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Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Preußen dazu!

One-Shot Sammlung
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Eine herzerwärmende Geschichte über Gilbert und den Verlust eines treuen Freundes...

Warnung: Gilbert berlinert! Es dürfte aber alles verständlich sein :3 Komplett anzeigen

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Leuchtobst

„Ey West! Wohin hast’e denn die Glühbirnen verschlampt?“
 

Morgens halb zehn in Deutschland.

Wo ist das Knopers um Gilbert den Mund zu stopfen?

So ungefähr sahen Ludwigs Gedanken aus, als lauthals die Stimme seines großen Bruders den Flur beschallte, ehe er die Tür aufriss und die Küche für sich einnahm.
 

„Ich ‚verschlampe’ nichts.“

Seufzend sah der blonde Mann von der Zeitung auf. So früh am Morgen und schon hörte er Gilbert, bevor er ihn überhaupt sah.
 

„Ja doll, aber mit ’na Leuchtreklame liegen se hier och nich grad rum!“

Ungeniert und zur geringen Begeisterung seines Mitbewohners setzte sich der Preuße auf den Esstisch und ließ die Beine baumeln.
 

„Dann frag mich.“
 

„Wat hab ick’n grade?“
 

„Warte das nächste Mal mit der Frage, bis du vor mir stehst. Dann kannst du auch reden wie ein normaler Mensch. …und runter vom Tisch!“

Der beherzte Versuch, bei letzterer Angelegenheit Disziplin einzufordern, stieß wieder einmal auf taube Ohren. Der Weißhaarig nahm es entweder gar nicht erst zur Kenntnis oder ignorierte es wie jedes Mal zuvor… und jedes Mal, das noch folgen würde.

In der Hinsicht konnte ihn keiner mehr erziehen.

Nun… es gab Schlimmeres.
 

„Is ja och ejal, wo sind se nu?“

Aufmerksamkeit heischend zupfte Gilbert die Zeitung herab und sah seinem Bruder erwartend entgegen.
 

„Wozu brauchst du sie denn?“
 

„Fürs Bad. Da is grad eene kaputtjeschossen… hab fast ’n Herzkasper jekriejt.“
 

„Ah…“

Gut, in dem Fall konnte man ihm etwas Zerbrechliches aushändigen.

Ludwig befreite die Zeitung von dem störenden Finger, dachte kurz nach, dann unterbreitete er dem anderen den Lageplan: „Wenn du ins Wohnzimmer gehst, der Schrank auf der rechten Seite, zweite Schublade, von oben bei den Batterien… “
 

„…“

Schweigen.

An Gilberts Gesicht war abzulesen, dass er versuchte, das eben Gehörte zu rekonstruieren, doch… genauso war zu erkennen, dass ihm das nicht so recht glücken wollte.

„…wo?“
 

„Bei den Batterien.“
 

„Wes ick wo die Batterien liejen?“
 

Nein, du wirst jetzt nicht ‚bei den Glühbirnen’ antworten, beschwor Ludwig sich selbst und atmete einmal tief durch.

„Alles hat hier seinen Platz, wie kannst du dich da nicht zurechtfinden? Du brauchst doch nicht zum ersten Mal Batterien, oder?“
 

„… dit nich, aba es is deene Ordnung… da is allet so jut zusammensortiert, dasses im Jesamtbild verschwindet…“
 

Das war ja mal eine Erklärung.

Ludwig zog angestrengt die Brauen zusammen, ganz mit der Frage beschäftigt, ob er seinen Bruder mit dem Problem allein lassen sollte. Doch wollte er riskieren, dass der gesamte Hausrat durch das Wohnzimmer flog? Nicht wirklich…

Daher tat er das einzig Vernünftige. Er legte die Zeitung beiseite und stand mit einem Seufzen auf.

„Gut, ich zeig dir wo sie liegen. Aber einschrauben tust du sie trotzdem selbst.“
 

„Jub, jeht klar.“

Munter hüpfte der Preuße vom Tisch und trottete dem Größeren ins Wohnzimmer nach. Der ging zielstrebig auf besagten Schrank zu, ein paar Kleinigkeiten wurden herum geschoben und schon hatte Gilbert eine Glühbirne in der Hand.

Zumindest hatte es damit entfernte Ähnlichkeit.
 

„Wats’n ditte?“, nuschelte der Weißhaarige verwirrt, während er den Leuchtkörper kritisch musterte. Das sah nicht aus wie eine Birne, eher wie ein Hufeisenmagnet.
 

„Das ist eine Energiesparlampe… Glühbirnen sind doch eh so gut wie vom Markt.“
 

„Enerjiesparlampe? Dat Ding sieht neben den ander’n doch total bekloppt aus!“
 

Verständnislos zuckte Deutschland mit den Schultern. Wie konnte man sich nur so haben? Wenn die anderen beiden Birnen auch demnächst kaputt sein würden, sahen sie alle wieder gleich aus. Fall gelöst.

Zugegeben, die Form war definitiv anders, aber wenn sie schon einmal hier lag, sollte sie auch benutzt werden. Danach konnte man wieder andere holen.
 

„Hallo, We-hest! Ästhetisches Proble-hem! Ick kriej die Macken, wenn die drinn’ is.“
 

„Mein Jott- Gott, dann warten wir, bis wir im Dunkeln sitzen und tauschen alle drei gleichzeitig aus! Ist das besser?“
 

„Neee…“

Keine Glühbirnen mehr… damit musste Gilbert erst einmal zurechtkommen. Allein die Vorstellung sein kleiner Bruder würde demnächst das komplette Haus mit den Dingern dekorieren, ließ ihn eine Schnute ziehen. Was war an den Birnen denn plötzlich nicht mehr vertretbar?

„Ick kann ja glei alle dreie wechseln. Zu dritt seh’n die Dinga sicha erst richtij bescheuert aus, aba dann sind se wenijstens identisch…“
 

Das kam aber wiederum für Ludwig nicht in Frage. Hier wurde nichts verschwendet!

„Solange die anderen noch funktionieren, bleiben sie drin.“
 

„Lutz, jeh mir damit nicht uff’n Sack. Dit sieht scheiße aus. Dann nimmste die beeden Dinga eben für deene Nachttischfunzel und jut is. Du kannst die Birnen in’n Ruin jagen und ick kriej keene Jewaltfantasien, wenn ick uff’s Klo jeh. Klingt jut ne? Find ick och, also rück die Teile raus. “
 

Dass man tatsächlich so einen Aufstand wegen Glühlampen machen konnte. Einerseits faszinierend, andererseits konnte man sich Sorgen darum machen, wenn man wollte.

Aber Ludwig wäre nicht Ludwig wenn er dem häuslichen Frieden Willen nicht wie immer nachgeben würde. Mit der Variante seines Bruders konnte er leben, auch wenn sie ihm nach wie vor unnötig vorkam.

„… na gut. Dann wechselst du eben alle drei aus.“

Schon wurde in der Schublade nach zwei weiteren Lampen gesucht, nach kurzer Zeit stellte sich aber heraus, dass die erste auch die einzige ihrer Sorte war.

Zumindest äußerlich…

Mit mattem Blick nahm der Preuße die auserkorenen Objekte entgegen und betrachtete stumm den einerseits zapfen- und den andererseits spiralförmigen Leuchtkörper. Das konnte nicht wahr sein…

Nun kam er sich verarscht vor.

Ob von seinem Bruder oder von der Gesamtsituation musste noch geklärt werden.
 

„Sach ma, machste dit mit Absicht?“, fragte er daher misstrauisch, worauf der Jüngere betreten beiseite sah.
 

„Natürlich nicht… aber man sollte die verschiedenen Hersteller schon einmal vergleichen. Schließlich wird es in Zukunft nur noch diese geben und wir sollte im Voraus sehen, mit welcher wir am zufriedensten sind. Es gibt immer Unterschiede. Anfangs mag man sie nicht sehen, aber auf Dauer- “
 

„Jajaja, mach’n Kopp zu, ick hab’s jerallt… veranstalte ja keen so’n Uffstand. Ick schraub die Dinga rein, dann wirste sehen, wie dämlich dit aussieht.“

Gesagt, getan.

Gilbert machte auf dem Absatz kehrt und stapfte murmelnd zurück ins Bad, wobei er seinen Bruder ratlos zurückließ. Wer veranstaltete hier den Aufstand wegen einer Glühbirne?

...

Einfach keine Gedanken darüber machen.

Mit diesem oft gehegten Vorsatz ging Ludwig zu seiner Zeitung in der Küche, setzte sich hin und- las.

Es war ruhig, kein Gemeckere, kein Gekeife.

Die Welt war wieder im Lot.

Zumindest für ein paar Minuten.

Denn nach genau 10 weiteren, schwang die Tür auf und mit ihr kam der Weißhaarige herein gerauscht. Wortlos packte er den blonden am Arm, um ihn ohne Erklärung Richtung Bad zu zerren. Dort angekommen stellte er seinen Bruder vor der geöffneten Tür ab, ehe er demonstrativ den Lichtschalter umlegte.

Erst geschah nichts.

Nach einigen Sekunden dann war ein diffuses Glimmen bemerkbar, das in gemächlicher Geschwindigkeit heller wurde.

Schweigend betrachteten die beiden Männer den Sonnenaufgang im Bad, der eine neutral bis skeptisch, der andere voll unterschwelliger Fassungslosigkeit.

Als das Licht eine vertretbare Helligkeit angenommen hatte, die einem die Möglichkeit gab, das Gesicht klar im Spiegel zu erkennen, wandte letzterer seinem Mitbewohner den Kopf zu.

In seinem Blick lag etwas Endgültiges.

„Ludwig… du bist meen kleener Bruder und als dieser lieb ick dir… aber irgendwann is’s bei mir zappendusta.“
 

Zappenduster war gar nicht mal so ein schlechtes Stichwort…
 

„Bevor dit an is, bin ick zehnmal wieder draußen!“
 

Das stimmte wiederum nicht ganz… Gilbert konnte eine geraume Zeit im Bad verbringen. Aber wenn man nur schnell etwas zu erledigen hatte, war es zugegeben ungünstig.
 

„Oda is dit, dit Enerjiespar’n dahinta? Das man ja nich erst Bock hat, dit Licht anzumachen?!“
 

„Die paar Sekunden wirst du haben… außerdem- hat… das auch durchaus positive Seiten. Du musst sie nur sehen wollen.“, fuhr Ludwig bedacht dazwischen und schloss vor seiner Nase die Tür.
 

„Dit mit dem Enerjiespar’n zählt scho ma nich…“
 

„Das meinte ich auch gar nicht…“

Mit einem leisen ‚Klack’ wurde noch das Licht ausgeschaltet, bevor der Jüngere seinen Bruder sacht von der Seite anschob.

„Wenn du ab heute schlaftrunken ins Bad taumelst, dann blendet dich das Licht nicht mehr. Und im Spiegel wirst du nicht sofort mit deinen Augenringen konfrontiert…“
 

„Hey!“

Augenblicklich handelte sich Ludwig einen verdienten Hieb mit dem Ellbogen ein, den er ohne Erwiderung tolerierte. Ganz zum Leidwesen des Preußen, denn allein den Lampen wegen hatte er noch einiges an Aggressionspotential abzubauen. Vielleicht ließ sich der andere ja doch noch provozieren…

Ha, genau!

Und der Verlierer würde erst einmal anständige Lampen besorgen!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Danke, an alle Leser :3
Ich glaube, ich habe noch nie einen weniger ernsten OS geschrieben ._.
Daher hoffe ich, er ist geglückt.


Unwichtige Anekdote:
Der OS enstand komplett in den Nachtstunden von Mitternacht bis drei Uhr Morgens.
Ich war nachts zwangsweise irgendwann aus dem Zimmer geschlurft, von der Müdigkeit schon völlig eingenudelt. Auf Toilette patschte meine Hand gegen den Lichtschalter, das Licht ging an und -wieder aus.
-ZONG- eine Birne war durchgebrannt. Und ich war wach ^^' Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Niekas
2013-04-10T20:57:59+00:00 10.04.2013 22:57
Ich habe beim Lesen versucht, mir einzureden, "Berlinerisch ist auch nur Ruhrpott mit ick", aber es hat nicht funktioniert. Als Experiment ganz interessant, aber vielleicht wäre weniger in dem Fall mehr gewesen? Ein bisschen hast'e und zappenduster hätte es auch getan, zumindest in meinen Augen. Nur, um eben den Eindruck hoch zu halten, dass Gilbert Ludwig auf die Nerven geht mit seinem Slang. Ich konnte zwar entschlüsseln, was er meint, aber darüber konnte ich mich kaum noch auf die Handlung konzentrieren. Wobei ich zugeben muss, dass ich da überempfindlich bin, ich finde ja schon meinen eigenen Dialekt anstrengend zu lesen...
Okay, ich will hier nicht nur rumstänkern, deshalb: Die Grundidee ist süß. Ich habe bei dem Titel zuerst an diese komischen Lampionfrüchte gedacht, aber mit Glühbirnen ergibt es natürlich viel eher Sinn. Die Idee an sich, Gilbert eine Hochdeutsch-Allergie zu verpassen, passt zu ihm. (Schade, dass vermutlich niemand mehr ostpreußischen Dialekt beherrscht, DAS wäre wirklich mal amüsant...)
Kurz gesagt: Schöner Ansatz, Ausführung ist eventuell für nicht-berlinstämmige Leser etwas unhandlich, zumindest für mich.

In der Hoffnung, dass ich dich jetzt nicht vor den Kopf gestoßen habe, weil ich das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren könnte, und das meine ich absolut ernst - mit freundlichen Grüßen,
Niekas
Antwort von:  Polysaccharid
10.04.2013 23:12
Hast du nicht :)
Ich bin es wohl selbst nur zu sehr gewöhnt, als dass ich es als anstrengend empfinden könnte.
Daher danke ich für diese Meinung, ich werd mal sehen, was sich ändern lässt. Du wirst wohl nicht die einzige Person sein, die es stört.
Was das Ostpreußisch angeht, stimmt. Das wäre amüsant... muss ich mir für das nächste mal merken, vielleicht findet sich dazu etwas an.
Also noch einmal Danke für den Kommentar und liebe Grüße <3


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