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Kill this Killing Man II

Höhen und Tiefen
von

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Unfreundlichkeit wohin man schaut

76) Unfreundlichkeit wohin man schaut
 

„Sie sind eigentlich ganz nett“, ließ Mrs. Bonar nach einer Weile verlauten.

„Eigentlich?“, fragte Sam gespielt empört.

„Bis jetzt, aber das war dieser Wether-Worthington am Anfang auch. Bis er anfing in meinen Papieren zu schnüffeln. Keine Ahnung was er gesucht hat. Er hatte noch nicht mal den Anstand sich ernsthaft entschuldigen zu wollen. Er meinte die Tür hätte offen gestanden und er wollte sie nur schließen. Lächerlich. Ich schließe sie ab und so senil dass ich es vergessen hätte, bin ich noch nicht!“

„Was meinen Sie, was er gesucht hat?“

„In der Schublade waren Briefe und meine Unterlagen.“

„Ich sollte ihm also besser aus dem Weg gehen?“, frage Sam leise. In Gedanken machte er sich eine Notiz, dass er unbedingt mehr über Aidan Wether-Worthington herausfinden musste.

Schweigend hingen sie ihren Gedanken nach.
 

Erst als die Zeit zum Abendessen heranrückte, machten sich die Beiden auf den Rückweg.

„Hast Du kein schlechtes Gewissen, wenn du den ganzen Tag mit mir vertrödelst?“, wollte sie auf dem Weg wissen.

„Warum sollte ich? Mich vermisst niemand und zurzeit kann ich mir keine bessere Gesellschaft vorstellen.“

„Süßholz raspeln kannst du also auch.“

Sam grinste.

„Was möchten Sie denn essen, oder kann ich Sie zu einem Abendessen in Speisesaal überreden?“

„Nein, Junge. Einen Schritt nach dem anderen. Und um ehrlich zu sein, ich bezweifle, dass ich je wieder in diesen Speiseraum gehen werde.“

„Warum nicht?“

„Zu laut, zu hektisch. In der Beziehung bin ich dann wohl doch alt und ein wenig exzentrisch.“

„Kein Problem“, meinte Sam. Immerhin war sie aus ihrem Zimmer gekommen und das war mehr als jeder andere auf ihrem Flur.

„Also, was darf es zu essen sein?“

„Etwas Salat und ein bisschen Toast. Ich esse selten viel“, erwiderte sie und freute sich über diese kleine Aufmerksamkeit. Wether-Worthington hatte nie gefragt. Allerdings schien es auch keinen Sinn zu haben, sich über ihn zu beschweren, denn die Heimleitung reagierte nie auf so eine Beschwerde. Dabei war der wohl auch noch nicht so lange da. Vier oder fünf Jahre, wie sie erfahren hatte. Damals soll das Heim allerdings ziemlich heruntergekommen gewesen sein und er war einer der wenigen, die hier arbeiten wollte, also war man ihm gegenüber jetzt auch mehr als loyal.

Jetzt war zumindest an dem Heim nichts mehr auszusetzen. Die Betreuung war rundum ausgezeichnet, bis auf diesen einen Makel.
 

„Bis nachher“, verabschiedete sich Sam von Mrs. Bonar und öffnete ihr die Tür.

„Bist ein lieber Junge“, erklärte sie und trat in ihr Zimmer.

Sam drehte seine Runde und versuchte von jedem Bewohner eine Essensbestellung zu bekommen, da natürlich keiner in den Saal gehen wollte.

Dean ging es nicht viel anderes. Die Damen waren zwar schnippisch, aber immerhin verrieten sie ihm was sie wollten. Auch Mr. Harland war reserviert, bestellte sich aber ein Steak, medium, und Bratkartoffeln.

Vor der Tür von Mr. Genardy atmete der Winchester tief durch. Er klopfte und betrat, als keine Aufforderung kam, den Raum.

„Es ist Abendessenszeit“, begann Dean. „Ich wollte fragen, ob Sie einen besonderen Wunsch haben.“

„Hol doch was du willst. Wieso fragst du überhaupt, der andere hat doch auch nie gefragt.“

„Und ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich nicht der Andere bin!“

„Nein, du bist verdammt nervig!“

„Das hab ich mir dann wohl von meinem kleinen Bruder abgeschaut“, grinste Dean breit.

„Such dir was aus“, knurrte der Mann und drehte sich wieder seiner Fernsehsendung zu.

Dean nickte kurz. „Dann gibt’s Burger, wenn sie die haben.“

John Genardy musterte den Winchester abschätzig. „Du siehst nicht aus, als ob du viele Burger essen würdest.“

„So kann der äußere Schein trügen!“, erwiderte Dean kurz angebunden und verließ das Zimmer.
 

Am Büfett traf er auf seinen jüngeren Bruder.

„Sind deine auch so nett?“, wollte der wissen.

„Der reinste Sonnenschein“, ließ er sarkastisch verlauten. „Die sind schlimmer als du zu deinen besten Zeiten“, fügte er leise hinzu, als er sie unbelauscht wähnte und Sam verdrehte die Augen. Sein Bruder hatte aber auch immer Vergleiche!

In aller Ruhe verschafften sich die Winchesters einen Überblick über das angebotene Essen und fanden das Büfett sehr reichhaltig gestaltet. Das war bestimmt nicht in allen Altenheimen so.

Sie beluden für jeden Bewohner ein Tablett und packten es auf einen kleinen Wagen, so mussten sie nicht für jeden einzeln laufen.

Gemeinsam gingen sie zum Fahrstuhl, um in ihren Bereich zurückzukehren, als ihnen Dr. Fuller den Weg vertrat.

„Können sie nicht auf ihre Schützlinge einwirken, dass sie wieder hier im Speisesaal essen? Es wäre wesentlich einfacher. Außerdem ist es ein schlechtes Vorbild für unsere anderen Bewohner.“

„Wir können es gerne versuchen, nur wird das nicht von heute auf morgen klappen. Immerhin hat sich diese Praxis ja wohl schon länger eingeschlichen“, erwiderte Sam und verhinderte so, dass sein Bruder etwas Unhöfliches vom Stapel lassen konnte.

„Wir würden das Essen jetzt gerne servieren, bevor es welk wird“, sagte Dean und drängte sich mit dem Essenswagen an dem Heimleiter vorbei.

„Aber natürlich“, nickte er und machte einen Schritt zur Seite.
 

Sam hatte mit seiner Essensauswahl für seine Schutzbefohlenen ein gutes Händchen bewiesen. Er konnte sich schon bald in ihr Büro zurückziehen und darauf warten, dass er die Teller wieder abholen durfte. Dean hingegen hatte nicht so viel Glück. Mr. Harland musterte sein Steak skeptisch, schien aber nach einem weiteren prüfenden Blick ganz zufrieden und entließ den Winchester mit einem kurzen Nicken. Das war allerdings auch schon alles, was der bei dieser Abendbrotrunde an Freundlichkeiten erntete.

„Ich denke es gibt Burger?“, kanzelte Mr. Genardy seinen Pfleger ab und starrte ablehnend auf den Teller.

„Stellen Sie sich vor, die achten hier auf die Linie. Burger ist also nicht. Heute steht Steak oder Geflügel auf der Karte.“

„Noch nicht mal einen vernünftigen Burger kannst du besorgen!“

„Könnte ich schon, aber Sie glauben doch wohl nicht ernsthaft, dass ich für so einen Stinkstiefel wie Sie einer sind einen besorgen fahre. Dazu müssen Sie sich schon selbst auf die Socken machen!“, erwiderte Dean ungehalten und ließ den Mann mit seinem Essen allein.

Vor der Tür atmete er tief durch. Wenn der Kerl ihm noch einmal quer kommen würde, könnte er für nichts mehr garantieren.

Er nahm sich den nächsten Teller vom Wagen und klopfte an die Tür von Mrs. Mendes. Noch so eine Kandidatin für den Preis furchtbarste Insassin eines Altenheimes.

Natürlich bat sie ihn nicht herein. Warum auch. Soviel Höflichkeit brachte sie nicht auf.

Dean betrat den Raum und stellte das Tablett auf den Tisch. Wortlos legte er das Besteck daneben und ging wieder. Er hatte wirklich keine Lust sich von ihr vollquatschen zu lassen.

Wenigstens bei Mrs. Wishaw wurde er freundlich, distanziert empfangen.

„Hm!“, meinte sie mit einem Lächeln auf den Lippen. „Bei der Essensauswahl beweist du ein besseres Händchen als dein Vorgänger“, lobte sie ehrlich.

Dean verdrehte die Augen. „Immerhin eine, der meine Wahl nicht gänzlich gegen den Strich zu gehen scheint“, nuschelte er leise. Er wusste zwar, dass das nicht der Wahrheit entsprach, Mr. Harland war ebenfalls zufrieden gewesen, aber er kam sich trotzdem vor wie Don Quichote, nur das seine Windmühlen Altenheimbewohner waren. Freundlicher als die Windmühlenflügel des Dons, waren die ihm gegenüber allerdings auch nicht.

„Nimm es dir nicht so zu Herzen, Junge. Wir sind alt und wohl alle mehr oder weniger starrsinnig.“

„Das ist nett umschrieben“, schnaufte Dean leise.

„Es wird besser werden“, sagte sie ruhig und nahm ihr Besteck.

„Meinen Sie?“

„Eigentlich suchen wir doch alle jemanden, den wir anstelle von Enkeln verwöhnen können.“

Den Kopf schüttelnd überlegte sich Dean, dass er dann wohl lieber kein Enkel sein wollte.

„Ich würde trotzdem nicht hier drin versauern wollen“, warf er in den Raum und wandte sich zur Tür.

„Was würdest du dann tun? Ich kenne hier niemanden. Meine Familie ist nicht mehr und ich will mich einfach nicht noch einmal auf andere Menschen einlassen. Wozu Freunde suchen, wenn man die auf absehbare Zeit doch wieder verliert?“, fragte sie herausfordernd.

„Und deshalb hocken Sie lieber hier drin und beobachten das Leben, das an Ihnen vorbeizieht?“

„In deinem Alter hätte ich auch noch solche Reden geschwungen“, konterte sie aufgebracht. „Was weiß so ein Jungspund denn schon von Verlusten?!“, begann sie sich in Rage zu reden.

Der Winchester wandte sich zur Tür. Diese Diskussion wollte er nicht führen, zumal er jahrelang ja auch so gelebt hatte, doch damals waren John und Sam da und er wirklich jung und der Meinung, dass nichts und niemand ihm etwas anhaben konnte, solange er nur seine Familie hatte.

Er drehte sich noch einmal zu ihr um. Sein Blick streifte ihren und sie verstummte.

Selbst als sich die Tür schon eine Weile hinter dem jungen Mann geschlossen hatte, starrte sie noch immer auf die Klinke.

Für diesen kurzen Augenblick hatte sie so viel Trauer in seinen Augen lesen können, dass es ihr noch immer die Sprache verschlug. Aber woher wusste so ein junger Mensch so viel über Verlust?

Langsam ließ sie sich auf ihren Stuhl sinken und griff nach dem Teller. Sie legte die Haube beiseite und musterte den Salat. Er sah lecker aus. Ganz zu schweigen von dem Reis mit Geflügelstreifen und Gemüse.

Nachher würde sie sich bei ihm entschuldigen. Sie hatte ihm wirklich Unrecht getan.
 

„Oh Mann!“, stöhnte Dean und ließ sich im ihrem kleinen Büro auf den freien Stuhl fallen. „Ich meine, ich gehe nicht davon aus, dass ich je alt werde, aber wenn doch … Bitte erschieß mich, wenn ich je so werden sollte!“

„Sind sie wirklich so schlimm?“, hakte Sam leise nach. Klar, er hatte auch nicht die besten Erfahrungen mit seinen Rentnern gemacht, aber immerhin Mrs. Bonar war nett und die anderen schienen ihm nicht übermäßig feindselig zu sein.

„Vielleicht liegt es ja nur an Wether-Worthington?“, überlegte Sam laut.

„So furchtbar kann er gar nicht gewesen sein.“

„Und wenn doch?“

„Schon mal überlegt, dass er vielleicht nur so war, weil die ihn von Anfang an so abgekanzelt haben?“

„Ich weiß es nicht, Dean. Aber zumindest Mrs. Bonar scheint nicht immer so griesgrämig gewesen zu sein. Denk dran, viele haben erst vor Kurzem ihre Kinder verloren.“

„Das gibt ihnen aber nicht das Recht über andere zu urteilen.“

„Du weißt wie ignorant Menschen sind“, versuchte Sam weiter zu schlichten.

„Manchmal frage ich mich, ob ich überhaupt je zu diesen normalen Menschen zählen will!“, sagte Dean leise.

„Du glaubst nicht, dass das unser letzter Fall sein wird?“

„Bislang kam noch immer was dazwischen, wenn wir, egal wie, aussteigen wollten.“

„Dieses Mal nicht, Dean.“

„Versprich nichts, was du nicht halten kannst.“ Ein trauriger Blick streifte Sam, doch bevor der zu einer Antwort ansetzen konnte, winkte der Ältere ab. Energisch stemmte er sich in die Höhe. Ja er wünschte es sich inzwischen wirklich. Aussteigen und leben. Aber er hatte auch Angst davor, Angst so zu werden und was noch viel schlimmer wäre, die Personen, die er liebte nicht schützen zu können. Nie würde er mit seiner Aufmerksamkeit nachlassen dürfen.

Langsam ging er zur Tür. Er wollte noch etwas Obst holen und an seine nervigen Rentner verteilen, in der Hoffnung sie danach für diesen Abend nicht mehr sehen zu müssen. Und er war froh, dass ihm diese Ausrede eingefallen war.

Genervt schüttelte er den Kopf. Wieso brauchte er jetzt schon für sich selbst eine Ausrede?
 

„Es tut mir leid“, empfing Mrs. Wishaw Dean und blickte ihm offen entgegen. „Das ist wohl der Hochmut des Alters, zu glauben, dass man der Jugend jede Menge Erfahrungen voraus hat.“

Dean schaute ihr kurz ins Gesicht, sagte aber nichts dazu. Warum auch? Für heute hatte er ihr nichts mehr zu sagen. Sie wollte ihn nicht und er wollte sich nicht aufdrängen. Er legte das Obst in die kleine Schale auf der Kommode und räumte den Teller ab.

„Gute Nacht“, wünschte er und verließ das Zimmer, Mrs. Wishaw etwas ratlos zurücklassend.

Auch bei den anderen Hausbewohnern war er nicht gesprächiger. Er machte seine Arbeit, füllte Obst auf und fragte nach etwaigen Wünschen, die Gott sei Dank ausblieben. Mit einem „Gute Nacht“, verabschiedete er sich von jedem und war froh, es für diesen Tag hinter sich zu haben.

Er hoffte, dass ihre Schicht bald vorbei sein würde. Er wollte nur noch ein Bier und dann ins Bett, aber das musste wohl noch warten. Noch waren sie keinen Schritt weiter.

Vielleicht hatte ja Sam einige neue Ansätze?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Vanilein
2014-07-14T18:43:37+00:00 14.07.2014 20:43
Oh mein Gott hoffentlich versauen die alten Dean nicht den Wunsch auf ein normales leben er hätte es wirklich verdient mal herraus zu kommen
Aber wie ich dich kenne hast du da bestimmt auch noch ein paar problemchen im peto ;)
Ich bin gespannt darauf wie es weiter geht
Und ob es die Brüder zu ihrem wohlverdienten Urlaub und Konzert schaffen :)


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