Auch wenn es mich umbringt. Ich werde nie Hand an Dich legen. Das habe ich mir geschworen. Nichts gegen Deinen Willen."

Ayco wollte ihn ansehen, während Luca das sagte, aber auch das untersagte ihm sein Stolz, oder eher seine Sturheit...

Luca ging um den Jungen herum und sah ihm in die Augen. "Nie etwas gegen Deinen Wille, mein Schöner," sagte er nochmals eindringlich.

Ayco erwiderte den Blick trotzig... und wieder versank er in diesen grünen, offenen Augen. Erschrocken darüber, aber auch fasziniert, betrachtete er Luca. Sein Blick wurde weich und sanft, wie der des Magiers...

"Ayco," flüsterte Luca. "Woran erinnerst Du Dich?"

Der junge Elf senkte den Blick. Diesmal, spürte er, dass der Zauber nicht verflog.

"Was ist mit Deinen Flügeln...?" brachte er stockend hervor. Er wagte nicht, Luca anzusehen. Eigentlich ging es ihn ja nichts an... Es war Lucas Sache. Vielleicht erfragte er Dinge, über die der Magier schweigen wollte...

Luca grinste. "Das grausame, düstere Geheimnis verrate ich Dir, wenn du endlich ins Wasser verschwindest, damit ich Dich baden kann."

Ayco sah nun doch auf, überrascht. Er blickte in lachende, freundliche Augen.

Wortlos verwandelte er sich zurück und sah nun an dem wesentlich größeren Luca hinauf.

Der Magier begann Ayco die Reste des Hemdes vom Körper zu pflücken und drückte ihn dann wieder zurück auf die Holzbank. Mit einem leisen Aufschrei und etwas zu heftig, setzte Ayco sich wieder hin.

Luca kniete vor ihm nieder. "Vergib mir... ich wollte Dir nicht weh tun."

Ayco sah ihn wieder trotzig an. Er beobachtete, wie Luca vor ihm auf die Knie ging und Aycos Hosen aufschnürte.

Was bildete sich dieser Magier nur ein?! Wie kam er darauf, ihn so zu berühren?!

Wütend schlug er Lucas Hände weg.

Der Magier reagierte mit völligem Gleichmut. "Ich kann Dich auch mit den Hosen ins Wasser werfen," sagte er grinsend und nahm ihn in einer Schwungvollen Bewegung hoch. Ayco schrie wieder auf und klammerte sich an Luca, der tatsächlich die ersten zwei Stufen ins Wasser stieg, ihn aber nicht fallen ließ, sondern im Gegenteil, den zerbrechlichen Körper eher noch an sich drückte. Die Arme des Elfen schlangen sich sehr fest um Lucas Nacken...

"Glaubst Du etwa wirklich, ich ließe Dich fallen, mein Schöner...?" fragte er leise. "Nie, Ayco. Ich würde Dich nie loslassen. Er setzte sich auf die oberste Stufe und nahm Ayco auf seinen Schoß. Dichte, schwarze Flügel schlossen sich um Ayco, beschützend, liebevoll und warm.

"Zieh Dich aus, dann kannst Du ins Wasser."

Röte und Hitze stieg in Aycos Wangen. Er konnte sich doch nicht vor Lucas Augen entkleiden...? Die Art, wie Luca ihn ansah, machte Ayco bewusst, dass Luca keine Widerrede dulden würde. Aber sicher gab es irgendeine Möglichkeit, mit der sich der Magier erweichen ließ, dessen war sich Ayco sicher.

"Komm schon. Ich habe Dir ja versprochen, dir nichts zu tun, und ich wollte Dir davon erzählen." Er bewegte seine Flügel leicht.

Ayco gab auf. Er entledigte sich seiner Hosen und ließ sie fallen, natürlich ins Wasser. Seine Wangen hatten die Farbe reifer Tomaten angenommen. Es war ihm furchtbar peinlich. Sonst genierte er sich schon sehr, aber diesmal war es schrecklich für ihn. Allein die Vorstellung, dass Luca seinen nackten Körper sah, all die Narben und Verletzungen... Er hasste seine Gestalt, deshalb empfand er es auch als Grausam, dass Luca ihn beständig "Mein Schöner" nannte. Er war hässlich, hässlich wie die Nacht!!!

Verwirrt stellte er fest, dass ihn Luca brav in das warme Wasser sinken ließ. Nun saß der Elf zwischen den Beinen des Magiers, mitten im Wasser auf einer der oberen Stufen des Beckens. Er spürte die kleinen Mosaik-Platten unter seinen schmalen Gesäß und dass sie teilweise rau, und andere völlig glatt poliert waren. Auch die Messingumfassung der Stufen spürte er und umklammerte sie mit seinen Fingern. Sein Kopf fiel nach vorne und er versteckte sich unter seinem langen, zerzausten Pony. Luca fischte nach einer Glasphiole mit flüssiger Seife und verteilte es in Aycos Haaren.

Während er Ayco das Haar wusch, begann er zu erzählen... Wie immer fast märchenhaft, aber auch sehr düster. Ayco löste sich nach und nach bei Lucas Erzählungen immer mehr.

"Ein Fluch also..." flüsterte Ayco.

Luca nickte. "Ja. Ich kann mich nicht elegant und schmerzfrei verändern. Die Verwandlung in meinen natürlichen Körper bereitet mir immer starke Schmerzen." Er lächelte abwesend. "Es ist länger her, dass das geschah. Und es war zu recht. Ich darf einfach keine Leben nehmen. Meine Aufgabe ist es zu Schützen, gleichgültig, wie schwer es mir fällt, gleichgültig wen."

Ayco drehte sich nun doch zu Luca herum. "Schützen..." wiederholte er nachdenklich, sah Luca lange an und senkte dann den Blick. Beiläufig fiel ihm auf, dass Luca im Wasser, hinter ihm saß, und immer noch seine Hosen anhatte.

Er schien es völlig aus seinem Gedächtnis verbannt zu haben. Der junge Magier schien Schwächen zu haben, zum Beispiel die, dass er, wenn er erzählte, die Welt um sich herum vergaß. Ayco lächelte in sich hinein. Diese Schwäche gefiel ihm sehr gut an Luca. Es zeigte ihm, dass der junge Mann nicht perfekt war, aber diese Schwäche sich sehr charmant äußerte... Teilweise in völliger Vergesslichkeit, wie ein alter Mann, der zuviel anderes im Kopf zu behalten hat, um sich alles nebensächlichere zu merken und in anderen Momenten wieder so jung, naiv, so unbewusst verführerisch, dass es nicht der selbe Mann sein konnte...

Für einen Moment verharrten Aycos Gedanken an dieser Definition Lucas und er hörte nur mit halbem Ohr zu. Er beobachtete Luca, der versonnen Aycos Haar wusch, halb angezogen im Wasser hockte und vermutlich völlig vergessen hatte, dass er derzeit ein Seraphin war.

"... ich habe mich unterdessen an die Scherzen gewöhnt. Es ist zwar furchtbar, aber ich liebe es zu fliegen. Erst wenn ich ein Seraph bin, fühle ich mich frei. Ein Trugschluss, aber letztlich ist es das, was mich aufrecht erhält, alles durchstehen lässt. Wenn ich mich in die Luft schwingen kann, fern von all dem Schmerz und Hass am Boden bin, von all dem Bösen, erst dann bin ich glücklich." Er lächelte und wusch Aycos Haar aus. "Das Gefühl des kalten Windes in den Federn, hoch über der Stadt, über den Wipfeln der Bäume, immer höher zu steigen, an Felsen hinaufzufliegen... Sich tragen lassen, alle Gefühle hinausschreien, mit den Vögeln um die Wette fliegen, so schnell, dass Du nicht mehr weißt, ob die Tränen in Deinen Augen von dem schneidend kalten Wind kommen, oder dem Schmerz in Deinem Herzen... Diese Einsamkeit dort ist so vollkommen, so tief und dennoch milde, gegenüber der Einsamkeit unter den Menschen. Es ist selbstgewählt, nicht aufgezwungen..." Seine Augen schimmerten leicht. Alle Gefühle, jedes einzelne davon, konnte Ayco aus Lucas großen, sanften Augen herauslesen. Offenheit... Luca war so offen. Das Gegenteil Aycos, stellte der Elf fest. Er war wie ein offenes Buch, in dem Ayco nach belieben lesen konnte. Da gab es nichts, was der Magier zu verheimlichen hatte.

Der Elf bewunderte Luca dafür. Es faszinierte ihn, wie man so ehrlich und frei sagen konnte, was man fühlte. Etwas, was Ayco gelernt hatte, immer zu verbergen, seine Gefühle.

Wieder stellte er fest, dass Luca ihn in seinen Bann zog. Aber der Schrecken darüber war nur noch mild, und Ayco wunderte sich langsam auch nicht mehr darüber. Obgleich sie beide noch nicht lang wach waren hatte sich viel ereignet und es wurde viel gesagt, teilweise ohne dass einer von ihnen sprach, und es hatte sich allein vom Prinzip her alles geändert. Die Veränderung konnte Ayco nicht in Worte fassen, aber er spürte sie, deutlich. Und zugleich hatte er sich unbewusst gegenüber Luca geöffnet.

Nie vorher gab es jemand in Aycos Leben der sich so verhielt... Normal hätte der junge Mann angenommen, es sei eine ganz billige Masche, ihn einzuwickeln, aber Luca war tatsächlich so offen... Luca war ein Träumer, jemand, den kein Rückschlag wahrnahm, weil er viel zu weit oben in seiner eigenen Welt lebte, völlig unberührt von der Wirklichkeit, fern allen Bösen.

Auch nur eine Schutzreaktion, dachte Ayco bei sich, aber eine sehr schöne, die einfach zu ihm passte... Der eine verschloss sich, der andere ging aus sich heraus, um hoch hinaus zu fliegen, zu einer eigenen Welt.

Gleich wie, Luca hatte Ayco endgültig verzaubert.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2003-10-20T04:47:06+00:00 20.10.2003 06:47
@ Shimi:
Mach' ich, klar... Koriko ist sowieso in Gera, leider. Deshalb habe ich am Abend immer noch recht viel Zeit zum zeichnen und schreiben.

@ Escaf:
Danke für Deine Hilfe. Ja, aber bevor Ayco sich nochganz in die Richtung bewegt, braucht er noch ein Weilchen. Vertrauen ist bei ihm immer so eine Sache... ^___~
Von:  Escaf
2003-10-17T18:11:39+00:00 17.10.2003 20:11
Sorry, er heißt natürlich Ayco
Von:  Escaf
2003-10-17T18:11:14+00:00 17.10.2003 20:11
wie immer, E-mail gesendet, aber ich hab vergessen noch was zu sagen....ich war zu faul die ganzen Du, Dir-Fehler zu ändern..... naja, ansonsten einsame Spitze!!!!!!!!!!Das Paring nimmt jetzt auch langsam gestalt an... Ayo hat sich verliebt....*?*zumindest is'sa dabei es zu begreifen und sich einzugestehen....naja, ich freu mich schon auf den nächsten Teil.......
Von: abgemeldet
2003-10-17T16:26:43+00:00 17.10.2003 18:26
cool^^
bitte schreib schnell weiter!!


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