In der Wärme
Das Holz unter ihrer Stirn fühlte sich für die herrschende Wärme im Unterstand seltsam kühl an. Trotzdem war die Temperatur ihr durchaus willkommen. Eine bleierne Müdigkeit hatte von ihr Besitz ergriffen und obwohl sie es gewohnt war, schlug ihr das ständige Jonglieren mit Plänen, Zeiten und Orten auf's Gemüt. Sie sehnte sich nach einer Aufgabe, die keine Diplomatie oder Organisation sondern Schweiß und Tränen erforderte, die all' die Zahlen und Buchstaben, die sie immer noch vor ihrem inneren Auge kreisen sah, vertriebe.
Stattdessen saß sie hier in Konoha fest, wo das ungewohnte Wetter ihr Kopfschmerzen bereitete und sie trotz aller Freundlichkeit zwischen Suna und Konoha doch die Fremde war.
Ihr Arbeitstag war lang. Als sie an ihrem ersten Abend zu ihrer vorübergehend gemieteten Wohnung gewandert war, war sie hier am Ichiraku vorbeigelaufen. Ihr Hunger und der appetitanregende Geruch, der unter dem kurzen Vorhang heraus wehte, hatte sie dazu veranlasst, den Stand zu betreten. Und obwohl sie danach aus allen Poren nach Ramen roch, hatte sie es nicht bereut.
Es war seltsam zufriedenstellend, allein in der Wärme zu sitzen. Trotz der Beiden hinter dem Tresen, die einfach nur freundlich waren, fühlte sie sich nicht beobachtet oder durch ihr Stirnband und ihre Verwandtschaft mit dem Kazekagen irgendwie gesondert behandelt. Sie war nur ein weiterer Kunde.
Sie war so entspannt, dass ihr viel zu spät aufging, dass die Schritte hinter ihr bedeuteten, dass jemand kurz davor war, das Ichiraku zu betreten. Deshalb lag sie immer noch mit dem Kopf auf der Tischplatte, als sich zwei blaue Augen auf sie richteten.
„Oh, hey Temari!“ Sie schreckte auf. Als sie sich dessen bewusst wurde, räusperte sie sich und grinste ihn über die Schulter hinweg breit an.
„Hallo Naruto.“ Er grinste sogar noch ein bisschen breiter zurück und rutschte auf den Sitz neben ihr. „Teuchi~ Fütter' mich, ich sterbe!“ Er winkte theatralisch mit beiden Armen. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen, denn innerhalb nur weniger Sekunden stand eine Schüssel seiner üblichen Bestellung vor seiner Nase. Auf seinen überraschten Blick lächelte Teuchi nur.
„Ich habe schon gehört, dass du heute zurückkommst.“
Vor Rührung wurden Narutos Augen ganz feucht. Er schniefte und begann ohne weitere Umschweife sein Ramen zu schlürfen. Temari schlug die Beine übereinander. „Auf Mission gewesen?“ Der eifersüchtige Ton verschwand nicht ganz aus ihrer Stimme. Naruto nickte mit vollen Mund.
„Pfo“, machte er und Temari vermutete, dass das wohl eine Bestätigung darstellen sollte.
„Un' pfu?“
„Suna-Konoha-Papierkram-Zeug...“
Er boxte ihr mitleidig gegen die Schulter und sie lächelte schief.
„Noch eine Portion, bitte!“, verlangte Naruto lautstark. Er begann von der Mission zu erzählen und sie ließ den Kopf wieder auf die Tischplatte sinken. Vor Naruto war das in Ordnung.
Er fuhr ungeachtet dessen fort zu reden. Von der Mission, von Ramen, von Suna und Konoha und von anderen Dinge, die sie nicht verstand, weil er teilweise immer noch mit vollem Mund sprach.
Sie hörte nur mit halbem Ohr zu. Naruto machte es nichts aus.
Sie schloss die Augen und erlaubte sich die Schwäche, einzudösen, während sie noch immer in der Wärme saß, mit Narutos Stimme und leisem Kochgeklapper von der anderen Seite der Theke im Ohr.
Morgen war wieder ein anstrengender Tag, mit Zahlen und Terminen und lauter Menschen um sie herum, die sie beobachteten. Aber jetzt und hier war es warm, niemand richtete über sie und Naruto war da.
Sie war sicher und alles war gut.