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Die Prinzessin des Waldes

von

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Teil 2 von 2

Sans Sicht
 

Wie jeden Morgen wurde ich mit dem Sonnenaufgang wach. Ich erhob mich von meinem Schlafplatz und ging aus der Höhle, in der ich einst zusammen mit Moro und meinen Brüdern gelebt hatte. Als ich auf dem Felsvorsprung stand, der direkt an der Höhle angrenzte, breitete sich der Wald, der in das goldene Licht der aufgehenden Sonne getaucht wurde, in seiner vollen Pracht vor mir aus. Ein Anblick, der sich mir täglich bot, aber an dem ich mich nicht sattsehen konnte. Mehrere Minuten stand ich einfach nur da und genoss das Werk des Waldgottes. Dank ihm erblühte der Wald in einem neuen Glanz und ich würde alles dafür geben, dass er auch so blieb. Das war meine Aufgabe. Ein Vermächtnis von Moro, das ich mit allen möglichen Mitteln erfüllen würde. Die letzten Wochen verbrachte ich damit die Grenzen zusammen mit meinen Brüdern abzulaufen um zu kontrollieren, ob die Menschen sich unserem Wald wieder näherten, was sie jedoch nicht taten. Sie schienen ihren rücksichtslosen Feldzug aufgegeben zu haben, auch wenn ich es kaum glauben konnte. Mir fiel auch auf, dass immer mehr Tiere zurückkehrten und somit der Wald wieder zu diesem wunderschönen Ort wurde, der er einst war. Man konnte sagen, dass alles perfekt lief oder sogar noch besser, aber so fühlte es sich nicht an. Ich fühlte mich unzufrieden und ich war mir nicht sicher woran das lag. Auch wenn ich mittlerweile eine Vermutung hatte. Eine Vermutung, die aufkam, wenn mich Ashitaka besuchte. Denn nur, wenn er in meiner Nähe war, war ich wirklich glücklich und zufrieden. Sein letzter Besuch lag bereits eine Weile zurück und ich ertappte mich dabei, dass ich ständig nach ihm Ausschau hielt und bei dem kleinsten Geräusch hoffte, dass er zum Vorschein kam, was er jedoch nicht tat. War ich ihm überdrüssig geworden?
 

Um mich auf andere Gedanken zu bringen, entschied ich mich im nahe gelegenen See schwimmen zu gehen. Es dauerte nicht lang, bis ich ihn erreicht hatte und mich von meiner Kleidung trennte. Einer der wenigen Dinge, die mir vor Augen führten, dass ich ein Mensch war, auch wenn ich versuchte, diesen Gedanken möglichst zu verdrängen.
 

Das Wasser war angenehm kalt und fühlte sich gut auf meiner Haut an. Nachdem ich mich an die Temperatur gewöhnt hatte, zog ich ein paar Bahnen im See und tauchte gelegentlich unter die Wasseroberfläche. Plötzlich konnte ich Ashitaka am Ufer stehen sehen, was mein Herz schneller zum Schlagen brachte. Ich deutete ihm zu mir zu kommen, woraufhin er sich auszog. Seine Kleidung verschwand und enthüllte seinen Körper, der mir durchaus gefiel. Er hatte ein breites Kreuz und straffe Muskeln. Einzelne Narben zierten seinen Körper, die ihn jedoch nicht unattraktiver machten und ich fragte mich, ob er oft in Kämpfe verwickelt war. Als er zu mir schwamm, machte sich neben der Freude und Erleichterung ihn zu sehen, auch noch ein anderes Gefühl breit, das eine Mischung aus Wut und Trauer war. Ich hätte ihn gerne zur Rede gestellt, gefragt warum er erst jetzt auftauchte, aber stattdessen schluckte ich meine Verärgerung nur hinunter. „Es ist schon länger her, Ashitaka.“, sagte ich und versuchte möglichst neutral zu klingen. Eigentlich lag sein letzter Besuch nur zwei Wochen zurück, aber es fühlte sich an, als ob ich ihn Monate nicht gesehen hatte. Sogar die Tage hatte ich gezählt, was sehr untypisch für mich war. Zeit hatte in meinem Leben nie eine Rolle gespielt, also warum jetzt?
 

Mir war es unangenehm über die Sache weiter nachzudenken und so zettelte ich eine kleine Wasserschlacht an. Nach einer Zeit wurde uns kalt, woraufhin wir aus dem Wasser gingen und uns ans Ufer setzten. Mein Ärger war verflogen und so erzählte ich Ashitaka über den Wald und den schönen Beobachtungen, die ich machen konnte. Ihn schien es wirklich zu interessieren und so fiel es mir auch leicht Stunden zu reden. Er erzählte mir von der Eisenhütte und auch, dass Eboshi sich verändert hatte. Ich wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte, aber ich vertraute seinem Urteil. Als die Sonne wieder langsam unter ging und den Wald in einem dunklen Rot erleuchtete, machte uns Ashitaka ein Feuer, an das wir uns setzten. Ich war Kälte gewohnt, aber dennoch fühlte es sich gut an, die Wärme des Feuers auf meiner Haut zu spüren. Eine Weile sagte keiner etwas und nach einer Zeit trafen sich unsere Blicke. Er hatte so bezaubernde Augen. Sie waren braun und strahlten eine Wärme aus, die sich gut anfühlte und sie hatten etwas anziehendes, sodass ich ihn Stunden hätte anstarren können. Unerwartet kam er mir näher und drückte sachte seine Lippen auf die meinen. Erst wollte ich mich von ihm lösen, was sollte das auch? Aber irgendetwas hielt es mich zurück. Auch wenn ich nicht wusste warum, gefiel es mir. Es fühlte sich schön an ihn zu spüren und als er mit seiner Zungenspitze über meine Lippen fuhr, stellten sich meine Nackenhaare auf. Ohne zu wissen, was ich eigentlich tat, öffnete ich etwas meinen Mund und bot ihm Einlass. Unsere Zungen berührten sich und mich überkam ein wohliger Schauer. Als wir uns nach einiger Zeit voneinander lösten, war ich darüber beinahe enttäuscht. „Ich liebe dich.“ Seine Worte kamen unerwartet und auch wenn ich mich aus unerklärlichen Gründen darüber freute, fühlte ich mich überrannt. Aus Sorge er könnte meinen Zwiespalt sehen, blickte ich zur Seite. „Es ist spät. Du solltest gehen.“ Meine Worte kamen unüberlegt und als er sich von mir verabschiedete und mir sagte, dass sein nächster Besuch nicht so lange auf sich warten lassen würde, biss ich mir auf die Unterlippe. Ich wollte nicht, dass er ging. Ich wollte, dass er bei mir blieb. Ich wollte, dass er mich wieder in seine Arme nahm und ich wollte, dass ich ihn wieder spürte wie zuvor. Ich war beunruhigt auf diese Art und Weise von ihm abhängig zu sein, aber das spielte keine Rolle.
 

Als er sich auf Yakul schwang, wollte ich aufstehen. Sagen, er solle noch bleiben, aber eine Mischung aus falschem Stolz und die Angst, er würde mich zurückweisen, hielten mich davon ab. Er ritt davon und als ich ihn nicht mehr sehen konnte, fühlte ich mich elend und in meiner Herzgegend spürte ich ein unangenehmes Stechen. Eine Weile blieb ich sitzen und konnte nicht verhindern, dass düstere Gedanken sich in meinen Kopf drängten. Was war, wenn ich ihn gekränkt hatte und er mich nicht noch einmal besuchen würde? Was war, wenn er den Eindruck gewonnen hatte, ich würde nichts für ihn empfinden? Würde er sich eine Andere suchen? Würde er sich in ein anderes Mädchen verlieben? Die alleinige Vorstellung tat mir weh. Ich konnte unmöglich die Sache bei sich beruhen lassen. Ich musste irgendetwas tun. Ohne viel nachzudenken trugen mich meine Beine zu dem Platz, von dem ich wusste, dass sich meine Brüder dort aufhielten und auch jetzt lagen sie da und öffneten ihre Augen, als sie mich bemerkten. „Einer von euch muss mich zur Eisenhütte bringen. Sofort.“ „Was ist passiert? Haben sie ihre Lektion nicht gelernt?“, fragte mich einer der Beiden und fletschte die Zähne. „Nein... ich meine darum geht es nicht. Kann mich jemand von euch bitte hinbringen?“ Meine Brüder tauschten einen Blick aus und nach einer erwartungsvollen Anspannung, erhob sich einer und deutete mir aufzusteigen. „Ich danke dir.“ Mein Bruder kannte den Wald - so wie ich - in- und auswendig und so dauerte es nicht allzu lang, bis wir den Wald verließen und die Eisenhütte in Sichtweite kam. Das letzte Mal, dass ich mich dort aufgehalten hatte, war an dem Tag, an dem ich versucht hatte Eboshi zu töten. Ich wäre dort gestorben, wenn mich Ashitaka nicht gerettet hätte. Hatte er zu diesem Zeitpunkt schon diese Gefühle für mich?
 

Wir erreichten die Stadtmauern und ich stieg von meinem Bruder ab. „Danke. Du kannst wieder zurückgehen. Ich werde alleine nach Hause finden.“ Er war verwirrt über meine Aussage, ging aber fort, jedoch nicht ohne mir noch einen fragenden Blick zuzuwerfen. Als er außer Sichtweite war, begann ich die Mauer hochzuklettern, was mir durch meine Fertigkeiten nicht besonders schwer fiel. Nachdem ich auf der anderen Seite hinunter geklettert war, orientierte ich mich, indem ich mir meine Umgebung durch meine an die Dunkelheit gewöhnten Auge genauer ansah. Die Anordnung der Häuser hatte sich verändert. Es schein, dass sie die Stadt nicht ganz so aufgebaut hatten, wie sie einst war. Die Straßen waren leer und die meisten schienen bereits zu schlafen.
 

Um Ashitakas Haus zu finden, schloss ich meine Augen und konzentrierte mich auf die verschieden Gerüche, die mir in der Nase lagen. Jeder Mensch roch anders und so fiel es mir nicht schwer ihn auszumachen. Ich verfolgte die Spur, bis ich ein Haus erreichte, das ihm zu gehören schien. Eine längere Zeit stand ich vor der Tür und rang mit mir selbst. Ich konnte, und wollte jetzt nicht umkehren, aber was war, wenn er mich nicht sehen wollte und ich mich zum Narren machen würde? Ich wollte mein Gesicht nicht vor ihm verlieren, aber nach einer Zeit legte ich diesen Gedanken bei Seite. Ich öffnete die Tür und schlich mich lautlos hinein. Auch wenn es sehr dunkel war, konnte ich Ashitaka schlafend in seinem Bett liegen sehen. Bei seinem Anblick schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Er wirkt so friedlich , dachte ich mir. Ich wollte ihn nicht wecken, aber dennoch wollte ich bei ihm sein und so entschloss ich mich, möglichst leise meinen Wolfspelz auszuziehen und mich zu ihm zu legen. Leider waren meine Bemühungen umsonst, denn er hörte mich und schreckte aus seinem Schlaf. Bevor er sich aufrichten konnte, schob ich seine Decke beiseite und legte mich zu ihm. Er schien überrascht und verwirrt, aber schnell entspannte er sich und legte seine Arme um mich. Ich schloss meine Augen und genoss den Augenblick. Es fühlte sich richtig an bei ihm zu sein. Auch wenn ich mich in seiner Gegenwart so ungewohnt verletzbar und schwach fühlte, fühlte ich mich dennoch sicher, geborgen und vor allem geliebt. All das wollte ich ihm sagen, aber stattdessen sagte ich ihm das, was ich ihm hätte schon früher sagen sollen: „Ich liebe dich auch, Ashitaka.“ Ich spürte wie er mir liebevoll über die Schulter strich und ich war froh, dass ich ihm das gesagt hatte, was mich schon eine Weile beschäftigt hatte. Es dauerte nicht lange, bis ich in seinen Armen einschlief und ich war mir sicher, dass ich ihn nicht so schnell wieder loslassen würde.
 

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@Leser: Das war meine kurze Geschichte. Ich hoffe sie hat euch gefallen! :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  NamidaUsagi
2015-11-07T17:12:46+00:00 07.11.2015 18:12
😍😍😍 wunderschön !! Ich liebe diesen Film !


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