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Geboren um zu leben

Bill zieht um....
von

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Die Trennung

Autor: KaoTec

Pairing: Bill x Tom

Genre: Humor, Romanze, Shonen-Ai

Disclaimer: Tokio Hotel sowie Simone und Christian gehören natürlich sich selbst und ich habe keinerlei Rechte an ihnen. Ich verdiene mit dieser Fanfiction kein Geld oder bekomme sonst irgendwelche Gegenleistungen dafür. Die Geschichte ist pure Erfindung und enthält kein Fünkchen Wahrheit.

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Viele kennen das, dieses Gefühl anders zu sein als die Anderen. Und viele kennen wahrscheinlich auch diesen überaus großen Wunsch einen Vater zu haben, wenn man ein Kind ist. Weil alle Anderen auch einen Vater haben.

Bei mir war es immer schon so gewesen das ich eben anders war als die Anderen. Es fing schon im Kindergarten an, wo ich alleine spielte, weil die anderen Kinder mein Gesicht nicht mochten. In der Grundschule war es nicht wirklich besser gewesen, sondern eher schlimmer. Ich wurde nicht nur für meine Kleidung gehänselt, die eben keine Markennamen trug so wie die der Anderen sondern auch dafür, dass ich nur meine Mutter hatte. Alle aus meiner Klasse hatten einen Vater, nur ich nicht. Und das alleine machte mich schon zum Außenseiter.
 

Irgendwann hatte ich mich auch damit abgefunden und fing an zu rebellieren. Meine Mutter tat alles für mich was in ihrer Macht stand und mit der Zeit wünschte ich mir auch keinen Vater mehr. Stattdessen fing ich an mich ausgefallen zu kleiden, meine Haare zu färben und mich zu schminken. Meine Mutter fand das am Anfang nicht wirklich prickelnd, da sie befürchtete ich könnte gemobbt werden. Aber ich war der Meinung dass es nicht mehr schlimmer werden könnte, da ich sowieso der Außenseiter war. Und ich hatte Recht, es wurde nicht schlimmer. Zumindest nicht schwer, sondern ich bekam einfach nur Wörter an den Kopf geworfen und wurde hier und da auch mal geschubst.

Wenn ich heute so an meine Schulzeit zurück denke hat mich meine äußerliche Veränderung eigentlich nur stärker gemacht.
 

Als ich vierzehn war passierte das was ich aus meinen Gedanken gestrichen hatte. Weil ich einfach nicht daran denken wollte und inzwischen auch nicht mehr dieses starke Bedürfnis danach hatte.

Meine Mutter lernte Christian kennen, übers Internet, nachdem ich es nicht mehr ausgehalten hatte ihre ständigen Nörgeleien zu hören das sie ja sowieso immer alleine bleiben würde.

Ich hatte sie bei gefühlten hundert Partnerseiten angemeldet und irgendwann musste sie ja mal Erfolg haben. Das ich Christian akzeptierte hatte nichts mit dem Wunsch nach einem Vater zu tun sondern einfach nur damit das er mich respektierte so wie ich war und sich auch für meine Hobbys interessierte.
 


 

Das ganze ist jetzt sechs Jahre her, und ich habe festgestellt das Christian, der inzwischen zu meinem Vater geworden war und den ich auch ganz stolz ‚Papi’ nannte, ein riesengroßer Feigling war.

Mir hätte von vornherein klar sein sollen das Glück nicht ewig hält. Er hatte meine Mutter verlassen, weil er über seine Lebenssituation nachdenken musste und war sogar zu feige gewesen mir ins Gesicht zu sagen das er auch keinen Kontakt mit mir mehr wünschte. Eigentlich hätte ich ihn dafür hassen müssen, aber ich war einfach nur traurig.
 

Was die ganze Sache jedoch verschlimmerte war, das meine Mutter und ich aus dem gemeinsamen Haus auszogen und zwar in eine Vier-Zimmer-Wohnung. Allgemein war es wirklich nicht schlimm in eine Wohnung zu ziehen, aber von Magdeburg nach München zu ziehen, war eine Katastrophe. Ich hatte nicht die geringste Ahnung was ich dort machen sollte und ob ich dort überhaupt eine Arbeit finden würde. Immerhin war ich inzwischen zwanzig und hatte nicht wirklich Lust von Hartz Vier zu leben. So tief wollte ich nie in meinem Leben sinken.

Aber wenn alles gut lief dann würde ich vielleicht irgendwo in einer Buchhandlung arbeiten können. Bücher liebte ich ungefähr so sehr wie Musik. Diese beiden Dinge hatten mein Leben bisher immer erträglich gemacht, und dafür war ich wirklich dankbar.
 

„Bill? Hilfst du mir jetzt mit dem ausladen?“

Meine Mutter steckte ihren Kopf wieder ins Auto und sah mich auffordernd an was mich schief grinsen ließ. Wir waren mit unseren letzten Kartons in München angekommen und ich saß auf dem Beifahrersitz und starrte durch die Gegend. Na super, das fing wirklich alles ganz toll an. Wahrscheinlich würde man mich hier für verrückt halten.
 

Ich stieg seufzend aus und pustete mir eine Haarsträhne aus den Augen ehe ich meine Sonnenbrille auf die Nase schob und mir einige der Kartons auflud. Natürlich bekam ich die schwersten, aber weil meine Mutter eben gerade verlassen worden war, sagte ich nichts sondern nahm es einfach mal so hin. Über meine Gefühle wollte ich eigentlich sowieso nicht reden, von daher war es mir nur recht dass sie sich bei mir auskotzte. So kam ich nämlich überhaupt nicht zu Wort.

„Wollen wir uns heute Abend was zu Essen bestellen?“ kam die Frage hinter mir während ich mich die Treppen hoch schleppte ohne zu sehen wo ich überhaupt hinlief. Aber man konnte im Leben nun mal nicht alles haben.

„Von mir aus, aber nichts vom Chinesen. Ich kann es langsam nicht mehr sehen und riechen“ keuchte ich und versuchte heraus zu finden ob ich noch eine Stufe nehmen musste bevor ich auf dem Treppenabsatz ankam.
 

„Hey, pass doch auf“ kams vor mir und ich hob eine Augenbraue.

„Ähm…tut mir leid, war keine Absicht“ gab ich deswegen zurück und versuchte mit reiner Willenskraft die Kartons zu halten. Langsam wurden diese nämlich wirklich schwer. Wer auf die grandiose Idee kam in den zweiten Stock zu ziehen war mir ein Rätsel. Aber meine Idee war es nicht gewesen. Der erste Stock hätte auch gereicht.

„Siehst du überhaupt wo du hinläufst?“

Wer auch immer es war der da mit mir redete, er hatte einen merkwürdigen Humor.

„Nicht im Geringsten, aber kannst du mir sagen wie viele Treppen ich noch nehmen muss?“
 

„Gib mal her“ kams anstatt einer Antwort zurück und mir wurden die obersten Kartons abgenommen wo ich einem Kerl ins Gesicht sah der mich belustigt angrinste. Was daran so lustig war, musste ich nicht wirklich verstehen.

Er hatte eine Art ‚Mondgesicht’ und lange braune Haare. Und er hatte definitiv mehr Muskeln als ich.

„Wo musst du denn hin?“ fragte er dann und ich deutete mit dem Kopf eine Treppe höher, wo er sich auch gleich in Bewegung setzte und ich ihm einfach folgte. Wenn er schon so nett war und mir beim tragen half, dann konnte ich das zu Würdigen wissen.

Vor unserer Türe angekommen schloss ich auf und hievte die Kartons dann in den Hausflur ehe mir Mr. Unbekannt folgte und ebenfalls seine Fuhre ablud.
 

„Ich bin Georg und du?“ stellte er sich dann vor ehe mir die Hand reichte die ich verwirrt musterte. Ich hatte es noch nie in meinem zwanzig-jährigen Leben erlebt, das sich mir jemand vorstellte und anscheinend echtes Interesse an meiner Person hegte. Das war irgendwie verstörend.

„Bill“ antwortete ich einfach und reichte ihm die Hand die er grinsend schüttelte.

„Wohnst du hier?“ fragte ich, weil mir nichts Besseres einfiel. In Sachen Konversation war ich noch nie wirklich gut gewesen. Klar ich hatte eine große Klappe, aber die benutzte ich normalerweise nur wenn ich mich verteidigen musste.

„Nein, ich war bei nem Freund. Der wohnt im ersten Stock und wir wollten noch ins Kino fahren“ informierte er mich dann und ich nickte.
 

„Georg? Wo bist du?“ rief es von unten und Georg verschwand aus unserer Wohnung um sich übers Gelände zu beugen.

„Hier“ kams dann auch gleich lachend und ich folgte ihm einfach wo ich unschlüssig stehen blieb. Ich musste mich immerhin noch bedanken.

„Was machst du da oben?“

„Ich hab deinen neuen Nachbarn beim Karton schleppen geholfen“ grinste er und drehte sich zu mir um.

„Na die Frau muss heiß sein, wenn du freiwillig arbeitest“ kams wieder von unten und ich hob eine Augenbraue. Angst?

„Es ist ein Kerl“ lachte Georg dann und drehte sich dann wieder zu mir um.

„Danke für deine Hilfe“
 

„Kein Problem. Coole Frisur übrigens“ grinste er dann ehe er zu seinem mysteriösen Freund nach unten verschwand und ich in die Wohnung flüchtete.

Gott, warum hatte ich das Gefühl das ich mich gerade total blamiert hatte? Irgendwann würde ich das bestimmt noch raus finden.

Ich beschloss mein Zimmer endlich einzuräumen und öffnete das Fenster um frische Luft herein zu lassen. Immerhin war es gerade Frühling – oder wurde es zumindest – und draußen war es wärmer als in der Wohnung.
 

„Scheiße, Scheiße, Scheiße“ brüllte es von unten und ich beugte mich neugierig aus dem Fenster wo ich Georg sehen konnte und besagten mysteriösen Freund. Dieser Freund hatte Klamotten an wo man locker ein halbes Dritte Welt Land hinein bekam und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum.

„Tom beruhige dich“ hörte ich Georg und musste grinsen. Anscheinend hatte meine Mutter ihn eingeparkt und er bekam gerade einen Anfall.
 

„Georg, sag mir warum. Warum? Warum immer ich?“

„Aber Tom, es kommt schon noch wer und fährt das Auto weg“

Sein Blick wanderte nach oben und – wie sollte es auch anders sein – entdeckte er mich.

„Hey Bill“ winkte er nach oben und ich hob zögerlich die Hand. Auch der Blick von besagtem Tom schoss nach oben.

In diesem Moment kam auch meine Mutter aus dem Haus und fing an sich bei Tom zu entschuldigen ehe sie sich ins Auto setzte und es endlich wegfuhr. Die Laune vom Tom schien sich zu bessern. Das schloss ich daraus:
 

„Fuck, Fuck, Fuck…wir kommen zu spät“ motzte er über den Parkplatz und stieg in sein Auto.

Da er nicht gebrüllt hatte, nahm ich einfach mal an das er sich etwas beruhigt hatte. Georg winkte mir noch ehe er auf der Beifahrerseite einstieg und Tom mit quietschenden Reifen von Dannen fuhr.
 

Der Rest des Tages gestaltete sich relativ langweilig, da ich eigentlich nur damit beschäftigt war mein ganzes Zeug in Regale und Schränke zu verstauen, mein Bett zu beziehen und meine Elektronik anzuschließen.

Aber da mein Leben noch nie sonderlich spannend war, bis auf manche Haartechnischen Veränderungen, machte mir das auch nicht sonderlich viel aus.

Stattdessen legte ich mich abends mit einem guten Buch – ‚Das Hexenbuch von Salem’ – in die Badewanne und versuchte mich zu entspannen.
 

In zwei Tagen – also am Dienstag hatte ich ein Vorstellungsgespräch in einer großen Buchhandlung. Da sie mein Bewerbungsbild nicht abgeschreckt hatte, ging ich einfach mal davon aus, das sie entweder sehr abgebrüht waren oder einfach wirklich meine Referenzen zu schätzen wussten. Was auch immer es war, ich würde einen guten Eindruck machen und diesen Job bekommen. Das letzte was ich in meinem Leben wollte war nachts an irgendeiner Tankstelle zu arbeiten. Außerdem kannte ich mich mit Büchern ziemlich gut aus. Ich besaß selbst drei Bücherregale mit insgesamt siebenhunderteinundzwanzig Büchern darin. Und ja, ich hatte sie alle gelesen.
 

Meine Mutter wollte mir eine Freude machen und hatte mir das Elternschlafzimmer überlassen, also sozusagen das größere der beiden Schlafzimmer. Sie zog in das Kinderzimmer und das letzte Zimmer wurde als Büro genutzt. Allerdings nur von ihr, da ich gern meine Ruhe hatte wenn ich an irgendetwas arbeitete oder etwas entwarf.
 

Als ich das Bad wieder verließ konnte ich schon Pizza riechen und musste lächeln während ich ins Wohnzimmer tapste. Meine Mutter sah mich an und fing an zu lachen ehe sie an sich selbst hinunterblickte. Sie in ‚Gammelklamotten’ zu sehen war ja nicht wirklich was neues, aber mich das war schon revolutionär. Ich trug eigentlich nur dicke Wollsocken, eine Pyjamahose aus Satin und einen dicken Kapuzenpulli mit einer Katze drauf.
 

„Ich hab mir gedacht wir können Pizza essen und uns dabei einen Film ansehen“ sprach sie und ich nickte nur ehe ich mir neben sie aufs Sofa fallen ließ.

Ich musste nicht erwähnen das meine Mutter den größten Fehler beging den man begehen konnte wenn man verlassen wurde. Sie wählte einen Liebesfilm mit dem merkwürdigen Namen ‚Er steht einfach nicht auf dich’.
 

Zu meiner Überraschung blieb sie ziemlich ruhig, was soviel hieß dass sie sehr deprimiert war aber in keinen Heulkrampf verfiel. Ich konnte meine Oberteile gar nicht mehr zählen die Aufgrund plötzlich auftauchender Heulkrämpfe gelitten hatten.

Umso glücklicher war ich das meine Mutter nach zwei Wochen anscheinend ausgetrocknet war. Es war nicht gerade förderlich Make up Spuren auf seiner Kleidung mit sich herum zu tragen.
 

Nach dem Film teilte meine Mutter mit das sie nun ins Bett verschwinden würde und ich nickte nur ehe ich begann das Wohnzimmer aufzuräumen und unsere leeren Teller in den Spüler räumte.

Danach verzog ich mich in mein Zimmer um noch etwas Musik zu hören und zu lesen. Irgendwann würde ich – wie immer – mit dem Buch in der Hand einschlafen und mich am nächsten Morgen mit Rückenschmerzen durch den Tag quälen.
 

Während ich auf meinem Bett saß um mein Buch weiter zu lesen tönte leise „Just another tragic Story“ durch meine Anlage und ich fragte mich was ich eigentlich falsch machte, das ich keine Freunde besaß. Georg schien nett zu sein, aber ich wollte mich auch nicht wirklich aufdrängen und ihn fragen ob er etwas mit mir unternehmen wollte. Außerdem musste ich einräumen dass Tom mir dezent Angst machte. Nicht von seinem Verhalten – das ich sowieso gar nicht kannte – sondern von seinen Klamotten. Ich hatte bisher immer nur schlechte Erfahrungen mit Hoppern gemacht und von daher war ich auch nicht sehr erpicht darauf mich näher mit ihm zu beschäftigen.

Ich stand auf und betrachtete mich eine Weile im Spiegel der an der Wand hing und knetete meine Haare. Was daran cool war, verstand ich nicht wirklich. Es waren einfach nur dünne Dreads die aussahen wie dickere Haarsträhnen. Also nicht wirklich was Außergewöhnliches. Außerdem waren sie nur schwarz und weiß. Wenn sie giftgrün gewesen wären dann wäre es was anderes, aber so fand ich sah ich relativ uncool aus.
 

Nachdem ich nicht erläutern konnte warum ich coole Haare hatte beschloss ich mich nicht weiter mit dieser Frage zu beschäftigen und stattdessen lieber mein Buch zu lesen.

Ich war so vertieft darin und las so lange bis mir die Augen zufielen und ich das Buch automatisch sinken ließ.

Der Tag war einfach merkwürdig gewesen.

Einkaufen

Der nächste Morgen war das reinste Desaster.

Ich wurde dadurch aufgeweckt, das meine Mutter hektisch in mein Zimmer stürmte, weil sie verschlafen hatte und mit ihren Haaren nicht klar kam.

Eigentlich war sie ziemlich talentiert wenn es darum ging ihre wilden, roten Locken zu bändigen, aber wenn sie verschlafen hatte, war sie halt nicht gerade die ruhigste Person auf dieser Erde.
 

Noch im Halbschlaf schaffte ich es ihr die Haare einigermaßen ordentlich nach oben zu stecken ehe ich links und rechts einen Kuss auf die Wange gedrückt bekam nur um dann leicht verwirrt zurück gelassen zu werden, ehe ich die Haustüre knallen hörte.

Ich blickte auf meinen Wecker und seufzte.

Es war 7:30 Uhr morgens, und ich wusste jetzt schon das ich nicht mehr schlafen konnte.

Das hatte meine geliebte Mutter wirklich gut drauf. Mich aufzuwecken ohne das ich danach einfach beruhigt weiter schlafen konnte.
 

Widerwillig schälte ich mich aus meinem Bett und legte das Buch auf meinen Nachttisch bevor ich mich strecke und leidend das Gesicht verzog.

Ich hatte es mal wieder geschafft und war in einer halb liegenden und halb sitzenden Position eingeschlafen. Mein Rücken bedankte sich gerade dafür.

Etwas elanlos kramte ich mir Klamotten aus dem Schrank um ins Bad zu schlurfen und mich dort angekommen unter die Dusche zu stellen.
 

Man konnte sagen was man wollte. Egal wie fertig oder faul ich war, einen Tag nicht zu duschen ging überhaupt nicht.

Ich fühlte mich dann irgendwie eklig und darauf konnte ich wirklich getrost verzichten.

Nachdem ich meine Dusche beendet hatte stieg ich aus der Dusche und trocknete mich ab während ich mich schüttelte.

Der Nachteil an diesen Dreads war, das einem das Wasser wie aus einem Strohhalm den Rücken runter lief.
 

Deswegen verfrachtete ich sie auch ganz schnell in ein Handtuch um mich weiter abtrocknen zu können. Hätte ansonsten auch nicht wirklich Sinn gemacht.

Kaum das ich das erledigt hatte zog ich mich an und versuchte mit föhnen und drücken meine Dreads einigermaßen trocken zu bekommen. Meistens funktionierte das auch, so wie heute.
 

Während ich in die Küche schlurfte um mir einen Kaffee zu machen überlegte ich was ich heute tun könnte.

Meine Mutter hatte einen Job in einem Supermarkt in der Nähe gefunden und würde nicht vor 21 Uhr zu Hause sein.

Wenn ich mir allerdings den Inhalt unseres Kühlschranks genauer ansah, wusste ich was ich machen konnte. Ich konnte definitiv einkaufen gehen bevor wir elendiglich verhungern würden.
 

Nachdem ich meinen Kaffee getrunken, eine Zigarette geraucht und mich einigermaßen geschminkt hatte, verließ ich das Haus nur um festzustellen das ich nicht die geringste Ahnung hatte in welche Richtung ich eigentlich musste um zum Supermarkt zu kommen.

Der Supermarkt in dem meine Mutter arbeitete war mir zu weit weg, aber meines Wissens nach gab es hier in der Nähe noch einen, weswegen ich mich entschloss einfach nach rechts zu gehen.
 

Und siehe da, ich lag mit meiner Intuition richtig und stand vor einem Penny. War nicht schlecht zu wissen, wenn man mal auf die Schnelle was brauchte und meine Mutter nicht ans Handy ging.

Außerdem konnte ich den Einkauf so auch allein erledigen. Ich hatte nämlich nicht die geringste Lust die ganzen Tüten ewig weit und durch verschiedene U-Bahnhöfe zu schleppen.
 

Der Supermarkt war zu meiner Freude auch gut ausgestattet, was ich daran fest machte das sie mein Shampoo und meine Spülung hatten.

Ich schob den Wagen ziemlich lustlos vor mich hin ehe ich bei den Nudeln anhielt und die Auswahl studierte. Wenn ich heute Abend Lust hatte konnte ich noch Nudeln mit Ei machen, überlegte ich mir und rätselte welche Nudeln ich dafür nehmen sollten.

Für gewöhnlich nahm ich für jede Art von Essen die 'Fussili', aber langsam konnte ich die Form nun wirklich nicht mehr sehen.
 

Ich entschied trotzdem meine Standardnudeln zu nehmen und war im Begriff sie in den Wagen zu werfen, als sich Hände auf meine Schultern legten und jemand „Buh“ sagte was mich dazu brachte zusammen zu zucken und unterdrückt aufzuschreien.

Aber da hätte vermutlich jeder einen Herzinfarkt bekommen. Vor allem, da ich hier in München noch gar keinen kannte.

Ich drehte mich um und sah in das grinsende Gesicht von Georg.

„Du bist ganz schön schreckhaft“ teilte mir dieser dann mit während ich die Nudeln in den Wagen fallen ließ und mir ans Herz griff.
 

„Georg, bei deinem Gesicht würde jeder einen Herzinfarkt bekommen“ kams hinter ihm und er zeigte dem Typen – den ich allein an den Klamotten als Tom identifizierte – den Mittelfinger.

„Tom, das ist Bill, ich hab ihn gestern im Treppenhaus kennen gelernt. Bill, das da ist Tom, mein ominöser Freund der ein Stockwerk tiefer wohnt“ stellte Georg uns dann vor und mir flog fast alles aus dem Gesicht als Tom mir tatsächlich die Hand hinhielt.

Diese nahm ich auch zögerlich und schüttelte sie.
 

Ich war etwas verwirrt das Tom keinerlei Anstalten machte einen dummen Kommentar von sich zu geben oder mich gar abschätzig zu mustern.

„Tom ist nicht wie die Anderen Hopper. Er ist …..anders“ erklärte Georg dann der meinen Blick wohl richtig gedeutet hatte und ich nickte einfach nur.

„Ich bin nicht anders. Ich habe nur eine gewisse Moral“ kommentierte Tom während er nach einer Packung Nudeln griff und sie Georg in die Hand drücke.

„Sag ich doch. Du bist anders“ kams gelacht von dem Brünetten und ich betrachtete Tom wie er die Gläser mit den Fertigsoßen durchging.

„Und du beherrscht die menschliche Sprache. Doch du bist anders“ kommentierte ich dann und handelte mir einen verwunderten Blick von meinem Gegenüber ein.
 

Ich dachte schon was falsches gesagt zu haben als er anfing zu grinsen.

„Der war gut. Ja ich beherrsche die menschliche Sprache. Bewundernswert was?“

Ich musste unweigerlich leicht lächeln und nickte nur.

Wenn ich das nämlich mal so nebenbei erwähnen darf, war sein Grinsen wirklich der Hammer.

Ich hatte noch nie jemanden gesehen der so grinst.
 

„Und bei dir steht wohl Großeinkauf an was?“ fragte Georg der neben mir her schlenderte.

Warum er mich jetzt begleitete verstand ich nicht so wirklich, aber irgendwie freute es mich trotzdem.

„Wenn ich mir das Innenleben unseres Kühlschranks angucke, verhungern wir spätestens morgen“ kams von mir und ich hörte Tom nur lachen.

„Ist ja wie bei mir“ kommentierte er und ich sah ihn über meine Schulter fragend an.

„Meine Eltern sind meistens geschäftlich im Ausland. Und ich bin nicht gerade ein Fan vom einkaufen, wenn der da nicht wäre“ kam die Antwort und er deutete auf Georg.

Also verhinderte Georg das verhungern von Tom. Auch interessant.
 

„Hast du eigentlich schon Arbeit hier?“

Auf Georgs Frage wiegte ich den Kopf hin und her.

„Nicht so wirklich. Ich hab morgen ein Vorstellungsgespräch in einer Buchhandlung und hoffe das es klappt.“ antwortete ich und Georg guckte mich eine Weile sprachlos an.

„In einer Buchhandlung? Ahm...nimm es jetzt nicht persönlich, aber ich hätte nie gedacht das jemand wie du in einer Buchhandlung arbeiten möchte“
 

Wie sah eigentlich jemand aus der in einer Buchhandlung arbeiten will?

Diese Frage stellte ich mir nun wirklich, während ich die Kasse ansteuerte.

„Georg das war gemein. Nicht jeder muss Analphabet sein so wie du. Ich kann auch lesen“ kams von Tom und ich musste mir wirklich ein Lachen verkneifen.

Mir war schon klar das Georg sehr wohl lesen konnte, trotzdem fand ich den Kommentar irgendwie gut.

„Wann liest du denn bitte?“ fragte Georg seinen Freund verwundert und half mir ungefragt dabei meine Einkäufe auf das Band zu legen.

„Ich lese die Gebrauchsanweisung der Soße und wie lange die Pizza im Rohr bleiben muss“ kams gegrinst zurück und ich musste unweigerlich lachen.
 

Ich gab es ja wirklich ungern zu. Aber Tom war mir – trotz das er ein Hopper war – wirklich sympathisch.

„Und Billy, was gibt es bei dir heute zu Mittag?“ fragte Georg nach einem leichten Geplänkel mit Tom und ich zuckte mit den Schultern.

„Kaffee. Ich koche vermutlich erst Abends wenn meine Mutter heim kommt“

„Na dann iss mit uns. Der Typ in den Sack-Klamotten sieht zwar nicht so aus, aber er macht die beste Tomatensoße die ich kenne“ kams von Georg und ich guckte ihn etwas überfahren an während ich der Kassiererin meine EC-Karte reichte.
 

Ich sollte mit Georg bei Tom essen? Warum? Hatte ich irgendwas gemacht? Oder irgendwas blödes gesagt?

Ich kam nicht sonderlich gut damit klar wenn mich jemand einlud bei ihm zu essen. Eben weil es nie jemand tat. Im Moment war ich einfach nur haltlos überfordert.

„Georg...du überforderst ihn ja total“ kams von Tom während ich meine Einkäufe in Tüten packte und draußen auf die Beiden wartete.
 

Dort zündete ich mir erst mal eine Zigarette an was mir einen verwunderten Blick von Georg einbrachte.

„Du rauchst?“ fragte er dann und ich nickte einfach nur als Bestätigung. Das war irgendwie offensichtlich oder?

„Du bist mir jetzt schon sympathisch“ kams von Tom der sich genau in dem Moment ebenfalls eine Zigarette anzündete und leicht grinste.

Das war dann wohl so etwas wie Sympathie unter Rauchern.
 

Ich wollte gerade nach meinen Tüten greifen, als eine Hand in mein Blickfeld kam und mir einfach eine Tüte wegschnappte. Ein Blick nach oben bestätigte das es Tom war der nur eine Augenbraue hob.

„Ich denke das Georg es schafft eine Packung Nudeln und ein Glas Soße allein zu tragen“ kams dann und ich nickte einfach nur.

Ich war schon wieder überfordert. Obwohl ich es wirklich nett von Tom fand mir eine dieser Tüten abzunehmen. Leicht waren die nämlich wirklich nicht mehr.
 

Auf dem Weg nach Hause hörte ich Tom und Georg bei einer Diskussion zu deren Inhalt einfach nur war, wie lange die Nudeln im Wasser zu bleiben hatten.

Meiner Meinung nach war diese Diskussion irgendwie etwas sinnlos, aber es machte Spaß ihnen zu zu hören.

Bei dem Hochhaus angekommen schleppte Tom mir die Tüte sogar bis vor die Haustür ehe er nach unten deutete und grinste.

„Bis gleich dann“ kommentierte er ehe er die Treppen runter sprang und ich nur wieder überfordert nickte ehe ich die Einkäufe in die Küche schleppte und einräumte.
 

Hoffentlich blamierte ich mich nicht zu Tode. Was bei mir äußerst unwahrscheinlich war. Ich blamierte mich meistens irgendwie. Das war so was wie genetisch veranlagt, denn meine Mutter hatte dafür auch ein großes Talent.

Freunde sein

Ich tigerte ungefähr 20 Minuten in der Wohnung herum und kontrollierte bestimmt schon zum zwanzigsten Mal mein Makeup im Spiegel der im Flur hing.

Warum ich so nervös war wusste ich nicht. Es war ja nichts schlimmes oder außergewöhnliches dabei, bei Tom zu Mittag zu essen.

Mal abgesehen davon das ich noch nie bei jemandem zum Mittagessen eingeladen war und gar nicht wusste wie ich mich verhalten sollte. Ansonsten war alles super.
 

Andererseits war es auch mies nicht runter zu gehen wo sie mich schon eingeladen hatten. Also kratzte ich den Rest meines Selbstbewusstseins mit der Spachtel zusammen, packte es ein und verließ unsere Wohnung nur um vor Toms Tür stehen zu bleiben und die Augenbraue zu heben.

War es in München üblich seine Wohnungstür sperrangelweit offen stehen zu lassen?

„Ah Bill! Komm rein“

Ich hob meinen Blick und sah Georgs Kopf der um eine Ecke guckte sowie einen Arm der mich rein winkte.
 

Ich nickte einfach und betrat die Wohnung bevor ich die Türe hinter mir schloss und in Georgs Richtung ging. Der grinste mich an und deutete auf Tom, der da in der Küche stand und halb im Kühlschrank steckte.

Meine Augenbraue wanderte nach oben und ich sah Georg fragend an der nur lachte.

„Er sucht den Senf. Er ist sich 100%ig sicher das er da irgendwo drin sein muss“ kams und ich nickte einfach nur.

Tom musste ja wissen ob der Senf im Kühlschrank war oder nicht. Zumindest ging ich einfach mal davon aus.
 

Nach ungefähr zwei Minuten tauchte er aus dem Kühlschrank wieder auf und fluchte als er sich den Kopf anschlug.

„Hast du den Senf gefunden?“ kams von Georg grinsend und Tom schenkte ihm einen Blick der sogar einen Panzer durchbohrt hätte.

„Sehe ich so aus als hätte ich Senf gefunden?“ fragte er dann und ich musste mir wirklich ein lachen verkneifen. Irgendwie fand ich das Geplänkel – wenn man es denn so nennen konnte – zwischen den Beiden unterhaltsam.

„Nein. Du siehst eher aus als würdest du mich gleich töten wenn ich nicht sofort nochmal losgehe und Senf besorge“ antwortete Georg amüsiert und Tom grinste nur breit.

„Dann frag ich mich wieso du noch hier rum stehst. Geh und hol Senf. Um Bill kümmere ich mich“
 

Georg guckte Tom an ehe er auf dem Absatz umdrehte und anfing zu lachen.

„Tom, Tom! Wie sich das anhört“ lachte er nur und war auch schon zur Haustür raus.

Ja, wie hörte sich das denn nun an? Irgendwie kam ich nicht so wirklich mit. Andererseits hatte ich auch das Gefühl das ich gar nicht wissen wollte wie es sich laut Georg denn nun angehört hatte.
 

Ich stand immer noch in der Küchentür und guckte Tom dabei zu wie er Töpfe aus einem Schrank zog und diese auf die Herdplatte knallte.

Außerdem fragte ich mich ob er gerade mies gelaunt war. Und da traf mich auch schon sein Blick.

„Meine Geduld ist nicht die größte.“ kams von ihm und ich nickte einfach mal.

Was sollte ich auch schon darauf sagen.

„Und du siehst aus als wärst du reichlich nervös“ grinste er dann und ich zuckte ertappt zusammen.
 

Na ja, konnte man so sagen.

Ich war ja noch nie bei jemandem zum Mittagessen eingeladen. Tom das zu sagen war meiner Meinung nach allerdings keine gute Idee.

Der würde ja denken ich wäre psychisch instabil oder nicht ganz dicht. Oder eben irgendwas anderes in die Richtung.
 

„Ich war noch nie zum Essen eingeladen“ rutschte es mir dann doch heraus und ich hätte meinen Kopf in diesem Moment gern gegen den Türrahmen geschlagen. Vor allem als ich Toms irritierten Blick sah.

„Ha? Das ist doch ein Witz“ kams von ihm und ich schüttelte lediglich den Kopf.

„Na kein Wunder das du aussiehst wie Bambi. Georg und ich sind....anstrengend“ lachte er dann und ich runzelte die Stirn.

Ich sah aus wie Bambi? Also klar, ich wusste wie Bambi aussah. Aber das ich wie ein Reh aussah war mir wirklich neu.
 

„Na ja, egal. Während Georg Senf holt machen wir halt was anderes. Ich kann so eh nicht zum kochen anfangen“ eröffnete er mir dann und ich nickte einfach mal.

Und wenn Tom jetzt noch eine Idee hatten was wir machen könnten, wäre das natürlich super.

Weil mir nämlich nichts einfiel.
 

„Habt ihr noch was zum auspacken?“ fragte Tom dann und ich sah ihn etwas irritiert an ehe ich nickte.

„Ein paar Kartons für die Küche noch“ antwortete ich dann und sah ihn fragend an während er erfreut grinste.

„Dann könnten wir das ja auspacken. Georg ist nämlich nicht gerade der Schnellste“ kam die Antwort und ich nickte etwas überrumpelt.
 

Zusammen mit Tom ging ich zu unserer Wohnung und lotste ihn zur Küche wo er sich den Inhalt des ersten Kartons ansah.

„Irgendein bestimmter Platz?“ fragte er dann und ich schüttelte den Kopf was ihn nicken ließ, bevor er damit anfing die Töpfe in den unteren Schubladen zu verstauen.

Warum die genau dahin mussten verstand ich nicht so wirklich und sah ihn deswegen auch interessiert an.
 

„Wenn ich irgendwann bei dir koche muss ich nicht alles suchen“ kam die Antwort auf meine unausgesprochene Frage und mir entgleisten die Gesichtszüge.

Bei mir kochen? Warum wollte er das denn? Benutzte er gern fremde Küchen? So etwas wie ein Fetisch?

„Warum willst du in meiner Küche kochen?“ fragte ich dann einfach mal drauf los.

Sorry, aber erstens viel mir nichts besseres ein, und zweitens interessierte mich das tatsächlich. So spannend war unsere Küche ja jetzt auch nicht.
 

„Du kennst hier keinen außer mich und Georg oder? Außerdem finde ich deinen Style irgendwie cool, auch wenn ich das niemals freiwillig anziehen würde. Und du bist nett. Also habe ich beschlossen das wir Freunde werden“ kams zurück.
 

Ich musste jetzt eigentlich nicht erwähnen das ich Tom anstarrte als wäre er verrückt, wofür ich ihn im Moment auch hielt.

Er wollte mit mir befreundet sein? Also nicht das es mich nicht freute wenn jemand mit mir befreundet sein wollte. Aber bis gerade eben...hatte mir das keiner einfach so an den Kopf geworfen und war so davon überzeugt gewesen.
 

„Ahm....okay?“ kams von mir.

Ich schwöre es, wenn ich Teller oder irgendwas Anderes in der Hand gehabt hätte, ich hätte es glatt fallen lassen.

Von Tom kam nur ein grinsen während er die Töpfe weiter einräumte.

Aus irgendeinem Grund musste ich lächeln und den Kopf schütteln bevor ich dazu überging das Geschirr zu verräumen.
 

Zu Zweit hatten wir gar nicht so lange gebraucht, und gerade als wir fertig waren klingelte Toms Handy in einer ohrenbetäubenden Lautstärke.

War er taub? Oder hörte er immer so laut Musik das er sein Handy nicht hörte?
 

Tom ging dran und beendete somit den Krach ehe er mit den Augen rollte.

Hatte Georg den falschen Senf gekauft?

„Nein Mom, ich will und brauche keine langen Unterhosen“ kams und ich guckte ihn verpeilt an ehe ich mir ein Lachen verkneifen musste und er mich kurz grinsend ansah nur um wieder mit den Augen zu rollen.

„Weil ich nicht mit euch in Skiurlaub fahre, deshalb. Ich hab jetzt auch gar keine Zeit“ kams und ich zündete mir eine Zigarette an, nach der Tom die Hand ausstreckte.

Ich beschloss so nett zu sein und sie ihm zu überlassen bevor ich mir eine neue anzündete.
 

„Ich bin gerade bei Bill und wir wollen kochen“

Warum er mich direkt erwähnte war mir ein Rätsel, aber langsam schien Tom genervt zu sein.

„Ich will echt nicht unhöflich sein aber....es geht dich nichts an was ich wann mit wem und warum tue. Grüß Pops“ kommentierte er bevor er auflegte und einmal tief durchatmete.
 

Ich beschloss lieber zu schweigen und rauchte vor mich hin ehe Tom sich neben mich an die Arbeitsplatte lehnte und mir den Ellenbogen leicht in die Seite rammte, was mich dazu brachte ihn anzusehen.

„Guck nicht wie ein verschrecktes Reh. Nur weil ich manchmal genervt bin werd ich dich sicher nicht gleich verkloppen“ murrte er und sah mich an was mich nicken ließ.

Mich wunderte es eher das er mir so etwas mitteilte.
 

Meiner Meinung nach war Tom seltsam. Seltsam, aber ich mochte ihn irgendwie.

Und gerade als ich zu dieser Feststellung kam zuckte ich erschrocken zusammen, weilt Toms Handy wieder los ging.

Aber diesmal war es anscheinend Georg, der den Senf besorgt hatte.

Zumindest schloss ich das daraus das Tom mitteilte wir könnten wieder runter, weshalb ich ihm folgte.
 

Kaum waren wir vor seiner Haustür angekommen trampelte auch schon Georg die Treppen hoch und hielt triumphierend den Senf in die Höhe was mich lachen ließ.

Vielleicht mochte ich die Beiden auch, weil sie so einen an der Waffel hatten.
 

Das Kochen war amüsant. Tom fluchte hier und da während Georg blöde Witze riss oder ihn verarschte, während ich mich vor Lachen fast nicht halten konnte.

So viel Spaß hatte ich wirklich schon lange nicht mehr gehabt.

„Lach nicht, der verarscht mich. Hilf mir lieber“ kams von Tom und ich musste nur noch mehr lachen.

„Georg, hör auf Tom zu verarschen“ kam es irgendwann gepresst über meine Lippen und Tom rollte grinsend mit den Augen ehe er verlauten ließ, dass das nicht sonderlich überzeugend war.

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Das Essen war besser als ich dachte. Obwohl Tom neben Senf noch so einiges in die Fertigsoße geworfen hatte, von dem ich dachte ich würde bestimmt anfangen zu kotzen. Es schmeckte wirklich gut, das musste man Tom lassen. Er konnte kochen, wenn auch etwas seltsam.
 

Während dem Essen erzählte mir Georg von München und was man hier tun konnte, wovon man lieber die Finger ließ, welche Gegenden man meiden sollte und vor allem die genaue Wegbeschreibung zu Mc Donalds.

Ich hörte Georg zu und nickte hier und da um ihm mitzuteilen das ich verstand und ihm auch zuhörte während ich aß.

Zu meiner Überraschung war die Gegend in der ich jetzt wohnte einer jenen die ich laut Georg nachts meiden sollte. Ich sollte nicht nach 22 Uhr auf der Straße herum rennen wenn ich nicht wenigstens in einem Kampfsport den schwarzen Gürtel hatte.
 

„Und Bill, hast du ne Freundin?“ wurde ich dann gefragt und sah Georg entgeistert an ehe ich den Kopf schüttelte.

„Einen Freund?“ kam die nächste Frage und ich verschluckte mich fast am Essen.

Netterweise klopfte Tom mir auf den Rücken bis ich wieder Luft bekam ehe er Georg versuchte beizubringen, dass man so was nicht einfach so fragte. Es klang alles andere als überzeugend.

Nachdem ich mich von meinem Erstickungsanfall erholt hatte verneinte ich auch das.
 

Sah ich wirklich so schwul aus? Also ich gab ja zu das ich auch auf Männer stand, manchmal zumindest. Was wirklich atemberaubendes war mir allerdings noch nicht über den Weg gelaufen.

Und würde es vermutlich auch nicht.

„Die Frage tut mir jetzt schon leid, aber du stehst schon auf Männer oder?“ fragte Georg dann und mir klappte der Mund auf.

Im nächsten Moment zuckte Georg zusammen und kniff die Augen zu, als ihn ein eine kleine Ladung Tomatensoße ins Gesicht klatschte.

Mein Blick wanderte zu Tom der Georg finster anguckte und sich dann räusperte.
 

„Erstens fragt man das nicht einfach so, und Zweitens ging das auch ein bisschen sensibler du Kotzbrocken“ kam es von ihm, während Georg sich die Tomatensoße aus dem Gesicht wischte und Tom dann angrinste.

„Tut mir leid“ entschuldigte er sich dann bei mir. „Ich rede meistens zuerst und denke erst dann“

Ich musste unweigerlich grinsen. Das war mir auch schon aufgefallen.

Trotzdem bestätigte ich die Frage. Würde irgendwann sowieso heraus kommen. Zu meiner Überraschung reagierten die Beiden ziemlich gelassen. Okay, was heißt ziemlich? Georg grinste mich an und schlug mir dann den 'besten Schwulenclub der Stadt' vor, wo ich mit ihm am Samstag hingehen sollte. Gleichzeitig versicherte er mir aber das er definitiv hetero war, aber wegen der entspannten Atmosphäre gern dorthin ging.
 

Von Tom kam nur ein Stöhnen ehe er verkündete das wenn ich Georgs Plan wirklich folgen würde, er den ganzen Samstag Abend und vermutlich auch die ganze Nacht auf Sonntag damit beschäftigt sein würde, mir irgendwelche Typen 'vom Arsch zu halten'.

Auf meinen Fragenden Blick kam nur ein Schulterzucken und die Feststellung das er sich zu hundert Prozent sicher war, das mich die Kerle förmlich über den Haufen rennen würden.
 

„Unser Tom hier ist ja auch Single, allerdings kein Kind von Traurigkeit“ grinste Georg und Toms Mundwinkel zuckten.

Ich verstand das so, das Tom wohl seine Bedürfnisse stillte wenn er denn welche hatte. Hörte sich zumindest so an.

„Er ist ja wirklich lieb, sieht gut aus, manchmal kann er richtig schüchtern sein, aber zum Leidwesen der Damenwelt ist er absolut Beziehungsunfähig“ teilte mir Georg dann mit und Tom murrte.
 

Tom räumte die Teller ab während Georg mir noch so einiges von sich und Tom erzählte.

Georg hatte anscheinend allgemein einen großen Mitteilungsbedarf, was mich allerdings nicht störte. Bei neuen Leuten war ich immer zurückhaltend und bekam eigentlich so gut wie nie meinen Mund auf. Deswegen galt ich manchmal als arrogant. Meine größte Sorge war jedoch das ich irgendwas blödes sagte oder die anderen es falsch verstanden.

Ja, vielleicht hatte ich Komplexe.
 

So erfuhr ich das Georg als Abschlepper beim ADAC arbeitete, und ihm der Job auch wirklich Spaß machte. Er mochte vor allem die Nachtschichten am liebsten, weil es da einfach am chilligsten war.

Zudem erfuhr ich, das er Einzelkind war und das auch nicht sonderlich bedauerte. Seine Mutter war Hausfrau und arbeitete auf 400-, Basis bei einer Rechtsanwaltskanzlei als Putzfrau. Georgs Vater war Zahnarzt und hatte seine eigene Praxis am Stachus.
 

Toms Eltern waren beide selten zu Hause, was ich ja bereits wusste. Seine Mutter arbeitete als Handelsassistentin bei einer Modekette und sein Vater war Auslandsmitarbeiter bei Siemens. Beide verdienten natürlich auch dementsprechend gut.

Tom selbst arbeitete bei 'Planet Sports' als Einzelhandelskaufmann. Er war Jahrgangsbester bei seinem Lehrabschluss gewesen und hatte dafür sogar eine Auszeichnung bekommen. Außerdem war er Single, ziemlich beliebt beim weiblichen Geschlecht, hatte einen Faible für Autos, rauchte wie ein Schlot, ging drei mal die Woche zum Sport, hasste nichts so sehr wie seine Tante Anita und er hatte eine Schwäche für Dounats.
 

Mir wurde der Aschenbecher vor die Nase gestellt ehe Tom sich wieder auf seinen Stuhl fallen ließ und Georg interessiert musterte.

„Es ist toll das du Bill meine ganze Lebensgeschichte erzählst. Und was soll ich ihm jetzt erzählen?“ kams dann grinsend während er sich eine Zigarette ansteckte und den Rauch in Georgs Richtung blies der hektisch mit der Hand herum wedelte um ihn zu vertreiben.
 

Bis zum Abend wusste ich alles über wirklich Jeden in diesem Haus.

Die Nachbarin von Tom hatte eine Affäre mit dem Psychologiestudenten aus dem 3. Stock, dessen Freundin auf einem Auslandsjahr in China war.

Ihr Mann bekam davon nichts mit, weil er sowieso ständig unterwegs war und nebenbei die Blondine aus dem Erdgeschoss 'bumste', wie Georg es so schön beschrieb.

Und ich sollte mich auf alle Fälle von der alten Maier im 4. Stock fern halten, denn die hatte was gegen Schwule und laut Gerüchten schon einen ins Krankenhaus geprügelt....mit ihrem Gehstock.
 

Ich fand es faszinierend was Georg so alles über die Bewohner wusste, obwohl er noch nicht mal hier wohnte.

Meine Verabschiedung von den Beiden fiel meines Erachtens seltsam aus. Zumindest hatte ich so etwas noch nicht erlebt.

Georg umarmte mich direkt so fest das ich keine Luft mehr bekam, bis Tom ihn darauf aufmerksam machte das ich nicht gleich den Kontinent wechseln würde und somit ein Recht zum leben hatte.
 

Mir stellte sich die Frage ob ich das nicht mehr hätte wenn ich den Kontinent verlassen würde.

Tom umarmte mich zum Abschied ebenfalls, allerdings sanfter. Schon so vorsichtig, das ich mich fragte ob er dachte ich wäre aus Glas.
 

In unserer Wohnung angekommen hatte ich irgendwie keine Lust zum kochen mehr, und teilte das meiner Mutter auch mit als sie nach Hause kam. Sie sagte mir nur das sie noch in der Arbeit eine Kleinigkeit gegessen hätte und einfach nur noch ins Bett wollte.

Nachdem sie gegangen war verzog ich mich in mein Zimmer und ließ mich aufs Bett fallen wo ich eine Weile vor mich hinstarrte.
 

Der Nachmittag mit Tom und Georg hatte mir wirklich Spaß gemacht.

Georg war eine Sache für sich, der Spaßvogel. Und Tom war, schwer zu beschreiben. Er war auch ein Spaßvogel, konnte aber auch ziemlich schnell ernst werden oder mit Tomatensoße werfen.

Bei dem Gedanken an Georgs Gesicht mit der Soße musste ich automatisch kurz lachen. Das war einfach zu gut gewesen.
 

Ich stand auf um im Bad zu verschwinden, mich ab zu schminken und mich bettfertig zu machen, ehe ich mich in mein Bett verkroch und mir die Decke bis zum Kinn zog.

Zum einschlafen brauchte ich zu meinem Glück nicht lange.
 

Der nächste Morgen begann mit genau der gleichen Katastrophe wie der Morgen davor. Nur das nicht meine Mutter verschlafen hatte sondern ich.

Dabei hatte ich heute mein Vorstellungsgespräch in der Buchhandlung. Meine Mutter grinste nur belustigt als ich an ihr vorbei rannte um mich im Badezimmer zu verbarrikadieren.

Duschen musste unbedingt sein, genauso wie ein dezentes Makeup. Für mehr hatte ich keine Zeit. Meine Dreads drückte ich nur aus und toupierte das Oberhaar irgendwie so an das es nicht so aussah als wäre ich gerade aus dem Bett gekrochen.
 

Nachdem ich dann im Rekordtempo neue Klamotten aus dem Schrank gerissen und angezogen hatte, schnappte ich mir meine Tasche und den Zettel mit der Adresse und rannte aus der Wohnung während meine Mutter mir noch ein „Viel Spaß Schatz“ hinterher rief.

Oh ja, Spaß hatte ich definitiv, sah man das nicht?
 

Zu meinem Glück schaffte ich es tatsächlich noch rechtzeitig. Und das obwohl ich einmal die falsche U-Bahn genommen hatte und in der entgegen gesetzten Richtung landete.

Das Gespräch verlief meiner Meinung nach gut, und sie wollten sich innerhalb dieser Woche noch melden.

Würde ich tatsächlich genommen werden, wäre mein Traum wahr. Ich wäre kein Arbeitsloser und könnte mich mit dem beschäftigen was ich neben Musik am meisten mochte. Bücher!
 

Auf dem Weg nach Hause machte ich noch einen Stop bei New Yorker, um mich mal eben kurz selbst zu belohnen. Nämlich dafür das ich es wirklich noch pünktlich geschafft hatte und natürlich dafür dass das Gespräch gut gelaufen war.

Ich entschied mich für ein graues Shirt mit Mickey Mouse Aufdruck. Der Kopf der Maus war allerdings ein Totenkopf.

Nachdem ich das erledigt hatte ging ich endgültig nach Hause und gähnte.
 

Ich ging in die Küche um mir einen Kaffee zu holen um dann zu überlegen was ich den Tag über noch anfangen sollte.

Ich stieß einen Schrei aus und ließ die Tüte sowie meine Tasche fallen, während ich mir ans Herz griff und im Türrahmen stehen blieb.
 

„Tom! Was machst du in unserer Küche“ kam es etwas fassungslos von mir während ich ihn anstarrte, wie er da an den Küchentisch gelehnt stand und völlig entspannt eine rauchte.

„Ich benutze gern fremde Küchen. Ist so was wie ein Fetisch“ kommentierte er und ich musste an meinen Gedankengang von gestern denken.

Oh mein Gott, hatte ich damit wirklich recht.
 

„War ein Witz. Deine Mutter hat mich rein gelassen. Ich soll dir sagen das es heute Abend später wird, sie dich lieb hat und das du bei Gelegenheit neue Freundschaften schließen solltest“

Ich atmete aus. Also war es wenigstens kein Fetisch das er hier in unserer Küche rumstand. Lediglich meine Mutter hatte ihn rein gelassen. Moment mal....
 

Mein Blick wanderte zu Tom und ich hoffte inständig das meine Mutter das mit den Freundschaften nicht wirklich gesagt hatte. Allerdings traute ich ihr das zu.

Tom schien meinen Blick zu bemerken, weil er schief grinste.

„Das letzte hab ich erfunden in der Hoffnung das du nach dem Essen was mit mir unternimmst“

Mir entgleisten die Gesichtszüge und ich wusste wirklich nicht ob ich jetzt zuerst froh darüber sein sollte das meine Mutter das nicht gesagt hatte, oder irritiert weil er mit mir was unternehmen wollte.

Und da fiel mir das nächste auf.
 

„Was für ein Essen?“ fragte ich dann einfach mal total verplant.

Tom überforderte mich gerade maßlos, aber das musste ich ihm ja nicht auch noch erzählen.

„Das Essen was im Ofen steht. Ich hab beschlossen es gibt Kartoffelgratin“ kams dann und ich nickte einfach mal nur.

Deswegen stand er da also rum und starrte ab und zu den Ofen an. Ich bezweifelte allerdings dass das Essen dadurch schneller fertig wurde.
 

Ich seufzte und schüttelte lächelnd den Kopf während ich meine Tasche und meine Tüte vom Boden aufhob, und den nächsten Schock erlitt als ich mich aufrichtete und Tom direkt vor mir stand.

Er ließ sich direkt erzählen wie das Gespräch war, worüber ich ihm auch bereitwillig Auskunft gab. Und das schien ihn irgendwie zu freuen weil er grinste wie ein kleines Kind. Wie gestern im Supermarkt.

Er deutete auf die Tüte und ich hob fragend eine Augenbraue.

„Was ist da drin?“ kams neugierig und ich musste unweigerlich lachen. Also benutzte er nicht nur gern fremde Küchen sondern war auch noch chronisch neugierig. Seltsame Kombination.
 

„Ein Shirt“ antwortete ich trotzdem und folgte seinem Fingerzeig in den Flur mit einem Blick ehe ich ihn verständnislos musterte.

„Na los, anziehen. Wenn du schon ohne mich einkaufen gehst, während ich hier stehe und koche, will ich wenigstens wissen wies aussieht“ kommentierte er und ich nickte etwas perplex.
 

Also drehte ich mich auf dem Absatz um blieb dann aber wieder stehen, als Tom den nächsten Satz los ließ.

„Ich warte brav hier“

Ich drehte mich zu ihm um und guckte ihn irritiert an.

„Davon ging ich aus“ grinste ich dann was Tom zum lachen brachte.

„Tu das lieber nicht“ rief er mir noch hinterher ehe ich meine Tür hinter mir zu zog um mich umzuziehen.

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In meinem Zimmer warf ich meine Tasche aufs Bett, ehe ich mir mein Shirt über den Kopf zog, und dieses in den Wäschekorb hinter der Tür pfefferte.

Ich nahm das neue Shirt aus der Tüte und wühlte dann auf meinem Schreibtisch nach einer Schere herum, um das Preisschild abzuschneiden.

Nach einigem hin und her hatte ich diese dann auch gefunden, und nach erfolgreicher Entfernung des Preisschildes, zog ich das Shirt an.
 

Ich betrachtete mich kurz im Spiegel und befand, dass mir das Shirt gut stand.

Kurz fuhr ich mir durch die Haare, ehe ich meine Zimmertür wieder öffnete und den nächsten Schrei des Tages ausstieß.

Vor der Tür stand Tom, der mindestens genauso erschrak wie ich auch. Allerdings vermutlich, weil ich so geschrien hatte.
 

„Himmel, bist du schreckhaft“ stieß er aus und fasste sich kurz ans Herz, ehe er mich musterte.

Sein Blick glitt von meinem Gesicht nach unten zu meinem Shirt, bevor sich ein Grinsen auf seine Lippen stahl.

„Steht dir“ kommentierte er dann und ich stotterte eher ein 'Danke' als das ich es sagte.

Toms Blick blieb an meinem linken Unterarm hängen während er die Stirn runzelte und danach griff.
 

Ich sah ihn verwirrt an, als seine Hand sich um mein Handgelenk schloss und meinen Arm anhob, während er sich drehte um meine Tätowierung besser sehen und lesen zu können.

Die Finger seiner anderen Hand fuhren über die Farbe unter meiner Haut und verpassten mir glatt eine Gänsehaut.

„Eine bestimmte Bedeutung?“ fragte er mich dann, ohne mich anzusehen und ich nickte einfach nur.

„Mein Geburtsjahr und...Freiheit eben“ antwortete ich dann.

Besser konnte ich es nicht erklären.
 

„In dem Jahr bin ich auch geboren“ stellte Tom fest, während er noch immer über meinen Unterarm strich.

Ich beschloss darauf einzugehen, um mich nicht weiter auf seine Berührungen konzentrieren zu können, die mich irgendwie nervös machten.

„Ja?“ fragte ich deswegen nach und Tom nickte.

„Am 1. September“ kams dann und ich blinzelte kurz, bevor ich meinen Arm leicht bewegte, um dem kribbeln irgendwie entgegen zu wirken.

„Ich auch“ stellte ich dann fest.
 

Tom hob seinen Blick und sah mich überrascht an, ehe er anfing zu lachen.

„Das ist ja mal geil. Dann können wir dieses Jahr auch gleich zusammen feiern“ stellte er fest, und überrumpelte mich damit etwas.

Seine Hand löste sich von meinem Handgelenk und ich war wirklich froh darum. Dieses Kribbeln das seine Finger ausgelöst hatten, war nicht mehr erträglich gewesen.
 

„Ach ja...ich stand hier eigentlich um dir zu sagen, dass das Essen fertig ist“ grinste er schief und ich lächelte, bevor ich ihm in die Küche folgte.
 

Auf dem Küchentisch standen bereits die Teller auf denen das Kartoffelgratin gehäuft war und vor sich hin dampfte.

Zusammen mit Tom ließ ich mich an den Tisch fallen und sah auf, als er sich räusperte.

„Ich weiß nicht ob mans essen kann, also sei vorsichtig“ kommentierte er und ich hob fragend eine Augenbraue.

„Ich schmeck nicht gern ab. Um genau zu sein mach ich das nie“ erklärte er und ich hob interessierte eine Augenbraue, bevor sich ein Grinsen auf mein Gesicht schlich.

„Stimmt...Georg erwähnte irgendwas von berühmten, übernatürlichen Augenmaß“
 

Eine Weile herrschte Stille, während Tom mich einfach anstarrte.

„Was aus meinem Leben hat Georg dir eigentlich nicht erzählt?“ fragte er mich belustigt und ich zuckte mit den Schultern.

Das wusste ich nun auch nicht so genau. Da ich Tom nicht sonderlich gut kannte, wusste ich ja nicht was Georg so ausgelassen hatte. Vermutlich so einiges...oder auch nicht.

Georg hatte schon ziemlich viel erzählt.
 

„Ich weiß nicht. Ich denke schon das er einiges ausgelassen hat“ antwortete ich dann und schob mir eine Gabel mit Gratin in den Mund, um darauf herum zu kauen.

Von Tom wurde ich die ganze Zeit über angestarrt, bis ich hinunter geschluckt hatte.

„Würde es nicht wirklich schwul rüber kommen, würde ich dich jetzt fragen ob du mich heiratest“ kommentierte ich und Tom guckte mich zuerst etwas verplant an, ehe er leise lachte.
 

„Laut Georg bin ich beziehungsfähig, also lässt sich das sicher einrichten. Nur werd ich vermutlich mit deinem späteren Freund ziemlich im Klinsch liegen“ witzelte er dann, und ich musste grinsen.

Ich wusste natürlich das Tom es nur als Witz gemeint hatte, aber irgendwie baute er mich damit doch auf.

Also würde ich nicht mein Leben lang allein vor mich hin leben. Zumindest in seinen Augen nicht.
 

Das restliche Essen verlief schweigen, bevor Tom aufstand und die Teller in die Spülmaschine räumte.

„Also...du kannst das in der Mikrowelle aufwärmen ne?“ erklärte er mich dann und deutete auf die Form mit dem restlichen Gratin, was mich lächelnd nicken ließ.

Das er mir überhaupt was kochte verwunderte mich ja schon.

„Hast du Angst das ich verhungere?“ neckte ich ihn dann ein bisschen und schob mir eine Zigarette zwischen die Lippen, die ich anzündete.
 

Sein Gesichtsausdruck wurde ernst und er kam auf mich zu, wo er die Hände in die Hüften stemmte und auf mich runter sah.

„Also viel ist an dir ja nicht dran. Ich hab gestern als ich dich umarmt habe gedacht, das du gleich zerbrichst wenn ich zu fest drücke“ kams ernst, ehe er grinsen musste und mich damit ansteckte.
 

Ja, ich hatte gestern auch gedacht, das er anscheinend dachte ich wäre aus Glas.

Aber das war ich nicht. Ich hielt schon einiges aus. Immerhin lebte ich nach Georgs Umarmung ja auch noch, und der hatte wirklich Kraft.

„Und was willst du nun mit mir unternehmen?“ kam die neugierige Frage aus meinem Mund.
 

Zumindest hatte er davon vorhin etwas verlauten lassen. Und da ich mich hier sowieso noch nicht so richtig auskannte – um genau zu sein gar nicht – war ich mal gespannt was er so vorschlagen würde.

Tom sah aus als würde er überlegen, während er nach meiner Zigarette griff, sie mir abnahm und kurz daran zog, ehe er sie mir wieder vor die Lippen hielt.
 

Ich nahm die Zigarette wieder zwischen die Lippen, und sah Tom von unten herauf fragend an, der einen nachdenklichen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte.

Nach ungefähr zwei Minuten, in denen ich meine Kippe fertig geraucht hatte, hellte sich sein Gesicht auf und er grinste auf mich runter.
 

„Lust nochmal shoppen zu gehen?“ fragte er dann und ich sah ihn zweifelnd an.

Tom machte nicht unbedingt den Eindruck als würde er gern shoppen gehen. Zumindest fand ich das.

„Was denn? Ich geh ziemlich gern shoppen. Und ich habe die Hoffnung, dass es mit dir anders wird als mit Georg.“
 

Meine Augenbraue wanderte wieder in die Höhe und ich sah ihn fragend an. Anscheinend wurde es Tom zu dumm zu mir runter zu gucken, weswegen er vor mir in die Hocke ging und ich jetzt mehr oder weniger auf ihn runter guckte.

„Ob du es glaubst oder nicht, ich kann stundenlang in irgendwelchen Läden rum rennen. Na ja...eher in welchen mit Klamotten in Übergröße, aber das dürfte nicht so das Problem sein. Und hey, ich fungiere auch gern mal als Kleiderständer oder Tütenträger“ kams von ihm, und ich musste lachen.
 

Ich willigte ein. Was anderes blieb mir auch gar nicht übrig, wenn er sich so rein hängte. Außerdem liebte ich shoppen. Und mit Tom shoppen zu gehen, könnte lustig werden.

Tom schleppte mich durch ein paar U-Bahnstationen, zu einem Einkaufscenter das sich OEZ nannte. Und verdammt, das war riesig.

Ich stand in der Eingangshalle und guckte mich staunend um.
 

„Das schaffen wir doch nie“ stieß ich aus.

Dafür brauchte man doch bestimmt Tage um sich alles anzugucken. Zumindest fühlte es sich gerade so an.

„Keine Sorge, wir haben Zeit bis die Geschäfte schließen. Und danach können wir immer noch irgendwas machen. Ich hab deiner Mutter angekündigt, dich heute vermutlich ziemlich spät wieder zurück zu bringen“ kams und ich guckte Tom fragend an.

„Das ist ja super, das ihr euch so gut versteht und plant wer mich wann haben darf“ witzelte ich dann und Tom zuckte nur grinsend mit den Schultern.
 

Ich stellte fest, das Shoppen mit Tom nicht nur ziemlich entspannt war, sondern tatsächlich Spaß machte. Er motzte nicht das ich in irgendeinem Laden ewig brauchte, oder dies und jenes noch anprobieren wollte.

Er ließ sich mit Klamotten behängen oder stand mit einem ganzen Berg vor der Umkleide und wartete geduldig, nur um dann Kommentare zu meinen Outfits abzugeben.

Irgendwann war er weg und ich war etwas irritiert, ehe er um die Ecke bog und mit einer Lederjacke herum wedelte die voll mit Nieten besetzt war.

Und die ich unbedingt haben musste.

Das er meinen Geschmack nach ein paar Stunden schon so gut kannte, machte mir fast Angst.
 

Unser Weg führte uns irgendwann zu Deichmann, weil Tom der festen Überzeugung war, jetzt sofort, neue Schuhe zu brauchen.

Ich ließ ihn zur Herrenabteilung gehen während ich ein Paar Schuhe in der Damenabteilung ins Visier nahm.

Und nein, ich war kein Transvestit. Ich mochte halt hohe Schuhe. Manchmal zumindest.
 

Und diese Schuhe waren einfach ein Traum. Keilabsatz, schwarz, Stiefeletten und samtweich.

Kurz gucke ich über meine Schulter, sah Tom aber nirgendwo, weswegen ich die Schuhe einfach anprobierte, und in dem dafür vorgesehenen Spiegel betrachtete.

„Ich finde es irgendwie erstaunlich das du darauf laufen kannst“ kams und ich erschreckte mich fast zu Tode.

Als ich mich umdrehte, stand Tom hinter mir, in einem Arm einen Schuhkarton, während er ungeniert auf meine Füße guckte.

Und es war mir verdammt nochmal peinlich. Wirklich peinlich. Da würde unsere aufkeimende Freundschaft dahin gehen.
 

„Ahm...“ fing ich an doch Tom unterbrach mich nur mit einer Geste.

„Ich will gar nicht hören was du dir zu deiner Entschuldigung zurecht gelegt hast“ kams dann und ich schluckte.

Klasse Bill, kannst du nicht sein wie jeder andere normale Mensch auch?

„Ich find es irgendwie ziemlich mies, dass du mir nicht gesagt hast das du auf solchen Teilen laufen kannst“

Ich nickte nur geschlagen, ehe ich stockte und Tom irritiert ansah, der mich angrinste.
 

„Du findest das nicht seltsam?“ fragte ich dann ungläubig nach und er zuckte mit den Schultern.

„Ich würde mir vermutlich den Hals brechen. Und seltsam finde ich eher Frauen die so was anziehen und dann damit laufen als hätten sie nen Stock im Arsch“ kams und ich musste unweigerlich leise lachen.
 

Tom wartete bis ich meine Schuhe wieder getauscht hatte und wir gingen zur Kasse und bezahlten.

„Ich komme gerade auf die grandioseste Idee meines Lebens“ verkündete er als wir den Laden verließen und ich guckte ihn gespannt an.

Darauf war ich jetzt wirklich gespannt.

„Du ziehst die Dinger an wenn wir Samstag weggehen“ informierte er mich.

„Das mache ich weil?“ fragte ich dann einfach mal zurück und hob eine Augenbraue.

„Weil die perfekt zu der Hose und der Lederjacke passen, die wir bei New Yorker gekauft haben“ kam das Argument zurück.
 

Ich musste jetzt nicht erwähnen das ich etwas verwirrt war.

„Du bist dir sicher das du hetero bist, ja?“ kams neckend von mir und Tom zog eine Schnute ehe er wieder grinste.

„Ja. Aber meine Mum verdient ihre Kohle damit Klamotten einzukaufen. Also entweder wirst du als Sohn komplett geschädigt oder du kennst dich irgendwann mehr oder weniger damit aus“ kams von ihm während er mit den Schultern zuckte.

Das Argument war wirklich gut. Und vor allem plausibel.

Ist das ein Date?

Das Shoppen mit Tom war lustig, immer noch entspannend und vor allem machte es mir wirklich Spaß. Nicht mal shoppen mit meiner Mutter hatte mir je soviel Spaß gemacht.

Es lag einfach an Tom.

Es störte ihn nicht das ich ihn von einem Laden zum Nächsten schleifte, nur um dann nochmal zum ersten Laden zurück zu gehen.

Er teilte mir seine offene und ehrliche Meinung mit ob er etwas gut fand oder nicht. Der lustigste Kommentar von ihm war das man 'in dieser Hose meinen Arsch nicht sehen konnte' und das wohl für die schwule Männerwelt der absolute Weltuntergang wäre.
 

Wir verließen das Einkaufszentrum erst, als die Läden schlossen und es draußen bereits dunkel war.

Ich hatte kein Problem mit der Dunkelheit, aber in einer fremden Stadt kam einem irgendwie alles unheimlich vor, weswegen ich noch mehr darauf achtete Tom nicht zu verlieren, als den ganzen Tag über.

„Warum trägst du eigentlich die Tüten?“ fragte ich nach einer Weile wo wir schweigend in der U-Bahn gestanden hatten und auf unsere Station warteten.

„Weil ich Lust drauf hab“ antwortete Tom und ich rollte nur mit den Augen, ehe ich leicht grinste.
 

Na, wenn er Lust hatte die ganzen Tüten zu tragen, dann würde ich ihn garantiert nicht davon abhalten.

Als die U-Bahn bei unserer Station ankam, stiegen wir aus und liefen an die Oberfläche, ehe wir uns auf den Weg zu unserem Wohnblock machten.
 

Wir waren fast da, als ich aus einiger Entfernung ein paar Gestalten ausmachen konnte, und mir wurde irgendwie unwohl.

Vielleicht lag es daran, dass ich mich daran erinnerte was Georg gesagt hatte. Ich sollte unsere Wohngegend meiden wenn es dunkel war.

Ich verlangsamte meine Schritte automatisch, und brachte Tom somit dazu sich umzudrehen und mich fragend anzusehen.
 

„Ich hab ein mieses Gefühl“ gestand ich dann und Tom blickte ebenfalls nach vorne zu den Gestalten vor unserem Hauseingang.

Ich rechnete eigentlich damit, dass Tom mich gleich auslachen und mich als Memme abstempeln würde, aber das tat er nicht.

Er sah eher so aus als würde er überlegen, während er die kompletten Tüten auf die linke Hand verfrachtete und mir seine Rechte hinhielt, die ich verwirrt musterte, ehe ich sie einfach nahm.
 

„Zur Tiefgarage kommen wir leider nur von der anderen Seite“ erklärte Tom und ich nickte etwas verwirrt, als er sich wieder in Bewegung setzte und mich so mitzog.

„Sollte also irgendwas schief gehen, bleib einfach an der Wand okay?“ fragte er dann und sah mich über seine Schulter kurz an, was mich dazu veranlasste zu nicken.
 

Mein Griff um Toms Hand verstärkte sich als wir nur noch ein paar Meter von den Personen entfernt waren, und Tom erwiderte den Druck leicht, ehe wir sie passierten.

Ich sah die Bewegung gar nicht, sondern spürte nur einen Ruck an meinem Arm, ehe ich an die Mauer gedrückt wurde und Tom vor mir hatte.

Mein Blick wanderte zu den Personen, die sich anscheinend bewegt hatten, denn sie standen jetzt viel näher.

„Keine gute Idee“ kams lediglich von Tom in deren Richtung.
 

Ich hoffte stark das er sich nicht mit denen anlegen wollte. Erstens waren das mehrere Leute und zweitens war ich ihm bestimmt keine besonders gute Hilfe.

„Tom? Du? Warum rennst du Händchen haltend mit dieser Schwuchtel rum?“ kam die Frage und Tom schnaubte.

„Ich kann Händchen halten mit wem ich will, ist doch nichts dabei. Mal abgesehen davon, so abgefucked wie ihr aussieht, kriegt man echt das Grausen wenn man euch aus der Entfernung sieht“
 

Die Leute lachten und ich studierte sie genauer. Das waren alles Hopper, wie Tom.

Nur mit dem Unterschied das sie mir Angst machten und alles andere als freundlich aussahen. Aber Tom schien sie zu kennen.

Und ich fragte mich kurz, wie so eine liebe und nette Person wie Tom, solche Leute kennen konnte. Das passte in meinen Augen gar nicht zusammen.
 

Tom tauschte noch ein paar Sätze mit ihnen, ehe er sich entschuldigte.

„Und was ist mit der Schwuchtel?“ rief uns einer nach und ich konnte im Dämmerlicht der Straßenlaterne sehen wie sich Toms Gesicht verdunkelte.

„Was soll sein? Er ist mein neuer Nachbar und mein Freund. Und wir gehen jetzt noch nen Film schauen, schönen Abend“ kam es leicht gereizt von ihm ehe er mich in den Hausflur bugsierte und die Tür hinter sich zuknallte.
 

„Freunde von dir?“ fragte ich vorsichtig nach, während wir die Treppen hochstiegen und von Tom kam ein Murren.

„Keine Freunde. Ich kenn sie nur flüchtig von Partys“ antwortete er und ich nickte einfach verstehend. Irgendwas hatte Tom gerade sauer gemacht, nur wusste ich nicht was.

Vor Toms Haustür angekommen ließ er meine Hand los um aufzuschließen und ich räusperte mich.

„Ahm....was hab ich gemacht, das du sauer bist?“ fragte ich dann vorsichtig nach und Tom drehte sich ruckartig zu mir um, nur um mich schon fast fassungslos anzustarren.

War ich echt so dumm wie ich mich gerade fühlte?
 

„Was? Gar nichts! Du hast gar nichts gemacht, Bill“ kam dann nach ein paar Sekunden die Antwort und schüttelte zur Unterstreichung seiner Worte den Kopf.

„Mich hat sauer gemacht, dass sie dich Schwuchtel genannt haben. Aber ich wollte ihnen jetzt auch nicht unbedingt eins auf die Schnauze hauen“ kommentierte er dann und meine Mundwinkel zuckten kurz nach oben, ehe ich Tom wieder verwirrt ansah als er sich meine Hand schnappte.
 

„Ich hab gesagt ich liefere dich ab, aber ich will dich noch nicht gehen lassen also....“ kams von ihm und ich musste unweigerlich grinsen, ehe ich ihm in die Wohnung folgte.

Tom lud die Einkaufstüten im Flur ab und schüttelte zur Erholung seine Hand, ehe er meine los ließ.

„Lass uns ne Pizza rein schmeißen und irgendeinen sinnlosen Film gucken“ schlug er dann vor und ich nickte.
 

Während Tom in der Küche verschwand um die Pizza ins Backrohr zu verfrachten, ging ich ins Wohnzimmer und ließ mich aufs Sofa fallen, wo ich mich auf den Bauch rollte und lang machte.

Das Shoppen hatte selbst meinen Beinen zugesetzt, obwohl ich immer dachte, dass das unmöglich wäre. Aber man konnte sich ja auch mal irren.

Ich schreckte auf, als etwas über meinen Oberarm strich und sah in Toms grinsendes Gesicht der halb über der Sofalehne hing.

„Mach dich nicht so breit Mäuschen“ kams von ihm und ich hob eine Augenbraue.
 

„Mäuschen?“ fragte ich nochmal nach, einfach um sicher zu gehen das mit meinen Ohren alles okay war.

„Ja, ich hab beschlossen ich nenn dich jetzt so. Prinzessin wäre etwas abwertend“ kams immer noch grinsend zurück und ich musste kurz lachen, während ich mich aufrichtete.

„Aber Mäuschen nicht oder wie?“ hakte ich nach und Tom überlegte eine Weile.

„Nein, weil Mäuschen können ja auch männlich sein“ argumentierte er und ich gab mich geschlagen.
 

Wie er überhaupt auf die Idee kam mir so einen Namen zu verpassen wollte ich nicht so genau wissen. Okay, ich wollte schon. Aber wie fragte man denn nach so was?

„Wie kommst du eigentlich auf die Idee?“ entschied ich mich einfach für die direkte Art und erntete von Tom ein Schulterzucken, während dieser ums Sofa rum lief und die Fernbedienung suchte.

„Ich mag dich. Und auf seltsame Art und Weise find ich dich niedlich.“ kams und mir rutschte die Klappe auf.

So was von einem Hetero zu hören war....ungewohnt, um nicht zu sagen beängstigend. Zumindest für mich.
 

In der Küche piepte es und Tom murrte, bevor er mir die Fernbedienung in die Hand drückte und mir erklärte ich solle schon mal einen Film aus dem Regal aussuchen, während er sich um die Pizza kümmerte.

Das tat ich dann auch. Ich entschied mich für 'Underworld', einfach weil ich ihn mit keinem Frauenfilm langweilen wollte. Und Unterworld hatte ich schon ewig nicht mehr gesehen.
 

„Ich hoffe mal du magst Salami. Ansonsten pul ich sie auch noch runter“ kams von Tom als er mit der Pizza ins Wohnzimmer kam und sie auf dem Tisch abstellte, was mich zum grinsen brachte.

„Du bist ein wahrer Gentleman. Aber ich mag Salami“ neckte ich ihn dann etwas und er streckte mir lediglich die Zunge raus, nur um den Startknopf zu drücken, da ich die DVD schon in den DVD-Player geschoben hatte.
 

Wir aßen unsere Pizza und sahen uns den Film an, nur um hinterher direkt noch den zweiten Teil anzusehen.

Und als Tom mir danach mitteilte das er noch Lust auf den dritten Teil hätte musste ich lachen.

„Musst du nicht mal schlafen?“ fragte ich ihn dann und er zog eine Schnute, nur um sich kurz drauf eine Zigarette anzuzünden.

„Ich muss erst um 10 Uhr auf Arbeit sein also hab ich ja theoretisch noch Zeit zum schlafen“ erklärte er dann und ich lachte leise.
 

Ich hatte nachgegeben, und wir hatten uns auch noch den dritten Teil angesehen, ehe ich wirklich beschlossen hatte nach Hause zu gehen und Tom seinen Schlaf zu gönnen.

Dieser ließ sich allerdings nicht davon abhalten mich vor die Haustüre zu bringen und meine Tüten zu tragen, die er im Flur abstellte.
 

„Dann geh jetzt endlich schlafen, sonst siehst du morgen aus wie überfahren“ witzelte ich dann und Tom gab nur ein 'Pft' von sich, ehe er grinste und mich zum Abschied umarmte.

Ich umarmte ihn zurück und blinzelte kurz als er mir über den Rücken strich, bevor er mich los ließ.

„Hey....lass uns Freitag einen 'Fluch der Karibik' Marathon machen“ grinste er dann als er im Hausflur stand und ich nickte nur, ehe ich ihm nachsah und dann die Tür schloss.
 

Als ich mich umdrehte bekam ich einen halben Schlaganfall, weil ich in das breit grinsende Gesicht meiner Mutter sah.

Warum war die nicht im Bett? Warum schlich sie sich so an?

„Ihr seid so süß zusammen“ kams gegrinst.

Und warum beobachtete sie mich?

„Und ihr wärt wirklich ein süßes Paar“ kams dann und mir klappte der Mund auf.

„Mama!“ stieß ich nur aus ehe ich die Augen verdrehte, die Tüten schnappte und diese in mein Zimmer warf. Immer dicht gefolgt von meiner Mutter.
 

„Dieser Tom ist wirklich ein Netter. Hat mir sogar angeboten Mittags zu kochen und auf dich zu warten, weil er was mit dir unternehmen wollte. Wirklich süß. Vor allem, weil er doch weiß das du schwul bist. Zumindest hat er das erwähnt“ plapperte sie und in mir wuchs der Wunsch nach einer Zigarette, weshalb ich in die Küche ging und mir dort auch eine ansteckte.
 

„Was hat Tom denn noch so erzählt?“ hakte ich dann nach.

Na wenn sie damit schon anfing, dann konnte sie auch direkt weiter machen.

„Ach so dies und das. Und das er total gespannt auf dich war, weil sein Freund Georg von nichts anderem mehr geredet hat. Ach ja....und total süß fand ich es, als er gesagt hat das er sich in den Kopf gesetzt hat das ihr Freunde werdet, weil du so nett bist und er dich direkt mochte, als er dich im Supermarkt gesehen hat. So niedlich!“ plapperte sie weiter und ich guckte sie fassungslos an.
 

Hatte Tom das wirklich gesagt, oder war das gerade ihr Wunschdenken?

„Und ihr seht euch Freitag wieder! Ist das ein Date?“ grinste sie dann und ich verschluckte mich fast am Rauch meiner Zigarette.

„Nein, verdammt!“ murrte ich nur und beschloss Zuflucht in meinem Zimmer zu suchen.

Das hielt man ja nicht mehr aus. Ich mochte meine Mutter wirklich gern aber....was für Drogen nahm sie zur Hölle?

Übernachtung

Mittwoch und Donnerstag stellten sich als die langweiligsten Tage meines ganzen Lebens heraus.

Ich wusste bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal, dass mir überhaupt so langweilig sein konnte. Das hatte ich bis jetzt noch nie erlebt.

Und irgendwie fand ich es erschreckend wie ich mich in den paar Tagen an Georg und Tom gewöhnt hatte.

Nämlich so sehr das ich fast gestorben wäre vor Langeweile.
 

Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht wenigstens versucht hätte mich anderweitig zu beschäftigen.

Ich hatte meinen Kleiderschrank sortiert. Alles nach Farben – wo es nicht besonders viel Auswahl gab – und nach Ärmellänge.

Aber auch das nahm zu meinem Leidwesen irgendwann ein Ende. Also hatte ich eben die Wohnung geputzt, auch wenn es nicht wirklich was zu putzen gab.
 

Gott sei Dank war endlich Freitag!

Vermutlich hätten mich zwei weitere Tage an den Rand des Wahnsinns getrieben. Das war jetzt übertrieben, aber es fühlte sich gerade so an.

Und es war echt ein erschreckendes Gefühl. So fühlte ich mich normalerweise nur wenn ich keine Dusche bekam.

Oder zumindest so ähnlich.
 

Als es an der Tür klingelte, rannte ich schon fast den Flur entlang, nur um die Tür aufzureißen und in das belustigte Gesicht von Tom zu blicken.

Vielleicht hatte ich die Tür zu hektisch aufgerissen. Das musste ja blöd aussehen.

„Da hatte wohl jemand Sehnsucht nach mir was?“ kams gegrinst und ich zog eine Schnute.
 

Ja, aber das konnte ich schlecht sagen.

„Vielleicht ein bisschen“ rutschte es mir heraus und ich hätte mich schon im nächsten Moment dafür schlagen können.

Tom guckte mich nämlich ziemlich verwundert an. Klar, er hatte das im Scherz gemeint und ich haute so was raus.

Zum Schluss dachte er noch ich wollte was von ihm, oder so in der Art.
 

„Warum kommst du dann nicht einfach runter?“ fragte er dann und ich hob eine Augenbraue ehe ich mit dem Kopf schüttelte.

„Weil du irgendwann auch mal Ruhe und Schlaf brauchst“

War zumindest meine Meinung. Toms anscheinend nicht, da der mit dem Kopf schüttelte und grinste.

„Bill mal ehrlich. Wenn du Gesellschaft brauchst oder nur mal Bock hast meine Visage zu sehen, dann komm runter. Schon allein bei der Vorstellung wie du hier oben rum hockst und vereinsamst, wird mir richtig schlecht“
 

Ich guckte Tom wohl etwas verstört an, da der mit den Augen rollte und dann auf mich zu kam, wo er mich einfach mal so umarmte.

Was ich übrigens verstörend fand. Trotzdem legte ich meine Hände auf seinen Rücken und hielt ihn kurz fest, bevor er sich wieder von mir löste.

„Mal abgesehen davon kannst du auch bei mir pennen wenn du willst. Dann krieg ich meine Ruhe, wie du so schön sagst, und du vereinsamst doch nicht“
 

Eine Weile herrschte Schweigen, in der Tom wohl über sein Gesagtes nachdachte, ehe er das Gesicht verzog.

„Vorausgesetzt es stört dich nicht mit mir in einem Bett zu schlafen. Das Sofa tu ich keinem an und im Bett meiner Eltern will wohl keiner schlafen. Und laut Georg mach ich mich ziemlich fett“ erklärte er dann und ich musste unweigerlich leise lachen.

Er hatte da aber nicht was vergessen oder?
 

„Und nein, ich denke nicht das du mir gleich die Klamotten vom Leib reißt und über mich herfällst. Und wenn doch....fällt mir bis dahin was ein. Vielleicht beschmeiß ich dich dann mit Wattebällchen oder so“ beantwortete er grinsend meine unausgesprochene Frage, was mich nun wirklich zum lachen brachte.

Die Vorstellung von einem Tom der mit Wattebäuschen um sich warf allein, war schon zum lachen.
 

Ich schnappte mir noch meine Haustürschlüssel bevor ich die Haustür zuschlug und Tom zu seiner Wohnung folgte, wo mich im Wohnzimmer fast der Schlag traf.

„Wer soll das denn essen?“ fragte ich fassungslos und deutete auf den Wohnzimmertisch.

Tom räusperte sich und schwieg.

Der ganze Tisch war voll mit Knabbereien, womit man locker zwei Großfamilien hätte ernähren können.

„Ich wusste nicht was du magst also...“ platzte es dann aus ihm heraus und ich sah ihn verwundert an, ehe meine Mundwinkel zuckten und ich mir ein Lächeln nur schwer verkneifen konnte.
 

„Außerdem hat Georg verlauten lassen, dass er nach seiner Schicht noch vorbei kommt. Und da der frisst wie ein Elefant, ist das nur gerechtfertigt“

Mein Kopf wanderte in eine Schräglage während ich Toms Gesicht studierte.

„Du bist rot“ stellte ich dann fest und Tom sah mich ertappt an ehe er murrte und an mir vorbei zum Sofa ging, auf das er sich fallen ließ.
 

Ich folgte ihm und setzte mich ebenfalls während ich sein Gesicht studierte, und er immer wieder aus dem Augenwinkel zu mir sah.

„Was ist?“ fragte er dann nach einer Weile und ich grinste leicht.

„Immer noch rot“ stellte ich fest und mein Gegenüber knirschte mit den Zähnen.
 

„Ach man....“ jammerte Tom dann los und drehte sich, so das ich sein Gesicht nicht sehen konnte, während er sich durch das Menü der DVD zappte.

„Ich mag dich halt“ stellte er klar und ich nickte einfach nur, auch wenn mich dieses Geständnis schon etwas umhaute. Und das obwohl er das nicht zum ersten mal sagte.

„Und ich bin nicht besonders gut darin auf Andere zu zugehen“
 

Mir fiel ein, dass Georg das erwähnte als wir zusammen gegessen hatten.

Er hatte gemeint das Tom zwar nicht so aussah aber eigentlich relativ schüchtern war.

Und er hatte recht mit Beidem. Tom sah wirklich nicht so aus, war es aber offensichtlich.

„Ich finds süß“ kommentierte ich dann einfach und schob mir einen Erdnussflip in den Mund, während ich aus dem Augenwinkel heraus registrierte das Tom sich wieder zu mir umdrehte.
 

„Süß? Mich oder meine Art?“ fragte er nach und ich zuckte mit den Schultern während ich runter schluckte.

„Beides. Und keine Sorge, ich grab dich nicht an“ antwortete ich.

Ich fand es wichtig ihm das zu sagen. Ich wollte nicht das er sich deswegen von mir fern hielt.

„Na das will ich doch hoffen. Ich müsste mir sonst ernsthaft Sorgen um deine Augen machen“
 

Ich sah Tom etwas verwundert an und runzelte dann die Stirn.

„Wenn du mich an baggern würdest, müsstest du echt an Geschmacksverirrung leiden“ grinste Tom mich dann an und mir klappte der Mund auf.

Das war ja jetzt hoffentlich nicht sein Ernst.

Deswegen fragte ich auch nach.
 

„Mal ehrlich, so wie du aussiehst kannst du jeden haben. Da würden sicher auch einige Heteros das Ufer wechseln“

Ich musste jetzt nicht erwähnen, das ich ziemlich erstaunt, verwirrt und etwas überfahren war.

„Georg sicher auch“ grinste Tom dann und ich schluckte während ich ihn anguckte und einfach gar nichts sagen konnte, was ihn nur noch mehr grinsen ließ.

„Solang du ihn nicht angräbst denkt er darüber gar nicht erst nach. Da ist er einfach gestrickt“ kam der Beruhigungsversuch und ich nickte einfach mal.
 

Wir beschlossen stillschweigend das Thema fallen zu lassen, da das bestimmt noch peinlich geworden wäre, und sahen uns stattdessen den ersten Teil von 'Fluch der Karibik' an.

Ungefähr zweieinhalb Stunden später lag ich mehr auf dem Sofa als das ich saß, als es an der Tür klingelte und Tom unwillig murrte.

Auch er war in eine mehr oder minder liegende Position gerutscht.

„Ist bestimmt Georg“ stellte er fest, bewegte sich aber keinen Millimeter.
 

Nachdem Georg weitere drei Mal geklingelt hatte hievte ich mich hoch und ging zur Tür die ich aufmachte, wo mir ein verwunderter Georg entgegen starrte.

„Tom bewegt sich nicht“ stellte ich dann fest und er nickte nur verstehend ehe er die Wohnung betrat und hinter sich die Tür schloss, nur um mich dann zu umarmen.

„Hach Billy, ich hab dich vermisst“ grinste er dann und ich nickte einfach nur. Das heute waren irgendwie zu viele Geständnisse auf einmal.
 

„Georg...hör auf ihn an zu grabbeln“ kams aus dem Wohnzimmer, und ich fragte mich woher Tom wusste das Georg mich umarmte.

Ich ging zurück ins Wohnzimmer, dicht gefolgt von Georg, und ließ mich neben Tom fallen, der noch genauso da hing wie vorher. Nur jetzt mit einer Zigarette in der Hand, woraufhin ich beschloss mir ebenfalls eine anzuzünden.
 

Nachdem wir uns auch noch die anderen Teile von 'Fluch der Karibik' sowie zwei Teile von 'Saw' angesehen hatten verkündete Georg das er nun nach Hause fahren würde, da er am nächsten Tag Mittelschicht hatte und um 11 Uhr auf der Matte stehen musste.

Ich fragte mich wie er dabei fit sein konnte, da wir es bereits 3 Uhr morgens hatten. Laut Georg war das aber kein Problem, da irgendwann sowieso Kaffee statt Blut durch seine Adern fließen würde.

Ich empfand diese Erklärung als hilfreich.
 

Tom und ich zappten noch etwas durch die Kanäle, ehe ich auch beschloss nach Hause zu gehen. Da ich annahm das Tom keinen großen Elan hatte sich zu bewegen, stand ich auf und streckte mich kurz.

Georg war immer noch der Meinung gewesen das wir morgen in diesen Schwulenclub gehen sollten und ich hatte einfach zugestimmt. Von daher sahen Tom und ich uns morgen, oder eher heute, sowieso.
 

Mein Nachbar war allerdings anderer Meinung. Zumindest schloss ich das daraus, das er mich am Handgelenk festhielt, was mich dazu veranlasste ihn fragend anzusehen.

„Bleib hier“ bat er mich dann und ich überlegte kurz.

„Im Sinne von hier schlafen?“ fragte ich dann vorsichtig nach und Tom nickte einfach nur.
 

Nachdem ich ihn noch eine Weile unschlüssig angesehen habe nickte ich als Antwort, und wurde Zeuge davon wie sich ein Lächeln auf Toms Gesichtszüge schlich.

Nicht das übliche Grinsen, sondern ein Lächeln. Das war eine Premiere.

Und ich musste zugeben das er mit diesem Lächeln wirklich hübsch aussah. Okay, das tat er auch so, aber gerade in diesem Moment eben besonders.
 

Tom ließ mein Handgelenk los und schaltete den Fernseher aus, bevor er aufstand und sich streckte.

Er deutete das ich ihm folgen sollte was ich auch tat. Auf dem Weg in sein Zimmer zeigte er mir gleich noch das Bad, wofür ich echt dankbar war.

Immerhin wollte ich ihn nicht mitten in der Nacht aufwecken nur um zu fragen wo ich hin musste.
 

In seinem Zimmer angekommen ließ ich meinen Blick neugierig herum wandern, während Tom seinen Kleiderschrank aufriss und darin herum wühlte ehe er mir ein Shirt hinhielt das ich entgegen nahm ehe ich ihn fragend ansah.

„Du kannst natürlich auch in Klamotten oder nackt pennen“ neckte er mich dann und ich schüttelte hektisch den Kopf.

Nackt garantiert nicht. Der arme Tom!
 

Ich ging ins Bad um mich umzuziehen. Ne Hose brauchte ich bei diesem Shirt wirklich nicht. Ich hatte ein Kleid an!

Oder zumindest sah es so aus.

Ich klopfte ehe ich das Zimmer wieder betrat und Tom schon auf dem Bett sitzen sah.

Nachdem ich die Türe hinter mir geschlossen hatte, ließ ich mich neben ihn fallen und sah mich wieder im Zimmer um.
 

An den Wänden waren unzählige Poster von Samy Deluxe und eine riesige Pinnwand an der alles Mögliche dran hing. Von Notizen, bis zu Fotos und Postkarten. Vermutlich so ziemlich alles was keinen anderen Platz gefunden hatte.

Toms Schreibtisch war ein kreatives Chaos, genauso wie der Kleiderschrank.

Letzteres machte ich daran fest, das ein Teil Klamotten schon heraus hing.
 

Meine Aufmerksamkeit wanderte wieder zu Tom, als dieser sich hinlegte und mich ebenfalls dazu brachte indem er mich an seinem Shirt nach hinten zog, ehe er die Decke über mich drüber warf.

„Sollte ich dich treten, tritt einfach zurück oder...weiß nicht. Beiss mich, schlag mich, tritt mich.“ grinste er dann und ich musste lachen ehe ich mich auf die Seite rollte und ihn ansah.
 

Zumindest so lange bis er sich über mich lehnte um das Licht aus zu machen.

Eine Weile herrschte Stille, bevor ich eine Berührung an der Wange spürte und es als Toms Hand identifizierte.

„Nacht Bill“ kams leise von ihm, bevor er seine Hand wieder weg nahm und ich kuschelte mich etwas mehr in die Bettdecke.

„Nacht“ antwortete ich und musste leicht lächeln, als Tom näher rutschte.

Das merkte ich daran, dass ich seinen Atem spüren konnte.

„Zieht am Arsch“ erklärte er und ich musste grinsen, ehe ich auch nachrückte.
 

Ich konnte ihn ja schlecht in seinem eigenen Bett frieren lassen.

Schminkkurs

Ich wachte morgens auf, da mir die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Und wirklich, ich konnte mir eine schönere Art zum aufwachen vorstellen.

Zuerst guckte ich mich etwas orientierungslos um, bis mir einfiel, dass ich die Nacht ja bei Tom geschlafen hatte.

Und dieser war es auch der mir die Luft zum atmen nahm, indem er seine Arme um mich geschlungen hatte und mich so fest umarmte das ich die Befürchtung hatte meine Rippen würden jeden Moment nachgeben.
 

Nach kurzer Überlegung wie ich Tom dazu bringen konnte mich wieder los zu lassen piekte ich ihn einfach in die Seite was ihn murren ließ.

Aber es war die einzige Möglichkeit, da meine Bewegungsfreiheit wirklich eingeschränkt war, weswegen ich einfach weiter machte.

„Was ist denn?“ knurrte er irgendwann.

„Luft“ presste ich heraus und Tom sah mich erst verwirrt an ehe er mich ruckartig los ließ und ich erst einmal tief durch atmete.
 

Ich rollte mich auf den Rücken und atmete eine Weile vor mich hin, wobei ich feststellte das ich noch nie so froh war zu atmen, wie gerade eben.

„Scheiße, das tut mir leid“ kams von Tom der sich aufgesetzt hatte und besorgt auf mich runter sah.

Anstatt etwas zu sagen krallte ich mir das Kissen und pfefferte es ihm ins Gesicht, nur um kurz darauf zu sehen wie Tom mich verwirrt und etwas fassungslos musterte.
 

„Ist okay. Aber du hast ganz schön Kraft. Denk dir was anderes aus um mich aufzuwecken“ neckte ich ihn dann und Toms Mundwinkel zuckten.

„Und was?“ fragte er dann nach, während er sich über mich drüber lehnte und am Boden nach seiner Hose angelte, nur um dort eine Schachtel Zigaretten raus zu fischen und sie mir fragend hinzuhalten.

Ich nickte nur und nahm mir eine, die von Tom angezündet wurde ehe ich überlegte und dann mit den Schultern zuckte.
 

„Keine Ahnung. Vielleicht irgendwas sanfteres?“ schlug ich dann vor und mein Gegenüber nickte während er an seiner Zigarette zog.

„Ich lass mir was einfallen. Wenn du dich schon bereit erklärst nochmal mit mir in einem Bett zu schlafen“ kams dann und er grinste mich an.
 

Und da erst fiel mir auf, dass ich das ja wirklich getan hatte. Zu meinem Leidwesen ohne es zu merken. Aber gut, ich fand es jetzt nicht besonders schlimm mit Tom in einem Bett zu schlafen.

Angenehm eher. Aber ich hatte auch noch nie einen Freund mit dem ich im selben Bett geschlafen hatte. Wie gesagt, eigentlich hatte ich gar keine Freunde gehabt.

Das teilte ich Tom auch mit. Nur so zur Vorwarnung sollte ich mich mal blöd benehmen, und er starrte mich eine Weile fassungslos an ehe er seufzte.
 

„Dann hab ich dich wohl in der Hinsicht entjungfert was?“ neckte er mich dann und ich streckte ihm lediglich die Zunge raus, bevor auch ich grinsen musste.

Allerdings hatte er das wohl. Jetzt wusste ich wenigstens was alle so toll daran fanden.

Mal nicht alleine einzuschlafen hatte wirklich was. Nur würde ich mich hüten mich daran zu gewöhnen.
 

Nachdem wir unsere Zigaretten aufgeraucht hatten, teilte ich Tom mit das ich mal nach Hause gehen würde um zu duschen und mir andere Klamotten zu besorgen. Und ich versicherte ihm das ich schon sicher und heil ein Stockwerk höher ankommen würde, als er meinte er würde mich begleiten.

Meiner Ansicht nach lohnte es sich auch nicht mich jetzt noch in meine Klamotten zu werfen, weswegen ich mir diese einfach unter den Arm klemmte und im Rekordtempo und Toms Shirt am Leib zu unserer Wohnung hoch rannte.
 

Kaum drin pfefferte ich meine Klamotten in den Wäschekorb und steuerte dann die Küche an, wo ich los schrie als sich von hinten zwei Arme um meinen Hals legten.

„Bist du heute wieder schreckhaft“ säuselte es und ich murrte nur ehe ich los gelassen wurde und meiner Mutter ins Gesicht guckte.

Der nächste Schock des Tages: Sie hatte eine Gurkenmaske im Gesicht, trug einen geblümten Morgenmantel und hatte eine Tasse Kaffee in der einen und eine Zigarette in der anderen Hand.
 

„Na? War die Nacht toll? Um nicht zu sagen heiß?“ kams als ich mir eine Tasse Kaffee machte und ich starrte sie entgeistert an, bevor ich ihr den Vogel zeigte.

„Was geht in deinem Kopf vor? Was denkst du was wir getan haben?“ kams fassungslos von mir und meine Mutter grinste nur breit ehe sie an ihrer Kippe zog.
 

„Och ich weiß nicht, das musst du mir sagen“ flötete sie und ich murrte.

„Vor allem wenn du mit verwischtem Makeup und einem fremden Shirt in der Küche stehst und alles andere als erholt aussiehst“ kicherte sie und ich guckte an mir runter.

Stimmt ja, ich hatte immer noch Toms Shirt an ich Vollhorst.
 

„Wir haben gar nichts gemacht. Tom wollte das ich bei ihm übernachte und hat mir das Shirt geliehen, das war auch schon alles“ seufzte ich dann und kippte Milch in meinen Kaffee, bevor ich mir eine Zigarette anzündete.

„Er wollte das du bei ihm bleibst? Wie niedlich“ quietschte meine Mutter los und ich beschloss einfach gar nichts mehr zu sagen.

Das lohnte sich nicht. Sie drehte sich das eh so wie sie es wollte, weswegen ich mich mit Kaffee und Zigarette bewaffnet in mein Zimmer ging und mich dort verbarrikadierte.
 

Zumindest so lange, bis ich mich gegen Abend entschied endlich duschen zu gehen.

Wer wusste schon wann Tom und Georg vor der Tür standen um mich abzuholen. Bei meinem Glück liefen sie auch noch meiner Mutter in die Arme.
 

Ich war gerade fertig mit duschen, hatte mich in meine Klamotten gezwängt und stand vorm Spiegel und schminkte mich, als es klingelte.

Nicht mal einen Schritt konnte ich tun, als ich auch schon meine Mutter an der Tür hörte wie sie Georg und Tom hingebungsvoll begrüßte. Und....Gustav?

Wer zur Hölle war Gustav?
 

„Bill ist in seinem Zimmer und....Schatz....hier sieht es aus als hätte eine Bombe eingeschlagen“ kams von der Tür und ich murrte lediglich.

Peinlicher ging es nicht mehr.

Mein Blick wanderte über die Schulter, nur um meine Mutter an der Tür zu entdecken und hinter ihr Tom und Georg sowie einen Unbekannten, der wohl Gustav war.
 

Ich warf einen mehr oder minder leidenden Blick in Toms Richtung, der die Augenbraue hob und sich dann meiner Mutter zu wandte.
 

„Danke Frau Kaulitz. Wir bringen ihn sicher und heil zurück, versprochen. Wie war eigentlich das Kartoffelgratin?“ verwickelte er meine Mum in ein Gespräch, während er Georg und Gustav in mein Zimmer dirigierte und die Tür hinter sich schloss.

Georg grinste mich an nur um dann auf mich zu zueilen und mich von hinten zu umarmen.
 

„Das ist faszinierend zu sehen wie du dich herrichtest. Mach ruhig weiter.“ grinste er bevor er mich los ließ und dann auf den etwas pummeligen Typen mit der Brille und den schwarzen kurzen Haaren deutete.

„Das da ist Gustav, das letzte Teil unseres früheren Dreiergespanns. Jetzt sind wir ja zu viert“ grinste er und ließ sich einfach auf mein Bett fallen.
 

Ich schluckte und hielt Gustav meine Hand entgegen, die er freundlich grinsend annahm.

„Georg, benimmt dich wie ein Mensch und lass dich nicht einfach ohne Aufforderung auf fremde Betten fallen“ kams dann ehe er mich wieder musterte.

„Ich bin Gustav Schäfer. Freut mich dich kennen zu lernen. Georg und Tom reden ja von niemand anderem mehr, da wurde ich neugierig“
 

Mir schoss die Röte ins Gesicht während Gustav meine Hand wieder los ließ und ich auf mein Bett deutete, worauf er sich dann fallen ließ.

Kurz darauf wurde meine Zimmertüre wieder aufgerissen und Tom kam rein, ehe er die Tür wieder hinter sich schloss.
 

Ich wollte mich schon bei ihm bedanken und entschuldigen, als er mit großen Schritten auf mich zukam und mich einfach umarmte, was mich verwirrt eine Augenbraue heben ließ.

„Deine Mutter ist der Brüller“ kams dann von ihm ehe er mich los ließ.

Und ich hatte echt ein mieses Gefühl.

„Ich soll dich daran erinnern das du nichts ohne Kondom tun sollst, und habe ihr versichert das ich darauf achte das du mit niemandem irgendwo hin verschwindest“ kams belustigt.
 

Jetzt hätte ich gerne angefangen zu schreien und zu weinen.

Es ging immer noch peinlicher wenn man von meiner Mutter redete.

Georg grinste belustigt, Gustav guckte verwirrt und Tom fuhr mir lediglich durch die Haare.

„Muss dir nicht peinlich sein. Niemand übertrifft Gustavs Oma“ stellte er dann fest und Gustav grinste während er bestätigend nickte.
 

Und irgendwie beruhigte mich das, ehe ich mich wieder dem Spiegel zu wandte und mich eigentlich weiter schminken wollte.

Allerdings tauchten im Spiegel drei Gesichter auf die mich gespannt anstarrten und ich hob fragend eine Augenbraue.

„Ich hab so etwas noch nie gesehen“ kams von Georg leise und ich blinzelte verwirrt.

„Ich auch nicht, irgendwie faszinierend“ flüsterte Tom und Gustav nickte ehe er ein „Das ist spannend“ von sich gab.
 

„Ähm....“ kams von mir und alle drei grinsten.

„Sorry, wir haben noch nie gesehen wie sich eine Frau geschminkt hat, geschweige denn ein Kerl“ lachte Georg dann und Gustav nickte nur wieder.

„Sticht man sich damit nicht ins Auge?“ fragte Tom dann und deutete auf meinen Kajal, was mich den Kopf schütteln ließ.

„Mach doch bitte weiter“ bat Gustav dann.
 

Ich entschied mich dazu sie einfach gucken zu lassen und umrundete meine Augen mit Kajal. Den Lidschatten hatte ich ja Gott sei Dank schon drauf.

Danach folgte die Wimperntusche und noch einmal Lidschatten über den Kajal, ehe ich mir transparentes Puder drüber puderte und kurz blinzelte.

Ich war zufrieden, also war ich fertig.
 

„Bewundernswert. Ich hätte mir schon längst das Auge ausgestochen“ sprach Georg und das war mir irgendwie peinlich.

Ich meine, ich vollbrachte ja kein Weltwunder oder so etwas.

„Wofür war das?“
 

Mein Blick wanderte zu Tom der das Transparentpuder hochhielt und mich fragend ansah.

„Das heißt ich kann jetzt schwitzen wie ein Schwein und das Makeup verläuft trotzdem nicht“ antwortete ich dann.

„Genial“ riefen alle drei gleichzeitig aus und ich räusperte mich kurz.
 

Irgendwie war es seltsam soviel Bewunderung fürs Schminken zu bekommen, wo ich bis jetzt immer nur deswegen fertig gemacht wurde.

Verstörend.

Fernhalten

Nachdem ich mich von meinem Peinlichkeitsanfall erholt hatte, folgte kurz darauf der nächste, als Georg feststellte das ich gut aussah.

Und als wäre dass das Stichwort gewesen wurde ich von allen Drei gemustert.

Mein Blick glitt an mir runter und ich fragte mich insgeheim was Georg genau meinte. Ich sah auch nicht viel anders aus als sonst.
 

Ich trug eine schwarze Hose mit leichtem Schlag und einigen Reißverschlüssen an den Oberschenkeln, Boots in schwarz, ein schwarzes Shirt mit silbernen Flügeln und eben einige schwere Armbänder und Halsketten.

Also nicht wirklich viel anders als sonst.
 

Gustav nickte und sagte nichts, wofür ich ihm im Stillen dankbar war. Georg grinste und Tom schlug sowieso alle Reaktionen.

Er legte die Arme um mich und gab lediglich ein „Stimmt“ von sich.

Irgendwie war mir das...gute Frage. Es war mir nicht unangenehm und peinlich war es mir auch nicht.

Es war ungewohnt, mehr nicht.
 

Nachdem Tom mich dann los gelassen hatte, riss ich meinen Kleiderschrank auf und zog eine Lederjacke heraus die ich mir anzog ehe ich hellhörig wurde.

„Gustav, du weißt was du zu tun hast“ kams von Tom und ich sah ihn fragend an, was ihn zum Grinsen brachte.
 

„Wir haben unsere Aktivitäten heute aufgeteilt. Alles zu deinem Wohl“ kams dann und Gustav nickte bestätigend.

„Ich fahre“ erklärte er dann und ich nickte verstehend.

Das erklärte noch lange nicht was sie aufgeteilt hatten.

„Ich werde dann auf deinen Hintern aufpassen, während Georg versuchen wird – sobald er angetrunken ist – dich mit irgendwelchen daher gelaufenen Parasiten zu verkuppeln“
 

Ich musste unweigerlich leise lachen. Tom klang wirklich alles andere als begeistert.

„Georg ich warne dich....übertreibs nicht“ murrte Tom in Georgs Richtung und der grinste bloß breit.

„Aber Billy kann ja nicht ewig Single bleiben“ war das Gegenargument.

Es sei mal dahin gestellt ob ich Single bleiben wollte oder nicht, das schien Georg nämlich nicht im geringsten zu interessieren.

„Ich schwöre dir das ich dich eigenhändig umbringe, wenn du Bill auch nur in die Nähe von irgendwelchen schmierigen Typen bringst die aussehen als wären sie in ne LKW-Ladung Farbe gefallen“ murrte Tom nur zurück.
 

„Ui! Ist da wer verknallt?“ kams belustigt von dem Langhaarigen und meine Augenbraue wanderte nach oben, ehe ich Gustav ansah, der nur mit den Schultern zuckte.

Anscheinend hatte er genauso viel Ahnung wie ich.
 

Die Diskussion zwischen Tom und Georg ging noch weiter als wir zum Auto gingen, wo ich mich in weiser Voraussicht nach vorne neben Gustav setzte.

Sie ging auch noch weiter als wir vor dem Club parkten. Und auch im Club ging sie weiter.

Sie endete eigentlich erst, als Gustav fragte ob es sie stören würde, wenn er mich mit nach Hause nahm.
 

Natürlich meinte er das nicht ernst, das sah ich schon daran das er sich ein Grinsen verkniff und mir zu zwinkerte.

Aber trotzdem hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit von Georg und Tom die synchron ein „Vergiss es“ von sich gaben.

Wenigstens waren sie sich in der Hinsicht einig.
 

„Ich zeig dir den Club“ stellte Georg dann fest und stand auf, wo er über Tom drüber stieg und mich an der Hand hinter sich herzog.

Der Club an sich war wirklich toll, auch wenn manche Leute wirklich seltsam waren oder es zumindest ausstrahlten.
 

Nachdem wir den Rundgang beendet hatten, stellte mich Georg einigen Männern vor, die er hier kennen gelernt hatte, und die laut eigener Aussage ebenfalls alle schwul waren.

War auch nicht verwunderlich, immerhin war das ein Schwulenclub.

Ich fand sie alle ja nett, aber am Ende wurde ich von Ryan in ein Gespräch verwickelt und Georg informierte mich darüber, dass er zu den Anderen gehen würde.
 

Ich erfuhr das Ryan ursprünglich aus Kanada kam, aber seit 10 Jahren hier lebte. Er war 29, arbeitete als IT-Fachmann bei einer Computerfirma und sah meiner Meinung nach wirklich gut aus.

Er war einen Kopf größer als ich, muskulös, hatte kurze blonde Haare und braune Augen.

Sein Stil war eher schlicht, aber das stand ihm.

Und ich fand ihn wirklich nett, und hatte kurz darauf seine Handynummer.
 

Während Ryan für uns neue Getränke bestellte, wanderte mein Blick über die Schulter, weil ich mich beobachtet fühlte.

Und nachdem mir einige Leute aus dem Sichtfeld gegangen waren, sah ich das es Tom war der mich beobachtete.

Er unterhielt sich zwar allem Anschein nach mit Georg und Gustav, ließ mich jedoch keine Sekunde aus den Augen, was mich leicht lächeln ließ.
 

„Tom also, hm?“

Mein Blick wanderte zu Ryan und ich sah ihn fragend an, während dieser zu Tom nach hinten sah und mir mein Getränk reichte.

„Du machst den Eindruck als wärst du lieb und wüsstest was richtig und was falsch ist“ kam es von ihm und ich sah ihn fragend an.

Ich wusste beim besten Willen nicht was er meinte.

„Du solltest dich von ihm fern halten. Er ist kein guter Umgang für dich“
 

Ich war etwas irritiert.

„Kennst du Tom?“ fragte ich deswegen nach und Ryan sah mich an während er schwieg.

„Fast jeder kennt ihn mehr oder weniger. Kommt darauf an in welchem Stadtteil man wohnt“ wurde mir geantwortet, was aber nicht dazu beitrug das meine Verwirrung weniger wurde.
 

In mir entwickelte sich irgendwie eine ablehnende Haltung gegenüber Ryan.

Ich mochte es noch nie wenn man in Rätseln sprach. Zudem fragte ich mich warum Tom ein schlechter Umgang für mich sein sollte.

„Und das heißt?“ hakte ich deswegen nach.

„Frag mal nach 'Skyleston'“ war die Antwort.

Und meine Geduld war am Ende. Wirklich am Ende.

Ich war ja von Natur aus wirklich sehr geduldig und eher zurückhaltend. Und ich war auch nicht der Typ dafür richtig angepisst zu sein.

Aber momentan war ich es einfach.
 

Deswegen drehte ich mich um und wollte zu den Anderen zurück, als ich am Handgelenk festgehalten wurde und in Ryans Gesicht sah.

„Geh nicht zu ihm. Er tut dir nicht gut. Er wird dich verletzen. Er wird...“ kam ein Redeschwall, der jedoch unterbrochen wurde, während Ryan meine Hand losließ.

Ich war erst etwas irritiert, sah dann jedoch eine Hand um Ryans Handgelenk und folgte dem Arm zum dazugehörigen Körper und dessen Gesicht.
 

Toms Gesichtsausdruck war alles andere als begeistert, bevor er Ryan schon fast angewidert los ließ.

„Rühr ihn nicht an“ knurrte er, ehe er mit der anderen Hand nach meinem Handgelenk griff und mich mitzog, nachdem er Ryan noch einen mörderischen Blick zugeworfen hatte.
 

Als wir weit genug von Ryan weg waren sah Tom mich fragend an und seine Hand glitt zu meiner, die er dann festhielt während er mich durch die tanzenden Leute lotste.

„Alles okay?“ fragte er mich dann und ich nickte nur.

Wie kam Ryan darauf das Tom nicht gut für mich war? Tom war einer der Ersten die mich trotz meines Aussehens und meiner Sexualität einfach so akzeptierte ohne Fragen zu stellen.

Der es als komplett normal hinnahm das ich auf das gleiche Geschlecht stand und trotzdem körperliche Nähe mit mir aufbaute.
 

Der restliche Abend verlief ohne besondere Vorkommnisse. Wohl, weil Tom nicht mehr von meiner Seite wich.

Laut eigener Aussage um mir solche Spinner wie Ryan vom Hals zu halten. Ich hatte Tom wenigstens erzählt, das Ryan gemeint hatte ich sollte mich von ihm fern halten.

Von diesem 'Skyleston' erwähnte ich allerdings nichts. Ich wusste nicht was das war und es erschien mir auch nicht so wichtig.
 

Irgendwann um kurz nach 3 Uhr morgens fuhren wir nach Hause.

Gustav lud mich und Tom vor der Haustüre ab und wünschte uns eine gute Nacht, während er versuchte einen komplett betrunkenen Georg davon zu überzeugen das er gefälligst in die Papiertüte zu kotzen hatte, wenn er das musste, und nicht in den Wagen.
 

Im ersten Stock verabschiedete ich mich von Tom – wie immer mit einer Umarmung – und lief zu unserer Wohnung nach oben, ehe meine Augenbraue nach oben wanderte als ich Tom fluchen hörte.

Neugierig beugte ich mich über das Geländer und sah ihn in seinen Hosentaschen herum wühlen.

„Tom?“ fragte ich deswegen nach und dieser guckte nach oben, mit einem ziemlich unglücklichen Gesicht.

„Haustürschlüssel in der Wohnung gelassen“ informierte er mich dann und tippte auf seinem Handy herum.
 

„Dann komm hoch“

Der Satz kam von mir bevor ich überhaupt darüber nachgedacht hatte und Toms Blick musterte mich etwas verwirrt.

Trotzdem setzte er sich in Bewegung und kam zu mir nach oben, während ich die Tür aufschloss und ihn vor mir einfach rein schob.

„Ist das wirklich okay?“ wurde ich dann gefragt, nachdem wir in meinem Zimmer angekommen waren und ich nickte einfach nur.

Klar war das okay. Ich würde ihn garantiert nicht im Hausflur schlafen lassen.

Meine Mutter würde vermutlich morgen den Höhepunkt ihrer grausamen Sprüche erreichen, das konnte ich schon förmlich riechen.
 

Ich verzog mich ins Bad um mich ab zu schminken und mir meine Schlafkleidung anzuziehen. Nachdem das erledigt war klopfte ich vorsichtig an meiner Zimmertür und hörte nur ein Murren, weswegen ich mich wieder in mein Zimmer schob, wo Tom schon im Bett lag.

„Also ich hoffe das ist okay“ kam es von ihm und er deutete auf seine Hose die am Boden lag, wohl um mir mitzuteilen das er keine Schlafklamotten hier hatte und deswegen in Boxershorts schlafen würde.
 

„Tom....ich bin schwul. MICH stört das definitiv nicht“ erwiderte ich belustigt und Tom grinste ehe er ein „Dann ist ja gut“ von sich gab.

Genau das war es was ich meinte. Tom scherte sich nicht darum ob ich jetzt schwul war oder nicht. Kein normaler Kerl würde halbnackt im Bett eines Schwulen schlafen. Tom schon. Die anderen Beiden vermutlich auch, so wie sie damit umgingen.
 

Ich legte mich neben Tom und deckte mich zu, ehe ich die Nachttischlampe aus schaltete und gähnte, ehe ich lachen musste, weil Toms Hand über meine Seite strich und mich leicht kitzelte.

„Sorry“ nuschelte es von hinten, bevor die Hand auf meinem Bauch zum liegen kam und Tom mich einfach so mehr in seine Richtung zog, was mich irritiert nach hinten gucken ließ.
 

„Du bist schön warm“ kam die genuschelte Erklärung, während Tom sein Gesicht an meinem Schulterblatt vergrub, und ich musste unweigerlich lächeln und kurz den Kopf schütteln, so gut das halt ging.

„Du bist echt seltsam“ stellte ich dann fest und bekam von Tom ein leises Lachen als Antwort.

„Sonst wäre ich ja langweilig“
 

Das Argument war auch nicht schlecht.

Tattoos & Highscore

Der nächste Morgen begann ruhiger als erwartet.

Ich wachte entgegen meiner Erwartungen vorm Schlafen gehen, nicht durch meine Mutter auf, die lästige und quietschende Kommentare von sich gab, sondern durch Tom.

Und das auf eine ziemlich schräge Art und Weise. Zumindest für meine Verhältnisse.
 

Der Grund warum ich aufwachte, war eine Gänsehaut die sich auf meinen Armen ausgebreitet hatte, und mich sogar noch im Schlaf zum schaudern brachte.

Eigentlich bekam ich ziemlich selten Gänsehaut. Meistens waren offene Fenster oder unheimliche Aktionen meiner Mutter dafür verantwortlich.
 

Das war auch der Grund warum ich meine Augen öffnete und mich erst mal irritiert umsah.

Als erstes fielen mir die fremden Klamotten am Boden auf, ehe mir einfiel das Tom ja bei mir übernachtet hatte. Oder es immer noch tat, wenn seine Klamotten noch hier waren.

Ein Blick über meine Schulter bestätigte mir, dass es Toms Schuld war, dass ich aufgewacht war.

Nämlich deswegen, weil Toms Finger über meinen Arm strichen und mir somit eine Gänsehaut verpassten.
 

„Morgen“ kams von ihm und ich murrte nur kurz bestätigend.

Anstatt mit seinem Tun aufzuhören, jetzt wo ich wach war, mache Tom ungerührt weiter.

Ich guckte ihn fragend an und bekam als Antwort nur ein Schulterzucken.

„Ich hab gesagt ich weck dich anders auf“ erklärte er sich dann und ich nickte einfach nur.

Mein Elan das Bett zu verlassen war momentan wirklich nicht besonders groß, immerhin war es Sonntag morgen. Das konnte mir wirklich keiner übel nehmen.
 

Also streckte ich mich kurz, wobei ich Toms Tätigkeit unweigerlich unterbrach, und kuschelte mich wieder in die Bettdecke um noch ein bisschen zu schlafen.

„Weiter schlafen?“ wurde ich leise gefragt und nickte nur leicht.

Von Tom bekam ich keine Antwort, trotzdem machte ich die Augen wieder auf, vor lauter Überraschung.
 

Der Grund hierfür war einfach, das Tom seinen Arm um meinen Bauch legte, und sich von hinten an mich kuschelte. Und ja, das verwirrte mich.

Andererseits war es Tom. Und der hatte mir schon öfter mitgeteilt, oder mir gezeigt, das er drauf schiss das ich schwul war.

Manchmal fragte ich mich wirklich, warum er so die Nähe zu mir suchte.

Und ich fragte mich auch, warum ich ihn nicht einfach auf Abstand hielt. Vermutlich deswegen, weil ich noch nie wirklich Freunde hatte.
 

Die Nähe die Tom zu mir aufbaute, war für mich wirklich ungewohnt. Aber es fühlte sich auch gut an, jemanden zu haben dem es egal war auf was ich stand, warum das so war oder sonst irgendwas.

Tom schien sich irgendwie nur für meine Person selber zu interessieren, ohne das ganze Drum herum, wie Aussehen, Sexualität oder sonst was.
 

Ich schloss meine Augen wieder, und rutschte etwas nach hinten gegen Tom. Die einzige Reaktion von ihm war, dass er den Griff um meinen Bauch leicht verstärkte, was mich aus irgendeinem Grund lächeln ließ.
 

Das nächste Erwachen war schon eher nach meinen Befürchtungen.

Ich wachte deswegen auf, weil gequietscht wurde und zuckte unweigerlich zusammen, genauso wie Tom.

Mein Blick wanderte weniger irritiert zu meiner Zimmertüre, in der meine Mutter stand, und ich wäre gerade gern vor lauter Peinlichkeit gestorben.
 

Da stand sie, die Frau die mich geboren hatte, bekleidet mit ihrem geblümten Morgenmantel und den rosafarbenen Plüschpuschen. Auf dem Kopf eine Horde von Lockenwicklern. In der rechten Hand eine Tasse Kaffee sowie eine Zigarette und in der linken Hand ein Stück Käsekuchen.

Diesen Anblick wollte morgens jeder Mensch sehen. Zumindest jeder, der nicht gerade versuchte Freundschaften aufzubauen, und einen Freund bei sich im Bett liegen hatte, der diesen Anblick gezwungenermaßen auch sehen musste.
 

„Die Störung tut mir leid. Ich dachte du wärst allein“ kams gegrinst von meiner Mutter, und ich fragte mich einen Moment lang, ob ich mir den anzüglichen Unterton in ihrer Stimme nur einbildete.

Nein tat ich nicht, wir redeten hier von meiner Mutter und nicht dem Durchschnitt.
 

„Tom hat sich ausgesperrt“ erklärte ich und fuhr mir mit einer Hand durch die Haare.

Das war ja wohl Erklärung genug. Oder auch nicht, ihrem Blick nach zu urteilen.

Gott, es lag daran das Tom bei mir im Bett lag oder? Aber hätte ich ihn zu ihr ins Bett packen sollen oder was?

„Mhmmmm....ich verstehe. Dann...stör ich euch mal nicht weiter“ kams nur noch breiter gegrinst und tänzelte aus dem Zimmer, nur um die Türe hinter sich zu zuziehen.
 

Was zur Hölle dachte diese Frau? Mein Blick blieb am Boden hängen, und mein Gesicht nahm einen resignierten Ausdruck an.

Okay, Rätsel gelöst. Toms Klamotten auf dem Boden. Dazu noch die Tatsache, das Tom nicht mal daran gedacht hatte mich loszulassen.

Das Einmaleins meiner Mutter war nicht gerade das realistischste, aber einigermaßen nachvollziehbar, wenn man sie lange genug kannte.
 

„Sie denkt jetzt das wir...“ fing Tom an und ich unterbrach ihn mit einem „Jep“, ehe ich mein Gesicht ins Kissen drückte, nachdem ich mich auf den Bauch gerollt hatte.

Eine Weile herrschte Ruhe, ehe Tom sich räusperte.

„Was machst du da eigentlich?“ kam die Frage kurz darauf und ich murrte.

„Ich versuch mich selbst zu ersticken, damit ich diese Peinlichkeit nicht mehr ertragen muss“ kommentierte ich ins Kissen, und erntete lediglich ein Lachen.
 

Ich quiekte auf, als Tom anfing mich zu kitzeln, und mich somit dazu brachte mich auf den Rücken zu drehen und meine Erstickungsmaßnahmen auf später zu verschieben.

„Wenn du dich erstickst, bei wem soll ich dann im Bett schlafen wenn ich mich wieder ausgesperrt hab?“ kams von Tom und ich hob lediglich eine Augenbraue, während ich zu ihm hoch sah, weil er halb über mir hing.
 

„Georg?“ rätselte ich dann und Tom zeigte mir grinsend den Vogel.

„Neben Georg zu schlafen ist nur was für harte Kerle. Ich bin da dann eher der Softie. Zumindest steh ich nicht drauf nachts verprügelt zu werden“ kams zurück und ich nickte einfach mal verstehend.

Ich würde das glaube ich auch nicht wollen.
 

„Ich muss dich jetzt mal was fragen, und ich will eine ehrliche Antwort drauf“ kams dann von Tom und ich sah etwas verwirrt zu ihm hoch.

Und ja verdammt, ich war echt angespannt. Diese Ernsthaftigkeit, mit der Tom das gesagt hatte ließ mich irgendwie nichts gutes ahnen.
 

„Also das am Arm kenn ich ja schon aber....wie viele Tattoos außer im Nacken und am Arm hast du noch?“

Mein Blick musste echt verstört wirken, da Tom mich belustigt angrinste.

„Ich habs vorhin vorm einschlafen gesehen“ erklärte er dann, warum er wusste das ich im Nacken ebenfalls ein Tattoo hatte.
 

„Zwei“ antwortete ich dann nach einer Weile, wo ich mich von meinem Schock erholt hatte.

Ich dachte wirklich jetzt kommt so ne total ernste und existentielle Frage.

Meine Mundwinkel zuckten und ich musste grinsen, als ich Toms auffordernden Blick sah.

„Leiste und die linke Seite“ gab ich dann genauer Auskunft, ehe ich lachen musste.
 

Toms Blick hatte sich nicht im geringsten verändert.

„Ich soll jetzt strippen oder?“ hakte ich nach und Tom grinste ebenfalls ehe er ein „Ich bitte darum“ von sich gab und sich von mir entfernte.
 

Ich setzte mich auf und überlegte kurz ob es wirklich eine gute Idee war mich hier halb auszuziehen. Allerdings wars Tom, und was wollte Tom mir schon großartig weg- oder angucken? Zumal er total hetero war. Laut Georg.

Also zog ich mir mein Schlafshirt über den Kopf, ehe ich Tom verwirrt ansah als dieser scharf die Luft einzog.

Vielleicht doch keine gute Idee.
 

„Genial“ nuschelte er, bevor ich seine Finger auf meiner Seite hatte und er den Schriftzug nach fuhr.

Warum auch immer Tom so von Tattoos fasziniert war, verstand ich nicht so wirklich.

Andererseits war es irgendwie süß, wie er komplett verrenkt da lag und mein Tattoo anstarrte, als würde es sich jeden Moment auflösen.

„Das tut doch weh“ stellte er dann einfach fest und ich zuckte mit den Schultern bevor ich ein „Es geht“ von mir gab.
 

Nach gefühlten zehn Minuten nahm Tom seine Finger weg und sah zu mir hoch.

„Hat das eine bestimmte Bedeutung oder einfach nur so?“ fragte er dann und ich lächelte leicht.

„Ich würde mir nie etwas 'einfach nur so' tätowieren lassen.“ erklärte ich dann, bevor ich mich räusperte.

„Die Botschaft ist ganz einfach. Ich hab keine Lust mich zu verändern, nur weil Andere das gerne hätten. Irgendwann kehrt jeder dahin zurück, wo er her gekommen ist. Also warum sollte ich mein Leben so leben, wie andere Menschen es von mir erwarten?“ erklärte ich dann und Tom nickte.
 

„Scheiße ist das tiefsinnig. Von dir könnte sich Georg echt was abgucken. Georgs Tiefsinnigkeit ist höchstens so tief wie der Fischbrunnen am Marienplatz“ grinste Tom dann und ich musste lachen.

Der Vergleich war wirklich irgendwie böse, andererseits wusste ich auch das Tom das natürlich nicht ganz ernst meinte. Aber der Vergleich war irgendwie auch lustig.
 

„Das nächste“ forderte mich Tom dann auf.

Und mir war wirklich etwas unwohl. Immerhin ging mein Stern-Tattoo schon etwas weiter runter.

Andererseits war es nur Tom, redete ich mir ein. Und Tom war ganz sicher nicht der Typ um mir sonst irgendwo hin zu grapschen.
 

Also strampelte ich die Decke etwas runter, nur um kurz darauf den Bund meiner Schlafhose etwas runter zu ziehen.

„Also das tut definitiv weh, da kannst du mir nichts anderes erzählen“ kams und ich grinste leicht.

Ja, das hatte auch weh getan. Einfach, weil die Haut dort empfindlicher war.
 

Tom besah sich das Tattoo ohne eine Berührung. Zumindest eine Zeit lang, ehe er seine Fingerspitzen doch darüber streichen ließ, und ich deswegen etwas zusammen zuckte.

Nicht weil es mir unangenehm war, sondern weil es einfach seltsam war das mich dort jemand überhaupt anfasste.

Vor allem wenn dieser Jemand total hetero war, aber offensichtlich nicht das geringste Problem damit hatte. Sagen wir es war verwirrend.
 

Ich hörte die Türklingel und fragte mich wer das jetzt wohl war.

Aber vielleicht hatte meine Mutter auch jemanden kennen gelernt oder sich mit jemanden aus ihrer Arbeit angefreundet, der zum Kaffeeklatsch kam. Oder so was in der Art.

Also konzentrierte ich mich wieder auf Tom.

Zumindest so lange bis die Zimmertüre aufflog.
 

„TOM!“ kams und mein Blick sowie der von Tom huschten zur Tür, wo Georg mit offenem Mund drin stand und uns anstarrte.

„Stören wir?“ fragte Gustav belustigt, der über Georgs Schulter ins Zimmer guckte, und sich anscheinend angestrengt ein Grinsen verkniff.
 

„Es ist nicht das wonach es aussieht“ kam es von Tom und mir synchron.

Allerdings war Toms Hand immer noch an meinem Tattoo. Mit dem Unterschied das es inzwischen nicht mehr die Fingerspitzen waren, sondern die komplette Handfläche, aber das schien er gerade nicht zu bemerkten.
 

„Dieser Satz macht es irgendwie nicht besser“ kams von Georg, und ich schluckte unweigerlich.

Na super. Das war definitiv mein Highscore in Sachen Peinlichkeit.

Jungfrau

Ich fühlte mich haltlos überfordert.

Egal was ich jetzt sagen würde, Georg und Gustav würden mir nicht einen Piep glauben.

Vermutlich würden sie mir nicht mal die Wahrheit abkaufen.

„Tom, bis gerade eben dachte ich du wärst komplett hetero“ kams von Georg und mein Blick wanderte zu Tom, als dieser murrte und übertrieben mit den Augen rollte.
 

„Georg, bis gerade eben dachte ich, dass du weißt wie Sex aussieht“ kommentierte Tom zurück, und mir schoss die Röte ins Gesicht.

Okay, Tom und ich hatten definitiv keinen Sex, aber musste er das so erwähnen?

Georg schien zu überlegen, und ich fragte mich wirklich was es da zum überlegen gab.
 

Okay, wir lagen Beide mehr oder weniger halb nackt im Bett, und Toms Hände waren weiß Gott wo, aber nach Sex sah das nicht aus.

Oder?

Ich gebe an dieser Stelle zu das ich noch nie....Sex hatte. Weder mit dem einen Geschlecht noch mit dem Anderen. Ich war noch Jungfrau.

Aber man konnte auch nicht behaupten, dass es in meinem früheren Wohnort besonders viel Auswahl gegeben hätte.
 

Ich zuckte erschrocken zusammen, als Gustav sich auf die Bettkante setzte und mich wie schon am Tag zuvor freundlich angrinste, ehe er die Hand ausstreckte und mir durch die Haare wuschelte.

„Na? Ausgeschlafen?“ fragte er dann und ich nickte einfach mal.

Dass er das so locker nahm, dass Tom und ich hier halb nackt herum lagen, fand ich irgendwie faszinierend.
 

„Ui, Tattoos! Ich will auch gucken“ kams dann von ihm, und er entfernte kackedreist Toms Hand von meiner Leiste nur um sich halb über mich drüber zu lehnen und den Schriftzug an meiner Seite zu untersuchen.

„Tattoos?“ kams von der Tür und Georg schloss die Tür hinter sich.

„Ja, Tattoos du Teelicht“ kams von Tom, der etwas zur Wand rutschte, damit ich nach rutschen konnte und nicht irgendwie zerquetscht wurde.
 

„Darum gings?“ fragte Georg weiter nach und ließ sich neben Gustav fallen, der ihm auf die Finger klopfte als Georg seine Hand nach meinem Sterntattoo ausstreckte.

„Ja, darum gings“ murrte Tom wieder, und mein Blick wanderte zu ihm.
 

Tom sah alles andere als erfreut aus. Aber vermutlich wäre ich das an seiner Stelle auch nicht.

Immerhin wurde ihm gerade unterstellt schwul zu sein. Na gut, inzwischen nicht mehr, aber vor ungefähr 5 Minuten war dem noch so.
 

„Was macht ihr eigentlich hier?“ kam irgendwann die Frage von meinem Nachbarn und ich folgte seinem Blick zu Georg und Gustav.

Das war allerdings eine gute Frage. Eine Frage, die ich mir vielleicht auch mal hätte stellen sollen.

Ich fragte mich nämlich auch gerade, was die Beiden hier machten.

Vermutlich hatten sie es zuerst unten bei Tom versucht und dann überlegt das der vielleicht bei mir sein könnte.
 

„Du hast mir doch gestern eine SMS geschrieben, ich soll meinen Hintern mit Georg und dem Ersatzschlüssel her bewegen“ kams ungerührt von Gustav.

Stimmte ja, Tom hatte seinen Schlüssel in der Wohnung vergessen. Okay, das war natürlich ein guter Grund hier aufzutauchen.
 

„Und dann haben wir uns gedacht, wo wir schon mal da sind, können wir auch in den Englischen Garten fahren und ein Picknick machen“

Meine Augenbraue wanderte nach oben, ehe ich Tom ansah, der anscheinend genauso wenig den Zusammenhang verstand wie ich auch.

„Picknick?“ hakte er nach und Gustav grinste.

„Ja, ein Frühlingspicknick. Hab alles schon im Auto“ kams und Tom stöhnte auf, was mich kurz lächeln ließ.
 

„Das macht er mit Absicht. Weil er genau weiß, dass ich nicht nein sagen kann, wenn er das Zeug schon alles gemacht hat“ murrte er dann und von Gustav kam nur ein unschuldiges „Ich weiß nicht was du meinst“.

Was ich ihm nicht abnahm.

Wir entschieden uns also dazu, mit Gustav und Georg ein Picknick zu machen.
 

„Und jetzt raus hier, wir wollen uns anziehen“ kams dann von Tom und er scheuchte die Beiden aus meinem Zimmer.

Jetzt hatten sie wahrscheinlich das große Glück mit meiner Mutter kommunizieren zu dürfen. Irgendwie taten mir die Beiden leid. Irgendwie aber auch nicht.
 

Tom stieg über mich drüber und streckte sich dann bevor er gähnte.

Und bevor ihm etwas entscheidendes auffiel.

„Fuck...ich muss noch duschen“ stellte er dann fest und ich nickte, bevor ich mich aufsetzte und Toms Blick auf mir hatte.

„Ich bin kurz unten, mach du derweil mal. Ich komm dann wieder hoch“ informierte er mich und sprang in seine Hose – was bei der Größe wohl kein Kunststück war – ehe er mich angrinste, und ich nickte einfach nur.
 

Sollte er mal machen. Ich wollte nämlich auch duschen gehen.

So würde ich garantiert nicht das Haus verlassen.

Kurz nachdem ich aufgestanden war blinzelte ich überrascht und legte meine Arme um Tom, der mich einfach so umarmt hatte.

Und irgendwie war das komisch.

Klar, Tom hatte mich schon öfter umarmt, aber wir waren Beide noch nie oben ohne dabei gewesen.

Und genau das war seltsam.
 

Tom verließ mein Zimmer und ich gähnte kurz, bevor ich mir Klamotten aus dem Schrank zog und aus dem Zimmer schlurfte, nur um irritiert stehen zu bleiben und die Stirn zu runzeln.

„Und da war Bill 6 Jahre alt. Er wollte ja ums verrecken nicht in die Schule gehen der kleine Süße“ hörte ich meine Mutter, und ahnte automatisch Böses.
 

Mein Blick wanderte um die Ecke nur um ins Wohnzimmer sehen zu können.

Und was ich da sah, versaute mir nicht nur den Tag sondern zerlegte mein Ego in ungefähr 100 Einzelteile.

Meine Mutter saß mit Georg und Gustav auf dem Sofa und blätterte in einem Fotoalbum.

Und ich war mir sicher, dass das eins der Alben war, die meine komplette Kindheit genau dokumentierten.
 

Ich seufzte nur geschlagen und schlurfte weiter ins Bad, wo ich die Tür hinter mir abschloss und mir kurz darauf die Haare raufte.

Es war ja nicht so als wäre ich allein schon peinlich genug, nein, meine Mutter musste mich dabei natürlich auch noch tatkräftig unterstützen.

Auf die Unterstützung hätte ich übrigens gern verzichten können.
 

Nachdem ich mich geduscht hatte, schlüpfte ich in meine Klamotten und putzte mir die Zähne.

Da wir heute ein Picknick machen wollten, entschied ich mich für eine helle Jeans mit Schlag, einen schwarz-weiß gestreiften Pullover der mir bis zu der Mitte der Oberschenkel reichte und Springerstiefel.

Ich verließ das Bad wieder um in mein Zimmer zu gelangen und mich dort mit weniger Elan als sonst meinem Makeup zu widmen.
 

Und beinahe hätte ich den Eyeliner über mein komplettes Gesicht verteilt, als Tom mich von hinten umarmte, und ich mich natürlich erschreckte.

Ich hatte ihn wirklich nicht kommen hören. Das konnte natürlich auch an der lauten Musik liegen, die aus meiner Anlage kam.

Tom jedoch, grinste mich nur entschuldigend durch den Spiegel an, blieb aber trotzdem weiterhin so stehen, die Arme um meinen Bauch geschlungen.
 

Meine Augenbraue wanderte in die Höhe, ehe ich leicht den Kopf schüttelte.

Na wenn er wollte, dann sollte er so stehen bleiben.

„Deine Mum zeigt den Beiden übrigens gerade Kinderfotos von dir“ kommentierte Tom und ich nickte nur, um ihm zu zeigen dass ich das schon wusste.

„Sie sind gerade bei deinem 13. Lebensjahr und dabei, wie du deiner Mum gestanden hast das du wohl auf Männer stehst. Nicht zu vergessen das die Beiden jetzt wissen das du noch Jungfrau bist“ kams locker flockig von Tom und ich starrte ihn durch den Spiegel fassungslos an.
 

Konnte man sich eigentlich von seiner Mutter scheiden lassen nur um sie dann auf Schmerzensgeld zu verklagen? Sollte ich eventuell mal nachschlagen.

„Klasse“ murrte ich nur und warf meinen Kajal nach der Benutzung in die Schminktasche zurück.

„Sie gibt sich wirklich die größte Mühe mich wie einen Vollidioten dastehen zu lassen, dabei muss sie das nicht mal. Ich komm mir die meiste Zeit sowieso total bescheuert vor“ nuschelte ich vor mich hin, und löste Toms Arme von mir um einmal quer durchs Zimmer zu gehen und mich auf mein Bett fallen zu lassen.
 

Eine Weile blieb Tom beim Spiegel stehen, ehe er sich in Bewegung setzte und sich dann neben mir fallen ließ.

Kurz darauf hing ich auch schon an seiner Seite und er murrte nur.

„Lass sie labern. Ist doch nicht dramatisch“ kams leise von ihm und ich musste fast lachen.

Klar, mal abgesehen davon das ich 20 war und vermutlich in 20 Jahren 'Jungfrau, 40, sucht' nachspielen konnte.

Nur das ich dann eventuell besser aussah.
 

„Also im Gegensatz zu mir hast du deine Jungfräulichkeit wenigstens nicht verschwendet nur um hinterher festzustellen, dass es scheiße war“ lachte Tom dann und meine Augenbraue wanderte nach oben.

Also fand Tom sein erstes Mal scheiße? Auch interessant zu wissen, nur wusste ich nicht, was ich mit dieser Information anfangen sollte.
 

Tom ließ mich wieder los und zog mich dann an der Hand auf die Beine, und kurz darauf aus meinem Zimmer, wo er nach Georg und Gustav pfiff.

„Abmarsch“ kommentierte er und zog mich an der Hand weiter hinter sich her.

„Bill, stimmt es eigentlich das du...“ fing Georg an, kam jedoch nicht weiter.
 

Tom blieb so abrupt stehen, dass ich in ihn hinein lief, was ihn nicht zu stören schien. Er schenkte Georg so einen eisigen Blick das ich schon dachte der würde zu einer Eisskulptur erstarren.

„Bills Sache“ gab Tom lediglich von sich und Gustav nickte einfach nur bestätigend.

„Ist ja gut...sorry“ kams sogleich von Georg, und mein Blick huschte wieder zu Tom, der mich angrinste wie eh und je.

Schlägertyp

Das Picknick mit Tom, Georg und Gustav war lustig.

Die Sonne war zum ersten mal in diesem Jahr richtig schön warm gewesen, und Georg hatte mal wieder nur Mist geredet, was dazu geführt hatte, das Toms Hauptbeschäftigung an diesem Nachmittag aus Versuchen bestand, Georg im angrenzenden Gewässer zu ertränken.
 

Es hatte zu nichts geführt, denn als Gustav mitbekommen hatte, dass Tom seinen Plan wirklich in die Tat umsetzen wollte, war er dazwischen gegangen und Georg hatte sich hinter mir versteckt.

Als wäre ich der perfekte Schutzschild gegen Tom.
 

Der Englische Garten war meiner Meinung nach das schönste was ich bis jetzt von München gesehen hatte.

Wenn man da so saß oder durch lief, hatte man nicht das Gefühl in einer Großstadt zu sein. Außerdem gab es dort den Chinesischen Turm, das japanische Teehaus und viele andere Dinge die echt schön zum angucken waren.

Um genau zu sein konnte man stundenlang durch den Englischen Garten laufen, und entdeckte immer wieder was Neues.
 

Seit diesem Picknick waren inzwischen vier Tage vergangen, und wir hatten inzwischen Freitag.

Am Montag hatte ich tatsächlich den Anruf von der Buchhandlung bekommen, nur damit die mir sagten, das ich eingestellt war und sofort am Dienstag anfangen konnte.

Nachdem ich aufgelegt hatte, hatte ich einen förmlichen Freudentanz durch die Wohnung absolviert, und das ungefähr zwei Stunden lang.
 

Ich hatte die Musik laut aufgedreht und war quiekend und kreischend durch die Wohnung gesprungen.

Tom hatte ich an diesem Abend versetzt, damit ich früh ins Bett gehen konnte, und er hatte das auch verstanden und sich mit mir gefreut.

Weswegen wir noch eine Runde zu Zweit durch die Wohnung gesprungen waren.

Ich war wirklich froh gewesen das meine Mutter bei der Arbeit gewesen war, und uns auch sonst niemand gesehen hatte.

Denn meiner Vermutung nach, kamen wir in diesem Moment extrem gestört rüber.
 

Am ersten Tag in meinem neuen Job wurde ich von meinen Kollegen herzlich aufgenommen, mit einer Ausnahme.

Sein Name war Erwin, und er konnte mich allem Anschein nach nicht leiden.

Laut meinen Kolleginnen hatte er etwas gegen 'androgyne' Männer und gegen Schwule sowieso.

Und so leid es mir für Erwin tat, er musste sich da wirklich keine Sorgen machen.

Denn ich würde ihn nicht mal anfassen, wenn er der letzte Mensch auf diesem Planeten gewesen wäre.
 

Eigentlich war ich nicht der Typ, der andere Menschen auf Äußerlichkeiten reduzierte. Aber Erwin schrie förmlich danach.

Erwin war nämlich wirklich alles, aber nicht mein Geschmack, von daher musste er sich wegen mir nun wirklich keine Sorgen machen.

Erwin trug anscheinend prinzipiell weiße, gestärkte und vor allem gebügelte Hemden. Darüber Pullunder mit Rautenmotiv. Natürlich durfte die Krawatte nicht fehlen.

Das ganze natürlich schön kombiniert mit Hochwasserhosen und Tennissocken an den Füßen, die zur Zeit in irgendwelchen Gesundheitslatschen steckten.

Mal abgesehen davon das er starke Akne hatte, eine dicke Brille trug und seine dunkelblonden Haare immer wirr vom Kopf ab standen, war er echt ein Hingucker.

Vor allem die schon fast zusammen gewachsenen Augenbauen waren total sexy.

Man verzeihe mir bitte meinen Sarkasmus, das war eigentlich sonst nicht so meine Art.
 

Die Arbeit an sich machte mir aber wirklich Spaß.

Ich liebte Bücher und ich hatte auch Freude daran Kunden zu beraten. Meiner Ansicht nach war dies der perfekte Job für mich.

Und heute Abend würde ich bei Tom vorbei schauen, weil ich mir eingebildet hatte unbedingt kochen zu müssen.

Oder überhaupt irgendwas mit Tom zu unternehmen, da ich nach diesen vier...oder jetzt fünf Tagen schon förmlich unter Entzug litt.
 

Zwar schrieben Tom und ich geschätzte 40 SMS am Tag, aber das war eben doch was anderes, als ihn um mich zu haben.

Und heute Morgen war ich total blöd grinsend zur Arbeit erschienen, einfach weil Tom mir eine SMS geschrieben hatte mit dem simplen Inhalt >I miss you :(<.

Was für einen Heterokerl eigentlich total untypisch war, aber ich fand es trotzdem süß.

Mal abgesehen davon, das Tom einfach kein normaler Hetero war. Für Tom müsste da ein anderes Wort erfunden werden. Und vielleicht fiel mir irgendwann auch eins ein.
 

Ich war gerade dabei die neue Bücherlieferung ein zu räumen, als ich mitten in der Bewegung inne hielt, als ich Gesprächsfetzen von zwei Kundinnen hinter mir auf schnappte.

„Skyleston ist schon wieder aktiv geworden.“

Das war der Satz, weswegen ich überhaupt inne gehalten hatte. Dieses Wort kam mir bekannt vor, und ein paar Sekunden später wusste ich auch wieder woher.

Ryan hatte dieses Wort bezüglich Tom erwähnt. Und ich wusste immer noch nicht was es war, weil ich es verdrängt hatte und Tom auch nicht danach fragen wollte.
 

„Diesmal haben sie es aber wirklich übertrieben. Die ganze Strecke der U3 ist gesperrt“ kam es von der anderen Kundin und ich runzelte die Stirn.

Sie? Also waren 'Skyleston' mehr als eine Person? Oder wie sollte ich das verstehen?

Und eigentlich wollte ich auch nachfragen, kam aber nicht dazu, da Erwin just in diesem Moment um die Ecke bog und mit in die Hüften gestemmten Händen vor mir stehen blieb, nur um mich genervt an zu sehen.
 

„Also, ich habe ja verkraftet das du schwul bist. Aber das du auf Schlägertypen stehst, schlägt dem Fass ja nun mal wirklich den Boden aus“ kam es von ihm, und ich sah ihn reichlich irritiert an.

Denn ich fragte mich ehrlich gesagt wie er auf diese Idee kam. Schläger waren so wirklich alles, aber definitiv nichts worauf ich stand.

Nicht mal im Ansatz.

„Guck nicht so....dein Freund steht vorne.“, sprachs und ich war noch verwirrter.
 

Was für ein Freund? Ich hatte keinen. Zumindest keinen Festen.

Und automatisch musste ich an Tom denken. Und direkt danach an Georg und Gustav.

Konnte ja sein, das mich einer von den Dreien besuchen wollte, oder so etwas in der Art. Wie Erwin jedoch auf Schlägertypen kam, leuchtete mir nicht so ganz ein.

„Na los, Bewegung! Ich mach das hier. Geh nach Hause, bevor der Typ die ganze Kundschaft verscheucht“.
 

Ich nickte einfach nur und drückte ihm den Stapel Bücher in die Hand, den ich davor auf einem Arm balanciert hatte, bevor ich mich auf den Weg nach vorne zur Info machte.

Und kaum das ich um die Ecke bog, flog mir fast alles aus dem Gesicht, und meine Schritte nahmen an Tempo zu.
 

„Verdammt Tom!“ rief ich aus, bevor ich bei ihm stehen blieb, und ihn etwas fassungslos anstarrte.

Tom schenkte mir ein schiefes Grinsen, was ihm, trotz das er aussah wie von einer Kolonne Reisebusse überfahren, stand.

Ich guckte Tom von oben bis unten an, oder eher scannte seinen kompletten Körper ab.

Seine Augenbraue war geklammert, seine Lippe aufgeplatzt, der rechte Wangenknochen hatte sich rot-bläulich verfärbt und sein linker Unterarm war ebenfalls einbandagiert.

Dazu kam, das sein weißes Shirt mehr bräunlich war, und ich das als Blut identifizierte.
 

„Was zur Hölle....hast du gemacht?“, kam es immer noch schockiert über meine Lippen und Tom zuckte mit den Schultern, verzog jedoch kurz darauf schmerzhaft das Gesicht.

„Hatte ein bisschen Ärger“ informierte er mich dann.

Das er ein 'bisschen' Ärger gehabt hatte, sah ich auch. Ich wollte aber wissen wieso, mit wem und überhaupt warum.

Meiner Ansicht nach war Tom nicht der Typ, der einfach drauf los prügelte, also musste es was gewesen sein, über das er nicht so einfach hinweg sehen konnte.
 

„Ich war grad im Krankenhaus und hab mir gedacht, ich schau mal vorbei, um zu fragen wann du Feierabend hast. Ich krieg langsam wirklich Entzugserscheinungen“

Meine Mundwinkel zuckten unweigerlich und ich musste leicht lächeln.

„Wie war das? Wenn du einfach nur mal Lust hast meine Visage zu sehen?“, neckte ich ihn und Tom lachte leise.

Wenn ich runter kommen sollte, dann hätte er doch auch hoch kommen können. Oder aber er war echt so schüchtern wie Georg ihn mal hingestellt hatte.
 

Ich wies Tom an kurz zu warten, damit ich meine Tasche holen konnte, und verabschiedete mich von meiner Kollegin an der Info die mir nur zu zwinkerte, auf Tom deutete – der mit dem Rücken zu ihr stand – und mit ihren Lippen ein 'Heiß' formte, was mich sofort rot anlaufen ließ.

Also ich musste meinen Kolleginnen irgendwann mal erklären, dass Tom einfach nur ein Freund war und mehr nicht.

Sonst würden sie irgendwann...keine Ahnung. Ihn vielleicht fragen wann die Hochzeit war, wenn es ganz schlimm kam oder so?
 

Tom und ich liefen eine Weile schweigend nebeneinander her, in der ich ihn immer wieder aus dem Augenwinkel betrachtete.

Er sah wirklich ziemlich mitgenommen aus. Und ich fragte ich immer noch wieso.

Andererseits traute ich feige Nuss mich auch nicht, ihn zu fragen.
 

„Lust heute Abend was zu machen?“ wurde ich dann von Tom gefragt und sah ihn kurz überfordert an, ehe ich nickte.

Ja, ich wollte schon nur....

„Also....“ fing ich an, aber da lachte Tom auch schon los und knuffte mich in die Seite.
 

„Ich halt schon einiges aus. Also....lass uns was zusammen machen. Von mir aus auch nur blöd rum sitzen und an die Decke gucken. Wobei ich sagen muss...die Decken in meiner Wohnung sind nicht sonderlich spannend“ grinste er dann und ich musste unweigerlich leise lachen.

„Dann bei mir?“ fragte ich und Tom nickte ehe er inne hielt.

„Glaubst du ich soll Kondome mitbringen um deine Mutter zu beruhigen?“
 

Mir schoss die Röte ins Gesicht und Tom musste wieder lachen, ehe er mir einen Arm um die Schultern legte.

„War nur ein Witz. Mir ist es scheiß egal was wir machen, Hauptsache wir machen was“

Na, das war doch mal 'ne Aussage.

Bilder

Nachdem Tom und ich bei mir zu Hause angelangt waren, stellte ich voller Erleichterung fest, dass meine Mutter nicht zu Hause war.

Das letzte was ich brauchte waren Unterstellungen und Fragen warum Tom aussah, als hätte er sich mit einer Straßengang angelegt. Meiner Einschätzung nach kam es Tom auch ziemlich recht, dass sie nicht da war.
 

Wohin sie jetzt genau verschwunden war wusste ich zwar nicht, aber sie würde irgendwann wieder auftauchen. In der Hinsicht war meine Mutter wie ein Bumerang. Zumal sie heute frei hatte und sich vielleicht die Stadt ansah, oder mit einer neu gewonnenen Freundin etwas unternahm. In jedem Fall würde sie uns ein paar Stunden erspart bleiben.
 

Ich schickte Tom in mein Zimmer, während ich in die Küche abbog um uns etwas zu trinken zu besorgen. Eine Weile blieb ich unschlüssig stehen, ehe ich mich dazu entschloss, uns noch ein paar Schnittchen zu machen. Zumindest ich stand kurz vor dem Hungertod. Wie das mit Tom aussah wusste ich zwar nicht genau, aber ich konnte mir gut vorstellen, dass er ebenfalls Hunger hatte.
 

Während ich die Schnittchen zubereitete dachte ich darüber nach, warum Tom wohl so aussah. Seine Aussage er hätte Ärger mit ein paar Leuten gehabt, klang zwar einleuchtend, aber trotzdem stellte sich noch die Frage mit wem genau. Und vor allem warum.

Aus irgendeinem Grund kam mir das ziemlich spanisch vor. Und die Antwort war nun wirklich vage gewesen. Erst jetzt fiel mir auf, dass er sofort das Thema gewechselt hatte und auf ein unverfängliches Terrain gewechselt hatte.
 

Man konnte sagen was man wollte, aber mein Instinkt war ziemlich gut. Ich benutzte ihn nur einfach zu selten, oder ignorierte ihn.

Aber im Moment sagte er mir, das Tom mir etwas verschwieg. Nicht so eine Kleinigkeit wie das er zum Beispiel heimlich in Frauenklamotten durch seine Wohnung lief, sondern etwas schwerwiegendes. Meiner Meinung nach auch sehr gefährliches.
 

Und als würden mir meine Überlegungen nicht schon genug zusetzen, musste ich wieder an die Worte von Ryan denken. Skyleston!

Ich wusste immer noch nicht was oder wer das war, aber fest stand, das man mit diesem Wort ziemlich viel Ärger verband. Die beiden Frauen in der Buchhandlung hatten auch darüber geredet.

Und als wäre mein Leben im Moment nicht schon anstrengend genug, fasste ich in diesem Moment den Entschluss heraus zu finden, was zur Hölle Skyleston war. Und vor allem, was Tom damit zu tun hatte.
 

Mit den Schnittchen und einer Flasche Cola sowie zwei Gläsern bewaffnet, trat ich den Weg zu meinem Zimmer an, und schloss hinter mir die Tür, ehe ich Tom musterte.

Dieser hatte sein Shirt auf den Boden geworfen und sich auf meinem Bett ausgestreckt. Die Arme lagen über den Augen und ich war mir nicht sicher ob er eingeschlafen war oder sich einfach nur tot stellte.
 

Mein Blick galt seinem Oberkörper, und dieses Mal nicht um ihn an zu schmachten, sondern weil sich darauf blaue Flecken im Übermaß abgezeichnet hatten, sowie unzählige Schürfwunden.

Mit wem er auch immer Ärger gehabt hatte, derjenige hatte wohl ganze Arbeit geleistet. Wenigstens hatte mir mein Nachbar nicht die Ausrede aufgetischt, er sei die Treppe herunter gefallen oder hätte sich an der Tür gestoßen.
 

Ich stellte alles auf meinem Nachttisch ab und setzte mich auf die Bettkante, bevor ich mir eine Zigarette anzündete und einfach schwieg. Vielleicht war Tom ja wirklich eingeschlafen.

Keine 30 Sekunden später wusste ich, dass das nicht der Fall war. Denn Tom schlang seine Arme um meinen Bauch und rollte sich auf die Seite um das hin zu bekommen, was ihm ein leidendes Geräusch entlockte.
 

Es verging einige Zeit, in der wir die Schnittchen aßen, Cola tranken und gelegentlich eine rauchten. Und während Tom mit mir über alltägliches Zeug plänkelte, überlegte ich mir wie ich geschickt an die Informationen kam, die ich haben wollte. Ich konnte Tom nicht direkt fragen, aber auf Umwegen die er hoffentlich nicht bemerken würde.
 

„Erzähl mir was über dich.“, forderte ich ihn dann auf.

Die Frage an sich war unverfänglich und würde schon ihren Zweck erfüllen. Zumindest hoffte ich das.

Auf Toms fragenden Blick grinste ich nur schief und zuckte mit den Schultern.

„Irgendwas das Georg mir noch nicht erzählt hat.“
 

Eine Weile herrschte Stille und ich fragte mich kurz, ob Tom wohl doch etwas roch. Aber als ich zu ihm blickte, sah er lediglich so aus als würde er überlegen.

Ob er überlegte wie er das alles umschreiben sollte oder wichtige Informationen heraus filterte, die ich nicht zu wissen hatte? Vielleicht war ich inzwischen auch schon paranoid.
 

„Als ich klein war hatte ich nicht gerade viele Freunde, um genau zu sein gar keine.“, fing Tom an und ich hob überrascht eine Augenbraue.

Das Tom mal eine Zeit hatte in der er keine Freunde hatte erstaunte mich wirklich. Denn Tom machte nicht gerade den Anschein als wäre er schüchtern. Er schien meinen Blick bemerkt zu haben und grinste schief.
 

„Damals war ich das geborene Mobbingopfer. Ich hab ständig irgendwas einstecken müssen und auf meine Eltern war in der Hinsicht wirklich kein Verlass. Das ging ungefähr bis zur 7. Klasse so, und dann hab ich Mack kennen gelernt. Durch ihn hab ich es geschafft mich zur Wehr zu setzen.“
 

Ich hörte Tom zu und notierte mir in Gedanken 'Mack'. Wer auch immer das war schien Tom auf irgendeine Art und Weise selbstbewusst und stark gemacht zu haben.

Tom erzählte mir noch so einiges, was mich natürlich auch interessierte.

„Und durch einen ziemlich blöden Zufall hab ich dann Georg und Gustav kennen gelernt. Mich wundert es ehrlich gesagt, dass die Beiden tatsächlich was mit mir zu tun haben wollen.“, endete seine Erzählung.
 

Warum sollten die Beiden nichts mit ihm zu tun haben wollen? Was war denn an dem Zufall so schlimm gewesen? War es ein Zufall, der nicht jedem passieren konnte?

War ich vielleicht doch paranoid?

Fest stand, das ich Georg und Gustav mal so nebenbei fragen würde, wie sie Tom kennen gelernt hatten. Und nach diesem Mack wollte ich mich auch mal erkundigen. Nur wusste ich nicht, ob er in derselben Klasse wie Tom gewesen war oder nicht. Oder vielleicht sogar in einer anderen Schule.

Vielleicht sollte ich auch nochmal in diesem Club vorbei schauen in der Hoffnung Ryan zu finden, und den ein bisschen aus zu quetschen.
 

„Du siehst aus als würdest du einen Mord planen.“, kams von der Seite und ich zuckte zusammen, ehe ich grinste.

„Ach was, ich hab mich nur gefragt wo meine Mutter so lange bleibt. Ist untypisch für sie, wenn sie nicht arbeitet. Normalerweise gammelt sie dann den ganzen Tag auf dem Sofa oder im Bett.“, grinste ich ihn schief an und Tom nickte verstehend.
 

„Musst du morgen arbeiten?“, wurde ich gefragt und nickte.

„Da ich Montag ja nicht direkt angefangen habe, muss ich das mit Samstag ausgleichen. Musst du auch?“

Tom schüttelte grinsend den Kopf und zuckte dann mehr schlecht als Recht mit den Schultern.

„Dass ist vermutlich das Positive wenn du aussiehst wie von Bus überfahren.“, witzelte er und ich musste unweigerlich grinsen.
 

Tom konnte ja noch so viele Witze reißen, aber ich war zu meinem Leidwesen neugierig geworden. Ich wollte wissen was er trieb, dass er so aussah. Und so wie er sich verhielt war das anscheinend nicht das erste Mal. Er benahm sich so, als wäre er es gewohnt, und genau das machte mir wirklich Sorgen.
 

Der Nachmittag verging ziemlich schnell, während Tom und ich über dies und das redeten. Zudem ließ er sich mit großem Elan über seine Arbeitskollegin Elena aus, die ihn in den Wahnsinn trieb. Auf meine Frage warum sie das denn tat, eröffnete mir Tom, dass er seit einem geschlagenen halben Jahr ihren Flirtversuchen oder Liebeserklärungen auswich. Oder anders ausgedrückt: Er verzog sich einfach irgendwo hin. Und wenn er freiwillig das Lager sortierte, dann war dem eben so. Denn er würde alles lieber tun, als von Elena belagert werden.
 

Ich legte meinen Kopf schief und überlegte mir kurz, ob Tom vielleicht etwas schwul angehaucht war, wenn er vor einer hübschen Frau die Flucht ergriff. Allerdings verwarf ich den Gedanken genauso schnell wieder, wie er gekommen war. Das Tom schwul sein könnte, wenn auch nur ein kleines bisschen, passte ungefähr so gut ins Bild, wie das ich die Kräfte von Herkules hatte. Gar nicht!
 

„Was hältst du davon, wenn ich dich morgen in die Arbeit fahre und wieder abhole?“, kams von Tom und ich sah ihn eine Weile verstört an, bevor ich lächeln musste und nickte.

Am Samstag mit den Öffentlichen zu fahren, stellte ich mir sowieso etwas schwer vor. Da waren bestimmt noch mehr Leute unterwegs als sonst.
 

Wir hatten beschlossen, dass Tom bei mir übernachten sollte. Laut eigenen Angaben hatte er einen so gesunden Schlaf, dass er vermutlich nicht aufwachen würde, wenn ich Sturm klingelte. Also war das seiner Ansicht nach die beste Lösung.
 

Während Tom zu sich in die Wohnung ging um zu duschen und sich andere Klamotten mit zu nehmen, stellte ich mich in die Küche und begnügte mich damit noch eine Kleinigkeit zu kochen. Meine Wahl fiel auf Tomatensuppe aus der Tüte. Erstens brauchte ich was zum Abendessen und Tom wahrscheinlich auch. Und außerdem wusste ich nicht ob meine Mutter schon gegessen hatte. Würde sich heraus stellen, wenn sie irgendwann wieder hier auftauchte.
 

Zu meinem Leidwesen tauchte sie gleichzeitig mit Tom auf, und ich wollte gar nicht wissen, was sie ihm schon wieder peinliches über mich erzählt hatte. Denn das sie etwas erzählt hatte, konnte ich an dem überaus breiten Grinsen in Toms Gesicht erkennen. Aus reiner Gewohnheit wusste ich, dass es mir nicht gefallen würde, was auch immer es war.
 

„Habt ihr schon gehört? Skyleston hat sich wieder was geleistet. Aber angeblich gibt es Bilder von der Überwachungskamera.“, plapperte sie drauf los und ich bemerkte, wie Tom blass wurde und sich versteifte.

Ich hatte doch recht oder?

Tom war mit Skyleston ziemlich eng verbunden, und nun ging ihm der Arsch.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  Herzloser
2015-04-05T02:01:48+00:00 05.04.2015 04:01
Wow. Echt mega. Fesselt einen richtig. Schreibst du die Ff noch zu ende? Wäre schade wenn nicht, sie ist nämlich wirklich verdammt gut.

LG Riku_
Von: abgemeldet
2013-10-23T17:44:08+00:00 23.10.2013 19:44
Duuuu~ magst du weiter schreiben?
=^.^=
Von:  -Koichi-
2013-04-15T21:57:04+00:00 15.04.2013 23:57
omg omg omg !!! Wieder eine richtig schnucklige FF von dir <3
Und jetzt enn ich grade im Kreis mit den fragen: Was genau da dahinter steckt, Skeleton, die Wunden jetzt im letzeten Pitel usw xD
ich werde jetzt weiter eine Kerbe in meinen Wohnungsboden laufen, mal sehen wie groß die Kerbe bis zum nächsten Kapitel wird xD
Von: abgemeldet
2013-03-19T20:47:52+00:00 19.03.2013 21:47
Swwweeeeetttttt.


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