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Der Grinch

[ Türchen Nr.16 ]
von

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Türchen Nr. 16


 

Weihnachten ist keine Jahreszeit. Es ist ein Gefühl.

- Edna Ferber
 

Es war nicht so, dass Percy Weasley Weihnachten hasste. Ganz im Gegenteil, als Kind hatte es für ihn keine schönere Zeit im Jahr gegeben und selbst in seiner Hogwartszeit hatte er jedes Jahr voller Vorfreude den Weihnachtstagen entgegen geblickt.
 

Doch jetzt, wo für ihn der Ernst des Lebens losging, empfand er Weihnachten nur noch als lästig und störend. Obwohl er von Mr. Crouch einige sehr wichtige Anweisungen und Aufgaben erhalten hatte, hatte seine Mutter darauf bestanden, dass er diese für einen Tag ruhen ließ und stattdessen vernünftig mit seiner Familie Weihnachten feierte, so, wie er es sonst jedes Jahr getan hatte. Percy hatte protestiert, dass dieses Jahr eh nur die Hälfte von ihnen anwesend sei, da Ginny, Fred, George und Ron aufgrund des Weihnachtsballs und des Trimagischen Turniers über Weihnachten in Hogwarts bleiben würden und dass er schon genug Zeit mit seiner Familie verbringen würde, wenn er am Abend an Stelle von Mr. Crouch den Weihnachtsball besuchen würde. Doch Molly Weasley hatte kein Erbarmen gezeigt, und so saß er nun, mit finsterer Miene und verschränkten Armen, zwischen seinem Vater und Bill am Küchentisch und ließ das alljährliche Weihnachtsessen über sich ergehen.

Es lief alles etwas ruhiger und gesitteter ab als sonst, doch selbst dieser Tatsache konnte Percy nichts abgewinnen.

Seine Mutter hatte sich mit dem köstlichen Essen natürlich mal wieder selbst übertroffen, aber Percy verspürte keinerlei Appetit, weshalb er mit der Gabel lustlos auf seinem übervollen Teller herumstocherte. Immer wieder warf er einen ungeduldigen Blick auf seine Armbanduhr und stieß jedes Mal aufs Neue ein genervtes Stöhnen aus. Es war kaum eine halbe Stunde vergangen, seitdem er gezwungenermaßen Platz genommen hatte, doch ihm kam es vor, als würde er bereits seit Stunden hier ausharren.
 

Irgendwann, nachdem alle fertig waren, erhoben sich Arthur und Molly und verkündeten, dass sie nun einen ausgiebigen Weihnachtsspaziergang machen würden. „Möchtet ihr uns begleiten?“, fragte Molly ihre drei Söhne, doch die Frage hätte sie sich sparen können. Während Charlie sich aus der Affäre zog, indem er sich noch einmal den Teller voll lud, murmelte Bill irgendwas von starken Fußschmerzen und bevor Percy auch nur den Mund öffnen konnte, winkte seine Mutter bereits genervt ab. „Jaja, schon gut. Dann ziehen wir eben alleine los.“ Und wenige Minuten später verließ sie zusammen mit ihrem Mann, der ebenfalls den Eindruck machte, als würde er lieber zu hause vor dem warmen Kamin bleiben als in der Weltgeschichte herumzuwandern, das Haus.
 


 

Charlie, der ihm gegenüber saß und immer noch fröhlich Essen in sich hinein schaufelte, warf ihm einen schiefen Blick zu. „Keinen Hunger, Perc?“
 

„Ich hebe mir meinen Appetit für das Festmahl heute Abend auf.“, sagte Percy hoheitsvoll.
 

Während Bill die Augen verdrehte, zuckte Charlie mit den Schultern. „Na dann.“ Er lehnte sich nach vorne, griff, bevor Percy protestieren konnte, nach dessen Teller und lud dessen unangetastetes Essen auf seinen Eigenen.
 

„Hey!", empörte sich Percy.
 

„Wasch denn? Du ischt es doch eh nischt!", schmatzte Charlie.
 

„Woher nimmst du nur diesen unglaublichen Appetit?", fragte Bill fasziniert, während Percy sich beleidigt von seinem Platz erhob und aus der Küche verschwand.
 

Charlie hob nur die Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht ein magischer Bandwurm?"
 

„Wahrscheinlich.", stimmte Bill ihm zu.
 

Nach ein paar Minuten, in denen Bill zusah, wie sein Bruder noch eine weitere Portion des Weihnachtsessens verdrückte, kam Percy zurück in die Küche, beladen mit mehreren Pergamentrollen, Federn und Tintenfässchen.
 

„Was hast du denn jetzt vor?", fragte Bill verwirrt.
 

„Im Gegensatz zu euch werde ich die Zeit sinnvoll nutzen und ein paar Aufgaben für Mr. Crouch erledigen.", verkündete Percy und begann, die Akten und Pergamentrollen auf dem Küchentisch aufzustapeln.
 

Bill verkniff sich ein Lachen. Kam es ihm nur so vor oder verhielt sich Percy heute noch ein wenig seltsamer als sonst?
 

„Okayy...also ich werde mich jetzt ausruhen.", verkündete Bill und erhob sich, um sich mit einem Seufzen auf das Sofa im angrenzenden Wohnzimmer fallen zu lassen. Er verschränkte entspannt die Arme hinter dem Kopf. „Hach, diese Stille. Daran könnte ich mich glatt gewöhnen. Kein Geschrei von Mum, weil Fred und George mal wieder irgendetwas verbrochen haben, kein Gezeter von Ginny, weil sie früh ins Bett muss, kein Genörgel von Ron, weil er nicht das bekommen hat, was er wollte...", zählte er auf, während Charlie sich nun ebenfalls von seinem Platz am Esstisch erhob und an Percys Seite trat.
 

„Hat Mum nicht gesagt, dass du heute mal pausieren sollst?", fragte Charlie und beugte sich über Percys Schulter, um die Überschrift des Pergaments lesen zu können. „ "Gefährdung der allgemeinen Sicherheit durch unzureichende Reinigung von Zaubertrankkessel". Hört sich interessant an."
 

„Mum sagte, ich soll mich nicht in meinem Zimmer verschanzen und dort arbeiten. Von der Küche hat sie nichts gesagt. Und ja, dieses Thema ist wirklich von außerordentlicher Wichtigkeit.", sagte Percy und überging dabei Charlies spöttischen Unterton.
 

Charlie rollte nur mit den Augen und tat es dann seinem älteren Bruder gleich, indem er sich auf dem Sessel am Kamin fallen ließ und die Beine ausstreckte.
 

„Sag mal Percy…glaubst du nicht, dass Mr. Crouch dafür Verständnis hätte, wenn du an Weihnachten mal nicht von morgens bis abends über deinen Unterlagen brütest?“, fragte Bill, während er seinen jüngeren Bruder vom Sofa aus betrachtete.
 

Percy sah auf und warf ihm einen beinahe mitleidigen Blick zu. „In eurer Branche mag es ja üblich sein, Aufgaben aufzuschieben und nicht fristgerecht zu erledigen, aber in ]unserem Metier ist es durchaus wichtig, sich an die Anweisungen des Vorgesetzten zu halten und die Aufgaben pflichtbewusst zu erledigen.“, verkündete er, „Mr. Crouch verlässt sich auf mich und er weiß meine Arbeit sehr zu schätzen.“
 

„Ach wirklich, Weatherby?“, fragte Charlie trocken.
 

Percys Gesicht lief puterrot an, während Bill auf dem Sofa in schallendes Gelächter ausbrach.
 

„Das Gespräch ist hiermit beendet!“, fauchte Percy und wandte sich, immer noch leicht rot im Gesicht, wieder seinen Akten zu.
 

Eine Weile blieb es still, dann drehte Bill sich auf dem Sofa stöhnend auf den Rücken und starrte an die Zimmerdecke.
 

„Mir ist langweilig. Ich finde wir sollten raus gehen und eine Schneeballschlacht machen. So wie immer.“ Er sah zu Charlie, der sich in seinem Sessel fläzte. „Lust?“
 

Begeistert rieb Charlie sich die Hände. „Ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr.“ Voller Enthusiasmus sprang er auf.
 

„Viel Spaß.“, murmelte Percy nur, ohne aufzusehen.
 

Entgeistert sahen seine beiden Brüder ihn an.
 

„Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte Bill.
 

„Percy, das ist Tradition! Du kannst nicht einfach eine jahrelange Weasley-Tradition brechen!“, fügte Charlie entsetzt hinzu.
 

„Natürlich kann ich.", sagte Percy unbeirrt, während er mit gerunzelter Stirn sein soeben Geschriebenes überflog, „Für solche Kindereien fehlt mir momentan jegliche Zeit. Und auch jegliche Lust."
 

„Ach Percy, jetzt sei doch kein Grinch!“, stöhnte Bill.
 

Verwundert blickte Percy auf und hob eine Augenbraue. „Kein was bitte?“
 

„Ein Grinch. Du weißt schon. Dieses grüne, pelzige, hässliche Vieh, das Weihnachten und alle Arten von Freude und Spaß verabscheut.“
 

„Und Weihnachten allen anderen versauen will.", ergänzte Charlie.
 

„Ich will niemandem irgendwas versauen.", verteidigte sich Percy, „Mir geht dieser ganze Weihnachtskram einfach nur tierisch auf die Nerven."
 

„Komisch. Letztes Jahr warst du noch begeistert wie eh und je. Du hast uns sogar noch alle ganz verrückt gemacht, weil du kein passendes Geschenk für...wie hieß sie noch gleich?" Hilfesuchend wandte Charlie sich an Bill. Dieser runzelte nachdenklich die Stirn.
 

„Penelope.", brummte Percy.
 

Charlies Miene hellte sich auf. „Genau. Penelope. Moment." Erkenntnis blitzte in seinen Augen auf. "Sie. Sie ist der Grund, nicht wahr?"
 

„Was meinst du?", fragte Percy ausweichend, konnte jedoch nicht verhindern, dass er leicht rosa anlief.
 

„Ha! Natürlich. Warum sind wir nicht gleich darauf gekommen."
 

„Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest."
 

Bill und Charlie tauschten einen wissenden Blick. Dann ließen sich Beide rechts und links von Percy auf die Sitzbank fallen.
 

„Los. Erzähl.", forderte Bill ihn auf.
 

„Da gibt es nichts zu erzählen!", presste Percy zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor, doch so leicht konnte er seine Brüder nicht täuschen.
 

„Wir werden so lange weiter nerven, bis du erzählst. Den ganzen Nachmittag, wenn es sein muss.", prophezeite ihm Charlie und Percy glaubte ihm aufs Wort, schließlich wusste er, dass Charlie den Zwillingen in Nichts nachstand, wenn es darum ging, jemanden schier in den Wahnsinn zu treiben, auch, wenn er dieses Talent eher selten nutzte.
 

Mit einem Seufzen ließ Percy seine Feder sinken.
 

„Sie hat Schluss gemacht. Vor einer Woche. Einfach so." Percy schluckte schwer, dann hob er den Blick und sah seine Brüder herausfordernd an, so als erwarte er, dass sie sich über ihn lustig machen würden.
 

Doch dem war nicht so. Es herrschte kurzes Schweigen, dann legte Charlie Percy mitfühlend eine Hand auf die Schulter.
 

„Sei froh, dass du sie los bist, Perc. Auf die Dauer werden Frauen eh anstrengend und bereiten dir mehr Arbeit als Freude."
 

„Das musst du gerade sagen.", meinte Bill belustigt, „Du hattest doch selber noch nie eine Freundin."
 

„Ach, ob man nun mit einem Drachen oder einer Frau zusammen lebt, ich denke, das macht keinen all zu großen Unterschied.", winkte Charlie ab, worauf sich selbst Percy ein kleines Lächeln nicht verkneifen konnte.
 

„Sie wollte...dieses Jahr Weihnachten hier verbringen. Aber das ist ja jetzt auch egal. Weihnachten wird eh völlig überbewertet.", fuhr Percy fort, zuckte noch einmal mit den Schultern und wollte sich dann wieder seinem Pergament zu wenden.
 

Doch da hatte er die Rechnung ohne seine Brüder gemacht.
 

„Jetzt ist Schluss damit.“ Entschlossen hob Bill seinen Zauberstab und richtete ihn auf den Aktenhaufen vor Percy. Sofort erhob dieser sich in die Luft und schwebte aus dem Raum, die knarrende Holztreppe empor. Noch bevor Percy aufspringen und ihm folgen konnte, verschloss sich die Küchentür mit einem leisen Klicken und selbst nach mehrmaligem heftigen Rütteln wollte sie sich nicht öffnen lassen. Percy, der seinen Zauberstab nicht bei sich hatte, schnellte zu Bill herum. „Was soll das?!", knurrte er.
 

„Du wirst dich sicher nicht hier in deiner Arbeit vergraben und den Weihnachtsmuffel spielen, nur weil irgend so ein Mädchen dir den Laufpass gegeben hat.", sagte Bill und Charlie nickte zustimmend.
 

„Aber...", setzte Percy an und gestikulierte Richtung Küchentür, durch welche seine Unterlagen gerade reiß aus genommen hatten.
 

„Kein aber.", unterbrach Charlie ihn, ging zu Percy hinüber und legte ihm einen Arm um die Schulter. Da Percy bereits ein gutes Stück größer war als er musste er dafür seinen Arm in einem leicht unnatürlichen Winkel ausstrecken. „Wir werden schon dafür sorgen, dass du Weihnachten wieder genießen kannst." Und er zog den immer noch etwas zweifelnd drein schauenden Percy zur Haustür. Während die Drei sich anzogen und Bill und Charlie bereits über die Regeln der folgenden Schneeschlacht diskutierten, dachte Percy, dass Weihnachten mit der Familie zu verbringen vielleicht doch nicht das Allerschlechteste war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2015-02-17T15:56:38+00:00 17.02.2015 16:56
Solche Brüder wie Charly und Bill wünscht sich doch jeder.
Klasse OS
Von:  Lily_Toyama
2012-12-23T20:36:50+00:00 23.12.2012 21:36
Toller OS, ich mag die drei echte gerne und von ihnen gibt es so wenige Geschichten.
Besonders gut hat mir die Begründung mit Penny gefallen. Ich hatte mal eine FF gelesen, so sie sich von ihm trennt, weil er zu arbeitswütig geworden ist. Doch deine Version, dass es eher auch ein Auslöser dafür war, gefällt mir besser. Ich mag Percy.
Und wie seine Brüder ihn aufmuntern hast du sehr süß beschrieben. Beide auf ihre Weise, aber Charlie hatte noch nie eine Freundin? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, so als Quidditchstar :)
Lg Lily
Von:  Kim_Seokjin
2012-12-22T10:11:37+00:00 22.12.2012 11:11
Die Geschichte ist wirklich zuckersüß und ich sitze nach dem zweiten Mal lesen immer noch hier und grinse wie ein Honigkuchenpferd. :)
Du hast die drei Brüder super getroffen. Es gibt einfach viel zu weniger über sie zu lesen. :)
Ich habe mich während dem Lesen gefragt, warum er sich so in die Arbeit stürzt, ob es nun der Ehrgeiz ist oder weil er Mr. Crouch gefallen will. Ich habe vorerst gar nicht an Penelope gedacht, aber es ist natürlich ein super Grund, der ihn um einiges sympathischer macht. :)

Von: abgemeldet
2012-12-21T23:31:59+00:00 22.12.2012 00:31
Hey,
boah ich liebe die Geschichte. Die ist so süß. Da möchte ich jetzt schon Weihnachten haben. Und nicht erst in zwei Tagen.
Wie Charlie und Bill mit Percy umgehen. Einfach zu liebenswürdig.
Ganz liebe und weihnachtliche Grüße


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