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Unforgivable

Wichtelgeschichte für Tanuma
von

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Unforgivable

Manche Städte besaßen die Eigenschaft, selbst in tiefster Nacht nicht in vollkommener Dunkelheit zu versinken. Ethan und Kerrys Heimatort gehörte eigentlich nicht dazu. Gemütliche Einfamilienhäuser reihten sich aneinander, ab und zu unterbrochen von größeren Villen, entweder in Privatbesitz oder als vermietbare Urlaubsdomizile gedacht. Geschäfte und Restaurants fand man nur in der Ausführung winzig bis längst geschlossen. Seltsamerweise hielt sich seit Jahren hartnäckig ein Souvenirshop, obwohl die Gegend keine Attraktionen zu bieten hatte. Wenn jemand hier wohnte, besaß er ein Auto, mochte Ruhe und ging vermutlich gerne wandern, um die vielen Seen, Waldgebiete und Felder zu erkunden. Früher waren die Felder regelmäßig bestellt worden, aber die Bauern hatte es schon vor langer Zeit aus der Gegend vertrieben.

Man könnte nun annehmen, in so einer ländlichen Gegend wäre jede Nacht ein Schauspiel für die Augen, mit einem Mond, so riesig und nah, als müsse man nur die Hand ausstrecken, um ihn berühren zu können. Dazu Milliarden von strahlenden Sternen, in deren Anblick man versinken könnte. Aber nicht hier. Die Nächte waren dunkel, Mond und Sterne standen allerhöchstens matt glimmend am Himmelszelt. Ohne Taschenlampe kam man meistens nicht weit, wenn man beschloss, gegen Mitternacht zu Fuß die Gegend zu erkunden.

Außer in der heutigen Nacht. Ethan kam sich leicht verflucht vor.

„Könntest du das nächste Mal bitte leiser über den Zaun klettern? Reicht es nicht bereits, dass wir gesehen werden könnten? Muss man uns auch noch hören?“

„Beruhig dich. Keiner sieht uns, keiner hört uns. Je panischer du wirst, umso leichter passieren dir Missgeschicke.“

„… Man könnte meinen, du machst sowas öfters.“

Ein misstrauischer Blick traf Kerrys Rücken, der nicht mehr antwortete, sondern stur geradeaus weiterging. Ethan folgte ihm nach kurzen Zögern. Jeder ihrer Schritte auf dem mit Steinen gepflasterten Weg kam ihm zu laut vor. Aber jetzt war es bereits zu spät. Sie waren in unmittelbarer Nähe ihres Zieles. Sowohl die Fenster der beiden Häuser gegenüber des Friedhofs als auch die angrenzende Kirche lagen in Dunkelheit. Bisher hatte niemand sie gesehen. Das Glück war ihnen hold und wenn es das nicht mehr bleiben sollte, hatten sie sich immerhin eine gute Ausrede zurechtgelegt. Sie müssten nur rechtzeitig die Brechstange, den Hammer und den Plastikbeutel loswerden.

Einige Zeit gingen sie schweigend nebeneinander her. Sie hatten sich beide den Weg gemerkt, den sie vor wenigen Stunden zum ersten Mal beschritten hatten. Steinerne Engel, verwitternde Grabsteine, halbwegs gepflegte, mit Blumen überwachsene Gräber und ein paar neue, moderne Gebilde wechselten einander ab. Trotz beschaulicher Einwohnerzahl war der Friedhof nicht unbedingt klein zu nennen, denn auf ihm lagen Generationen begraben. Manche Familien kehrten nur für wenige Stunden zurück, um ihre Liebsten neben ihren Vorfahren beerdigen zu lassen. Irgendwann würde sicher einmal der Platz ausgehen, aber bisher waren alle Familiengräber großzügig und mit einigen Abstand zueinander angelegt worden. So auch das Grab der Familie Dunham.

„Hier liegt er“, sagte Ethan gedämpft. Seine Miene war vollkommen leer, als er einen Blick mit dem offensichtlicherer mitgenommenen Kerry tauschte, der schwach nickte und ihm mit erstickter Stimme zustimmte.

„Ja, hier liegt Noah.“
 

„Du kannst hier nicht liegen! Das ist mein Platz. Ich war vor dir da. Miss Shell, Ethan hat mir meinen Platz geklaut!“

„Was? Nein... ich... ich wusste nicht. Tut mir leid... Ich...“

Noah, der bis gerade eben mit verschränkten Armen dagestanden und beleidigt zwischen Ethan und dessen Kissen hin und her geguckt hatte, blinzelte verwirrt und streckte die Hand aus, um den anderen Jungen auf die Schulter zu klopfen.

„Ist ja gut. War doch nur Spaß. Du darfst den Platz behalten, wenn du willst“, murmelte er peinlich berührt und drückte sein eigenes Kissen an sich. Er hatte den Neuen nur ein bisschen ärgern wollen, ihn fast zum Heulen zu bringen, war nicht geplant gewesen. In der Tiger-Gruppe, in der er bis vor einem halben Jahr gewesen war, war es öfters vorgekommen, dass jemand mal geflennt hatte, weil er geärgert worden war, aber die Sonnenblumen-Gruppe war so friedlich, dass er sich manchmal fast ein wenig langweilte.

Seine Mutter hatte den Wechsel für nötig befunden, nachdem seine acht Minuten ältere Zwillingsschwester einem Jungen den Milchzahn ausgeschlagen hatte. Jetzt war sie in der Häschen-Gruppe und steckte dort Stifte in die Nasenlöcher der anderen Kinder. Sie war schon vor dem Kindergarten temperamentvoll gewesen. Noah hatte sich nie gut mit ihr verstanden. Jetzt war sie beinahe unerträglich. Da brachte auch der Wechsel nichts mehr.

Ihn dafür nahm es ziemlich mit. Mama sagte, er würde auch in der neuen Gruppe Freunden finden, aber irgendwie klappte es nicht. Er machte andauernd alles falsch, sogar bei dem Neuen, bei dem er eigentlich gehofft hatte, eine Chance zu haben. Schließlich fühlten sie sich beide fremd in dieser Gruppe und Ethan kam aus dem selben Dorf wie er. Neugierig hatte Noah vor wenigen Tagen den Einzug der fünfköpfigen Familie beobachtet, sich jedoch nicht getraut, den gleichaltrigen Jungen zu begrüßen, wie Mama es von ihm verlangt hatte. Ethan war andauernd von seinen beiden großen Geschwistern, die mindestens schon doppelt so alt waren wie er, umringt gewesen. Traumatisiert durch seine eigene Schwester hatte er einfach ein kleines Problem mit älteren Geschwistern. Aber nun, obwohl diese gar nicht in der Nähe waren, stellte er sich immer noch blöd an. Am liebsten hätte er das Gesicht im Kissen vergraben.

„Du darfst den Platz haben, wirklich. Und ich such mir einen anderen, ja?“

Noah wollte sich schon umdrehen, als eine Hand ihn am T-Shirt zurückhielt und Ethan scheinbar allen Mut zusammenzunehmen schien.

„Wir... könnten uns den Platz teilen? Das habe ich früher dauernd mit meinen Freunden getan.“

„Aber wir sind keine Freunde“, erwiderte Noah, bevor er überhaupt nachgedacht hatte. Zwei Sekunden später drückte er sich nun wirklich das Kissen ins Gesicht. Das hatte er nicht sagen wollen. Ernsthaft nicht.

Aber erstaunlicherweise sah Ethan ihn nicht böse an, als er das Kissen wieder vom Gesicht nahm. Er grinste sogar.

„Du bist echt doof. Wenn wir keine Freunde sind, müssen wir es eben werden. Also teilen wir uns den Platz?“

„Okay“, antwortete Noah kleinlaut und legte sein Kissen auf den Boden. Er konnte kaum glauben, dass der Junge, den er gerade noch fast zum Heulen gebracht hätte, plötzlich so nett zu ihm war. Er mochte ihn jetzt schon. Hoffentlich stellte er sich nach dem Mittagsschlaf besser an und sie konnten Freunde werden.
 

„Ich weiß noch, wie wir damals im Kindergarten Freunde geworden sind. Es fühlt sich an wie gestern. Er kann nicht tot sein.“

Ethans Selbstbeherrschung war in sich zusammengefallen. Seit er vor einigen Tagen von Noahs Tod erfahren hatte, kam die Trauer in Wellen zu ihm. Mal überrollte sie ihn, mal vergaß er für einige Stunden den Verlust seines besten Freundes. Obwohl es ein Ding der Unmöglichkeit sein sollte, während der Beerdigung - und erst recht, während sie sich auf den Friedhof schlichen - nicht daran zu denken, war er während der letzten Stunden beinahe gefühllos durch die Welt gewandelt. Doch als Kerry damit begonnen hatte, die Grabplatte mit der Brechstange aufzuhebeln, hatte die Welle ihn wieder überrollt. Er war beinahe unfähig sich zu bewegen. Zitternd hatte er die Arme um seinen Körper geschlungen und beobachtete Kerry, der trotz der Tränen, die ihm in halben Sturzbächen vom Gesicht liefen, deutlich professioneller vorging. Diesmal zudem mit der nötigen Lautlosigkeit.

„Ich verstehe es nicht. Die Polizei sagt, es sieht lediglich nach einem verdammten Raubüberfall aus. Wieso wurde er dann gleich erschossen? Wer tut so was? Er war weder reich noch hat er jemals jemanden etwas zu leide getan. Hast du seine kleine Schwester -“

„Ethan, bitte sei ruhig. Lass uns einfach seinen letzten Wunsch erfüllen, okay?“

Für einen Sekundenbruchteil lächelte Kerry zu ihm hoch. Sie waren schon lange keine Freunde mehr, aber für den Moment waren sie in ihrer gemeinsamen Trauer um Noah verbunden. Ethan klappte der Mund zu. Eigentlich war er niemand, der viel redete, schon gar nicht ohne Punkt und Komma. Kerrys Anwesenheit und die Situation an sich hatten ihn nervös gemacht. Doch jetzt kam es wieder in Ordnung. Sie beide taten es für Noah. Also konnten sie einander vertrauen, auch wenn es nur für einen kurzen Zeitraum war.

Vorsichtig erwiderte er das Lächeln. „Ja, lass uns das tun.“
 

„Das willst du nicht wirklich tun, oder? Noah, du kannst nicht zu ihm hinübergehen!“

„Natürlich kann ich.“

Knapp zwei Jahre war es her, dass Ethan und Noah Freunde geworden waren. Sie stritten sich nicht oft, obwohl sie soviel aufeinander hingen, dass ihre Geschwister bereits nervige Scherze darüber rissen. Jetzt allerdings sahen sie einander stur an und keiner war bereit dem anderen nachzugeben.

Auf dem Schulhof achtete keiner auf sie. Das Wetter war herrlich und die Schüler zelebrierten es, indem sie wie wild geworden herumliefen, Fangen spielten oder sich mit verschiedenen Bällen übten. Das Fußballtor, in dessen Nähe Ethan und Noah saßen, ächzte das ein oder andere Mal besorgniserregend, wenn einer der Jungen in grenzenloser Leidenschaft für den Sport den Ball dagegen schoss oder höchstpersönlich gegen den Pfosten lief. Häufig sorgte eine derartige Aktion für freundschaftliche Lachanfälle und Schimpftiraden, doch beides verklang schnell wieder. Man wollte schließlich die Mittagspause ausnutzen.

Für Ethan fühlte sich seine Mittagspause bereits ruiniert an. Anstatt in Ruhe mit seinem besten Freund Karten spielen zu können, hatte dieser beschlossen, seine gute Tat des Tages zu vollbringen. An Kerry White, dem wahrscheinlich einzigen Kind auf dem ganzen Schulhof, das alleine herumhing. Was kein Wunder war, wenn man Ethan fragte. Der Typ war gruselig. Noah mochte das vergessen haben, aber dafür hatte man ja Freunde, die einen wieder an so etwas erinnerten.

„Er. Ist. Gruselig!“

„Jetzt sei doch nicht so. Er kann nichts dafür, dass seine Eltern versucht haben, ihn auch noch nach dem Kindergarten Zuhause zu behalten. Wenn wir ihn kennenlernen, stellt er sich vielleicht als richtig nett heraus.“

Ethan seufzte. Das war so typisch Noah. Meistens bemerkte man es nicht, weil er wirklich ungeschickt sein konnte, aber er hatte ein viel zu großes Herz. Verletzte Tauben, die verlorene Haarspange eines Mädchens, gruselige Mitschüler... er versuchte sich um alles und jeden zu kümmern.

„Wenn er will, dass wir ihn kennenlernen, dann soll er von sich selbst aus zu uns kommen.“

„Und wenn er sich nicht traut? Wir wissen beide, wie schwierig es ist, Freunde zu finden. Lass uns ihm eine Chance geben, bitte.“

Einen kurzen Moment schwieg Ethan. Sie sahen sich noch immer starr in die Augen. Doch von einer Sekunde auf die nächste gab er sich geschlagen und senkte den Blick.

„Ach, mach doch, was du willst.“

Um nichts mehr sagen zu müssen, griff er nach seinem Kakao und zog schlürfend am Strohhalm. Wahrscheinlich wäre Noah sowieso irgendwann zu Kerry gegangen und hätte ihn zu ihnen geschleift. Wenn er das unbedingt brauchte, sollte er es eben tun.

Trotzdem hatte Ethan ein ungutes Gefühl im Magen, als Noah aufstand, ihn nochmal dankbar zulächelte und dann auf Kerry zustrebte. Vielleicht wäre der Typ nicht ganz so gruselig, wenn er wenigstens lesen oder Gameboy spielen würde. Aber er tat nichts, außer dazusitzen und den Boden zu betrachten. Wie der Geist eines psychisch gestörten Jungen in der Irrenanstalt. Noahs Schwester hatte sie dazu überredet, heimlich ein paar Horrorfilme zu schauen. Ausnahmsweise hatten sich die Geschwister dabei prächtig verstanden. Aber das war auch das einzig positive an der Aktion gewesen. Ethan hatte seitdem einige echt miese Albträume und Gestalten wie Kerry oder ihr hinkender Hausmeister verschlimmerten alles nur noch.

Allerdings war es jetzt endgültig zu spät, um weitere Bedenken zu äußern. Noah kam bereits wieder, einen leicht verstört wirkenden Kerry fest an der Hand haltend, damit dieser nicht auf die Idee kam abzuhauen. Das konnte ja lustig werden.
 

„Hältst du die Urne auch wirklich gut fest? Wenn sie herunterfällt... Ich möchte nicht mal darüber nachdenken.“

„Ich halte sie so sicher wie ein Baby. Solange du nicht gegen einen Baum fährst, ist alles in Ordnung.“

Es war schon das dritte Mal, dass sie dieses Gespräch führten. Immer wieder glitten Ethans Blicke von der Fahrbahn ab und legten sich nervös auf Kerry, der neben ihm auf den Beifahrersitz saß, die in eine Plastiktüte eingewickelte Urne auf dem Schoß. Theoretisch sollte jetzt der leichtere Teil der Nacht folgen, dennoch fühlte Ethan sich schlechter als auf dem Friedhof. Vielleicht lag es an der Nähe zu Noahs Asche. Es tat so weh sich vorzustellen, dass sein einst 1.84m großer Freund in dieses popelige Gefäß passte.

Außerhalb des Autos herrschte weiterhin tiefste Nacht. Die Landwege waren holprig, andere Autos gab es hier nicht. Ethan war sich nicht sicher, zu welchem Wald er fahren sollte. Wäldchen gab es viele. An Denjenigen, die sie in ihrer Jugend zusammen erkundet hatten, waren sie schon vorbeigezogen. Kerry sprach nur, wenn er ihn zuerst ansprach. Gedankenverloren blickte er aus dem Fenster und streichelte beinahe liebevoll die Urne.

„Ich weiß, dass wir das Richtige tun“, meinte Ethan zögerlich, als sich sein eigener Blick wieder auf die Fahrbahn fixierte, „Trotzdem krieg ich den Anblick von Noahs kleiner Schwester nicht aus dem Kopf. Nicht nur ihr, sondern seiner ganzen Familie nehmen wir die Möglichkeit zu trauern und sich dabei zumindest der Nähe zu den Resten seines Körpers bewusst zu sein. Ob Noah das gewollt hätte?“

Ethan zuckte unmerklich zusammen, als Kerrys wütende Aufmerksamkeit sich auf ihn richtete. Seine Augen funkelten trotz der dämmrigen Lichtverhältnisse im Wagen gefährlich. Upps, das hatte er vergessen. Kerry mochte es nicht, wenn man Noahs Worte hinterfragte oder in diesem Fall: Seinen Wunsch.

Wie jung sie damals gewesen waren, als sie aufgrund eines langweiligen Schulprojekts begonnen hatten, darüber zu reden, wie sie beerdigt werden wollten. Während er und Noah einvernehmlich ihre Abneigung gegen Friedhöfe verkündet hatten, war es Mr. Gruselig scheinbar vollkommen egal, ob er überhaupt auf irgendeine Weise beerdigt werden würde. Noah hatte stundenlang auf ihn eingeredet und von friedlichen Wäldern, zwitschernden Vögeln und sonnenbeschienenen Lichtungen gequatscht. Ethan hatte längst vergessen, was er damals für Wünsche geäußert hatte, aber Noahs war ihnen beiden im Gedächtnis geblieben.

Nur war das leider nichts, womit auch seine Familie einverstanden gewesen wäre. Das Familiengrab seitens seines Vaters war mehr als eine Tradition. Es war eine Pflicht.

„Schau nicht so. Ich hab doch gesagt, ich weiß, dass wir das Richtige tun. Trotzdem... seine Familie...“

„Welche Familie denn bitte? Wir waren seine Familie!“, erwiderte Kerry scharf und blickte stur wieder aus dem Fenster. Ethan seufzte. Es brachte ja eh nichts mit seinem Beifahrer zu streiten. Das sollte er doch schon vor Jahren gelernt haben.
 

Sie hatten sich ursprünglich zum Lernen getroffen. Alle drei waren sie nicht die großen Leuchten in Mathematik, mussten aber dringend ein bisschen in diesem Fach vorankommen, um die achte Klasse zu überstehen. Einer der älteren Nachbarsjungen hatte ihnen seine Hilfe angeboten, aber sie hatten ihn bereits wieder weggeschickt. Ans Lernen war nämlich längst nicht mehr zu denken, nicht mit einem aufgelösten, nur mühsam die Tränen zurückhaltenden Noah in ihrer Mitte.

„Ich verstehe es nicht... es war doch immer alles gut! Wir waren glücklich! Wie können sie jetzt behaupten, es wäre zu gut gewesen? Zu harmonisch... zu friedlich.. zu leidenschaftslos... Ich verstehe es nicht!“

Kerry und Ethan verstanden es ebenfalls nicht. Also schwiegen sie. Es gab keine tröstenden Worte. Alles, was sie ihm anbieten konnten, war ein wenig freundschaftliche Nähe und vier Ohren, die ihm aufmerksam zuhörten. In seinem Schock und seinen Schmerz waren sie für ihn da, aber sie trauten sich nicht zu sagen, dass es schon werden würde. Ethan hätte gerne behauptet, dass die Eltern seines besten Freundes es sich sicher nochmal anders überlegen würden, sie hatten schließlich meistens viel glücklicher gewirkt als seine eigenen, doch was Noah ihnen erzählt hatte, klang auf grausame Art endgültig. Die Ehe war zerbrochen und mit ihr die gesamte Familie.

„Und wisst ihr, was das Schlimmste ist? Ich glaube, Papa hat schon jemand... Neues...“

„Oh... du meinst doch nicht...?“

Noah biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe und nickte. Minutenlang schien er unfähig zu sein, ein Wort herauszubringen. Wie früher im Kindergarten hatte er ein Kissen an sich gedrückt und wiegte sich beinahe unmerklich vor und zurück. Kerry strich ihm vorsichtig über die Haare, Ethan über den Rücken.

Irgendwann ging es wieder. Noah bekam ein Taschentuch gereicht, obwohl er nicht wirklich geweint hatte. Es war ihnen ein Rätsel, wie er es schaffte, die Tränen zu unterdrücken. Er wirkte in diesem Moment ungewohnt fragil. Unwillkürlich waren sie stolz, dass er ihnen genug vertraute, um ihnen diese Seite von sich zu zeigen. Sie waren seit Ewigkeiten Freunde und inzwischen wohl auch so etwas wie eine Familie. Noah hatte sowieso schon vor Jahren behauptet, sie wären ihm als Geschwister lieber als seine Schwester, Kerry hatte keine Geschwister und Ethans waren bereits aus dem Haus, sodass er sie nur selten sah. Sie drei jedoch waren immer zusammen, in der Schule und in ihrer Freizeit. Sie konnten es nicht durch eine Geburtsurkunde beweisen, doch füreinander waren sie längst Brüder.

„Papa soll an seiner Lüge verrecken... Als wir ihn neulich in der Stadt gesehen haben... den Arm um die Schultern dieser... dieser schwangeren Frau gelegt... das war keine normale Freundin. Ich wette, Mama weiß nicht mal etwas davon.“

„Das wäre übel“, stimmt Kerry hastig zu.

Ethan nickte nur. Es gab wirklich keine Worte, um dieser Situation gerecht zu werden. Er hoffte nur, Noah würde es irgendwie überstehen.
 

„Lass es uns jetzt endlich hinter uns bringen. Ich hoffe, das ist weit genug weg. Was meinst du?“

Ethan parkte den Wagen am Rande eines ihm unbekannten Wäldchens. Weit und breit war keine Spur von menschlichen Einfluss zu sehen. Er kam sich vor wie bei einem Roadtrip durch Amerika nach der Zombieapokalypse. Es war perfekt für ihren Plan. Auch Kerry segnete seine Wahl ab, noch immer etwas wortkarg und verstimmt. Aber immerhin stieg er gemeinsam mit ihm aus dem Auto und blieb an seiner Seite, als sie auf den Wald zugingen. Wobei letzteres auch daran liegen könnte, dass Ethan derjenige mit der Taschenlampe war, während Kerry die Urne nicht aus den Händen geben wollte.

„Verstreuen wir die Asche auf einer Stelle oder lassen wir sie stückchenweise... auslaufen? Ich würde ja lieber nicht zu tief in den Wald hinein. Am Ende verlaufen wir uns noch.“

„Es ist egal. Der Wind wird Noah schon mit sich tragen, wie es ihm gebührt.“

Ethan warf Kerry einen schrägen Blick zu. Das klang, als wäre dieser unter die Dichter gegangen. Aber gleichzeitig war es wirklich hübsch. Noah hätte den Gedanken gemocht, dass winzige Partikel seiner Asche durch die Luft gewirbelt wurden und unsichtbar fürs menschliche Auge an kleinen Pflanzen und großen Bäumen hängen blieben.

Als Mensch hingegen war der Gedanke, verbrannte Knochen einzuatmen, nicht allzu prickelnd. Aber im Moment war es relativ windstill. Also sollten sie damit keine Probleme haben.

Ethan beobachtete wortlos, wie Kerry die Urne aus dem Plastikbeutel nahm, den Deckel abschraubte und diesen zurück in die Tüte fallen ließ. In diesem Augenblick war er froh, sich selbst nicht in die Augen sehen zu müssen. Der bodenlose Schmerz in Kerrys war schon schlimm genug. Vielleicht sogar schlimmer als bei ihm selbst. Denn auch wenn sie beide einen Freund und Bruder verloren hatten, für Kerry war Noah mehr gewesen. Auch nach all den Jahren noch.
 

Schön. Die beiden waren jetzt also mehr füreinander. Er hatte wirklich kein Problem damit. Auf Familienfeiern verstand er sich mit seinem Cousin Alex schließlich immer am besten und der war so offensichtlich schwul, dass es weh tat. Er war ein wandelndes Klischee. Jemand, der von anderen Homosexuellen gehasst wurde, weil er ein falsches Bild ihrer Sexualität vermittelte. Aber Ethan mochte ihn. Es kam auf den Menschen an, nicht auf die Sexualität und Alex wäre wahrscheinlich auch schräg gewesen, wenn er auf Frauen gestanden hätte.

Dennoch war er hiervon nicht angetan. Mussten die beiden vor ihm herumknutschen? Schien fast, als wollten sie einander auffressen. Oder eher, Kerry wollte Noah auffressen. Von dem schien die Initiative auszugehen. Als wollte er Ethan beweisen, dass ihr gemeinsamer bester Freund jetzt ihm alleine gehörte. Noah bekam es nicht mit. Er war so verliebt, dass er sich mitziehen ließ.

Aber Ethan würde den Teufel tun und sich bei ihm beschweren. Irgendwann kamen die beiden schon wieder von ihren Trip herunter. Hoffentlich. Er musste sonst kotzen.

Immerhin war der Film ganz nett, wegen dem sie seit knapp einer Stunde im Kino saßen. Gut gemacht, hier und da knallige Actionszenen, nur leider nicht richtig fesselnd. Es ließ ihm zu viel Freiraum für Gedanken. Seit zwei Monaten dachte er andauernd nach. Er hatte das Gefühl, das zuvor nicht genug getan zu haben. Ansonsten wäre ihm doch sicher aufgefallen, dass Kerry und Noah sich verliebt hatten. Doch die bittere Wahrheit war, dass er es erst gesehen hatte, als Noah wie ein reuiger Sünder mit Kerry an der Hand vor ihm gestanden hatte und es diesmal ganz bestimmt nicht um eine kindisch-unschuldige, gute Tat gegangen war.

Besonders blöd kam er sich vor, weil er selbst mit 16 noch nie verliebt gewesen war. Er fand gelegentlich ein Mädchen hübsch, hatte aber nie das Bedürfnis gehabt, ihr nah zu kommen. Bisher hatte ihn das nicht sehr intensiv gestört. Seine besten Freunde führten ja ebenfalls keine Beziehungen. Aber jetzt wusste er auch wieso. Sie waren schwul oder zumindest bi und ziemlich ineinander verschossen.

Das brachte ihn auf die Frage, ob er selbst vielleicht schwul sein könnte und es bisher einfach nicht gemerkt hatte. Stand er womöglich auf Noah und war deshalb nicht davon angetan, wie Kerry sich so offensiv an ihm rieb?

Der Gedanke ließ einen kalten Schauer seinen Rücken hinunter rieseln. Er wollte nicht versehentlich auf Noah stehen. Zwischen ihnen bestand keine sexuelle Anziehung. Nichts lag ihm ferner, als seinen besten Freund, seinen sozusagen-Bruder, zu küssen oder ihn an verruchten Stellen zu berühren.

Wenn er generell andere Jungen ansah, konnte er nicht absolut ausschließen, von ihnen angezogen zu werden. Er konnte es aber auch nicht bestätigen. Woher wussten andere Menschen, was in dieser Angelegenheit richtig und was falsch war? Ethan war einfach verwirrt und dass er mit seinem besten Freund nicht darüber sprechen konnte, fühlte sich ernsthaft mies an.
 

„Das fühlt sich nicht richtig an. Lass uns die Urne zurückbringen.“

„Wie wär's, wenn wir das gleich entscheiden und jetzt erst einmal die Asche verstreuen? Eine Hälfte du und eine Hälfte ich?“

„Okay...“

Sie hatten beide Schwierigkeiten, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Minutenlang standen sie einfach nur herum und besprachen erst, ob sie den Motor des Autos laufen lassen sollten, um schnell wieder wegzukommen, falls überraschend jemand auftauchte. Ein Jäger zum Beispiel, um drei Uhr nachts. Dann gingen sie ihre Optionen durch, was sie mit der leeren Urne machen könnten. Zur Auswahl standen, sie zu zerschlagen und ebenfalls zu verstreuen. Oder sie als Andenken mit nach Hause nehmen. Sie hätten sie auch ins Grab zurückbringen und riskieren können, diesmal wirklich erwischt und als Grabschänder angeklagt zu werden.

Kerry schien es vollkommen unwichtig zu sein, doch Ethan dachte immer noch an Noahs Familie zurück. Anfangs mochte Noah unbändige Wut auf seine Eltern, auf ihre neuen Partner und besonders auf seine kleine Schwester verspürt haben, aber das hatte sich gelegt. Im Gegensatz zu der Beziehung mit seiner Zwillingsschwester waren die beiden ein Herz und eine Seele gewesen. Der Mord an ihren großen Bruder hatte dieses kleine, zwölfjährige Mädchen ebenso mitgenommen wie seine beiden besten Freunde. Sie mochte nicht ahnen, dass Noahs Asche nicht länger unter dem Grabstein ruhte, Ethan jedoch wusste es und hatte das Gefühl, ihr zumindest dessen Urne und ein paar übrig gebliebene Aschepartikel zu schulden. Er war eben ein sentimentaler Idiot.

Aber für den Moment mussten sich seine Schuldgefühle hinten anstellen, denn Kerry wartete nicht auf ihn. Feierlich setzte er einen Fuß vor den anderen und bei jedem Schritt rieselte eine kaum sichtbare Aschewolke aus dem Gefäß. Ethan schluckte, hob die Taschenlampe und schloss sich der Ein-Mann-Prozession an.
 

Ein feierliches Flüstern lag über ihrer Prozession. Das mit dem Schweigen hatte von Anfang an nicht so gut geklappt. Aber was erwarteten die Lehrer auch von einer Masse an Schülern, die gerade in der Kirche ihren Segen bekommen hatten, dem gleich im Rathaus das ultimative Abschlusszeugnis folgen würde? Sie waren aufgeregt, aufgedreht, glücklich, hier und da vielleicht melancholisch, weil es jetzt zu Ende war, doch die meisten jubilierten. Sie hatten die Schule satt, egal, wie schwierig das werden würde, was jetzt folgte.

Auch Ethan war bis vor zwei Sekunden noch enthusiastisch seinem Abschluss entgegengestrebt. Doch dann hatten seine angeblich besten Freunde ihm verbal in den Magen geschlagen und jetzt wollte er sie nur noch hasserfüllt anstarren und sie möglicherweise sogar anspucken.

„Was meint ihr damit, ihr zieht zusammen?! Wir drei wollten zusammen in das gleiche Studentenwohnheim gehen! Ihr könnt nicht einfach zwei Wochen vorher mit so was ankommen und mich ausschließen! Ich dachte, wir wären wie Brüder!“

Kerry hatte sich abgewandt, besaß aber zumindest den Anstand, verlegen seine Fußspitzen anzustarren. Ethan glaubte nicht ansatzweise an die Aufrichtigkeit dieser Geste. Noah jedoch sah ihn ehrlich schuldbewusst an. Wenn sie alleine gewesen wären, hätte er ihn wahrscheinlich halb heulend an sich gezogen und sich tausend Mal entschuldigt. Obwohl das bei weitem nicht gereicht hätte. Genauso wenig wie es seine Erklärungen jetzt taten.

„Bitte, es tut mir leid... aber wir... wir... haben uns entschieden, doch nicht zu studieren. Für dich ist es genau das Richtige! Deshalb wollte ich es nicht früher sagen. Du sollst es dir nicht anders überlegen. Aber ich... gehe möglicherweise ins Altenheim und Kerry will eine Ausbildung in der Werkstatt eines... eines Freundes anfangen. Wir haben wirklich lange darüber nachgedacht und dann entschieden -“

„Ach, hör doch auf! Er hat sich entschieden und du machst mit, weil du dich für ihn verantwortlich fühlst!“

Ethan machte sich nicht länger die Mühe, so zu tun, als würde ihm etwas an Kerry liegen. Die letzten zwei Jahre hatten ihre Freundschaft zerbrochen und was sie zusammenhielt, war Noah. Wie es aussah schien Kerry ihren stillen Konflikt allmählich zu gewinnen.

„Bitte... ich habe die Wohnung schon ausgesucht. Sie ist ganz nah zum Studentenwohnheim, okay? Wir werden uns jeden Tag sehen, das verspreche ich dir.“

Ethan fragte sich, was geschähe, wenn er jetzt nein sagte. Wenn er die beiden einfach nie wieder würde sehen wollen. Würde Noah sich um ihn bemühen, wie er es immer um Kerry tat?

Er wollte es nicht herausfinden.

Bereit einzuknicken war er trotzdem noch nicht. Aber ihm lag zu viel an ihrer Freundschaft. Das wussten sie beide. Vermutlich wusste sogar Kerry es. Das war der einzige Grund, wieso er Noah nicht intensiver von Ethan wegzulocken versuchte. Keiner von ihnen wollte Noah unglücklich sehen und deshalb ertrugen sie einander. Es war eine faulige, ungesunde Dreiecksbeziehung. Die Grenzen zwischen Freundschaft, Liebe und Besessenheit vermischten sich langsam. Wer war der Schuldige in dieser Angelegenheit? Gab es überhaupt einen?

Ethan holte tief Luft, seine Mundwinkel hoben sich unmerklich, halb gezwungen, halb belustigt ob der verkorksten Situation, in der er sich befand.

„Du solltest allmählich mit deinem Ofen umzugehen lernen, Noah. Du schuldest mir inzwischen mehr Kekse, als du in deinem Leben je backen könntest.“
 

Es war eine seltsame Sache, doch im Tode fiel es ihnen leichter, Noah miteinander zu teilen als im Leben. Kerry reichte Ethan ohne zu zögern die Urne, die dieser damit zum ersten Mal und einige Augenblicke einfach vollkommen regungslos in den Händen hielt.

So, das war also, was von Noah noch übrig war. Ein steinernes Gefäß, zur Hälfte mit Asche gefüllt. Einen Körper, in dem wie durch ein Wunder Leben zurückkehren konnte, gab es nicht mehr. Ethan glaubte an die Seele, aber das machte gerade nichts besser. Er fühlte sich nicht beobachtet. Außer Kerry war niemand zu sehen oder zu spüren. Kein Noah, weder der lebendige, noch sein wandelnder Geist. Er war weg.

In seinem Studium hatte er sich einmal mit einem Buch auseinandergesetzt, das die Phasen der Trauer beschrieb. Manche sagten, es gäbe fünf, andere reduzierten es auf vier. Er war sich nicht mehr sicher, was aufeinander folgte oder ob es überhaupt ein linearer Prozess sein musste.

Bei ihm war es gerade alles andere als linear. Er hatte geleugnet, auch ein wenig getrauert, aber hauptsächlich geleugnet. Die ganze Woche über, seitdem er von Noahs Tod erfahren hatte.

Jetzt war es damit vorbei. Die Wahrheit erschlug ihn. Schmerz wallte in ihm auf, so tief wie eine Schlucht im finsteren Ozean. Jegliche Trauer auf dem Friedhof und im Auto war nur ein Vorgeschmack gewesen. Noah war unwiderruflich von ihnen gegangen.

Zitternd drückte Ethan die Urne an sich und starrte blind in den dunklen Wald hinein.

„Ich kann das nicht, Kerry“, flüsterte er, „Ich will nicht, dass Noah tot ist.“

Sie konnten doch nicht einfach seine Asche verstreuen und seinen Körper noch mehr auseinanderreißen. Nur noch so wenig war von ihm übrig und das wenige lag nun in einem Wäldchen herum, das sie vermutlich nie wieder finden würden. Nicht allein seiner Familie nahmen sie die Möglichkeit zu trauern, sondern auch sich selbst.

Noah. Er wollte ihn so sehr zurückhaben. Seine Stimme, sein Lachen, seine fürchterlichen Kekse, die er ihm seit dem Abschluss einmal monatlich gebacken hat, ihre peinlichen Shoppingtouren, die nur selten mit dem Kauf jener Gegenstände endeten, nach denen sie gesucht hatten, aber immer mit einem Kissen oder einem anderen, unnötigen Accessoire für seine Wohnung.

Noah, wieso musstest du sterben?

Noah, es tut mir leid, dass ich nicht bei dir sein konnte.

Noah, bitte komm wieder zurück, ich werde mich auch nie wieder wegen deinem unmöglichen Heldenkomplex aufregen.

Bitte...

Aber sein bester Freund kam nicht zurück. Lediglich Kerry war da und legte ihm eine Hand auf den Rücken.

„Komm, das müssen wir jetzt bis zum Ende durchziehen. Wir schulden es ihm.“
 

„Du schuldest mir schon wieder Kekse, Mistkerl. Wieso musstest du ihn unbedingt mitbringen?“

Ethan und Noah standen abseits der tanzenden und quatschenden Menge, lehnten an der himmelblau getünchten Wand und hielten beide einen Cola-Alkohol-Mix in der Hand. Die Musik war zum Glück nicht so laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr hätte verstehen können. Ethan höchstselbst achtete auf die Lautstärke. Schließlich war er das Geburtstagskind und entschied, wann er bereit war, sich die Ohren voll dröhnen zu lassen. Es war schon schlimm genug, mit dem ein oder anderen Gast leben zu müssen, den er nicht eingeladen hatte. Neben der Begleitung seines Cousins Alex, die dieser ihm nachher näher vorstellen wollte, fiel darunter auch Noahs lästiges Anhängsel. Das selbe wie die letzten sieben Jahre. Leider.

„Tut mir leid, ehrlich. Aber ich mag ihn momentan ungern alleine lassen. Du weißt wieso.“

„Was ich weiß, ist, dass eine Beziehung auf einer derart miesen Vertrauensbasis auf Dauer nicht funktionieren kann.“

Als Antwort lächelte Noah schwach. Offensichtlich wollte er das Thema nicht erneut durchkauen. Ethan wollte das ebenfalls nicht. Was ihn nicht davon abhielt, es trotzdem zu tun. Irgendwann musste Noah sich das Problem doch mal eingestehen. Für Ethan gäbe es kein besseres Geburtstagsgeschenk.

„Ich vertraue ihm. Er hat seit Wochen keine krummen Dinger mehr gedreht und er ist clean. Schau mich nicht so an. Schau ihn an. Sieht für dich so jemand aus, der wieder etwas intus hat? Du weißt, wie er drauf war, wenn er sich das Zeug reingezogen hat. Im Moment ist er clean. Wirklich. Aber es ist zugegeben schwierig, die Besorgnis abzustellen.“

Eine Weile beobachteten sie schweigend Kerry, der sich mit einer Kommilitonin Ethans unterhielt. Über die Köpfe der anderen Gäste hinweg konnten sie nicht viel sehen, geschweige denn etwas verstehen, doch die beiden schienen Spaß zu haben. Wenn er wollte, konnte Kerry ganz gesellig sein. Nicht alle Veränderungen, die er seit ihrer Schulzeit durchgemacht hatte, waren negativ. Ethan konnte das anerkennen. Aber er sah auch, wie schlecht sich das Arschloch auf Noah auswirkte und ihn niederdrückte. Er selbst hatte sich ein wenig aus ihrer Dreiecksbeziehung distanziert. Der Preis für sein eigenes Seelenheil jedoch war Noahs, der blind schien für alles außer seinen Lebenspartner.

Nach einiger Zeit schien es, als würde Ethans Kommilitonin sich unwohl fühlen. Kerry lächelte nicht mehr. Da brach wohl wieder seine gruselige Seite durch. Ethan bemerkte es, Noah ebenso.

„Ich geh mal kurz nach ihm schauen...“, murmelte Noah entschuldigend und Ethan ließ ihn mit einem knappen „Okay“ ziehen. Hatte ja eh keinen Sinn, heute weiter auf ihn einzuwirken. Damit verdarb er sich nur seine eigene Laune.

Dafür trat Sekunden später Alex zu ihm. Ethan zog eine wenig begeisterte Grimasse und kippte sich sein restliches Getränk in den Rachen, das definitiv nicht hochprozentig genug für das war, was jetzt folgen sollte.

„Hallo, Sonnenschein. Bereit, mein Geschenk auszuprobieren?“

„Nein.“

„Ach komm, wieso denn nicht?“

„Möglicherweise weil ich dir ganz im Vertrauen erzählt habe, dass ich mir mit Noah mehr vorstellen könnte und deine Interpretation dieses Thema so aussieht, mir einen Callboy anzuschleppen?!“

„Er ist kein Callboy. Er ist ein alter Freund von mir, der mir einen Gefallen schuldet und sehr interessiert daran ist, meinem kleinen, süßen Cousin eine Freude zu bereiten.“

Angeblich verstanden er und Alex sich auf Familienfeiern prächtig. In Zukunft musste er sich allerdings dringend jemand anderen suchen, um sich zu betrinken und über Onkel Lance oder Tante Sophie herzuziehen. Er war nämlich ziemlich kurz davor, seinen Cousin eine Salzstange ins Auge zu stechen und genüsslich umzudrehen.

„Ob du es glaubst oder nicht, ich mein's gut mit dir. Tag ein, Tag aus hängen deine Blicke an Noah und seinem merkwürdigen Betthäschen und du denkst nach und denkst nach und kommst nie zu einem Ergebnis. Wie wär's, wenn du erst mal allgemein herausfindest, ob du auf Männer stehst. Du kannst dich ja gerne in den Menschen Noah verliebt haben, das will ich dir nicht abstreiten, aber wenn du mit seinem Körper nichts anfangen kannst, wird das eine echt langweilige Beziehung.“

Plötzlich hatte Alex seine Aufmerksamkeit. Der Gedanke war gar nicht so dumm. Ethan hatte ein, zweimal mit Frauen geschlafen, vielleicht auch öfters, und es war nicht schlecht gewesen. Doch an Männer hatte er sich nie herangetraut.

So kam es, dass er gegen vier Uhr nachts, als alle Gäste bereits gegangen war, Alex' Geschenk auf seinen Bett gegenüber saß und es schüchtern betrachtete. Groß, schlank, nicht muskulös, aber athletisch. Dunkelrote Haare reichten ihn bis in den Nacken. Sein Umgang mit dem Glätteisen schien nicht der beste zu sein, hatte seine Mähne zu Beginn des Abends noch seidenweich und glatt ausgesehen, so hatte sie sich im Laufe des Abends an einigen Stellen in ihren wilden Naturzustand zurückbegeben. Ethan fand das nicht sonderlich bedauerlich. Er mochte Locken. Man konnte seine Hände wunderschön in ihnen vergraben.

Ethan war allerdings bei weitem noch nicht bereit diesen Schritt zu tun. Stattdessen redeten sie. Er erfuhr, dass der Name seines Gegenübers Gordon lautete, er aus Schottland kam und in etwa so alt war wie Alex. Ethan selbst brauchte nicht in die Details zu gehen. Das hatte sein Cousin schon für ihn getan. Es war nicht unbedingt ein guter Start für einen One-Night-Stand, wenn sein Liebhaber von einem wusste, dass man mit sechs Jahren noch ins Bett gemacht hatte.

Dennoch versuchten sie es nach einiger Zeit. Mit mäßigen Erfolg. Wenn er Gordon beim Küssen ansah, ihn berührte, sich selbst ebenfalls berühren ließ, regte sich bei ihm nichts. Es war nicht ekelhaft. Wenn er die Augen schloss und sich zurücklehnte, konnte er es sogar genießen.

Sie gingen beide nicht unbefriedigt aus der Sache heraus. Ethan bekam einen Blowjob, Gordon einen Handjob. Sie schliefen nebeneinander ein. Am Morgen frühstückten sie zusammen. Drei Wochen später trafen sie sich zufällig in der Stadt und gingen einen Kaffee trinken. Mit Gordon konnte er sich um Welten leichter über Noah und Kerry unterhalten als mit Alex. Es war also kein Wunder, dass sie Freunde wurden. Allein dafür hatte sich Alex' Experiment gelohnt. Doch ob er jetzt schwul oder bi war oder überhaupt auf diese sexuelle, oh-mein-Gott-ich-hab-Schmetterlinge-im-Bauch Art und Weise auf Noah stand, wusste er immer noch nicht. Denn vielleicht war Gordon einfach nicht sein Typ gewesen. Vielleicht hatte der Mond nicht günstig über seiner Wohnung gestanden. Vielleicht machte er sich wegen der ganzen Sache seit Jahren viel zu verrückt und konnte deshalb nicht aus seiner Haut heraus.

Ethan beschloss, es gut sein zu lassen. Sie waren noch jung und hatten alle Zeit der Welt. Entweder würde er irgendwann wissen, was mit ihm los war oder nicht. Es fühlte sich ja nicht mal so an, als würde er Lebenszeit verschwenden. Sein Studium lief gut. Er hatte Freunde, eine großartige Familie und Hobbys, die ihn ausfüllten. Noah würde auch klar kommen, wenn er nicht mehr jede halbe Stunde an ihn dachte. Schlechtes Gewissen hin oder her.
 

Nach jedem Schritt musste Ethan stehen bleiben, das schlechte Gewissen pochte im Takt seines schmerzenden Herzens. Es dauerte nicht lange, bis die Urne leer war, hinter ihm eine Spur kalter Asche, vor ihm die Ungewissheit des fremden, finsteren Waldes.

Kerry, dank der Taschenlampe in seiner Hand das einzig gut Erkennbare in der näheren Umgebung, setzte sich auf einen umgefallenen, morschen Baumstamm. Ethan wollte nicht wissen, von was das Ding alles bevölkert wurde, setzte sich jedoch trotzdem dazu. Ihm fiel keine gute Alternative ein. Der Aschespur zurück zum Auto folgen konnte er noch nicht. Tiefer in den Wald vorzudringen hatte keinen Sinn. Mit wilden Tieren ein Spielchen zu spielen war nicht seine bevorzugte Freizeitgestaltung.

Es war das erste Mal seit einem Jahrzehnt, dass sie friedlich miteinander schwiegen. Noah hatte sie verlassen. Sie waren übrig geblieben. Es gab keinen Grund mehr zu streiten. Eigentlich gab es den schon seit drei Jahren nicht mehr, doch es hatte erst Noahs Tod gebraucht, damit der Waffenstillstand in ihren Verstand ankam.

Ethan war fast versucht, die Hand auszustrecken und seinen alten Feind zu trösten.
 

„Ehrlich, ich brauch deinen Trost nicht. Mir geht's gut. Und deine Pancakes schmecken übrigens noch schlechter als meine Kekse.“

„Undankbarer Mistkerl.“

Grummelnd trat Ethan mit seinem Fuß nach Noahs Schienbein, der sich halb sitzend, halb liegend auf der gegenüber gesetzten Seite des Sofas befand und den Fuß mit seinem eigenen abwehrte. Einen seligen Moment lang kamen sich die beiden vor, als wären sie wieder sieben Jahre alt und frei von allen Sorgen ihres Erwachsenenseins. Sie lachten, sie alberten herum, tranken heiße Schokolade und knabberten vorsichtig an Ethans eigentlich ganz leckeren Pancakes.

Es könnte alles so schön sein, wenn sie nicht beide genau wüssten, was sie heute zusammengeführt hatte. Die Geschichte lauerte auf Noahs Zunge und Ethan akzeptierte, dass sie erzählt werden musste, auch wenn er sie nicht hören wollte.

„Also“, fragte Ethan irgendwann, einen lautlosen Seufzer auf den Lippen, „wieso so plötzlich? Wieso hast du dich von ihm getrennt?“

Eine Sekunde lang sah Noah ihn nur stumm an, dann senkte er den Blick. Als würde er sich geschlagen geben. Als wäre er diesmal der Verlierer ihres Blickduells, das sie vor 17 Jahren an einem hellen Sommertag in der Grundschule ausgetragen hatten.

„Er ist wieder rückfällig geworden und ich bin nicht länger bereit, mir das anzutun.“

Das war es. Die Erkenntnis, auf die er jahrelang gehofft hatte, dass sie Noah endlich treffen würde. Wo blieb die Freude? Die Erleichterung? Ethan verspürte keinen Triumph. Er leckte sich über seine trockenen Lippen und wandte ebenfalls den Blick ab.

„Das ist gut. Ich bin... stolz auf dich.“

„Ja? Nun, ich fürchte, das Gefühl muss ich dir wieder austreiben. Wir sind freundschaftlich auseinandergegangen. Ich möchte weiterhin für ihn da sein. Ich möchte ihm helfen, sein Leben auf die Reihe zu kriegen.“

„Ach, Noah...“

Ihre Blicke begegneten sich. In beiden schwang ein Funken Humor mit. Es ging nicht anders. Sie wären wohl beide schon durchgedreht, wenn sie ihre jeweilige Situation nicht mit einer gehörigen Prise schwarzen Galgenhumors hätten betrachten können. Ethan, als außenstehender Beobachter meistens mit mehr, Noah, als involvierter, verletzbarer Handelnder meistens mit weniger Sinn für den Sarkasmus des Lebens.

„Es ist so bitter. Meine Eltern hatten alles, außer Liebe und es hat sie kaputt gemacht. Und wir haben Liebe, aber sonst nichts und es macht uns ebenfalls kaputt. Ich liebe ihn, er liebt mich. Aber es reicht nicht.“

„Ich schätze, das ist... keine Ahnung... Leben?“

„Yeah, Leben.“

Noah lachte. Die lauwarme Tasse in seinen Händen stoppte auf den Weg zu seinen Lippen, unbemerkt von ihm wurde sie durch die Bewegungen seines Körpers mit geschüttelt. Zwei Kakaotropfen stahlen sich über den Rand und traten ein kurzes Wettrennen an, das bereits auf der Mitte der Tasse stoppte. Ethan beobachtete es, verwundert darüber, wieso ausgerechnet so etwas Banales seinen Blick einfing und fesselte.

Ganz vorsichtig, geradezu schüchtern hob sich sein Blick wieder. Das war der Moment, in dem er es hätte sagen können.

Ich glaube, ich mag dich mehr, als mir gut tut. Lass es uns miteinander versuchen.

Der Moment war alles andere als perfekt. Noah verging innerlich vor Liebeskummer, obwohl er es schaffte, fast normal zu wirken. Niemand anderes hatte gerade eine wirklich große Chance in seinem Herzen. Aber selbst wenn es nur eine kleine Chance war, Ethan hätte sie gerne ergriffen. Wer wusste, ob dieser Vollidiot nicht morgen schon wieder mit Mr. Gruselig zusammenkäme? Wer wusste, ob nicht im nächsten Augenblick bereits ein Meteor auf der Erde aufschlagen und jegliches Leben auslöschen würde? Die Chance war klein, aber immerhin war sie vorhanden. Jetzt und hier. Genau in dieser Sekunde.

Er konnte nicht.

„Was hältst du von Waffeln?“, fragte Ethan grinsend. Noah lachte noch lauter.

„Waffeln? Hast du solche Langeweile, dass du mir erst Pancakes machst und jetzt auch noch Waffeln?“

„Ja. Und ich liebe dich halt. Für dich würde ich sogar die Herzchenform herausholen, aber das ist möglicherweise ein Ticken zu viel Salz in deiner Wunde.“

„Möglicherweise“, stimmte der Vollidiot auf seinem Sofa zu, „Aber Ethan? Danke. Ich liebe dich auch.“

Ethan zögerte nicht. Er hob die Hand und winkte lächelnd ab. Die Worte bedeuteten viel, aber nur Freundschaft und Zuneigung. Keine Liebe. Es war in Ordnung.

„Ich weiß“, erwiderte er und erwischte Noahs Schienbein diesmal tatsächlich mit seinem Fuß.
 

„Ich weiß nicht, wie es jetzt weitergehen soll“, gab Ethan nach einer gefühlt unendlichen Episode des Schweigens zu. Kerry zuckte lediglich die Schultern. Er schien jegliche Ambitionen verloren zu haben. In seinen Augen stand Dumpfheit. Seine Lebensenergie war verbraucht, obwohl er gerade mal 26 Jahre alt war. Die Drogen hatten ihm bereits viel genommen, Noahs Tod noch mehr und mit der Erledigung ihres Planes hatte sich auch sein letzter Lebenssinn erledigt.

Ethan, der selbst hilflos auf offener See trieb, nahm sich zusammen. Es fühlte sich an, als wäre Noahs Verantwortung Kerry gegenüber auf ihn übergegangen. Er konnte zwar nicht verhindern, dass Kerry sich morgen wieder alles mögliche Zeug in die Venen spritzte oder sich gar an einem Strick von der Decke baumeln ließ, aber zumindest konnte er ihn aus diesem Wald herausschaffen und ihm die gleiche Unterstützung zu Teil werden lassen, die dieser ihm auf ihren Weg hierher bereitwillig gewährleistet hatte.

Sanft nahm er Kerry die Taschenlampe ab und legte ihm eine Hand auf den Rücken. Nicht drängend, nicht verlangend, sondern auf eine schlichte Weise, die sagte, ich bin für dich da.

„Lass uns zum Auto zurückkehren. Die Urne nehmen wir mit und... teilen sie uns? Es wäre nicht viel, aber es wäre etwas. Ein letztes Erinnerungsstück an ihn. Ich hoffe nur, die Polizei findet seinen Mörder bald. Es ist schwierig, ein unbekanntes Gesicht zu hassen und ich will wenigstens wissen, wieso.“

Aus den Augenwinkeln bemerkte Ethan, wie Leben in seinen Begleiter zurückkehrte. Irgendwie hatte er gehofft, dass diese Sätze wirken würden. Nicht zu wissen, wer ihren Freund ermordet hatte und wieso, hinterließ einen Geschmack bitterer Galle auf seiner Zunge. Wieso sollte es Kerry anders gehen? An seiner Stelle würde er immerhin solange bei klaren Bewusstsein bleiben wollen, bis der Fall gelöst war. Falls der Fall lösbar war. Obwohl die Polizei von einem Raubmord ausging, war alles und jeder in Noahs Familie und Freundeskreis befragt worden. Er ebenfalls. Als wären sie sich ihrer eigenen Theorie nicht sicher. Oder wollten nicht voreilig etwas ausschließen. Einerseits erkannte Ethan die Bemühungen der Polizei an, andererseits erfüllten sie ihn mit Wut. Niemand, der Noah kannte, hätte ihn umgebracht. Wieso hielten sie sich mit solchen unnötigen Ermittlungen auf?

„Ethan...?“, drang Kerrys leise Stimme zu ihm durch.

„Ja, was ist denn?“

Er blickte ihn an.

Sein Blick wurde erwidert.

Ruhig, still, gebrochen.

Und plötzlich drehte sein Leben sich um 180° und kippte um.

„Ethan, ich habe Noah umgebracht.“
 

Es ist ein heißer, windstiller Sommertag. Die Fenster in Kerrys Wohnung sind alle geschlossen, die Gardinen zugezogen. Der Hitze tut dies keinen Abbruch, dafür wird es von Minute zu Minute stickiger. Er bemerkt es nicht. Er wartet. Während er auf dem Holz getäfelten Boden seines Wohnzimmers sitzt, das abgesehen von wenigen Möbeln, die Noah ihm aufgedrängt hat, vollkommen kahl ist, liebkosen seine langen Finger gedankenlos den Lauf der geladenen Pistole, die in seinem Schoß liegt. Seine Augen hängen an der schlichten, zitronengelben Wanduhr. Das ist alles, was in seinen Gedanken existiert. Dieses unablässige Tick Tack, Tick Tack.

Irgendwann unterbricht ein anderes Geräusch das Ticken der Uhr. Kerry zieht sein Handy aus der Hosentasche und liest die SMS, die ihm geschickt worden ist. Er lächelt, dann steht er auf.
 

Ich hatte einem Freund meine Kreditkarte geliehen, im Gegenzug hat er mir seine Waffe überlassen. Wir haben einander nicht viele Fragen gestellt. Mir war egal, wofür er sie benutzte, Hauptsache er tat es zum richtigen Zeitpunkt und in einer anderen, weit entfernten Stadt. Den Rest konnte er sich selbst denken. Ein Geschäft ohne Kameras, ein Kauf mit meiner Unterschrift. Ihm war es ebenfalls egal, was ich mit der Waffe tat. Er ist gut darin, sich aus solchen Sachen rauszuklagen. Ich glaube, es macht ihm sogar Spaß. Es ist sein Ersatz für die Drogen, durch die wir uns kennengelernt haben und von denen er effektiver und dauerhafter weggekommen ist als ich.“
 

Als Kerry das Haus verlässt, ist er so normal gekleidet wie eh und je. Ein weißes T-Shirt, eine modern-zerrissene Jeans, schwarze Turnschuhe und eine graue Umhängetasche. Eine Weile schlendert er durch die Stadt und trifft ein paar Bekannte, mit denen er sich kurz unterhält. Sie sind zwar nicht mehr auf dem Land, trotzdem ist es eine gedrungene Gegend. Man trifft immer jemanden, den man kennt.

Gegen Abend verlässt er unauffällig die Stadt. Wer ihn sieht, denkt, er würde einen Spaziergang machen. Das Wetter bietet sich ja geradezu dafür an. Das Gezwitscher der Vögel vermischt sich mit dem Klang eines einsamen Straßenmusikers.

Kerry bemerkt kaum, wie die Musik abklingt, je weiter er sich vom Stadtkern entfernt. In seinen Kopf gibt es nur ein penetrantes Tick Tack, Tick Tack. Er weiß nicht, wie er es schafft zu reden, zu lächeln, sich zu bewegen, überhaupt zu atmen, während das Ticken der Uhr doch so übermächtig von ihm Besitz ergriffen hat.

Aber er macht weiter. Seine Turnschuhe schreiten erst über Asphalt, dann über Erde.

Er ist fast da.
 

Seit zwei Jahren hat Noah fest in dem Altenheim außerhalb der Stadt gearbeitet. Ich habe ihn schon beobachtet, bevor ich beschlossen habe, es zu tun. Letzte Woche hatte er eine ganz normale Nachmittagsschicht und wenn er abends nach Hause ging, hat er die Abkürzung unter der Brücke hindurch genommen. Alles, was ich tun musste, war, mich hinter einer Säule zu verstecken und mir Handschuhe anzuziehen. Stoffhandschuhe. Gut geeignet zum Fahrradfahren im Winter. Mein Finger hat gerade noch so um den Abzug gepasst.“
 

Kerry atmet kaum, während Noah an ihm vorbei geht, das Handy in der Hand und glücklich lächelnd mit einem Unbekannten simsend. Er fühlt Wut in sich aufkochen. Sie vertreibt das Tick Tack. Über ihnen fahren in schneller Abfolge zwei Autos hinweg.

Fast hat Noah das Ende der Brücke erreicht, als Kerry hinter der Säule hervortritt und die Waffe hebt.
 

Zwei Schüsse. Beide durchschlagen Noahs Lungenflügel. Er taumelt. Jeder weitere, unbeschwerte Atemzug wird ihm verwehrt. Blut läuft ihm über die Mundwinkel. Eine Sekunde. Zwei. Drei. Kerry blickt gelassen auf seine Armbanduhr.

Dann fällt Noah nach vorne. Er ist unfähig den Sturz abzufangen. Aus der Entfernung klingt es friedlich, wie er auf dem Boden aufkommt.
 

Ich weiß nicht, wie lange ich da stand und ihn betrachtet habe. Aber als sich meine Beine wieder bewegten und ich zu ihm hinging, war er noch warm. Ich habe ihm seine Sachen abgenommen. Das Portmonee, das Handy, die Armbanduhr, die silberne Kette mit dem Herz, das ich ihm einst geschenkt habe und auch den Ring mit seinem schwarzen Glücksstein. Jetzt liegen die Sachen in einem anonymen Schwimmbadschließfach. Wegen der Einstichlöcher bin ich lange nicht mehr schwimmen gegangen, obwohl er immer wollte. Aber an diesem Tag war es in Ordnung. Es war fast, als würde er neben mir seine Bahnen ziehen.“
 

Ethan blickte schweigend auf seine Hände. Auch nachdem von Kerry kein weiteres Wort mehr kam, rührte er sich nicht. Er konnte nicht. Jede Bewegung würde bedeuten, entweder zu schreien oder zu weinen. Vielleicht auch beides. Kerry saß neben ihm und blickte in den Himmel, von dem durch die Baumkronen nicht viel zu erkennen war. Allmählich wurde es heller. Die Dämmerung zog herauf.

Wahrscheinlich sollte er weglaufen. Aber Kerry machte keine Anstalten ihn umzubringen. Sie saßen einfach nur da. Als hätte der eine dem anderen nicht gerade den Mord an ihren gemeinsamen Freund aus Kindertagen gebeichtet.

Irgendwann würgte Ethan ein „Warum?“ hervor. Seine Hände verkrampften sich. Er wollte die Antwort nicht hören, die er bereits kannte. Und Kerry erbarmte sich. Er sah ihn an und schüttelte den Kopf. Sie wussten es doch beide. Wussten, wie ungern sie Noah mit anderen Menschen geteilt hatten. Besonders Kerry hatte sein ganzes Ich nach ihm ausgerichtet. Ethan war in Ordnung gewesen. Er war schon vor ihm da gewesen, aber hatte ihm Noah niemals wegnehmen können. Dann hatte Noah selbst sich ihm weggenommen. Die Trennung war hart gewesen und er hatte sie nur überstanden, weil sie weiterhin aneinander hingen.

Doch dass Noah sich neu verliebte und ohne ihn glücklich wurde, war nicht länger okay gewesen. Drei Jahre hatte es gedauert. Ethan hatte es hingenommen und sich mit viel Mühe sogar für ihn gefreut. Kerry hatte das nicht gekonnt. Deshalb war Noah jetzt tot und irgendwo, viele Kilometer entfernt, erwachte seine kleine Schwester aus einem Albtraum und rief seinen Namen.

„Du bist ein gottverdammter Psychopath.“

„Kann sein.“

„Ich wusste schon, dass du vollkommen gestört bist, als du in der zweiten Klasse auf unsere Schule kamst.“

„Vermutlich war ich das damals schon, ja.“

Kerry brach einen Zweig von dem umgefallenen Baumstamm ab und kratzte damit in der Erde herum. Das Licht der Taschenlampe flackerte. Ethan hob sie auf. Wann war sie ihm aus der Hand gefallen? Er erinnerte sich nicht mehr. Kurz schüttelte er sie und die Batterien klapperten. Es flackerte wieder. Würde ein lustiger Rückweg werden, falls sie diesen irgendwann einmal antraten.

„Weißt du, ich glaube, es liegt an dem Doctor.“

„Was?“

„Der Doctor. So hieß mein imaginärer Freund, als ich sechs Jahre alt war.“
 

Seine halbe Kindheit hindurch wuchs er ohne Freunde auf. Denn Kerrys Eltern schafften es sogar im Dorf, außerhalb der Stadt, noch weiter abseits von allen Menschen zu leben als sowieso schon. Sein Vater war selten Zuhause. Seine Arbeit, die ihn mal hierhin, mal dorthin führte, bedeutete ihm viel, seine Familie weniger. Seine Mutter hingegen war immer Zuhause. Sie saß auf dem Sofa vor dem Fernseher, immer die gleiche Sitzposition, immer der gleiche Sender. Wäre sie nicht zwischendurch aufgestanden, um auf die Toilette zu gehen, zu kochen oder ein wenig aufzuräumen, hätte Kerry sie manchmal für tot halten können.

Häufig saß er neben ihr, einen exakten Abstand von fünf Zentimetern zwischen ihnen lassend. Exakt im wahrsten Sinne des Wortes, denn er hatte den Abstand mithilfe eines Lineals und eines Filzstiftes auf der Polsterung eingezeichnet. Seine Mutter interessierte es nicht und er beharrte aus reinem Trotz auf dieser Linie, jeden Tag hoffend, dass sie diese wenigen Zentimeter von sich aus überwinden würde.

Aber das tat sie nie und so wurden ihm im Laufe der Zeit die Serien, die sie gemeinsam schauten, wichtiger als das atmende Etwas neben ihm.

Besonders Dr. Who hatte es ihm angetan. Oft klaute er sich den Lippenstift seiner Mutter, den diese sowieso nie benutzte, und malte sich die Lippen kirschrot an. Dann lief er auf den Feldern und im Wald umher und hoffte, der Doctor würde vorbeikommen und ihn mitnehmen. Er wollte nicht länger allein sein. Er wollte Abenteuer erleben. Warum war das Universum so groß, so vielfältig bevölkert, wenn trotzdem niemand da war, der ihn mochte? Das war nicht fair.

So oft sah er den Doctor vor seinen geschlossenen Augen erscheinen, dass er irgendwann auch da war, als er sie wieder öffnete.

Es war der Beginn einer großen Reise, denn die Vorstellungskraft eines Kindes ist unendlich. Vielleicht hätte Kerry bis zu seinem Lebensende auf diese Weise glücklich sein können. Schließlich hinderte ihn keiner daran, bis spät nachts im Wald umherzuirren oder aus alten Verpackungen eine neue, feindlich gesinnte Art zu basteln.

Bis sein Vater nach Hause kam und ihn in einer Anwandlung irritierten Interesses fragte, wieso er in letzter Zeit dauernd lächelte und andere, merkwürdige Grimassen zog.

Kerry war ebenso verwirrt. Aber er zeigte bereitwillig auf den Doctor und erzählte, wie er ihn kennengelernt hatte. Seine Augen leuchteten. Seine Hände gestikulierten wild. Doch ganz langsam, als die Augen seiner Eltern bar jeder Begeisterung blieben, erlosch auch seine eigene Euphorie. Ängstlich krümmte sein Körper sich zusammen. Tränen schlichen sich in seine Augenwinkel. Sie brauchten nichts sagen. Er wusste auch so, dass sie alles zerstören würden, woran er sich geklammert hatte. Er glaubte, das war der einzige Grund, wieso sie ihn bekommen hatten. Damit sie ihn zermürben konnten. Stück für Stück. Tag für Tag.

„Sohn, der Doctor ist nicht...“

Sein Vater und seine Mutter tauschten einen Blick. Er wollte ihnen anbieten, seine Erbsen zu essen, wenn sie nur nichts weiter sagen würden. Aber im Gegensatz zu ihnen brachte er kein Wort heraus.

„Der Doctor ist nicht echt. Da, wo du hingedeutet hast, sitzt niemand. Schlag dir den Quatsch wieder aus dem Kopf, Junge.“

Kerry blinzelte. Als er auf den Platz neben sich blickte, war dieser verlassen. Nichts war dort. Nicht einmal ein Stuhl.

Im Hintergrund hörte er die alte Standuhr seiner Großmutter gemütlich vor sich hin ticken.

Der Doctor war gegangen.
 

„Und ich geh jetzt auch! Das ist doch bescheuert. Soll ich jetzt Mitleid mit dir haben? Oh buhu, ich habe mir innerhalb von Sekunden meinen imaginären Freund ausreden lassen und deswegen habe ich 20 Jahre später meinen Ex-Freund erschossen. Was für eine tragische Geschichte!“

Ethan war endlich aufgesprungen. Er weinte nicht. Er schrie nicht. Seine Wut war zu kalt, um seine Stimme zu heben.

„Ich hasse dich!“, zischte er und Kerry zuckte tatsächlich zusammen.

„Ich weiß. Wir mochten uns nie sonderlich... aber kann ich dich trotzdem um einen Gefallen bitten?“

„Nein!“

„Halt meine Hand.“

„Was... was zur Hölle?“

Zu erstaunt, um weiter giftige Pfeile auf Kerry abzuschießen, blickte er auf diesen hinab. Er konnte den Jungen vor sich sehen, der damals auf dem Schulhof den Boden angestarrt und sich seinen Ruf als Mr. Gruselig verdient hatte. Wenn dieser Junge bereits ein verletztes, gebrochenes, kleines Ding gewesen war, dann war es schwer vorstellbar, wie der Mann, der jetzt vor ihm saß, überhaupt noch atmen konnte.

Langsam stand Kerry auf. Er schwankte, als wären es seine Lungen, die von Kugeln durchlöchert worden waren. Hilflos streckte er die Hand aus, bat wortlos um Halt. Ethan sah ihn nur an.

„Bitte. Ich will dich nicht töten. Ich will nicht, dass du mir verzeihst. Halt nur meine Hand, während wir zurückgehen. Dann stell ich mich der Polizei und büße mein Leben lang für meine Sünde. Das hatte ich sowieso vor. Ich wollte vorher nur seinen Wunsch erfüllen.“

„Und wozu soll ich jetzt deine Hand halten, du verdammter Psychopath?“

„Weil du das Letzte bist, das mich mit ihm verbindet und umgekehrt genauso, nicht wahr?“

Ethan klappte der Mund zu. Er sah nach links, dann nach rechts. Noch immer waren sie allein und würden es wohl ihr ganzes Leben lang bleiben, wenn sie nicht zurückgingen. Das kühle Blau des Horizonts wandelte sich zu einem warmen Apricot. Hätte nicht ein Sturm aufziehen können? Es hätte auch schneien dürfen. Einfach irgendetwas, das zu der Situation gepasst hätte.

Ethan zitterte bei jedem Atemzug. Kerry hingegen stand still, er verschmolz fast mit der Umgebung. Die Hand wartete kalt und leblos darauf ergriffen oder zurückgewiesen zu werden.

Es war das einzige Detail, das er nie erwähnte, als seine Aussage drei Stunden später bei der Polizei aufgenommen wurde. Kerry verschwieg es ebenfalls.

Aber in diesem Moment ergriff Ethan seine Hand und ließ sie nicht mehr los, bis sie das Auto erreicht hatten und einstiegen.
 

Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  sniitz
2015-11-17T13:11:48+00:00 17.11.2015 14:11
Das is so wunderschön - ich hab Pipi in den Augen ;;
Eigentlich haben die Leute vor mir schon alles gesagt... es ist einfach der Wahnsinn.
Die Charaktere leben richtig und man kann sie verstehen und in sie hineinfühlen.
Von: abgemeldet
2014-01-04T13:54:53+00:00 04.01.2014 14:54
~ Kommentarfieber ~

Hallöchen,
endlich nehme ich mir die Zeit für diesen Text und bin mir jetzt schon sicher, dass es sich lohnt.
Die Kurzbeschreibung ist jedenfalls wieder bombig.

Du steigst in die Geschichte mit einer schönen Beschreibung des Ortes. Man erfährt sogeleich etwas über eine verschlafene Stadt und seine Bewohner, sowie, dass zwei Protagonisten dort leben. Das Umfeld prägt den Menschen ja auch.
Geschäfte und Restaurants fand man nur in der Ausführung winzig bis längst geschlossen.
Kann ich mir einfach alles sehr gut vorstellen und ist von dir ganz nebenbei sehr hübsch verpackt.

Oi, das wird eine schwierige Geschichte, scheint mir so. Du beschreibst auch den Friedhof und ihren Weg dorthin dreidimensional. Dein Umschwung in die Erinnerung finde ich sehr gelungen.
Jetzt war sie in der Häschen-Gruppe und steckte dort Stifte in die Nasenlöcher der anderen Kinder. Dieser Satz gefällt mir ganz besonders, weil er vieles verrät. Zum Beispiel, dass seine Schwester sich offensichtlich nicht bessern will.

Noah mochte das vergessen haben, aber dafür hatte man ja Freunde, die einen wieder an so etwas erinnerten.
Genau, wofür hat man auch sonst Freunde. XD Und wieder kann ich nur sagen, dass du die beiden Szenen, so gegensätzlich sie sind, an mich als Leser bringst, als wäre es selbstverständlich.

Er wollte es nicht herausfinden.
Auch das kann ich nachvollziehen. Wer will schon wissen, ob jemand anderes wichtiger ist als man selbst?

Er war nämlich ziemlich kurz davor, seinen Cousin eine Salzstange ins Auge zu stechen und genüsslich umzudrehen.
Hahaha, das ist herrlich. Wo nimmst du nur solche Ideen her? Die ganze Sache mit dem Callboy hatte ich dann aber doch nicht erwartet. Es bleibt spannend. ~

Als wäre er diesmal der Verlierer ihres Blickduells, das sie vor 17 Jahren an einem hellen Sommertag in der Grundschule ausgetragen hatten.
Wow, diese ganzen Zusammenhänge, die du eingearbeitet hast. Wunderbar.

Nein! Nein, das ist doch nicht... Kerry hat bitte was getan? Gnah! Was ist da los?
Wann war sie ihm aus der Hand gefallen? Das ist eine gekonnte Darstellung. Hut ab.

Ethan war endlich aufgesprungen. Er weinte nicht. Er schrie nicht. Seine Wut war zu kalt, um seine Stimme zu heben. Einfach nur wow. Imaginäre Freunde. Schmerz, Wut. Und...
Oh.mein.Gott. Was für eine Geschichte. Die letzten beiden Sätze toppen noch alles.
Also, ich weiß ja, dass du schreiben kannst, aber dieser OS ist der Hammer. Wenn sie nicht AL geworden wäre, würde ich die Welt auch nicht mehr verstehen!
Ich kann gar nichts weiter dazu sagen, außer: Bravo!

Trotz allem kann ich es nicht lassen:
Manche Städte besaßen die Eigenschaft selbst in tiefster Nacht nicht in
vollkommener Dunkelheit zu versinken.

Müsste nach "Eigenschaft" ein Komma stehen?

„… Man könnte meinen, du machst so was öfters.“ -> sowas?

Ein misstrauischer Blick traf Kerrys Rücken, der nicht mehr antwortete,
sondern stur geradeaus weiterging.

Das klingt so, als ob der Rücken nicht mehr antwortet. Ist natürilich minimalst Krittelei.

Jeder ihrer Schritte auf dem mit Steinen gepflasterten Weg kam ihm zu laut vor.
Komma nach "Schritte" und "Weg"?

moderne Gebilde wechselnden einander ab. -> wechselten (?)

als er einen Blick mit dem offensichtlicherer mitgenommenen Kerry tauschte,
Meinst du vielleicht "offensichtlich"? Und nach "Kerry" fehlt dir ein Komma.

Der Preis für sein eigenes Seelenheil jedoch war Noahs, der blind schien für alles außer seinen Lebenspartner.
Mir scheint es, als fehle dem Satz ein Wörtchen. Oder das s bei "Noahs" ist zuviel. ODer meinst du das Seelenheil? Ich glaube, ich verwirre mich gerade selbst. O_o

war alles und jeder in Noahs Familie und Freundeskreis befragt wurden. -> worden

Ich habe ihn seine Sachen abgenommen. -> ihm
Kerry saß neben ihn und blickte in den Himmel, -> ihm
wichtiger als das atmende Etwas neben ihn. -> ihm

Liebe Schreibziehergrüße,
abgemeldet
Von:  RhapsodosGenesis
2013-12-07T15:02:51+00:00 07.12.2013 16:02
Oh, mein ... Das ist so ... Mir stehen Traenen in den Augen ... Ich meine ... wie kannst du so etwas nur niederschreiben? Und dann auch noch in einem Schreibstil, der jeden Charakter nachvollziehbar macht? Der einem einredet, man wuerde die Charaktere kennen, verstehen und moegen? waehrend der gesamten Geschichte hab ich mir das Weinen ein paar Mal verhalten ... aber das Ende gibt mir den Rest!

Die Geschichte hast du also wirklich total toll umgesetzt. Nicht nur, dass man Ethan und letztendlich auch Kerry verstehen und moegen lernt, sondern den jeweils anderen hassen und das ist wirklich hart fuers Gemuet. hier also ein riesiges Lob an Charakterbildung, Charakterentwicklung und Gedankengaenge. Die zertruemmern einem beim Lesen naemlich die Seele!

Aber auch die Zeitenwechsel, also Gegenwart mit Erinnerungen, sind wirklich eine hervorragende Idee und sie tun auch ihren Zweck: sie fesseln, da man durch die Unterbrechungen immer mehr und weiter lesen moechte, und sie geben einem das vor, was man wissen muss und will, um die Geschehnisse zu verarbeiten ...

Vor allem haben mich die Gegenwartsszenen mitgenommen, da die Verarbeitung eines Todes im Moment sehr nahe an mich herangeht und die Gedanken, die Ethan hatte, sich entsprechend mit meinen eigenen gedeckt haben ... Also hast du das ganze sehr glaubwuerdig und lebensecht umgesetzt!

In dem Moment, in dem Ethan ueber den Moerder nachzudenken begonnen hat, als er dann gedacht hat, dass es keiner gewesen sein konnte, der Noah k annte, da war mir ploetzlich klar, dass es Kerry war. Und in diesen paar Zeilen habe ich ihn total gehasst.
Bis er mit seiner Kindheit ankam. Und da hatte ich so starkes Mitleid mit ihm ... Aber verzeihen will ich ihm doch nicht! Entsprechend sind Ethans Gedanken die perfekte Alternative ... Und ich bin total fertig wegen dem Ausgang ... aber auch froh.

Und wenn du mich dazu bringst, so viel Icg in ein Kommentar zu legen, dann ist die Geschichte gelungen und vernichtend.

Eine tolle Arbeit hast du da geleistet! Einfach wundervoll. Weiter so :3
Von:  Schwarzfeder
2013-12-01T15:14:32+00:00 01.12.2013 16:14
...ich bin fertig mit der Welt...

...

Woah...völlig erschlagen. Nach DIESEM Plottwist liegen meine Nerven blank. Ich hätte mit ALLEM gerechnet aber nicht damit, dass Kerry es getan hat. Ehrlich...obwohl es mich rückblickend betrachtet nicht mal so überrascht, weil es so verstörend schlüssig ist. Und das ist es glaub ich auch, was die Geschichte so erschreckend macht (und gut!!)...es ist verstörend schlüssig und treibt einem die Tränen in die Augen und das Entsetzen ins Gesicht...ich verstehe das Motiv, wie's dazu gekommen ist und es lässt mich schreien, weil ich mir wirklich wünschte, dass es anders gekommen wäre.

Ich hab schon Magenkrämpfe bekommen, als mir klar war, was sie da vorhaben mit Noahs Urne, aber ich fand es auch traurige Art schön aber jetzt bin ich fast etwas überfordert, weil mir so viele Gefühle, Gedanken und keine Ahnung was noch, durch den Kopf gehen.

Durch den Aufbau und deine Art der Schilderung werden so viele Gefühle transportiert und es ist wirklich toll und gefällt mir, aber ich muss das jetzt erstmal verdauen. Wirklich gut geschrieben!!

lg
Schwarzfeder

P.S.: Glückwunsch zum verdienten Yual und einen schönen 1.Advent!
Von:  HlMURO
2013-10-16T12:12:36+00:00 16.10.2013 14:12
Aaah, jetzt wurde mir das erste Kommi gestohlen xD Aber muss ich mich eben mit Rang Zwei begnügen~
Ich hab dir ja schon gesagt, wie toll ich die Geschichte finde. Ich mochte alle drei Charaktere, Ethan natürlich besonders. Mal sehen, wie viele deiner Leser ihn mit Kerry shippen werden xDD 
Ich freu mich, wenn ich bald wieder Geschichten von dir Probelesen darf~

Polaris
Von:  demona1984
2013-10-16T11:52:00+00:00 16.10.2013 13:52
Eine sehr schöne Geschichte, mit sehr viel Tiefgang und sehr viel SToff zum Nachdenken.

Die Entwicklung der Figuren war faszinierend, auch wenn es immmer nur so Ausschnitte aus ihrem Leben waren aber sehr gut geschrieben.

Ich persönlich mag keine reinen Dramen mit Charadeath aber irgendwie hat mich deine Kurzbeschreibung interessiert. und ich wurde nicht enttäuscht, eine wirklich schöne und irgendwie traurige GEschichte.

Lg Demona


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