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Faal Kalah do zein zurun Fahdonne.

von

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01.

Helgen war nie eine besonders nennenswerte Stadt gewesen. Versteckt in den Bergen in der Nähe von Falkenring verirrten sich nur wenige Reisende oder Karawanen in dieses unscheinbare Fleckchen Erde. Selbst Khajiit traf man hier selten an, waren diese katzenartigen Wesen doch sonst in ganz Himmelsrand verstreut. Von einer massiven, hohen Steinmauer umgeben allerdings stellte Helgen eine perfekte Abwehrposition im Krieg dar und galt als einer der Vorposten der Kaiserlichen Armee in Falkenring. Nur wenige Menschen hielten es dort länger als ein paar Wochen aus und so entwickelte sich der Ort rasch zu einem schnelllebigen Durchreisepunkt und trotz dass es seit je her bekannt war für wunderbar schmeckendes Wacholderbeeren-Met, waren die Schlagzeilen aus Helgen in  der letzten Zeit eher einsilbig gewesen. In regelmäßigen Abständen fanden Exekutionen auf dem Marktplatz vor dem höchsten Wachturm der Stadt statt und einzig dies zog viele Schaulustige aus der näheren Umgebung, manchmal sogar Adelige aus Falkenring, an, die sich am Leid der Verurteilten ergötzten.
 

Es war noch früh am Tage, als drei hölzerne Karren über den unwegsamen Pflasterweg hinunter ins Tal schepperten, gefolgt von mehreren bemannten Reiter der Kaiserlichen Armee. Ein neuer Schwall Gefangener, Abtrünniger oder einfach nur Pechvögel, die den Kaiserlichen zur falschen Zeit am falschen Orte über den Weg gelaufen waren. Im hintersten der Karren war es bisher als einzigem still gewesen, konnte man von den anderen her immer wieder verzweifelte Schreie und hysterische Stoßgebete vernehmen, die schnell von den Soldaten erstickt wurden und daraufhin verstummten. Im jenem letzten Karren saßen insgesamt fünf Personen, es handelte sich auch um den größten und am stärksten bewachten Wagen, drei Nord, ein Bretone und ein Dunkelelf. 
 

Sie waren alle mit einfachen, aber wirksamen Juteseilen gefesselt. Der Bretone hatte die ganze Reise über schweigend da gesessen und hatte von seinen Füßen auf seine Hände gestarrt, um seinen Blick dann wieder gen seine Füße wandern zu lassen. Er sah niemanden der anderen Gefangenen direkt an, sein Gesicht war tief gesenkt und lag in Schatten. Von Zeit zu Zeit spannte er seine Arme und Hände und überzeugte sich von der Festigkeit der Knoten und der Enge seiner Handfesseln. Entkommen war wahrscheinlich von Anfang an keine Option gewesen. Er seufzte leise, kaum merkbar und es war auch kein verzweifeltes Seufzen, sondern klang eher genervt und enttäuscht von den eigenen Fähigkeiten. Ihm gegenüber saß erwähnter Dunmer, sein Kopf wippte bei jedem Loch oder Stein auf dem Weg weit nach vorn, scheinbar war er noch immer bewusstlos. Seine dunkle, aschfarbene Haut wirkte einen starken Kontrast zu der farbenfrohen, saftigen Natur Falkenrings, hier und da zeichneten sich dunkelrote Flecken ab. Die Kaiserlichen schienen nicht zimperlich mit dem aschländigen Gefangenen umgegangen zu sein.  Endlich regte er sich.
 

Reflexartig rüttelte der Dunmer an seinen Handfesseln und merkte jedoch schnell, dass dies sinnlos war und ließ sich wieder nach hinten gegen das harte und kalte Holz fallen. Ob dem hellen Sonnenlicht, welches unerbittlich und spöttisch vom beinahe wolkenlosen Himmel lachte, vermochte er kaum die Augen zu öffnen und brauchte einige Sekunden und einige Blinzler mehr, nur um sofort von einem dumpfen Pochen in der linken Schläfe überrollt zu werden. Seine karmesinroten Augen funkelten bedrohlich im grellen Tageslicht.

„He, Ihr da, endlich seid Ihr wach.“ sprach eine Stimme und nur angestrengt wandte er seinen Blick in jene Richtung. Ihm schräg gegenüber saß ein blonder Nord mit freundlichem Gesicht obgleich der Situation, in der sie sich befanden, und seiner Abstammung. Daraufhin bemerkte der Dunkelelf, dass allen Gefangenen auf den Karren sowohl ihre Kleidung, als auch jegliche Waffen und Habseligkeiten abgenommen worden waren. Verwirrt versuchte er Fassung zu wahren und sich seiner Situation klar zu werden, er reckte den Kopf nach oben und sah sich nach hinten um. Einer der Kaiserlichen Soldaten, der neben dem Karren her ritt, trat ruppig gegen das Holz und bellte: „Augen auf den Boden, Elf.“, woraufhin Angesprochener seinen Kopf wieder senkte. Wie kam der Soldat nur darauf, dass er den Soldaten angehörte? Das war doch völlig absurd. Warum der Nord neben ihm noch seine prunkvolle Kleidung trug, nämlich einen feinen Mantel aus Ketten, geschmückt von einem imposanten Bärenfell, war ihm ebenso schleierhaft. Er sah aus, als würde er gerade von Feierlichkeiten kommen, wäre es nicht um die Handfesseln und den engen Knebel in seinem Mund gewesen. Sein Blick war starr auf den Holzboden des Karrens gerichtet, während die Kolonne weiter talwärts in Richtung Helgen holperte. Das alles machte einfach keinen Sinn und er sollte gar nicht hier sein.
 

Der Dunmer hatte keine Erinnerung mehr daran, wie er in die Gefangenschaft der Kaiserlichen Armee geraten war. „Ihr wolltet wohl die Grenze übertreten, richtig?“ fuhr der blauäugige Nord unbehelligt fort, sein Blick schweifte dabei über die eigentlich wundervolle Waldlandschaft, die Helgen in seinem Tal umrahmte. ‚Die Grenze überschreiten? Daran würde ich mich doch erinnern…“ antwortete der Elf in Gedanken, doch der Andere schien gar keine Antwort zu erwarten und fuhr mit einem Kopfnicken fort: „Seid wohl in einen Hinterhalt der Kaiserlichen geraten, genau wie wir.“ – vermutlich handelte es sich also wirklich um Sturmmäntel, die in eine Falle der Kaiserlichen Armee geraten waren – „Und wie dieser Dieb da drüben.“
 

Der bislang stumme Elf wandte seinen Blick zu dem angesprochenen Mann, ein dürres Bild eines Nord. Auch streiften seine Augen über den seltsam aussehenden Bretonen, der ihm keines Blickes würdigte und während er die Stirn zu runzeln begann über den ebenfalls schweigenden Gefangenen, begann der Dieb zu zetern: „Verdammt sollt Ihr Sturmmäntel sein! In Himmelsrand war alles in bester Ordnung“, er schien kurz in seinen Gedanken zu versinken und in Erinnerungen zu schwelgen, und rückte seinen platt gesessenen Hintern auf der harten Holzbank zurecht „bis Ihr gekommen seid. Das Kaiserreich hat uns in Ruhe gelassen. Hätten sie nicht nach Euch gesucht, hätte ich das Pferd stehlen können“ 

Der Bretone neben ihm verzog plötzlich seine Miene und es war, als würde er den Dieb aus dem Augenwinkel giftig ansehen, wandte seinen Blick aber sogleich ab und ließ seine Schultern wieder sacken „und wäre jetzt schon auf halben Weg nach Hammerfell.“
 

„Ihr da!“ der Dieb adressierte den stummen Dunkelelfen diesmal direkt, gelangweilt sah er ihn auch nach einem Augenblick an, den der Dieb mit einem mürrischen Gesichtsausdruck kommentierte. Dennoch fuhr er fort: „Ihr und ich – wir sollten nicht hier sein.“ Der Bretone neben ihm musste sich wieder zusammenreißen, seine Fassade nicht fallen zu lassen und seine wütenden Augen blitzten einen sekundenbruchteil beängstigend auf, niemand außer dem Elf schien das aber gesehen zu haben und schnell verzog sich auch der grimmige Ausdruck im Gesicht des Bretonen und er beruhigte sich. Doch lag der Dieb völlig richtig, er hatte hier auf dem Karren nichts zu suchen.

 „Es sind diese Sturmmäntel, hinter denen das Kaierreich her ist!“, erbost hatte sich der Dieb, soweit es ihm mit seinem kleinen, schmächtigen Körper möglich war, aufgebäumt, um sich dann nur kraftlos zurück gegen die Holzlehne fallen zu lassen. Außer dem Bretonen ihm gegenüber – und offensichtlich dem Dieb – handelte es sich bei den Gefangenen also wirklich um Sturmmäntel. Der Elf atmete tief ein. Insgeheim wusste er, wo er sich befand und wo die letzte Reise seinen Lebens hingehen würde. Dennoch war da diese Lücke in seinen Erinnerungen, denn er wusste partout nicht, warum er sich auf dem Weg zu seiner Hinrichtung befand und was er wohl getan hatte, dass ihm nun dieses grausame Schicksal drohte.

„Wir sind jetzt alle Brüder und Schwestern in den Fesseln, Dieb.“ sagte der blonde Nord, noch immer ruhig und gelassen. Scheinbar hatte er sich schon längst mit dem angefreundet, was noch kommen sollte. Sein Blick schweifte erneut über die üppigen Wälder Helgens, die grünen Wiesen und rauschenden Bergflüsschen. Als nach einigen Minuten weder der Dieb, noch der Bretone oder der in prunkvollem Stoffe gekleidete Nord etwas sagten, war es wohl endlich an dem Schweigsamen, die Stille zu brechen.
 

„Wie ist Euer Name?“ fragte er schließlich schlicht und adressierte dabei den Blonden. Seine Stimme war trocken und rau und fühlte sich auch in seiner Kehle an wie Sand. Der Nord war im ersten Moment überrascht, blinzelte ein paar Mal und zeigte dann sogleich wieder sein unpassendes, freundliches Lachen und nickte zu sich selbst. „Ich heiße Ralof. Es ist seltsam, einen Dunkelelfen wie euch so weit im Süden Himmelsrands anzutreffen. Aber im Angesicht dessen, was uns droht, sind wir wohl alle gleich.“

Der Nord neben ihm warf sowohl ihm als auch Ralof einen mürrischen Blick zu, der den Elf beunruhigte. Es war kein Geheimnis, dass die Sturmmäntel keine Rasse neben den Nord in Himmelsrand akzeptierten, aber gerade Elfen hatten es ihnen besonders angetan. Die Altmer waren wohl die verhasstesten Vertreter ihrer Art, aber auch den Dunmer wurde nicht selten öffentlich Abneigung entgegen gebracht. Ralof hingegen schien ein eher atypisches Verhalten für einen Sturmmantel aufzuweisen. Es war beinahe so, als würde er den Elf respektieren und er schenkte ihm ein schwaches Lächeln.
 

„Wie nun heißt Ihr?“

Ohne lange nachzudenken raspelte der Elf „Arelyn.“ und sein linker Mundwinkel zuckte leicht, als Ralof ihm ein erneutes Lächeln schenkte, das seine Augen nicht erreichte. Vielleicht hatte er sich doch geirrt. Aber was machte das jetzt schon noch.

„Ruhe da hinten!“ bellte einer der Kaiserlichen Soldaten und wandte sich mit angewidertem Blick zu den Gefangenen des letzten Karren.
 

Wieder streckte sich minutenlanges Schweigen über den Transport. Diesmal war es der Pferdedieb, der es wohl nicht länger aushielt, still zu sein: „Und was stimmt mit dem nicht?“ knurrte er und nickte den Kopf in Richtung des offensichtlichen Edelmanns. Ralofs Kopf schnippte nach oben und er richtete sich in seiner Position so weit auf, wie es ihm möglich war. „Passt auf, was Ihr sagt!“ warnte er den Pferdedieb. „Ihr sprecht mit Ulfric Sturmmantel, dem wahren Großkönig.“ Der Bretone senkte daraufhin seinen Kopf und Arelyn hätte schwören können, sein Augenrollen förmlich zu hören.

„Ulfric???“ schnappte der Pferdedieb und sog scharf die Luft ein. Arelyn erinnerte sich an den Namen, natürlich kannte er Ulfric. Jedem Dunmer war der Name des Jarl von Windhelm ein Begriff, ferner hatte er auf seinen Reisen schon einiges von den katastrophalen Zuständen in dem Grauen Bezirk von Windhelm gehört und war jedes Mal froh gewesen, dass es ihn dort noch nie hin verschlagen hatte. Seine Brauen zogen sich ein wenig mehr zusammen. „Der Jarl von Windhelm? Ihr seid der Anführer der Rebellion!“, hätte der Dieb die Gelegenheit gehabt und wären seine Hände nicht gefesselt gewesen, hätte er wohl ungeniert mit dem Finger auf Ulfric gezeigt und ihn angeprangert. Stattdessen aber wurde sein Gesicht weiß und seine Hände fingen leicht an zu zittern. „Aber wenn sie ihn gefangen haben…“, sein Gesicht verlor nun jegliche Farbe und seine Finger scharrten nervös über das Holz der Sitzbank.

„…bei den Göttern, wohin bringen sie uns???“
 

Wieder hob der Bretone leicht seinen Kopf und auch Arelyn sah den Dieb mit zusammengezogenen Brauen an. In seinen Augen lag Resignation. Er hatte schnell Eins und Eins zusammenzählen können und wusste sofort, dass er sich auf dem Weg zu seiner Hinrichtung befand. Wegen etwas, von dem er nichts mehr wusste. Ralof nickte wissend und nach ein paar Momenten, in denen der Dieb hysterisch zwischen den anderen Gefangenen hin und her sah, aber keine Reaktion bekam, antwortete der blonde Nord schließlich theatralisch: „Ich weiß nicht, wohin wird gehen werden, aber Sovngarde erwartet uns.“, und das war wohl auch der Grund, warum er die ganze Zeit so gelassen gewesen war. 

Er wusste, dass er nach seinem Tod nach Sovngarde gehen würde. Dort würde Met in Hülle und Fülle fließen, die Becher würden sich niemals leeren und er würde endlich all seine gefallenen Freunde dort wiedertreffen können. Was für eine verblendete Vorstellung. Es machte für Arelyn einfach keinen Sinn, denn nur reine Seelen und ehrwürdige Krieger würden dieses Land jemals erreichen, aber Töten und Kämpfen müsste eine Person doch sogleich dafür disqualifizieren. Er dachte nicht oft über den Tod nach, denn er hatte nicht vor, bald zu sterben. Dass die Kaiserlichen ihm nun einen Strich durch die Rechnung machten, war bedauernswert, aber was konnte er jetzt noch dagegen tun. Vielleicht hatte er wirklich etwas getan, das es rechtfertigte, ihn dafür hinzurichten. Vielleicht aber hatte er auch nichts getan und es war ungerecht und nicht sein Tag zum Sterben. Vielleicht war nicht sein Tag zum Sterben.
 

Der Pferdedieb währenddessen begann hysterisch zu skandieren: „Nein, das kann nicht wahr sein…“, er vergrub sein Gesicht in seinen gefesselten Händen und wimmerte unverständliches Zeug, während der Bretone hingegen wieder nur mit den Augen rollte und auch Ralof ihm nur einen mitleidigen Blick zukommen ließ. „Das kann einfach nicht wahr sein…“

Nach ein paar Minuten Stille, während die Karren weiter den Weg in Richtung Helgen rumpelten, fragte Ralof den Dieb: „Hey, aus welchem Dorf stammt Ihr, Pferdedieb?“ und wandte sich zu ihm hin, sein Gesicht weicher und keine Spur mehr von bitterem Mitleid. Angesprochener ließ sich dadurch aber weder beruhigen, noch fand er diese Frage in seinem Moment der Verzweiflung angemessen. „Was interessiert Euch das?“, spuckte er aus und seine Augen flackerten mit neuerlichem Elend auf, als die Kolonne das Stadttor von Helgen durchfuhr. „Weil die letzten Gedanken eines Nord seinem Zuhause gelten sollten.“ entgegnete Ralof gewohnt gelassen und schwelgte mit geschlossenen Augen in Erinnerungen. Der Pferdedieb zögerte daraufhin zwar eine Weile, antwortete dann aber: „Rorikstatt, ich komme… ich komme aus Rorikstatt.“
 

Vor ihnen rief ein Kaiserlicher Soldat laut aus: „General Tullius! Der Scharfrichter wartet.“ Jeglicher Ausweg schnitt sich nun ab. Die Kaiserlichen würden sie alle hinrichten lassen. „Gut. Bringen wir es hinter uns.“ antwortete eine Stimme hinter dem letzten Karren angespannt und ritt langsam an der Karawane vorbei, vermutlich handelte es sich bei dem Mann um den General. Der Dieb verlor nun fast die Fassung und ließ seinen Kopf wieder tief hängen und mit zitternden Händen begann er schwach zu sich selbst zu sprechen: „Shor. Mara. Dibella.“,  seine Stimme wurde immer leiser, aber sein Tempo zog rasch an, als wäre er in Eile, vor seinem Tode noch alle Götter anzurufen, an die er glaubte. „Kynareth. Akatosh. Ihr Göttlichen, bitte helft mir.“ Seine Stimme endete sein Gebet in einem kaum hörbaren Flehen. Beinahe gleichzeitig schüttelten Arelyn und der Bretone leicht den Kopf, jetzt würde es ihm auch nichts mehr bringen, den Segen der Götter auf sich zu ziehen.
 

„Seht nur“, flüsterte Ralof schließlich. „General Tullius.“

Er deutete mit dem Kopf auf den dunkelhäutigen Kaiserlichen. Seine cyrodiilische Herkunft war ihm leicht anzusehen und auch seine schwere kaiserliche Rüstung zeichnete ihn sofort als einen hohen Befehlshaber der Armee aus. Auf der Brust seiner goldenen Rüstung glänzte ein mit eleganten Schwingen umgebener Drache und Tullius´ Blick war starr auf den Exekutionsplatz gerichtet. „Und es sieht so aus, als seien die Thalmor bei ihm.“ Bei dem Wort Thalmor zuckte der Dunkelelf beinahe unbemerkt zusammen, der Bretone allerdings warf ihm daraufhin einen neugierigen Blick zu und in seinen Augen flackerte ein interessiertes dunkles Feuer auf. „Verdammte Elfen“ fuhr Ralof fort und Arelyn verzog sein Gesicht. Also hassten alle Nord das Elfenvolk, wie hätte es auch anders sein können. Jedoch warf er dem Elf daraufhin einen schuldigen Blick zu. Auch Ulfrics Körper hatte sich bei der Erwähnung der Thalmor gefährlich angespannt. „Ich wette, sie hatten ihre Hand im Spiel.“
 

Schnell beruhigte sich aber Ralofs Natur, er seufzte tief und setzte seine Erzählung mit von Kummer schwerer Stimme fort: „Das ist Helgen. Ich habe mal für ein Mädchen von hier geschwärmt. Ob wohl Vilod immer noch seinen Wacholderbeeren-Met braut?“

Die Karawane der Gefangenen näherte sich schließlich ihrem Ziel und die Kaiserlichen Soldaten begannen, von ihren Pferden abzusitzen und sie an verschiedenen Pfählen festzumachen. „Komisch, als ich noch klein war, habe ich mich hinter den Mauern und Türmen der Kaiserlichen so sicher gefühlt.“ Ralofs Stimme war von einer Enttäuschung und Unsicherheit belastet, die niemand in Worte fassen konnte. Zustimmen jedoch konnte ihm bei seinem letzten Satz jeder. 

Arelyns Gedanken wollten in seine Vergangenheit abschweifen, schnell vertrieb er aber diese dunklen Erinnerungen und sein Blick fixierten den Soldaten, der jetzt nah an ihren Karren herantrat, welcher gerade gestoppt wurde. „Warum halten wir an??“ fragte der Pferdedieb erneut, seine Stimme schwanger mit Hysterie. ‚Fragt doch nicht so dumm…“ dachte der Bretone und seufzte. „Was glaubt Ihr denn?“ spottete Ralof. „Hier ist Schluss. Los geht’s, wir sollten den Himmel nicht warten lassen.“ und damit erhob sich der Nord auch, den Hals ehrwürdig nach oben gereckt und die Schultern gespannt. Auch der Rest der Gefangenen erhob sich und einer nach dem anderen stiegen die Karren hinab. „Nein, wartet!“ rief der Dieb einen der Soldaten an „Wir sind keine Rebellen!“ und deutete auf sich selbst und den Elf, den er schon zu Anfang als keinen der Sturmmäntel identifiziert hatte. Doch niemand hörte ihm zu oder schenkte ihm Aufmerksamkeit, nicht einmal seine Genossen. „Stellt Euch Eurem Tod mit etwas Mut, Dieb.“ tadelte Ralof, während Ulfric als erster vom Karren sprang. Nacheinander verließen alle ihre Transporte und reihten sich vor den Kaiserlichen auf. Einige von ihnen hatten ihre Köpfte hängend, wimmerten zu den Göttern, zu Talos und seinen Gefährten, während andere mit Stolz geschwollener Brust ihre Gegenüber taxierten und nicht wichen. „Ihr müsst es ihnen sagen! Wir gehören nicht zu Euch! Das ist ein Irrtum!“, doch die Hysterie und verzweifelten Flehen und Schreie des Diebs blieben ungehört und ignoriert. 

Stattdessen rief ihnen ein Kaiserlicher Hauptmann mit wütender Stimme zu: „Tretet zum Block, wenn wir Euren Namen rufen.“ Der weibliche Hauptmann ließ ihren Blick einmal über alle Gesichter schweifen, die heute ihr Leben verlieren würden und konnte sich ein schnippisches Grinsen kaum verkneifen. „Einer nach dem anderen.“ Sie reichte einige Blätter Papier zu dem neben ihr stehenden Kaiserlichen Soldaten und Ralof zog nur ein schiefes Grinsen: „Das Kaiserreich liebt seine verdammten Listen.“ Sein Spott blieb nicht ungehört und einige der Kaiserlichen wandten sich ihm zu und bedachten ihn mit wütenden und angewiderten Blicken. Ralof aber ließ das kalt und er behielt seine Haltung bei, was man von dem Dieb nicht behaupten konnte. Er konnte kaum ruhig stehen im Angesicht des Schicksals, was ihm und ihnen allen jetzt drohte. „Fangt an, Hadvar.“ sagte der weibliche Hauptmann schlicht und verschränkte gelangweilt ihre Arme. Angesprochener nickte stoisch und überflog die Liste kurz: „Ulfric Sturmmantel. Jarl von Windhelm.“
 

Nachdem er den ersten Namen ausgerufen hatte, trat besagter Gefangener vor und alle Augen waren plötzlich auf ihn gerichtet. Jeder der Anwesenden, ob Soldat oder Einwohner von Helgen, kannte den Namen Ulfric. „Es war eine Ehre, Jarl Ulfric.“, doch Ralofs Danksagung blieb ungehört, als Ulfric sich seinen Weg an den anderen Gefangenen und Sturmmänteln vorbei bahnte. Unbehelligt fuhr Hadvar fort: „Ralof von Flusswald.“ und ebenso wie der Jarl vor ihm, trat Ralof rühmlich vor und schritt an den anderen vorbei. Hadvar fixierte dabei jeden seiner Schritte und warf ihm zuletzt  noch einen bitteren Blick zu, bevor er seine Liste weiter durchging. „Lokir von Rorikstatt.“
 

‚Also hatte er mit seiner Herkunft doch nicht gelogen. ‘, stellte der Bretone amüsiert fest, doch sein Grinsen verstarb, als der Verstand von Lokir plötzlich völlig auszusetzten schien. „Nein, ich bin kein Rebell!“ kreischte er hysterisch und mit hoher Stimme „Das könnt Ihr nicht tun!“ und nahm die dünnen Beine in die Hand. So schnell hatte Arelyn noch nie jemanden wegrennen sehen, aber es ging hier um das Leben des Diebs, deshalb konnte er es in gewisser Weise auch verstehen. Allerdings wussten alle in Helgen, dass es sinnlos war zu fliehen und dieser verzweifelte Fluchtversuch nur ein letztes Aufbäumen gegen sein unausweichliches Schicksal war. Der weibliche Hauptmann wirbelte auf dem Absatz herum und brüllte: „Halt!“, bewegte sich aber nicht von ihrem Platz weg. Einzig hob sie einen Arm und drei der Kaiserlichen zogen ihre Bögen von ihren Rückenhalftern und setzten an. „Ihr werdet mich nicht umbringen!“ Schrill hallte Lokirs Stimme durch die steinernen Straßen von Helgen, bevor drei Kaiserliche Bogensehnen schnippten, drei gleiche Pfeile in seine Richtung sandten und ihn zu Boden rissen. Einer hatte ihn in der linken Wade erwischt und ihn aus dem Gleichgewicht gebracht und nur sekundenbruchteile später bohrten sich die anderen beiden Pfeile tödlich in seinen Rücken. Als er auf dem harten Pflasterstein aufschlug, war er schon tot. Der Hauptmann wandte sich wieder den anderen Gefangenen zu, auf einigen Gesichtern war Schock und Ekel abgezeichnet: „Will sonst noch jemand fliehen?“
 

Hadvar seufzte leicht und fuhr mit dem Finger über die unzähligen Namen seiner Liste und schaue dabei von Zeit zu Zeit auf, als würde er Namen und Gesichter der armen Teufel abgleichen. Nach einer Weile fixierte er den Bretonen: „Ihr da. Tretet vor.“ Angesprochener machte einige Schritte nach vorne, sein Kopf noch immer gesenkt und Hadvar nicht ansehend. „Wer seid Ihr?“

„Gahrot.“ knurrte er leise und seine blauen Augen blitzten den Kaiserlichen gefährlich an. Hadvar gab sich erst keine Mühe, den Namen richtig niederzuschreiben und erwiderte nur spöttisch: „Seid wohl aus Hochfels hergekommen, Bretone. Flieht Ihr vor einer Hofintrige? Tja, ich werde sicherstellen, dass Eure Überreste wieder dorthin zurück gelangen. Und Ihr?“
 

Hadvar taxierte nun Arelyn und der weibliche Hauptmann neben ihm wurde langsam ungeduldig und tippte genervt mit ihren Fingern auf ihren Lederarmschienen. Der Kaiserliche schluckte und nervös knüllte er das Pergament leicht in seinen Händen: „Hauptmann, was sollen wir tun? Die beiden stehen nicht auf der Liste.“, woraufhin sie nur schnappte: „Vergesst die Liste, sie gehen alle zum Block.“ und sich langsam zum Exekutionsplatz begab.

„Ein weiterer Flüchtling, he? Die Götter scheinen Euer Volk wirklich verlassen zu haben.“ Hadvar schüttelte mitleidig den Kopf. „Folgt endlich dem Hauptmann!“, wies er  dann Arelyn und Gahrot an. Jetzt wusste der Elf wenigstens, wie der Bretone hieß und sah das als kleinen Triumph an. Nach und nach versammelten sich alle Gefangenen vor einer Gruppe Kaiserlicher, die von General Tullius und dem ungeduldigen weiblichen Hauptmann angeführt wurden. Arelyn hatte die ganze Zeit über seine Fluchtchancen ausgerechnet und evaluiert, doch nach dem Tod von Lokir erschien ihm jeder Versuch, seiner Exekution zu entgehen, aussichtslos. Es frustrierte ihn, als ein namenloser Verbrecher zu sterben, für eine Tat, von der er nichts wusste. Aber selbst der kleinste Gedanke daran war verschwendet. 
 

Es gab keinen Ausweg. Zum ersten Mal in seinem Leben verlor er seine Sicht nach vorn, zu schwer lastete das Schicksal nun auf seinen Schultern und sein Kopf senkte sich in Ehrfurcht vor dem Kaiserlichen General, der sein Leben und Tod in der Hand hatte.

Die laute und feste Stimme von General Tullius durchschnitt seinen eigenen Moment der Ruhe: „Ulfric Sturmmantel. Manche hier in Helgen nennen Euch einen Helden“, sein verbitterter Blick rastete lange auf Ulfric, doch schweifte dann durch die lichten Reihen der Schaulustigen und Einwohner Helgens, einige mit Trauer im Gesicht, andere jedoch johlend mit gehobenen Armen und ihm zujubelnd. „Aber ein Held setzt nicht eine Macht wie die Stimme ein“, als Tullius fortfuhr, erschauderten einige der Anwesenden bei der Nennung der Stimme, des Thu‘um, das nicht wenige schon selbst in grausiger Aktion gesehen hatten. Gahrot hob sein Gesicht ein wenig an und zog die Augenbrauen angestrengt zusammen. Also hatten die Gerüchte doch etwas Wahres an sich gehabt, Ulfric Sturmmantel hatte den Großkönig mit einem Schrei getötet. Er selbst hatte noch nie so etwas in seinem Leben zu Gesicht oder zu Ohren bekommen und er bereute das ein wenig und lächelte scheu zu sich selbst „um seinen König zu ermorden und sich auf dessen Thron zu setzen.“ Das war wohl auch der Grund, warum man Ulfric gleich zu Beginn einen Knebel um den Mund gelegt hatte: damit er sich nicht seiner Stimme bedient und ausbricht oder schlimmer noch, den General und seinen Hauptmann und alle anderen Soldaten tötet. 

Ulfric hörte sich all diese Anschuldigungen schweigend an und seine Haltung war wahrlich die eines Großkönigs, die Schultern gespannt und den Kopf hoch erhoben. Es war keine Spur von Aufgabe oder Unterwerfung in den blauen Augen des Nord zu finden, was Tullius nur mit einem Grummeln kommentierte und die Arme verschränkte. Er räusperte sich und die brennende Wut in seinem Körper wuchs mit jeder Sekunde, die er diesem Verräter gegenüber treten musste. Heiß floss sie seine Wirbelsäule hinab und er musste sich beherrschen, als er fortfuhr: „Ihr habt diesen Krieg angefangen, Himmelsrand ins Chaos gestürzt und nun wird das Kaiserreich Euch richten und den Frieden wiederherstellen.“
 

Tullius´ Augen blitzten überheblich und sein Grinsen troff vor Affektiertheit, doch just in diesem Moment seinen Triumphes war in der Ferne ein dumpfes Brodeln zu vernehmen, jeder in Helgen hörte es und duzende Augenpaare schossen sofort gen Himmel und suchten die Wolken nach Schatten ab. Es war ein Geräusch nicht geklärter Ursache und Missmut und Unsicherheit zeichnete sich sowohl auf den Gesichtern der Sturmmäntel, als auch auf denen der Kaiserlichen ab. Hadvar sprach schließlich aus, was alle im Dorf dachten: „Was war das?“
 

Tullius versuchte seine Fassung zu wahren und täuschte weiterhin Gelassenheit vor. „Es ist nichts, weitermachen.“ bellte er seinen Untergebenen an und winkte dem Henker und dem angeheuerten Priester zu. Dann sah er sich noch einmal jeden der aufgereihten Gefangenen genauer an. Ulfric ignorierte er nun, zu sehr schürte dieses Nordgesicht seine Wut und er konnte es nicht leisten, jetzt seine Beherrschung zu verlieren. Dazu war dieser Moment zu wichtig – und ein zu großer Triumph über die Vereinigung der Sturmmäntel. Sein Blick haftete nicht lange an den Sturmmantelsoldaten, die beinahe alle ihrem Tod mit Stolz und einem Ehrgefühl entgegentraten, dass er noch niemals vorher gesehen hatte. Aber selbst ihr geliebtes Sovngarde würde ihnen den Tod nicht erleichtern und er würde dafür sorgen, dass besonders Ulfric für das bezahlen würde, was er getan hatte. Der bretonische Gefangene sah ihn als Einziger nicht an, sein Blick war auf einen Punkt vor seinen Füßen fixiert, doch trotzdem wirkte er gelassen und nicht ängstlich. Tullius schnaufte laut, als er das sah, sein Geist angefüllt mit Unmut. Er sollte das Kaiserreich respektieren und wer das nicht tat, der sollte es wenigstens fürchten, aber eine solche Gleichgültigkeit war inakzeptabel. Und dann war da noch der seltsame Elf, der ganz eindeutig nicht zu den Sturmmänteln gehörte. Der General wusste nicht, warum er hier war, immerhin konnte er sich nicht mit jedem einzelnen Schicksal befassen, über das er richten würde. Wenn er hier war, dann würde er schon einen triftigen Grund dafür haben und hatte den Tod verdient. Soweit vertraute Tullius seinen Soldaten. All diese Männer und Frauen, die hier vor ihm aufgereiht waren, waren Verbrecher und verdienten den Tod ohne jeden Zweifel.
 

Der Hauptmann fuhr also endlich mit der Prozedur fort und rief aus: „Gebt Ihnen Ihre Sterbesakramente.“ Die Priesterin von Arkay, die einen Sicherheitsabstand zu dem grimmig dreinschauenden Henker eingenommen zu haben schien, hob ehrwürdig ihre Arme und ihre helle Robe raschelte dabei leise. Ihr Gesicht war von einer tiefen, wollenen Kapuze fast vollständig verdeckt und hatte dieselbe Senffarbe, wie ihre restliche Kleidung. Sie fing erst leise an zu summen, als würde sie Arkay direkt herauf beschwören und begann dann zu skandieren: „Möge der Segen der Acht Götter auf Euch ruhen, während wir eure Seelen Aetherius übergeben…“

Weiter kam sie gar nicht, denn sie würde rau von dem Soldaten der Sturmmäntel unterbrochen, der gerade zum Exekutionsplatz geführt wurde: „Um Talos Willen, schweigt.“ Der Kaiserliche, der hinter ihm lief, schlug ihm bei diesen Worten schmerzhaft mit dem Knauf seines Eisenschwertes in den Rücken – „Bringen wir die Sache einfach hinter uns.“ Die Priesterin ließ ihre Arme mürrisch sinken und trat einen Schritt zurück, angewidert von der rüden Art des Soldaten, antwortete ihm allerdings noch giftig: „Wie Ihr wünscht.“ und überließ den Rest den Kaiserlichen und dem Henker.
 

„Kommt, ich habe nicht den ganzen Morgen Zeit.“ drängelte der Sturmmantel und wurde daraufhin unsanft von dem Kaiserlichen hinter ihm in die Kniekehlen getreten und fiel sogleich unsanft auf seine Knie. Als der Kaiserliche dann auch noch seinen bestiefelten Fuß auf seinen Rücken stellte und ihn mit überheblicher Macht nach unten drückte, landete sein Kopf hart mit der Seite auf dem rauen Holz und er blitze aus dem Augenwinkel zuerst den Henker und dann den Hauptmann an: „Meine Ahnen lächeln auf mich herab, Kaiserliche. Könnt Ihr das auch sagen?“, mit einem hässlichen Knacken fiel die Axt und trennte den Kopf des Nord sauber von seinem restlichen Körper ab. Dunkles und helles Blut spritze nach vorne, als sein Kopf vom Hals abriss und in den geflochtenen Korb platschte, den man vorher dort platziert hatte. Aufgebrachtes Raunen ging durch die Reihen der Zuschauer. Einer der Sturmmäntel konnte nicht länger an sich halten und schrie aus voller Kehle: „Kaiserliche Dreckskerle!“, nur um von einem der Adressierten auf die Waden und auf den Rücken geschlagen zu werden, sodass er sofort auf die Knie ging und eine Entschuldigung wimmerte.

Vilod allerdings, einer der Bewohner von Helgen, hob die Fäuste und jubelte: „Gerechtigkeit!“ und einige andere seiner Freunde und Nachbarn stimmten in seinen Chorus ein und man konnte zahlreiche Rufe hören wie: „Tod den Sturmmänteln!!“

Ralof schloss für einen Moment die Augen in Gedenken an seinen gefallenen Bruder: „Im Tode so furchtlos, wie er im Leben war.“ und führte danach seine Fäuste zu seinem Herzen, legte sie kurz auf seiner Brust ab: „Sovngarde erwartet dich, mein Bruder.“
 

Der Kaiserliche Hauptmann nickte dem Henker zufrieden zu und auch Tullius schien nicht enttäuscht gewesen zu sein vom Ergebnis der ersten Hinrichtung. Unzählige würden noch folgen und vielleicht würde er ja bei jedem einzelnen dieses Prickeln, diese Genugtuung, spüren. Er konnte es kaum noch erwarten, Ulfric selbst auf dem Schafott zu und sein Leben aus ihm herausfließen zu sehen. „Zerlumpter Elf, Ihr seid dran.“, forderte der Hauptmann und zeigte mit dem Finger auf Arelyn. In seinem Hals bildete sich ein Klumpen, er wusste nicht einmal mehr, wie er atmen sollte. Er hatte gehofft, dass er als einer der letzten hingerichtet werden würde. Eigentlich hatte er gehofft, dass er gar nicht hingerichtet werden würde, doch jetzt war sein einziger und letzter Weg wohl der zu seiner Exekution, denn im Gegensatz zu dem Nord, dem als Erstem das Leben genommen wurde, glaubte er nicht an ein Leben nach dem Tod. Warum auch? Er atmete tief ein und ließ einen letzten Blick zu seinen Gefährten schweifen. Ralof nickte ihm bekräftigend zu, Ulfrics Blick war leer und kalt und der Blick des Bretonen – tja, den konnte er gar nicht erst zuordnen. Das neugierige Feuer in den eisblauen Augen war immer noch zu sehen, zu spüren. Es war, als wäre der Bretone darauf erpicht zu sehen, wie der Elf wohl sterben würde und was seine letzten Worte seien. Es machte Arelyn fast wütend, dass er im Angesicht des Todes noch so ruhig und gelassen bleiben konnte, aber jetzt war wohl der schlechteste Augenblick, um Groll gegen eine fremde Person zu hegen. Und so setzte er, diesmal mit mehr Fassung und Festigkeit, einen Fuß langsam vor den anderen und bewegte sich mit sicherem Schritt auf den Henker und seinen Tod zu.
 

Wieder ertönte der komische Schrei, diesmal lauter und definierter. Und näher. Es klang, wie der Kampfschrei eines großes, tobsüchtigen Tieres, aber niemand der Soldaten oder der Vorposten auf den Türmen konnte etwas ausmachen oder erkennen, wo das bedrohliche Geräusch denn nun herkam. Wieder war es Hadvar, der seinem Missmut als erster Luft machte: „Da ist es wieder. Habt Ihr das denn nicht gehört?“ und wieder wurde sein Ausruf ignoriert. Vielleicht aus Angst, das kann niemand sagen. Selbst Tullius begann nun, sich hektisch umzusehen und Ulfric ließ seine Augen flüchtig über den Himmel schweifen. Es war fast, als wüsste er etwas…

Der Kaiserliche Hauptmann nickte Hadvar nur stoisch zu und bedeutete ihm, weiterzumachen. „Zum Block, Gefangener.“ sagte er mit gespielter Überheblichkeit und war überrascht, wie sehr seine Stimme dabei bebte. „Schön weitergehen.“
 

Arelyn hatte währenddessen mit seinem Schicksal angefreundet. Jedenfalls dachte er das. Kurz aber prägnant blitzten in seinem Kopf verschiedene Erinnerungen von früheren Jahren auf, von seinen Eltern, von den paar Monaten, die ihm von der Aschelandschaft und dem Roten Berg, der unaufhörlich Rot und Schwarz und Grau, Grau, Grau ausspie, noch gegenwärtig waren. Er hatte viel erlebt in seinem bisherigen Leben, aber er hatte noch so viel vor gehabt, er wollte noch so viel sehen und lernen. Und er wollte noch so lang leben.

Seine Schultern hingen nicht, als er seine letzten Schritte zum Henkerplatz schritt. Seine Herkunft erlaubte ihm keine Furcht, nur Stolz. Auch er wurde wenig sanft auf den Baumstumpf gedrückt und sein Kopf zur Seite gedreht. Seine Knie schmerzten, als er gewaltsam nach unten gedrängt wurde und er konnte dem Henker ein letztes Mal in sein dunkles, von Schatten umwobenes, gefühlloses Gesicht sehen und schloss dann die Augen, als er nur noch hörte, wie hinter ihm einige der Soldaten und Zuschauer und wer sich da noch so befand, scharf die Luft einsogen und der Schrei von eben erneut ertönte. Diesmal aber ohrenbetäubend und knochenrüttelnd. „Was beim Reich des Vergessens ist das denn??“, rief Tullius ungläubig aus.



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