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This is war

von

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Am Scheideweg


 

„Ich habe dir oft genug gesagt, du sollst mir sagen wo du bist und dich nicht mit dieser Schlampe herumtreiben! Wo warst du?!“

„Beruhig dich endlich! Siehst du nicht was du angerichtet hast?!“ Die beiden hatten nicht aufgehört sich anzuschreien, seit sie dazugekommen war. Das einzige was sich verändert hatte, war der Umstand, dass sie nicht mehr kämpften. Nami hatte sie beide angeschrieen und es war kurz Ruhe eingekehrt. Doch dann hatten sie begonnen sich zu rechtfertigen, die Schuld dem jeweils anderen zu geben. Oder wie Zorro, sie für das alles verantwortlich zu machen. Ungeachtet dessen, dass Nami in den Trümmern ihrer Existenz stand. Anders war es wohl kaum zu sagen. Abgesehen von dem riesigen Loch in der Fassade hatten die beiden auch vor der Inneneinrichtung keinen Halt gemacht. Zersplittertes Glas und Holztrümmer verteilten sich über den Boden. Gerade einmal ein Stuhl stand noch in einer Ecke. Vielleicht könnte man den Tisch noch benutzen, wenn man ihn wieder aufstellen würde. Und das waren nur die Schäden, die Nami auf den ersten Blick identifizieren konnte. Gut möglich, dass es noch weitere gab, das die Bar mehr abbekommen hatte als man glaubte. So oder so müsste sie den Laden erst einmal dicht machen. Sie müsste die Renovierung bezahlen und gute Handwerker waren knapp. Es gab nur einen auf der Insel, dem sie das anvertrauen würde aber der hatte sicher genug mit den Schiffen der Piraten zu tun. Nami müsste ihm eine ordentliche Summe bieten, damit er sie dem Ganzen vorziehen würde. Selbst, wenn ihr dies gelingen würde, dann würde es sicher dauern, bis sie die Bar wieder öffnen und damit Geld verdienen konnte. Ihre Kunden würden sich nach anderen Möglichkeiten umsehen und man musste nicht glauben, dass Piraten besonders treue Seelen waren. Sie gingen dorthin wohin es ihnen passte und wenn etwas geschlossen wurde, dann suchten sie sich eben etwas anderes. Nami hatte somit keine Garantie dafür, dass die Geschäfte wieder gut laufen würden, sobald sie den Laden wieder eröffnen würde. Vielleicht hätten in der Zwischenzeit schon zwei andere Bar’s geöffnet, die dann zu der neuen Anlaufstelle geworden waren.

„Hör zu, wenn ich mit dir rede!“ Nami wurde an der Schulter gepackt und grob zurück gezogen. Noch in der Bewegung holte sie aus, nutzte den Schwung, um ihm mit der flachen Hand eine Ohrfeige zu geben. Erst jetzt schien langsam Stille einzukehren. Zorro blickte sie perplex und etwas überfordert an. Nami hatte nie die Hand gegen ihn erhoben, niemals. Rangeleien, ein Schlag gegen den Hinterkopf. Ja, solche Dinge hatte es sicherlich zwischen ihnen gegeben, doch so etwas? Nein. Nein, das hatte sie nie getan und scheinbar wusste er nicht damit umzugehen.

„Nein! Du hörst mir zu!“ Schrie sie ihn an. Was glaubte er eigentlich wer er war, dass er jetzt, nach allem was er getan hatte, überhaupt noch Forderungen stellen konnte? „Ich lasse mich von dir anschreien, lasse mir sagen wen ich zu sehen habe, du glaubst ich sei dir etwas schuldig, während du dich über die halbe Insel vögelst! Nach allem was ich für dich getan habe! Ich habe es hingenommen, aber jetzt reicht es!“ Ja, das war der Tropfen der wohl alles zum Überlaufen brachte. Nami hatte viel ertragen, sicherlich zu viel in den vergangenen Jahren. Ihr war all das schmerzlich bewusst und dennoch hatte sie es getan. Die Gründe spielten vielleicht auch keine wirkliche Rolle, denn was konnte schon wichtiger sein, als die Liebe zu sich selbst? Was war es wert, dass man sich von einem anderen Menschen so behandeln ließ?

„Und weil dir das alles noch nicht reicht kommst du hier her und zerstörst meinen Laden!“

„Verdammt, der Koch-“

„Nein! Du! Du kannst es nicht lassen! Es geht dich nichts an wo ich bin und mit wem ich meine Zeit verbringe! Absolut gar nichts! Du hast nicht das Recht mir auch noch meine Zukunft kaputt zu machen! Mach mit deiner was du willst, sauf dich kaputt, aber lass mich mein Leben leben!“ Das war wohl das mindeste, was sie verlangen konnte. Nami würde ihn nicht einfach links liegen lassen. Sie standen sich nahe und er war ihr nicht egal. Sie würde ihm helfen, würde alles tun was nötig war, wenn er sie nur lassen würde. Und vor allem, wenn er aufhören würde sich selbst in seinem Selbstmitleid zu ertränken. Doch anstatt zu kämpfen, es wenigstens zu versuchen hatte er einfach aufgegeben und zog sie mit sich immer tiefer in den Abgrund.

„Denkst du ich will ewig auf dieser Insel bleiben und hier verrecken?!“

„Verdammt red vernünftig mit mir! Du hast mich zu respektieren und das was ich sage!“


„Einen scheiß muss ich!“ Dachte er das wirklich? Glaubte er wirklich, dass er sie so dazu bringen würde in irgendeiner Form auf ihn zuzugehen? Zumal es durchaus nicht so war, als ob noch viel übrig wäre, was Nami respektieren konnte.

„Ich sehe nichts was ich respektieren kann! Du zerstörst meinen Laden, mein Leben, nicht einmal Arlong hat mich so beschissen behandelt wie du!“ Und der war sicher auch kein Kind von Traurigkeit gewesen. Nami hatte sicher einige Prügel kassiert, während sie bei ihm aufgewachsen war. Besonders dann, wenn sie nicht getan hatte was er verlangte. Sie war in einer kalten, lieblosen Umgebung aufgewachsen, in Einsamkeit. In dem Glauben ihr ganzes Dorf, all die Menschen die ihr etwas bedeuteten, würden sie hassen. Sie hatte die Last von etlichen Leben auf ihre Schultern genommen. Dennoch, Arlong hatte sie nie angerührt, er hatte sie nicht missbraucht und er hatte ihre Arbeit geschätzt. Sicherlich nichts auf das sie stolz sein konnte, doch es zeigte das wenigstens irgendetwas von ihr einen Wert gehabt hatte. Nie hätte er zugelassen, dass etwas an die wertvollen Karten kam, die sie für ihn gezeichnet hatte. Sie waren wichtig und wertvoll für ihn gewesen. Wohingegen Zorro nicht einmal vor dem halt machte, was sie sich mit harter Arbeit aufgebaut hatte. Stattdessen kam er her und zerstörte all das mit einem einzigen Wimpernschlag ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie Nami in Zukunft klarkommen sollte. Denn Hilfe brauchte sie von ihm dahingehend sicherlich keine zu erwarten. Weder finanziell noch mit einer helfenden Hand beim Aufbau.

Zorro blickte sie schweigend an, sagte nichts. Falls ihn der Vergleich mit Arlong getroffen hatte, dann hatte es wenigstens seinen Zweck erfüllt. Wenn jemand wusste wie sehr Nami damals gelitten hatte dann er. Er hatte ihr Leid über Jahre verfolgt, nachdem sie sich als Teenager kennengelernt hatten, hatte versucht sie aus diesem Albtraum zu befreien. Er hatte es geschafft und gleichzeitig hatte er sie einige Jahre später in einen neuen Albtraum hineingestoßen. Ob er verstehen würde wie tief die Wunden waren, die er bei ihr hinterlassen hatte? Noch immer fraglich aus ihrer Sicht und Nami glaubte auch nicht mehr daran, dass er wirklich noch einmal zu sich kommen könnte. Sie hatte alles gegeben, alles was sie hatte, doch es schien einfach nicht zu reichen.

„Du hast alles zerstört was ich hatte, bist du jetzt endlich zufrieden!? Es gibt nichts mehr was ich noch habe, du hast alles bekommen! Und jetzt verschwinde endlich!“

„Nami..“

„Geh! Lass mich endlich zufrieden!“ Sie blickte ihm in die Augen. Nami hatte sie immer gemocht, dieses kühle Grau was früher dennoch so viel Wärme ausgestrahlt hatte. Treue, liebevolle Augen. Zumindest ihr gegenüber war das einmal so gewesen. All das gehörte schon längst der Vergangenheit an und auch jetzt konnte Nami nur diese Härte in seinen Augen erkennen, die eigentlich kaum zu ihm passen wollte. Zorro war nicht so ein Mensch, war er nie gewesen. Früher nicht.

„Du hast gehört was sie gesagt hat. Bewegt dich endlich.“ Es war Sanji, der sich nun einmischte und Zorro am Kragen packte. Dieser würdigte den Koch keines Blickes, sah Nami weiterhin in die Augen, welche nur entschlossen zu ihm aufblickte. Jedes einzelne Wort hatte sie ernst gemeint und wenn er darauf wartete, dass sie etwas zurück nahm, dann würde er vergeblich warten. Sie nahm ihn nicht in Schutz wie sonst, diesmal nicht.

Und so würde Zorro sich auch von Sanji aus dem Raum herauszerren und nach draußen schubsen lassen. Nami konnte beobachten, wie er seine Kleidung zurecht zog, sich schüttelte und sich dann in Bewegung setzte. Sanji würde dort stehen bleiben und ihm nachsehen. Vermutlich wollte er sichergehen, dass Zorro nicht wieder zurück kam und doch noch ausrasten, das ganze schlimmer machen würde. Zeit in der Nami sich längst wieder abgewandt hatte.

Tief atmete sie durch, rieb sich angestrengt über das Gesicht. Verdammt. Verdammt! Sie hob den Blick, hatte die Hände über Nase und Mund liegen, während sie sich weiter umsah und versuchte zu verarbeiten was sie vor sich hatte. Sie würde Entscheidungen treffen müssen und zwar schnell, einige. Die wichtigste davon wäre sicherlich, ob sie die Kraft aufbringen wollte, diese Bar wieder nutzbar zu machen oder nicht. Denn davon würden ihre weiteren Schritte abhängen.

„Es tut mir leid.. ich hätte ihn gleich rauswerfen sollen, als er ankam.“

„Denkst du wirklich, das hätte etwas geändert?“ fragte sie nur leise. Sanji war wieder zurück gekommen und trat nun neben sie. Das er sich schuldig fühlte konnte man ihm ansehen, das musste er nicht aussprechen. Sie könnte auch auf ihn wütend sein, warum er sich auf einen Kampf eingelassen und mitgemacht hatte. Zeitgleich wusste Nami aber auch, dass das nichts bringen würde und nicht richtig wäre. Zorro war derjenige, der immer wieder in ihr Leben eindrang und das Chaos mit sich brachte. So lange hatte sie ihn verteidigt, sie war müde. Nein, Nami wollte und konnte diesmal nicht damit weitermachen. Es war ein Schritt zu weit gewesen. Besonders nach allem was er sich in den letzten Tagen geleistet hatte. Als würde er mit aller Macht verhindern wollen, dass sie glücklich wurde. So, als dürfte sie ihr Leben nicht leben, solange er dazu auch nicht in der Lage war. Natürlich war es nicht fair. Sie wusste um seinen Schmerz, wusste darum was ihn umtrieb und die Dämonen, die ihn quälten. Doch Nami war dem nicht verpflichtet und sie musste sich dem auch nicht anpassen. Unglücklich sein, damit er sein Leben besser ertragen konnte? Nein. Diesen Weg würde sie nicht einschlagen, auch nicht für ihn. So viel sollte an dieser Stelle gesagt sein und sie hoffte, dass die Botschaft angekommen war. Ehrlicherweise musste sie aber auch sagen, dass sie glaubte, dass es nur so lange hielt, bis er die nächste Flasche mit Sake in die Hände bekommen würde. Und dann würde sie sich sicher wieder damit herumschlagen müssen.

„Wo sollen wir anfangen?“ Fragte Sanji nur und ging ein paar Schritte durch den Raum. „Wenn wir das alles wegräumen, dann können wir an der Bar noch ein paar Sachen ausschenken, es gibt sicher irgendwo noch Gläser und“, er hielt inne als er sah, wie Nami den Kopf schüttelte. Das alles war auch keine Lösung. Vieles was aus Glas bestanden hatte war kaputt gegangen, sie würde nur wenige Piraten bewirten können und dann war ihr noch immer nicht geholfen.

„Wir müssen dieses Loch irgendwie schließen. Ich habe keine Lust das alles hier bewachen zu müssen.“ Am Ende würden diese Idioten glauben, dass sie sich an dem Alkohol einfach so bedienen konnten. Hier oben war zwar kaum eine Flasche ganz geblieben und hatte sich nicht auf dem Boden verteilt, doch Nami hatte einen Keller. Dort lagerten ihre Vorräte und die wollte sie sicherlich nicht auch noch verlieren.

„Geh zu Franky, sag ihm er soll mir dringend jemanden herschicken, der das ganze hier schließt. Ich werde morgen mit ihm sprechen und sehen was er mir für ein Angebot machen kann.“ Das war erst einmal alles was sie tun konnte. Um dieses Loch provisorisch zu schließen bräuchte sie keinen Experten. Nur einen Kerl mit Werkzeug und Holzplanken. Da würde er sicher jemanden für abstellen können und Nami würde vielleicht etwas extra zahlen müssen. Doch dann war wenigstens das erledigt und in der Zeit müsste sie sehen, wie sie das hier wieder in Ordnung bekommen würde.

„Er wird den Preis hoch drücken.“

„Das kann ich gerade nicht ändern.. er soll einfach jemanden schicken, um alles andere kümmere ich mich morgen.“ Normalerweise würde sie solche Verhandlungen selbst führen und sich nicht über den Tisch ziehen lassen. Doch Nami spürte, dass sie keine Nerven dazu hatte. Vermutlich würde sie ausrasten und am Ende gar keine Hilfe von dem Zimmermann bekommen. Er hatte genug Aufträge, Kunden die sich nicht mit ihm stritten. Franky konnte es sich leisten sich seine Kundschaft auszusuchen und Nami gehörte sicher zu der schwierigeren Sorte. Besser also Sanji würde das für sie übernehmen und sich zumindest für heute darum kümmern.

Wenigstens würde er es dabei belassen und sich dann auf den Weg machen. Nami sah ihm einen Moment schweigend nach, dann rieb sie sich wieder angestrengt über ihr Gesicht. Verflucht. Sie war wütend, doch in erster Linie spürte sie nur Resignation. Sie hatte so viel Arbeit in diese Bar gesteckt und nun sollte sie wieder von vorn anfangen? Das würde sie einen guten Teil ihrer Ersparnisse kosten und sie müsste wieder von vorne anfangen. Man müsste sich an dieser Stelle also durchaus fragen, ob sich das alles wirklich lohnen würde und, ob es nicht an der Zeit war ihre Lage zu überdenken.

Nami begann die Trümmer ein wenig auf Seite zu räumen, damit man sich wenigstens wieder in dem Raum bewegen konnte. Dabei kam ihr das Angebot von Robin in den Sinn. Sie solle mit ihr kommen. Das hatte die andere zumindest gesagt und Nami hatte es einfach abgetan. Nun fragte sie sich was genau das bedeutete. Mit zu den Revolutionären? Hatte Robin auf irgendeiner Insel ein Haus in dem sie lebte? Wollte sie Nami nur auf irgendeine andere Insel bringen von der sie glaubte, dass sie besser geeignet war? All diese Dinge waren unklar. Aber für Nami hatte sich die Frage auch nicht gestellt, so dass sie die genauen Bedingungen nicht hinterfragt hatte. Nun allerdings hatten sich die Umstände deutlich verändert und eine wichtige Säule war weggebrochen. Sie könnte auch sagen, dass sie den Laden verkaufen und dann wieder irgendwo anders arbeiten würde. Es war jedoch klar, dass sie niemals einen fairen Lohn für ihre Arbeit erhalten würde und ein solcher Weg am Ende absolut nichts brachte. Genau deswegen hatte sie sich ja dazu entschieden diese Bar zu kaufen und hier ihr eigenes Geschäft aufzubauen. Um weiter zu kommen. Wie dieser Trümmerhaufen sie jetzt allerdings noch irgendwo hinbringen sollte sah Nami durchaus nicht. Es war ihr Bestreben immer das beste aus einer Situation zu machen, was bedeutete das zu tun was ihr den meisten Profit einbringen würde. Was genau das in diesem Fall war wusste sie allerdings noch nicht. Aufbauen? Verkaufen?

Bevor sie eine Entscheidung traf würde sie weiter aufräumen. Die großen Stücke wurden in eine Ecke geworfen, Stühle und Tische die vielleicht noch zu retten waren kamen in eine andere. Sanji würde eine Weile unterwegs sein, bis er am Hafen ankam und das alles mit Franky geklärt hatte. Der würde ihn sicher nicht bevorzugt behandeln und so hatte Nami ausreichend Zeit für sich. Sie tat das, was sie tun konnte und würde sich irgendwann einen Besen nehmen um zumindest grob die kleineren Trümmer und Splitter weg zu kehren.

Irgendwann würde Sanji wieder dazukommen, mit zwei Jungs, die grimmig drein blickten und sich dann gleich an die Arbeit machten. Sie sagten nichts und auch Nami überließ es Sanji ihnen zu erklären was genau von ihnen verlangt wurde und ein bisschen Druck zu machen. Niemand sprach es aus, doch bis zum Abend wollte man wieder etwas Ordnung in diese ganze Sache gebracht haben.

***

„Hier.“ Sanji reichte ihr ein Weinglas, das Nami dankend annahm. Es hatte Stunden gedauert, bis sie fertig geworden waren. Inzwischen war es Nacht, draußen grölten Piraten, einige hämmerten missgestimmt an die verschlossene Tür und drehten dann doch wieder ab. Das Loch in der Wand war verschlossen, die Trümmer sortiert und der Boden wieder frei geräumt. Nun hockte Nami auf einem Stuhl, Sanji auf einer alten Kiste, die dem ganzen nicht zum Opfer gefallen waren und ließen das alles auf sich wirken.

Sanji setzte sich neben sie und stützte die Ellen auf den Knien ab, während er sein Glas zwischen den Fingern drehte. Sie selbst lehnte sich zurück, hatte ein Bein über das andere geschlagen und nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas. Es ging nicht um Genuss, lediglich darum den Kopf ein bisschen frei zu bekommen.

Anschließend fiel ihr Blick auf die Tasche, die bei der Tür stand. Ihre Einkäufe, die Sanji wohl irgendwann draußen eingesammelt und hierher gebracht hatte. Es wunderte Nami nicht, dass die Tasche nicht einfach gestohlen worden war. Papier und ein Buch waren kaum das, was die Menschen hier interessierte. Vermutlich hatten die meisten es eher als Abfall deklariert und solange es kein Alkohol oder etwas war, das man verkaufen konnte, hatte niemand hier Verwendung für solche Dinge. Ihr Glück wenn man so wollte. Doch auch das war sicher etwas das sie nachdenklich stimmte. Denn noch immer gab es da diesen Wunsch, diesen Traum, den sie eigentlich verfolgen wollte. Sie hatte es nicht getan, weil sie hier auf dieser Insel gestrandet war. Nun musste sie sich die Frage stellen, ob es nicht doch an der Zeit war das alles wieder aufzunehmen.

„Robin hat mich gefragt, ob ich mit ihr kommen will“, wandte sie irgendwann leise ein. Gut, genau genommen war es weniger eine Frage, als eine Bitte gewesen. Doch das war nun Haarspalterei. Der wichtige Punkt in dieser Sache war wohl, dass die andere ihr eine Möglichkeit geboten hatte, die Nami an diesem Morgen noch kategorisch ausgeschlossen hatte. Jetzt aber bewegte Nami die Option in ihren Gedanken und versuchte abzuwägen, ob das wirklich eine kluge Idee war.

„Was lässt dich zögern?“ Fragte Sanji dann nur und hob selbst das Glas an die Lippen. Er würde den Kopf in den Nacken legen, um den ganzen Inhalt auf einen Schlag zu trinken und das Glas anschließend neben sich auf den Boden zu stellen.

„Ich weiß nicht wie genau sie sich das vorstellt. Außerdem will ich nicht abhängig von jemand anderem sein.“

„Wenn du mich fragst ist das besser als die Möglichkeit hier in diesem Drecksloch zu bleiben.“ Sanji hatte da durchaus eine klare Meinung zu und Nami könnte ihm nicht einmal widersprechen. Es war ja durchaus nicht so, dass sie wegen der Schönheit der Insel blieb. Sie könnte auf anhieb etliche Gründe aufzählen, warum es besser war hier zu verschwinden und doch fiel es ihr nicht ganz leicht.

„Wenn es etwas gibt das dich noch hier hält, dann solltest du mit Robin sprechen. Sie wirkt mir nicht wie eine Frau mit der man keine Lösung finden könnte.“ Da mochte er nicht unrecht haben. Robin war durchaus ein vernünftiger Mensch und vielleicht würde sie auch verstehen warum Nami Aisa so wichtig war, warum sie nicht einfach verschwinden und die Kleine hier zurücklassen konnte. Auf der anderen Seite fragte Nami sich, ob es Robin nicht eher abschrecken würde. Was wenn sie ihr Angebot wieder zurückziehen würde? Dann müsste sie wohl hier weiter machen, so wie sie es bisher getan hatte. Wenn man es einmal so betrachtet, dann hatte sie eigentlich nichts zu verlieren.

„Vielleicht will ich nur nicht, dass sie ihr Angebot doch wieder zurückzieht.“ Sie konnte nicht leugnen, dass die Frage etwas in ihr ausgelöst hatte. Ja, Nami hatte sich darüber gefreut und hatte es auch als Zeichen gewertet, dass diese ganze Sache Robin durchaus wichtig war. Wie genau, das mochte sie nicht beurteilen. Robin war immerhin nicht gerade ein offenes Buch, wenn es um ihre Gefühle und ihre Gedankenwelt ging. Alles was Nami sich dazu denken konnte wäre also reine Spekulation. Vielleicht hatte sie deswegen auch Sorge, dass Robin das Angebot doch nicht ganz ernst gemeint haben könnte. Oder, dass sie Nami lediglich auf irgendeiner anderen Insel, die sie als besser erachtete, absetzen und dann verschwinden würde. Und wenn Nami ihr dann auch noch erzählte, dass sie ein Kind mitnehmen wollte? Nein, sie konnte sich nicht vorstellen, dass Robin das wirklich gut finden würde.

„Wenn sie das tut war sie ohnehin nicht die richtige und du solltest froh sein, dass sie nicht in deinem Leben bleibt. Oder du wirst überrascht. Weißt du, nicht jeder ist so wie Zorro..“

„Es geht dabei nicht um ihn.“ Nicht wirklich zumindest. Nami hatte die beiden nie miteinander verglichen. Denn abgesehen von ihrer Inkompetenz über Gefühle zu sprechen hatten die beiden absolut nichts gemeinsam. Doch wenn man einmal Nami’s eigene Gefühle außen vor ließ, dann wusste sie am Ende noch immer nicht wie genau Robin dazu stand und was ihre Gefühle dazu waren. Vielleicht sah sie das alles einfach nur als einen Freundschaftsdienst.

„Gut.. du brauchst Klarheit, um diese Entscheidung zu treffen? Dann hör endlich auf mich und rede mit ihr. Leg deine Karten auf den Tisch und zeig ihr was du hast. Oder lass es endlich auf sich beruhen, mach hier weiter und vergiss sie. Aber hör auf dich so zu quälen..“ Das brachte einfach nichts und am Ende hatte er vielleicht doch recht. Vielleicht brauchte Nami einen klaren Abschluss für sich und wenn sie hier blieb um weiter zu machen, dann war Zorro wohl nicht der einzige, der aus ihrem Leben verschwinden sollte. Robin hatte ihr nie geschadet und doch schmerzte sie die Bindung zu ihr. Eben, weil sie eine unklare war und Nami nicht wusste woran sie bei dieser Frau war.

„Da gibt es nicht viel auf den Tisch zu legen. Ich will nur nicht das sie.. ich will mir nur keine Hoffnungen auf ein besseres Leben machen, das ist alles.“ Und doch war es so viel mehr als das. Ein besseres Leben bedeutete nicht nur ein Leben ohne Angst, ohne Missbrauch an einem schönen Ort und Sonnenlicht. Ein Teil von ihr wusste das durchaus, doch sie wollte diese Gedanken nicht zulassen. Wie groß wäre der Schmerz, wenn sie enttäuscht werden würde?

„Du musst mir nicht sagen wie es ist und vor mir musst du dich auch nicht rechtfertigen.“ Sanji erhob sich langsam und zog sich eine Zigarette heraus, um sie sich zwischen die Lippen zu stecken und dann anzuzünden. „Aber du solltest endlich aufhören dich selbst zu belügen, bevor es zu spät ist.“ Und damit würde er sich dann auch auf den Weg machen und Nami alleine in ihrer zerstörten Bar zurücklassen. Es war auch für ihn ein langer Tag gewesen und sie hatte ihm schon vor einer Weile gesagt, dass er nach Hause gehen sollte, um sich auszuruhen. Es war also nicht so, dass es besonders überraschend war. Vielleicht spürte er auch, dass sie manches mit sich selbst ausmachen musste und diese ganze Angelegenheit schwer auszuhalten war. Unrecht hatte er immerhin nicht. Die Gerüchte, die sich veränderte Stimmung, Nami konnte es auch spüren. Es lag etwas in der Luft, das alles andere als gut war.

Sie führte ihr eigenes Glas an die Lippen und würde es leeren, bevor auch sie sich erhob und das Glas auf die Theke stellte. Egal wie sie es drehte und wendete, sie musste dringend eine Entscheidung treffen und das bevor Robin wieder zurück war, obgleich sie nicht wusste, wie sie das anstellen sollte. Und so griff sie noch einmal nach der Weinflasche, um ihr Glas wieder zu füllen und es wieder anzusetzen. Alkohol war gewiss keine Lösung, doch vielleicht würde es ihr helfen ihre Gedanken endlich leiser werden zu lassen, damit sie endlich versuchen konnte auf das zu hören, was ihr Gefühl ihr sagte und die Vergangenheit ruhen zu lassen.
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: robin-chan
2023-02-22T10:14:56+00:00 22.02.2023 11:14
Drama, Baby x) Endlich kommt mal eine Ansage. Zorro hat lange machen können, was er wollte und ich schätze, er hat diese Worte früher oder später gebraucht. Und jetzt hat er noch mitgeholfen den Laden zu demolieren, wobei das ja zum perfekten Zeitpunkt geschieht. Den Laden kann sie als Grund für ihr Bleiben nicht mehr nehmen xD Da sollte sie endlich mal auf Sanji hören und das Gespräch suchen, die Kleine wäre auch gleich eingepackt und Abmarsch. Wie ich dich kenne, wird das leider nicht so einfach ablaufen, wo bliebe da die Dramatik :P
Irgendwie können sie mal reden, auf nen grünen Zweig kommen und dann geschieht das Unheil. Aber bisschen habe ich das Gefühl, dass sie vorerst eher wieder aneinander vorbei reden? Wobei Robin ja den Anschein macht, als wollte sie die Karten auf den Tisch legen ... und Nami hat noch ihre Bedenken, die schon berechtigt sind ... mhm. Bin wirklich gespannt, was das nächste Kapitel mit sich bringt.
Wie gesagt, Laden dicht machen und Abmarsch :P


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