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Heartlines

MShenko One-Shots
von

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▪ Zucker im Kaffee ▪

Er hatte noch immer Albträume. Zwar war Kaidan trotz all seiner biotischen Fähigkeiten nicht dazu in der Lage, Gedanken zu lesen, aber an der Art und Weise, wie sich John im Schlaf zuweilen an ihn klammerte und an manchen Tagen sogar um sich schlug, daran konnte er nur allzu gut ablesen, dass die Psyche des Commanders noch mehr Schäden davon getragen haben musste, als es sein Körper im Reaper-Krieg getan hatte.

Schweigend betrachtete Kaidan den Mann neben sich, dessen Hand sich schon fast schmerzhaft in seine Haut krallte. Sein Gesicht war eine undeutliche Maske aus den verschiedensten Gefühlen - und auf keinen Fall waren es angenehme Träume, die ihn da gerade heimsuchten.

Der Körper des Biotikers war gespickt mit blauen Flecken und Kratzern. Die Nächte waren nicht immer leicht, aber Kaidan beklagte sich nicht. Zumindest waren die Verletzungen ein Zeichen dafür, dass John hier bei ihm, dass er am Leben und dass er auch bis zu einem gewissen Grad gesund war.

Und es würde doch ohnehin so enden, wie es immer endete: Am nächsten Morgen würde Kaidan in der Küche stehen und Kaffee und Frühstück zubereiten und John würde irgendwann zu ihm kommen. Er würde wieder einmal auf die Gehhilfen verzichten und sich stattdessen am gesamten Mobiliar entlang in seine Richtung fortbewegen. Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit würde er genau dann auch die Blessuren sehen, die er selbst dem Major in der Nacht beigebracht hatte - sofern Kaidan nicht zuvor wieder daran gedacht hatte, seine Jacke überzuziehen. Aber selbst dann wusste sein Freund in den meisten Fällen bereits Bescheid.

Also würde John zu ihm kommen, die Arme um ihn schlingen und das Gesicht einen Moment an Kaidans Schulter vergraben, um ihm dann einen Kuss auf die warme Haut hauchen und sich dafür entschuldigen, dass er ihm einmal mehr Schmerzen zugefügt hatte. Dagegen würde der Biotiker seinerseits nur fragen, wie viel Zucker der Spectre in seinen Kaffee haben wollte. Und irgendwann... irgendwann würde es sicher wieder besser werden mit Johns schlechten Träumen. Immerhin kümmerten sich die besten Psychologen der Allianz um ihn und es war bereits mehr als deutlich, dass der Geist des Commanders nun langsam all die Geschehnisse der letzten Jahre aufarbeitete - immerhin war während des Krieges keine Zeit dafür gewesen. Wie für so viele Dinge keine gewesen war...

 

"Hey..."

Er war kaum dazu gekommen, den Kaffeekocher einzuschalten, als sich Johns Arme schon um ihn legten und er näher an den anderen Mann herangezogen wurde. Johns Hände krallten sich in den Stoff von Kaidans blauem Kapuzenpulli und dem Biotiker blieb nicht viel mehr übrig, als sich an den Spectre zu schmiegen und über die Schulter zu ihm zu blicken.

"Guten Morgen", antwortete Kaidan leise und küsste Johns stoppelige Wange, während der dem Kaffee dabei zusah, wie er langsam in die Kanne tröpfelte. "Wie fühlst du dich?"

Der Commander gab ein leises Geräusch von sich, irgendwo zwischen Seufzen und Grollen und legte sein Kinn auf Kaidans Schulter.

"Heute ist TfA..."

Das erklärte natürlich seine Laune. TfA. Therapiesitzung für Allianzmitglieder. Einzelsitzungen für diejenigen, die den Krieg nicht so gut überstanden hatten wie andere. Kaidan hatte selbst einige wenige Sitzungen mitgemacht, aber der Kampf um die Galaxie hatte bei ihm nicht so viele Spuren hinterlassen wie etwa bei John und vielen anderen Soldaten. Seine größte Sorge war ohnehin gewesen, dass er den Commander - wieder einmal - verlieren könnte, und diese Angst hatte sich mittlerweile in Wohlgefallen aufgelöst.

"Es sind nur ein paar Stunden, John. Danach hast du erst einmal wieder deine Ruhe." Zwar wusste der Biotiker, dass diese Sitzungen der Meinung des Commanders nach unnötig waren. Dass er es auch alleine schaffen konnte, mit alledem klarzukommen. Dass er niemanden brauchte, der in seiner Psyche herumdoktern wollte. Aber sie wussten es beide besser, diese paar Stunden waren wichtig, sehr wichtig sogar und er würde ganz sicher nicht zulassen, dass John diese Sitzungen einfach so unter den Tisch fallen ließ oder als nicht wirklich nötig abtat.

Kaidan wollte sich vorbeugen, um nach den Kaffeetassen zu greifen, aber die Arme des anderen Mannes hatten sich so fest um ihn geschlungen, dass er einen Moment keine Luft mehr bekam.

"John...", brachte er leise hervor und sofort wurde der Griff um seinen Brustkorb etwas leichter, doch der Atem des Spectre ging dafür umso schwerer. Es war nicht selten, dass er solche Überreaktion zeigte und Kaidan wusste, dass John es hasste, wenn so etwas passierte... Aber er verstand auch, warum der Commander instinktiv so reagierte, wie er eben reagierte. Und übel nahm er es ihm erst recht nicht, das könnte er nie.

Schweigend griff John nach Kaidans Schultern und drehte den Biotiker zu sich herum, betrachtete ihn eingehend, ehe er den Reißverschluss des Hoodies nach unten zog. Wortlos strichen seine Finger über die noch immer sichtbaren Striemen auf Kaidans Haut, die Johns Nägel in der Nacht hinterlassen hatten und weiter über den rötlichen Fleck auf seinen Rippen. Der Major beobachtete John genau bei seiner Untersuchung und blickte ihm ins Gesicht, als der Commander leise seufzte.

"Ich sollte in einem der anderen Zimmer schlafen", schlug John bedrückt vor, aber Kaidan schüttelte nur den Kopf.

"Das hatten wir schon, John, das funktioniert nicht." Er erinnerte sich nicht gerne daran, wie sie das einmal wirklich versucht hatten. Das Ergebnis war ernüchternd gewesen, denn wenn man daran gewöhnt war, dass jemand neben einem schlief... nun, die Panikattacke hatte ihn bis ihn Mark erschüttert. "Hast du nicht gesagt, dass wir von jetzt an zusammenbleiben?"

"Literarisch gesprochen", murmelte John vor sich hin, während er endlich zuließ, dass Kaidan sich wieder umwandte und ihnen beiden jeweils eine Tasse Kaffee eingoss. "Realistisch gesprochen wäre es für dich besser, wenn-"

"Wie viel Zucker möchtest du in deinen Kaffee?"

Ein leises, müdes Lachen entkam dem Commander, er wusste scheinbar, dass es jetzt gar keinen Sinn mehr hatte, Kaidan irgendetwas aus- oder einzureden. Und außerdem wusste der Biotiker mittlerweile ganz genau, wie viel Zucker er denn nun wollte, dieses Gespräch führten sie immerhin fast jeden Morgen!

"Hast du heute Abend Zeit für eine ausführliche Entschuldigung?", fragte John schließlich leise und platzierte einen Kuss hinter Kaidans Ohr. Der Major zuckte die Schultern und genoss den leichten Schauer, der über seinen Rücken lief. Er löste sich ein wenig von dem Spectre und drückte ihm mit einem Lächeln die mit brühend heißem Kaffee gefüllte Tasse in die Hand.

"Für Sie doch immer, Commander... Vorausgesetzt, Sie halten sich auch an Ihre Pflichten."

Er ignorierte Johns genervtes Aufstöhnen dezent und machte sich auf den Weg in das angrenzende Wohnzimmer, wo er sich auf die Couch sinken ließ und neben sich auf das Polster klopfte. "Komm her. Noch haben wir ein wenig Zeit, ehe wir uns in den Kampf stürzen."

Denn auf die ein oder andere Weise taten sie das schließlich noch immer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rooro
2013-09-09T11:20:56+00:00 09.09.2013 13:20
Ich liebe und hasse es, wenn du John sowas antust! Damit mein ich alles! Angefangen mit seinen Albträumen. Ich hab selbst häufig genug welche um sagen zu können, dass es ganz sicher nicht einfach nur mit einem Achselzucken abgetan ist. Und wenn man bedenkt, was er durchgemacht haben muss und die Träume teilweise wirklich täglich kommen....
Und dann eben die Verletzungen, die er im Schlaf seinem Liebsten zufügt. Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie Kaidans Körper aussehen muss, wenn hier und da und dort häufiger ein Bluterguss und/oder Kratzspuren zu sehen sind. Dass Kaidan sich aber nicht beschwert, glaub ich nur zu gut. Ich würd auch nicht wegwollen, gerade in solchen Momenten will man doch für den anderen da sein! Und wie man sieht, hat es anders eh nicht hingehauen.
Ich mag das einfach, wie du das beschreibst! Man fühlt und leidet irgendwie mit (ich zumindest).
Und dass John nicht zu begeistert von seinen Therapiestunden ist, kann ich nur nachvollziehen, ich hätte auch keinen Bock auf sowas xDD
Oh ja, die ausführliche Entschuldigung :3 Ich mags auch total, wenn man den Atem des anderen spüren kann, sei es hinter dem Ohr oder sonst wo :3


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