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Du kannst nur dazulernen....

...außer du stirbst vorher.
von

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Hilfe

Ellen war guter Dinge, heute einen schönen Stoff zu finden, um endlich einmal ein neues Kleid für ihre Tochter zu nähen. Aus den alten Kleidern war sie schon wieder herausgewachsen. „Ach, und dabei ist sie schon bald siebzehn, Myriam.“, machte Ellen sich Luft. Myriam zuckte nur mit den Schultern „Was soll man sagen, sie wird eben eine wunderschöne Frau. Ganz wie ihre Mutter.“, stupste Myriam die Schneiderin mit dem Ellenbogen an. „Danke dir. Aber jetzt muss ich wirklich los, sonst verkauft der Händler noch die besten Sachen.“, verabschiedete sich Ellen und machte sich mit dem Korb in der Hand auf den Weg. Sie war immer noch heilfroh, dass Connor ihrer Tochter damals zur Hilfe gekommen war. Es war mal wieder einer dieser Tage an denen Ellen überlegte, was wohl  aus ihnen geworden wäre, hätte der junge Mann nicht so ein gutes Herz gehabt und sie in dieser Siedlung aufgenommen.

Seufzend schob sie die dunklen Gedanken an ihren Ex-Mann beiseite. Schon länger hatte sie nicht an ihn gedacht und war auch ganz froh darüber. Den Vögeln lauschend ging Ellen den Weg entlang und summte ein wenig vor sich hin. Etwas Helles in einiger Entfernung zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Ellen sah genauer hin…. Und erstarrte. Das konnte nicht sein, sie musste sich irren! Ohne es zu merken, lockerte sich ihr Griff um den Korb so weit, dass er aus Ellen’s Hand glitt und zu Boden fiel. Vorsichtig setzte Ellen sich wieder in Bewegung und bat bei jedem Schritt, dass sie sich täuschte hatte und es nicht der war, den zu erkennen glaubte. Doch sie konnte so nah heran gehen, wie sie wollte. Es war Connor, der reglos dalag. Ellen war sich nicht einmal sicher, ob er noch atmete. All das Blut und der Schlamm, der zu trocknen begann, verrieten aber mehr, als Ellen überhaupt wissen wollte. „Oh Gott. Connor!“, rief sie dann doch aus, als sie sich neben ihn kniete. Vorsichtig hielt sie eine Hand mit etwas Abstand vor sein Gesicht. Da war etwas; er atmete also noch. Aber so flach, dass sie es kaum sehen konnte. 

Eilig stand sie wieder auf und sah sich hektisch um. „Halte durch Connor.“, sagte Ellen leise zu dem Bewusstlosen und rannte los. Sie musste so schnell nur irgend möglich zu Lyle. Und vielleicht auch Godfrey und Terry zur Hilfe holen. Sie allein konnte Connor keinen Zentimeter weit bewegen und Lyle könnte auch nicht viel tun, um Connor zur Siedlung zurückzubringen.

So eilig wie sie lief, rannten auch ihre Gedanken in ihrem Kopf umher und malten sich schon alle möglichen Horrorszenarien aus, was mit Connor geschehen sein könnte und das er womöglich sterben könnte. Daran wollte Ellen gar nicht denken, aber der Gedanke ließ sich auch nicht vertreiben. „Hee! Ellen, wolltest du nicht zum Händler?“, rief Myriam verwundert, die gerade Holzscheite trug, um damit ein Feuer vor ihrer Hütte zu entfachen. Abrupt bremste die Schneiderin ab und schnappte nach Luft. „Myriam. Es… Es ist schrecklich. Connor…. E-er…..“, stammelte Ellen und brach beinahe in Tränen aus. Die sonst so toughe Jägerin machte ein paar Schritte auf Ellen zu. „Ellen. Wo ist er? Was ist mit Connor?“, fragte sie ungeduldig. „Da hinten… Er liegt einfach nur da.“, schluchzte Ellen jetzt und sackte zusammen. „Ist er verletzt?“, fragte Myiram schon fast auf dem Weg zu Lyle und warf die Holzscheite in ein Gebüsch. „Ich… Ja.“, murmelte Ellen fast. Sie hatte schon einige Verletzte gesehen, keine Frage. Aber Connor war so etwas wie der Beschützer der Siedlung. Und ihn so zu sehen konnte nichts Gutes Bedeuten. Zuletzt hatte Ellen den jungen Mann in so einem Zustand gesehen, als er Charles Lee getötet hatte.

Dass Myriam inzwischen losgerannt war, hatte sie gar nicht registriert. Erst als die Jägerin mitsamt Lyle und Godfrey zurückkam, sah sie mit Tränen in den Augen auf. Dr. White wurde langsamer und legte der sichtlich aufgewühlten Frau eine Hand auf die Schulter. „Ellen. Wo ist Connor?“, wollte Lyle wissen, bekam als Antwort aber nur einen Fingerzeig von ihr, wo Connor sich befand. „Doktor, gehen Sie mit Godfrey los. Ich bleibe bei Ellen.“, warf Myriam ein, bevor irgendwer etwas sagen konnte.

Keiner der Männer machte Anstalten, ihr in irgendeiner Weise zu widersprechen. Lyle nickte nur und folgte dann Godfrey, der schon vorrausgelaufen war. „Komm schon, Lyle. Beweg dich!“, rief er laut und machte keine Anstalten, auf den Arzt zu warten.
 

****
 


 

Sie hatten Connor gefunden. Gerade noch rechtzeitig, wie Lyle festgestellt hatte. Und nun wartete Ellen zusammen mit Myriam und Morris darauf, dass Lyle endlich aus der Davenport Villa kam und ihnen etwas zu Connors Zustand sagte.

Er hatte sie alle zunächst des Hauses verwiesen, da er absolute Ruhe brauchte. Keiner weigerte sich gegen die Anordnung des Arztes. Im Haus war es dementsprechend still. Nur Lyle’s helfende Hand Diana war zugegen und half ihm dabei, Connor gut möglichst zu versorgen.  „Dr. White. Kann ich den Anderen schon etwas über seinen Zustand sagen. Sie warten schon die ganze Zeit.“, forschte Diana ruhig nach. Ihr Blick ruhte dabei auf Connor, der inzwischen schlief nachdem Lyle ihm vorsichtshalber mit einem Mittel betäubt hatte, dessen Zusammensetzung er geheim hielt.

„Nun, Diana…“, setzte Lyle an und begutachtete die Kugel, die er aus der Schulter des Assassinen operiert hatte. „…Connor hat großes Glück gehabt. Die Wunden an der Seite und seinem Rücken sehen eigentlich schlimmer aus, als sie sind. Und der Steckschuss in der Schulter könnte ihn sogar gerettet haben. Bei einem Durchschuss wäre er vermutlich gestorben.“, erklärte der Arzt ruhig. „Einzig das Risiko einer Entzündung kann jetzt noch gefährlich werden. Er sollte es also vermeiden, seinen Körper allzu sehr zu beanspruchen. Aber das werde ich ihm noch mitteilen, sobald er wach wird.“ Erleichtert atmete Diana aus. „Das klingt ja wunderbar. Mit deiner Erlaubnis Lyle, gehe ich jetzt raus und gebe den anderen Bescheid.“ „Tu das, Diana. Und schick sie Heim, es ist inzwischen spät.“, bemerkte Lyle mit einem Blick aus dem Fenster. Es Dämmerte bereits und nieselte ein wenig. Kein besonders schönes Wetter, wenn man Lyle fragte. „Oh, bevor ich es vergesse. Bring seine Kleidung bitte zu Ellen. Vielleicht kann sie sie noch reparieren, auch wenn ich es besser fände, die Sachen zu entsorgen.“ „Natürlich. Einen schönen Abend noch, Lyle.“, verabschiedete sie sich und verließ mitsamt der dreckigen und kaputten Kleidung das Haus.

Draußen saß Ellen auf dem Treppenansatz des Hauses. Myriam und Norris waren inzwischen gegangen. Trotz der Bitte der Jägerin hatte Ellen es verneint nach Hause zu gehen. Ihre Tochter war schließlich kein kleines Mädchen mehr und konnte auch noch eine Weile allein im Haus bleiben.

Als die Tür sich öffnete und Diana heraustrat, hob Ellen besorgt den Kopf und sah sie fragend an. „Wie geht es ihm?“, wollte sie sofort wissen und stand auf. Das Bündel an Kleidung in Diana’s Armen beachtete sie überhaupt nicht. Diana lächelte sanft. „Dr. White sagt, dass er es überleben wird. Connor muss sich in nächster Zeit nur schonen, dann kommt er schnell wieder auf die…“ „Kann ich zu ihm?“, fiel Ellen der anderen Frau ins Wort. Diana stutzte und überlegte kurz. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Lyle hat mich gehen lassen. Ich sollte dir eigentlich das hier geben. Vielleicht kannst du sie nochmal Flicken?“, antwortete die Arztgehilfin schließlich.

Ellen senkte ihren Blick auf das Gewand des Assassinen. Wie oft hatte sie daran schon Nähte ausgebessert, Löcher gestopft und Risse oder Schnitte verschwinden lassen?

Aber dieses Mal war es eindeutig nicht mehr zu retten. Das Blut war inzwischen eingetrocknet und ließ sich nicht mehr entfernen, das wusste Ellen besser, als jeder andere in der Siedlung. Und allein den Schlamm wieder zu entfernen könnte sie Tage kosten. Es war nicht nötig, darüber nachzudenken, ob sie es wieder einmal Flicken würde. „Tut mir Leid, Diana. Aber das bringt nichts mehr. Selbst wenn ich es noch einmal reparieren könnte, das Blut lässt sich nicht auswaschen. Zumindest wüsste ich nicht, wie. Aber du kannst mir die Sachen trotzdem geben. Ich werde etwas Neues für Connor nähen.“, bot Ellen an und lächelte sogar dabei. Sie freute sich immer, wenn sie etwas für die Gemeinschaft der Siedlung tun konnte.

Diana nickte und übergab der Schneiderin die Kleidung. „Vielleicht solltest du Lyle Fragen gehen. Ich bin sicher er hat nichts dagegen, wenn du kurz nach Connor sehen möchtest.“, meinte Diana zuversichtlich und gähnte. „Entschuldigung, aber ich sollte jetzt wirklich nach Hause gehen. Mein Mann zermartert sich sicher schon wieder den Kopf, wo ich bleibe.“ „Sicher. Gute Nacht, Diana.“, verabschiedete sich Ellen. Auch Diana wünschte ihr eine gute Nacht und machte sich auf den Weg zu Terry, der sicher schon ungeduldig auf sie wartete.

Ellen beneidete sie oft um ihren Mann. Sie wünschte sich, selbst einen solchen zu finden. Aber wer nahm denn schon ein Weib zur Frau, die bereits eine Tochter hatte? Ihr Lächeln verriet ihre Wehmut nur allzu sehr. Trotzdem betrat sie das Haus und seufzte schwer. Drinnen war es schon relativ dunkel. Kerzenschein im Flur erhellte das Haus so weit, dass man nicht fürchten musste, über etwas zu stürzen. Einen Augenblick lang sah sich die Schneiderin nur um und dachte daran, dass Connor hier als junger Bursche aufgetaucht war und mit Achilles zusammen gelebt und gelernt hatte. Ohne Achilles war es hier so still. Selbst dann, wenn Connor zugegen war. Sie hatten sich häufig gestritten, diskutiert und waren sich eher selten einig gewesen. Trotzdem fand Ellen den jungen Mann häufig am Grab des damals ziemlich mürrischen Alten. Aber sie hatte Connor nie darauf angesprochen, ob Achilles ihm fehlte. „Doktor?“, fragte Ellen dann schließlich in die Stille hinein. Die Tür des unteren Schlafzimmers öffnete sich und der Arzt schaute prüfend in den Flur, wer da nach ihm rief. „Oh, Ellen. Kann ich dir helfen?“, fragte Dr. White freundlich wie immer und rückte die Brille auf seiner Nase zurecht. „Nun ja… Ich wollte kurz sehen, wie es Connor geht.“, gestand Ellen und ging auf Lyle zu. „Ich kann deine Sorge verstehen, Ellen. Allerdings schläft er gerade.“, erwähnte der erfahrene Arzt und sah auf die Kleidung die Ellen bei sich trug. „Kannst du denn seine Kleidung flicken?“ Ellen schüttelte leicht den Kopf und lächelte verlegen. „Leider nein. Das heißt eigentlich schon, aber das Blut und der Dreck ließen sich nicht mehr richtig auswaschen. Deswegen werde ich etwas Neues für ihn nähen.“, erklärte Ellen und sah dabei ruhig in Richtung des Arztes. Dieser blickte kurz zurück in den Raum, in dem Connor schlief und kratzte sich am Hinterkopf. „Nun, Ellen. Ich denke es schadet ihm nicht, wenn du kurz bei ihm bist. Aber bitte weck ihn nicht auf, er braucht jetzt Ruhe.“, beschloss Lyle, den Besuch der Schneiderin zuzulassen. Ein glückliches Lächeln legte sich auf Ellen’s Lippen. „Ich danke dir Lyle.“, brach es ein wenig zu laut aus ihr heraus, was sie auch gleich bereute und sich etwas verhalten eine Hand vor den Mund hielt. „Entschuldigung.“, murmelte sie leise. Lyle schüttelte nur den Kopf und bedeutete ihr, das Zimmer zu betreten. „Aber bleib nicht allzu lang. Du brauchst auch deinen Schlaf, meine Teure.“, ermahnte Dr. White sie und ging, als sie nickte.
 

Als der Arzt schon einige Minuten fort war, betrat Ellen erst das Zimmer. Es war ihr ein wenig unheimlich, wie still es nachts in diesem Haus war. Manchmal fragte sie sich wie Connor es überhaupt hier aushielt. Das Zimmer selbst war ebenso still wie der Rest der Villa. Nur eine Kerze tauchte den Raum in ein warmes, schummriges Licht. Zu hell um stockfinster zu sein, aber auch zu dunkel um wirklich viel sehen zu können. Ellen legte das Stoffbündel auf einen Stuhl, der nah bei dem kleinen Tisch stand, der in der Nähe des Fensters als Ablage von unzähligen Papieren diente. Sie musste schmunzeln, als sie die Unordnung bemerkte, die hier und da in Raum zu erkennen war. Behutsam nahm Ellen die kleine Metallschale mit der Kerze vom Tisch und schritt langsam auf das Bett zu. Sie wollte unter keinen Umständen zu laute Geräusche machen und achtete auf jeden einzelnen Schritt, den sie machte. Auf den Nachttisch, der gleich neben dem Bett an der Wand seinen Platz hatte, stellte die Schneiderin die Kerze ab und setzte sich vorsichtig auf die Bettkante. Connor reagierte darauf nicht, sondern schlief ruhig weiter. Aber es war offensichtlich, dass es ihm um einiges besser gehen musste. Sein Atem war nicht mehr so flach wie noch vor ein paar Stunden. Wenn Ellen es genau nahm, waren die gleichmäßigen Atemzüge sogar ziemlich gut zu erkennen. Die dünne Decke hatte ihm wohl Lyle übergelegt, damit er nicht auskühlte und sich womöglich noch erkältete. Der Stoff lag bis zu Connors Brust und ließ einen guten Blick auf seine Schultern zu, wovon die Rechte fachmännisch verbunden worden war.

Ellen ließ sich zu einem tiefen Seufzen hinreißen, als sie versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. Sie überlegte, ob sie wirklich nicht langsam zu sich nach Hause gehen sollte. Ihr Blick schweifte zum Fenster ab und in die junge Nacht hinaus. Auch der feine Regen hatte inzwischen aufgehört und die Wolken hatten sich vollends verzogen. Selbst von ihrem Platz aus konnte Ellen ein paar Sterne durch das Laub des Baumes hindurchblitzen sehen.

Nun gähnte sie doch und entschied, nur einen Augenblick lang ihre Augen zu schließen. Nur einen Moment lang, mehr nicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  moonlight
2013-04-07T21:55:36+00:00 07.04.2013 23:55
Und auch das zweite Kapitel wieder super*freu*:)


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