Prolog
Mit kreisenden Bewegungen streiche ich über meinen Bauch. Nie hätte ich daran gedacht eines Tages von einer derartigen Glückseligkeit erfüllt zu sein. Selig. Ja, das scheint das richtige Wort für meinen Umstand zu sein. Ein Lächeln umspielt meine Lippen, wie es nur von werdenden Müttern gelächelt werden kann. Eine Gelassenheit, die ich noch nie zuvor gespürt habe, erfüllt mich seit gut einem halben Jahr. In Gedanken versunken, streiche ich wieder über die Stelle an meinem Bauch, die sich unruhig nach außen wölbt.
Leise summe ich vor mich hin, um dich zu beruhigen. Es ist alles gut, mein Liebling. Niemand wird dir etwas zu Leide tun. Wie stolz und voller Freude werden dein Vater und ich erst sein, wenn du endlich das Licht der Welt erblickt hast. Bis dahin bleibt aber noch ein wenig Zeit, die du dir unbedingt in Mamas Bauch gönnen solltest, mein Liebling. Es tut mir leid, dass ich manchmal in wenig glückliche Zeiten zurückblicke. Falls ich dich damit beunruhige, tut es mir von Herzen weh. Du bist mein größtes Glück und ein Kind der Liebe. Eigentlich hätte ich dich schon sehr gern früher bekommen, doch dieses Geschenk blieb mir verwehrt. Es ist so wie es ist. Manchmal könnte ich deinen Vater dafür ohrfeigen, dass er mich solange warten lassen hat. Dennoch sollte ich aufhören in der Vergangenheit zu leben; für dich und für ihn. Die Vergangenheit kann nicht mehr geändert werden, aber die Zukunft gestalten wir zusammen.
Wer hätte das gedacht, mein Spatz? Wer hätte erwartet, dass sich unser fast hoffnungsloses Unternehmen nach Erebor zurückzukehren doch noch zum Positiven wenden würde? Zu viel Zeit war bereits ins Land gezogen, doch wir haben es irgendwie geschafft. Wie, bleibt mir manchmal immer noch ein kleines Rätsel.
Die zärtlichen Berührungen scheinen dich für den Moment wieder zufrieden gestimmt zu haben. Wieder umspielt das selbe Lächeln von vorhin meine Lippen. Ein Windhauch spielt mit einer meiner losen Haarsträhnen während ich gedankenverloren auf dem steinernen Balkon stehe und in die Ferne sehe. Von der Umgebung nehme ich nicht viel wahr. Du bist mein kleiner Protagonist. Das muss sich dein Vater in Zukunft gefallen lassen. Aber er wird schon seine Liebe für uns beide gerecht zu verteilen wissen. Da bin ich mir sicher.
Dein Vater ist ganz vernarrt in dich, obwohl wir beide dich erst in einigen Monaten zu Gesicht bekommen werden. Ich muss auflachen, wenn ich daran denke, wie es wohl werden wird, wenn du da bist und ein jeder versucht herauszufinden von wem du die Augen, die Nase und alles andere hast. Dabei bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob du nun ein kleiner Junge oder ein Mädchen bist. Anhand deiner kleinen, stürmischen Bewegungen kann ich nichts ablesen. Falls du ganz nach deiner Mutter kommen wirst, sollten sich alle Zwergenjungs schon einmal in Acht nehmen.
Papa kann ein Liedchen von Mamas Temperament singen.