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Awakening

Honor, Family, Love
von

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The Prey and the Hunter

„Wohin reitet Ihr heute, Sir?”, erkundigte sie sich etwa eine Woche später.

Gisborne hatte ihr befohlen, ihm seine Reitleder bereitzulegen, während er seine morgendliche Wäsche durchführte.

Er zog sich gerade seine Jacke an und sie schlug sein Kissen auf, damit es, wenn er am Abend wiederkam, in ein frisches, weiches Bett fallen konnte.

„Wir werden nach London reiten. Prinz John hat uns auf die Jagd eingeladen.“, erklärte er ihr und sie sah ihn interessiert an.

„Oh, ich wollte schon immer mal nach London, Sir. Dort soll es einen tollen Markt geben und einen Laden, wo man besonders leckere Süßigkeiten kaufen kann.“, freute sie sich, da sie in der Annahme war, dass er sie mitnahm.

Doch er musste sie, zu seinem Bedauern, enttäuschen.

„Du kommst nicht mit, Alyssa. Der Sheriff, Isabella und ich wurden eingeladen. Es sind auf der Jagd nur Adlige erlaubt.“, machte er ihr bewusst und ihr Lächeln verwandelte sich in Unmut.

Sie hasste es, dass sie nur eine einfache Magd war.

„Aber wer soll Euch dann ein Bad einlassen, Sir? Oder Euch beim Abendessen Gesellschaft leisten?“, wollte sie von ihm wissen und er sah, dass sie ihn nicht gehen lassen wollte.

Warum auch immer.

„Alyssa... Ich bleibe doch nur für drei Tage weg. Es gibt in London genug Dienstmägde, die mir zugeteilt werden können für diesen Zeitraum.“, entgegnete er und lächelte, wissend, dass sie ein wenig eifersüchtig war.

Schamröte stieg ihr ins Gesicht.

Er wusste, dass sie bloß nicht wollte, dass er sich von irgendeiner anderen Frau bedienen ließ.

„Ich bringe dir etwas aus der Hauptstadt mit. Das verspreche ich.“, schwor er ihr und zwinkerte, um sie dann allein in seinem Gemach zurückzulassen.

Als er sich, zusammen mit dem Sheriff und Isabella, auf den Weg machte, sah ihm von Fenster aus nach.

Sie vermisste es jetzt schon sich um ihn zu kümmern, auch wenn er bereits ein erwachsener Mann war.

Sie mochte es, wenn er ihr das Gefühl gab, dass er sie brauchte.
 

Die ganzen drei Tage über saß sie herum, auch wenn die Bediensteten des Sheriffs nicht besonders begeistert davon waren, dass sie nicht mal einen Finger rührte.

Sie hätte ihnen ja wenigstens helfen können.

Doch stattdessen wartete sie lieber auf die Rückkehr ihres Herrn und als es dann so weit war, war sie bereits im Hof, als er eintritt.

„Sir Guy! Wie war Eure Reise? Habt Ihr mit dem Prinzen geredet?“, fragte sie ihn aus und ihre Augen leuchteten vor Neugier.

Er ging mit ihr hinauf in sein Gemach und verlangte von ihr, dass sie ihm Badewasser einließ.

„Die Reise war wirklich angenehm, Alyssa. Der Prinz war mit uns jagen, wie es sich für einen Gastgeber gehört und ja, ich habe mit ihm geredet.“, beantwortete er ihre Fragen und reichte ihr dann eine kleine Schatulle.

Sie war aus Holz.

Kleine Ornamente waren hineingeschnitzt und Tiere, wie Rehe und Füchse.

Das war wirkliche Meisterarbeit.

Als sie diese öffnete, funkelte ihr eine Kette entgegen.

„Sir... Das ist...“, stotterte sie verdutzt.

Kleider und das Pferd, na gut.

Aber eine so schöne Kette?

Sie war aus Gold und ein Anhänger war angebracht.

Es war ein Kreuz, an dessen Enden die Fleur de Lille, die französische Lilie, abgebildet war.

„Das habe ich auf dem Markt gefunden und ich musste sofort an dich denken. Du sagtest doch, du kommst aus Caen. Das ist handgemacht aus der Normandie.“, erzählte er ihr stolz über seinen Fund und holte die Kette heraus, um sie ihr anzulegen, wobei er die zarte Haut ihres Halses berührte.

Sie betrachtete sich im Spiegel.

„Merci...“, wisperte sie sprachlos und ihr wären beinahe die Tränen gekommen.

„Ich werde das nie abarbeiten können, was ihr mir an wertvollen Dingen schenkt. Kleider, die kleine Stute und nun diese Kette... Ihr seid zu gütig.“, bedankte sie sich und er winkte ab.

„Das du noch bei mir bist, ist mir Dank genug. Ich kann mir nicht erklären, warum eine Frau wie du überhaupt als Dienstmädchen arbeitet, wenn du anderweitig viel mehr Geld verdienen könntest.“, rätselte er vor sich hin und kleidete sich währenddessen hinter dem Paravent aus, um ein Bad nehmen zu können.

Sie schluckte und biss sich auf die Unterlippe.

Das Plätschern von Wasser war zu hören und ein Seufzen entwich ihm, dass ihr Gänsehaut verpasste.

„Würdest du so gut sein und mir ein paar Rosenblüten bringen?“, verlangte er.

Sie gehorchte und nahm das Körbchen mit den Blüten.

Zu seinem Schrecken trat sie vor ihn, anstatt hinter ihn und konnte somit direkt auf ihn sehen.

Seine Hände glitten überrascht zwischen seine Beine, damit sie nicht alles von ihm sehen konnte.

Sie schmunzelte belustigt über seine Reaktion.

„Ich will nur einem Mann gehören, Sir.“, raunte sie ihm zu und verteilte die Blumenblüten im Badewasser.

Kleine, nachdenkliche Falten bildeten sich zwischen seinen schönen, blauen Augen.

Wovon redete sie auf einmal.

Sie kniete sich neben ihn und spielte mit dem heißen Wasser.

Ihr verführerischer Blick war so anziehend, dass er nicht wegsehen konnte.

„Ihr habt gesagt, dass Ihr Euch nicht vorstellen könnt, wie ich es als Dienstmädchen aushalte kann. Nun, wenn ich weiter im Bordell gearbeitet hätte, hätte ich zwar sehr viel Geld verdient und hätte mich wahrscheinlich in etwa zehn Jahren freikaufen können. Aber ich hätte mich jeden Mann hingeben müssen... Und ich will nicht jedem dienen. Ich will einem guten Mann dienen... Einen ehrvollen... Nur Euch.“, flüsterte sie ihm ihr Geständnis zu und er errötete ebenfalls.

„Warum sagst du so was?“, brachte er hervor und sie erhob sich, um sich genau hinter ihm wieder hinzuknien.

„Weil es die Wahrheit ist.“, offenbarte sie ihm und schon merkte er, dass ihre zärtlichen Finger in seinen Nacken wanderten.

„Was?“, zuckte er zusammen und nahm die Hände hoch, um ihre aus seinem Nacken zu schieben, vergaß allerdings dabei, dass sie nun einen guten Blick haben würde, auf das, was er eigentlich bedeckt halten wollte.

„Pst... Entspannt Euch. Ihr seid so gut zu mir gewesen. Wenn Ihr nicht gewesen wärt, dann würde ich am Galgen baumeln. Zeit sich zu revanchieren, findet Ihr nicht, mein Herr?“, sprach sie in sein Ohr und betonte die letzten Beiden Worte so, dass sie durch ihr Hauchen seinen Gehörgang kitzelte.

Komischerweise, worüber er sich selbst wunderte, ließ er sich voll und ganz auf das ein, was sie mit ihm anstellen wollte.

Er kicherte erregt.

„Nun, wenn du das unbedingt willst, Alyssa...“, murmelte er und sie lachte amüsiert.

Er war doch auch nur ein Mann.

„Im Bordell hat mir eine der älteren Huren beigebracht, wie man einen Mann wiederbelebt, wenn er vollkommen erschöpft ist. Man muss nur zärtlich sein und herausfinden, was er mag... Ohne, dass er es einem verrät. Eine Frau muss das Verlangen eines Mannes an seinem Körper ablesen.“, berichtete sie ihm und begann ihn zu massieren.

Seine Muskulatur spannte sich an und wechselte sich dann mit vollkommener Lösung ab.

Es war mehr als entspannend.

Es schien ihn zu befreien und er schloss genießerisch die Augen.

„Ist es eigentlich wahr, dass du noch eine Jungfrau bist?“, wollte er wissen, da er sich das nicht wirklich vorstellen konnte.

Sie hatte innerhalb von wenigen Minuten herausgefunden, wie er es mochte und dachte nicht mal daran ihm eine Pause zu gönnen.

„Ja, das stimmt... Wisst Ihr, bevor man mit den Freiern schlafen darf, muss man lernen und lernen kann man am besten durch zusehen.“, erwiderte sie und strich mit ihren Händen über sein Kinn und seine Kehle.

Er verkniff sich ein Stöhnen.

„Aber... Wenn Ihr es herausfinden wollt...“, neckte sie ihn, was ihm wieder klar machte, was er da gerade zuließ.

Schnell drückte er ihre behutsamen Hände von sich und sah sie mit schlechtem Gewissen an.

„Was ist, Sir? Habe ich etwas falsches gesagt?“, wollte sie verwirrt wissen.

Er schüttelte den Kopf, doch sie wusste, dass er sie damit nur beruhigen wollte.

„Ich möchte nur schlafen gehen. Du kannst dir für heute frei nehmen, Alyssa.“, erteilte er ihr den indirekten Befehl sein Gemach zu verlassen.

Sie konnte ihm nicht widersprechen, also trollte sie sich.

Was war denn nur mit ihm los?

Warum konnte sie ihn denn nicht vollkommen für sich gewinnen?

Sie wollte ihn doch so sehr.

Ihr Herz schlug wie wild, als sie den Anhänger der Kette berührte.

Geduld.

Das war es, was sie nun brauchte.

Guy war wie ein wildes, ungezähmtes, auf eine Art auch verängstigtes, Fohlen, dessen vertrauen man gewinnen musste, damit man es zureiten konnte.

Sie musste nur abwarten.
 

Sie kniete in der Kapelle von Nottingham Castle vor dem großen Altar.

Die Sonnenstrahlen, des heranbrechenden Tages, brachen hinein und verliehen dem Raum eine angenehme, warme Atmosphäre.

Die goldenen Kerzenleuchter und das große Kreuz über dem Altar, blitzten aufpoliert.

Einige Kerzen brannten bereits.

Alyssa hockte auf dem Boden und betete leise.

Das hatte sie schon immer getan.

Der Mann, der ihr Vater gewesen war, der Bauer in Caen, hatte zwar nie darauf bestanden, doch aus irgendeinem Grund hatte sie es sich einverleibt.

Sie betete morgens vor der Arbeit, wobei sie für einen arbeitsreichen, aber nicht zu anstrengenden Tag bat, und abends nach der Arbeit, um Gott für seine Mühen zu danken.

Sie glaubte fest daran, dass der Schöpfer sah, wie fleißig sie war und hielt sich auch stets an die Gebote, soweit sie das konnte.

Und für jedes, das sie nicht eingehalten hatte, legte sie eine Beichte ab.

Aber am meisten hoffte sie, dass der Herr sie eines Tages dafür entlohnen würde.

Ihr durch die schweren Zeiten half, damit sie einmal glücklichere erleben durfte.

Als sie ihr Gebet beendet hatte, setzte sie sich noch eine Weile hin und nahm sich die Bibel, die auf dem Altar lag.

Sie war in Latein geschrieben.

Zweifelsohne, damit das einfache Volk sie nicht verstand.

„Warum liest du das, Kind? Eine Magd, wie du, versteht das doch gar nicht.“, ertönte plötzlich die Stimme des Sheriffs neben ihr und sie schreckte auf.

Sie hatte, in Gedanken versunken, überhaupt nicht mitbekommen, dass er die Kapelle betreten hatte.

Ohne sich vor ihm zu verneigen, richtete sie sich auf.

„Glaubt Ihr das wirklich, my Lord?“, konterte sie und er grinste.

„Mir gefällt es, dass du so scharfzüngig bist, Alyssa. Es gibt nicht viele Menschen, die so mit mir reden würden.“, meinte er, wobei er sie eingehend musterte.

„Sag, kannst du das etwa lesen? Oder machst du dir einen Scherz mit mir?“, harkte er dann allerdings noch mal nach und seine nussbraunen Augen blickten genau in ihre blauen.

„Ins Freudenhaus kommen nicht nur Trunkene und gelangweilte Adlige, my Lord. Auch Geistige sind dem fleischlichen Gelüsten unterworfen, trotz des Schwurs zur Abstinenz. Es gab mal einen Mönch, der uns Latein beigebracht hatte, jedes Mal, wenn er zu uns kam.“, klärte sie ihn auf und er zog eine Augenbraue hoch.

Sie war gar nicht mal so ungebildet.

Wahrscheinlich war sie sogar schlauer, als mancher englischer Lord.

Und Frauen wurde ja auch eine gewisse Gerissenheit nachgesagt.

Wie Schlangen.

„Gisborne scheint dich ja besonders zu bevorzugen. Kleider, ein Pferd, ein kleines Schwert... Und nun ein neues Geschenk? Eine Kette? Wenn er so weiter macht, siehst du bald mehr wie eine Hofdame als ein Dienstmädchen aus.“, wechselte er dann jedoch das Thema.

Sie wirkte unbeeindruckt.

„Sir Guy ist ein guter Herr. Wenn er darauf besteht, nehme ich seine Geschenke an. Was bleibt mir auch anderes übrig?“, erwiderte sie schnippisch.

„Aber warum fragt Ihr? Gibt es irgendein Problem?“, wollte sie dann, mit gespielter Besorgnis wissen.

Er tat so, als wäre er verblüfft über ihre Frage.

„Nun... Es gehen einige Gerüchte um. Ich habe auch bereits mit ihm darüber gesprochen. Aber ich wollte mich unbedingt noch an dich wenden, schönes Kind.“, begann er und strich sich über den grauen Bart.

Sie erforschte sein Gesicht, um vielleicht über seine Mimik herauszufinden, was er im Schilde führte, konnte jedoch nichts deutliches sagen.

„Die Dienstmädchen tuscheln, dass du ihm... Wie soll ich es sagen? Das du Gisborne weitaus mehr Dienste erweist, als üblich.“, brachte er hervor und stiefelte vor dem Altar auf und ab.

„Ich sehe es ja selbst, wie er dir nachsteigt. Wie ein Jäger, der ein Reh verfolgt. Es ist ja schon fast lächerlich.“, empörte er sich über das Verhalten seines Handlangers.

Sie grinste in sich hinein.

Es war also nicht nur für sie offensichtlich, dass Sir Guy Interesse an ihr hatte.

„Das kann nicht sein, my Lord. Sir Guy sagte mir selbst, dass er immer noch um Lady Marian trauert.“, stritt sie das Ganze ab und wollte sich entschuldigen, doch er hielt sie am Handgelenk fest und zog sie zurück.

Sein Gesicht war ihrem so nahe, dass sie jedes Äderchen in seinen Augäpfeln sehen konnte.

„Ich warne dich nur, Kleine. Mach aus meinem abgerichteten Bluthund ein jämmerliches Schoßhündchen, dann hat das Folgen für dich.“, drohte er ihr, seine Stimme nur noch ein Knurren.

Verstört machte sie sich von ihm los und ging.

Ihre ängstlichen Augen blickten immer wieder über ihre Schulter hinweg zu ihm, bis sie zur Tür hinaus war.

Was war das denn gewesen?
 

„Was hältst du von einem Ausritt, Alyssa? Ich habe heute ausnahmsweise mal keine großen Verpflichtungen.“, schlug Guy ihr vor, während sie sein Zimmer aufräumte und er frühstückte.

Sie wandte sich ihm zu und lächelte.

„Und was ist mit meinen Verpflichtungen, Sir?“, entgegnete sie zwinkernd und er schluckte.

Wie er dieses verspielte liebte.

Ein Schmunzeln huschte über seine schmalen Lippen.

„Bin ich nicht deine Verpflichtung? Ich könnte dir auch befehlen mich auf einem Ausritt zu begleiten.“, schlug er ihr vor und sie lachte amüsiert.

Das war wirklich raffiniert.

Sich auf die Armlehnen seines Stuhls abstützend, lehnte sie sich zu ihm vor und stoppte kurz bevor sich ihre beiden Nasen berühren konnte.

„Dann befehlt es mir, Herr.“, hauchte sie und es jagte ihm einen Schauer über den Rücken.

Er hatte noch nie eine Frau kennen gelernt, die so sehr mit ihren Reizen spielt, ohne dabei aufdringlich zu werden.

„Gut... Ich befehle dir mich zu begleiten.“, forderte er sie auf und ihr Lächeln, verwandelte sich in ein breites Grinsen.

Sie liebte es, wenn er auf ihre kleinen Spielchen einging.

Etwa eine Stunde später saßen sie auch bereits auf ihren Pferden und verließen in einem flotten Trab Nottingham.

Alyssa fiel dabei auf, wie viel Armut im Land herrschte.

Bereits hinter den Toren, unter der Überführung, die in die Stadt führte, hausten Bettler.

Alte Männer, junge Mütter und Kinder.

Sie schliefen im Schlamm und ernährten sich von Abfällen, die dort entsorgt wurden.

Es war erbärmlich, doch sie konnte nichts tun, als ihnen einen mitleidsvollen Blick zuzuwerfen.

Ihre Gedanken drehten sich darum, dass sie auch so hätte enden können, wenn Sir Guy of Gisborne nicht gewesen wäre.

Aber dieses Bild vergaß sie, als sie durch den Sherwood Forrest ritten.

Bei Tag war er wesentlich einladender als bei Nacht.

Besonders jetzt, wo der Herbst einzog.

Die Blätter der großen Buchen und Eichen verfärbten sich in den schönsten Rot- und Gelbtönen.

Es war beinahe wie gemalt.

Ein Kunstwerk der Natur, dessen Schönheit mit nichts zu vergleichen war.

Alyssa genoss es, einfach nur im Sattel zu sitzen und nichts weiter zu tun, als der zierlichen, vollblütigen Stute die Wahl des Tempos zu überlassen.

Und auch Guy schien Spaß an dem Ausritt zu haben, während sein Hengst mit donnernden Galoppsprüngen über den Waldboden preschte.

Doch als der Wald endete und sie in eine kleine Stadt kamen, zügelten sie die Pferde, die nur mit Widerwillen ihre Geschwindigkeit drosselten und in einen leichten Trab vielen.

„Das ist Nettlestone Village, nicht wahr, Sir?“, erkundigte sie sich und er nickte bestätigend.

Die Dorfbewohner schienen wirklich verwundert über den Anblick.

Einige stürzten in ihre Häuser, um sich zu verstecken.

„Wir werden nicht lange bleiben. Gibt es etwas, dass du haben möchtest, Alyssa?“, fragte er und sie sah sich um.

Es gab hier nicht viel zu kaufen, außer Brot und Schinken.

Ihr Blick wanderte zu einer Frau, die ihr, etwa sechsjähriges Mädchen, auf den Rücken trug.

Das Kind wirkte kränklich und blasser als blass.

Sie drückte ihre Stute voran und steuert auf die Beiden zu.

„Was hat deine Tochter, gute Frau?“, wollte sie wissen und die Mutter stoppte.

Sie sah zu Alyssa hinauf, mit ehrfurchtsvollem Blick, so als ob sie über sie geordnet war.

„Meine Tochter ist von Geburt an ein Krüppel. Ihre Beine können ihr Gewicht nicht selbst halten, deswegen trage ich sie.“, berichtete sie ihr und wartete auf die Reaktion der Reiterin.

Sie wendete ihr Pferd und ritt zu Guy, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.

Er nickte nur und holte eine Silbermünze hervor, die er ihr reichte.

Damit ritt sie zu der Frau zurück und warf sie ihr zu.

„Kaufe davon ein Paar Krücken. Wer soll für deine Tochter sorgen, wenn du nicht arbeiten gehen kannst, wegen eines kaputten Rückens?“, raunte sie der Bäuerin zu, die bereits anfing zu weinen.

„Oh, vielen Dank. Ich danke Euch, my Lady.“, ging sie vor ihr auf die Knie.

Alyssa war verdutzt, dass sie für eine Adelsdame gehalten wurde.

Das lag wahrscheinlich an ihrer Kleidung und der Begleitung von Guy of Gisborne.

Lächelnd blickte sie auf die fröhliche Frau und ihr Kind hinunter.

„Du musst dich für nichts bedanken. Kümmere dich nur gut um dein Kind.“, verlangte sie und die Frau nickte energisch.

Mit dem Geld konnte sie sogar noch Kleidung und Essen kaufen.
 

„Wer ist das?“, wollte Much von Robin wissen.

Die Beiden hatten gerade das Gebiet ausgekundschaftet und waren zufällig bei Nettlestone Village vorbeigekommen.

Robin Hood, früher Robin of Locksley, starrte zwischen das dünne Geäst hindurch und musterte die Frau, die ihr Pferd neben das von Gisborne lenkte und ihm ein sanftes Lächeln zuwarf.

Sie war eindeutig von adliger Herkunft.

Doch, was machte Gisborne bei ihr?

„Das weiß ich nicht, Much. Vielleicht eine Tochter von irgendeinem Lord, dem Gisborne mal wieder in den Arsch kriechen will.“, mutmaßte er und sein Freund rieb sich den Nacken.

„Wäre eine Erklärung, warum er mit ihr hierher reitet und den großen Wohltäter spielt... Sie ist aber auch hübsch, oder nicht?“, stellte er fest und Robin konnte ihm nur Recht geben.

„Aber sie hat anscheinend keinen guten Geschmack, wenn sie sich auf ihn einlässt.“, meinte der andere Mann und beobachtete, wie sich die junge, schöne Frau etwas im Sattel vorbeugte und Gisborne einen luftigleichten Kuss auf die Wange drückte.

Der Ritter errötete sichtlich und sie lachte belustigt.

Wie Glockenklänge hallte ihr Lachen in seinem Ohr wieder.

„Denkst du, er hat was mit ihr?“, wollte Robins Gefährte wissen und schien ziemlich aufgeregt darüber.

Robin zuckte mit den Schultern.

„Woher soll ich das denn wissen, Much?! Zutrauen würde ich es ihm eventuell... Wir sollten das weiter beobachten. Vielleicht kann sie uns noch mal von Nutzen sein.“, entgegnete er und sie verschwanden wieder im Dickicht.
 

„Die Frau dachte tatsächlich, dass ich eine Lady wäre, Sir. Wahrscheinlich wegen der schönen Kleider, die Ihr mir geschenkt habt.“, richtete sie sich an ihn und drehte sich auch etwas im Sattel zu ihm.

Er betrachte sie aus den Augenwinkeln.

Sie trug heute ein nachtblaues Seidenkleid und einen Umhang aus feinem weißen Hermelin, den er in Nottingham gekauft hatte.

Ihre Hände waren, genau wie seine, mit Leder behandschuht und Isabella hatte ihr Haar glänzend gebürstet und hochgesteckt.

Sie sah wirklich aus, wie eine Lady.

Und das lag nicht allein an ihrer Kleidung.

„Ich denke nicht, dass sie deshalb davon überzeugt war. Du hast etwas Eigenartiges an dir, weißt du?“, gab er zu und Falten bildeten sich zwischen ihren großen, hellblauen Augen.

„Etwas Eigenartiges?“, harkte sie nach, da sie nicht wirklich wusste, wie sie dieses Geständnis interpretieren sollte.

Mit dieser Reaktion entlockte sie ihm ein kleines Lachen.

„Du hast diese besondere Ausstrahlung, Alyssa. Grazie und Liebreiz, selbst wenn du in Lumpen rumläufst. Stolz und Würde, wenn du den Boden meines Zimmers schrubben musst. Du bist bisher die einzige Magd, bei der mir das aufgefallen ist. Es ist beinahe so, als wärst du nie dazu bestimmt gewesen, ein Dienstmädchen zu sein.“, spekulierte er und sie kicherte.

Das war doch nicht sein Ernst?

Wie konnte er so etwas denn sagen?

Aber ihr gefiel diese Annahme auch sehr, wie sie zugeben musste.

„Nun denn... Ihr könnt ja so tun, als ob ich eine Nobeldame wäre.“, machte sie ihm den Vorschlag und beide blickten sich eingehend an.

„Oh, schaut eine Ricke und ihr Kitz.“, rief sie plötzlich und zeigte in die Richtung.

Ihr war die Situation ziemlich peinlich geworden, also kam ihr das Wild wirklich recht, um für Ablenkung zu sorgen.

Er sah der Tiermutter und ihrem Nachwuchs nach, als sie aufgeschreckt im Wald verschwanden.

Dann hielt er seinen Hengst.

„Wir lassen die Pferde hier.“, befahl er und auch sie stieg ab, um ihrer Stute noch einmal den Hals zu klopfen.

Dann zeigte er auf einen Weg, der zwischen den Bäumen hindurchführte.

Die Pferde würden da unmöglich durchkommen, aber zu Fuß war es möglich.

Er nahm ihre Hand, damit sie nicht stolperte, während sie das unwegsame Gelände erforschten.

Schlussendlich erreichten sie einen See.

Er war inmitten einer kleinen Lichtung und lag ruhig und verträumt da.

„Es ist wunderschön hier, Sir.“, stieß sie beeindruckt hervor und er freute sich über ihre Reaktion.

Er hatte gehofft, dass es ihr gefallen würde.

Früher einmal hatte er mit Marian hierher kommen wollen, doch sie hatte nie gewollt.

Alyssa war dankbar für jeden Moment, den er mit ihr verbrachte.

Das unterschied die beiden Frauen gewaltig.

Der idyllische Anblick brachte eine romantische Stimmung mit sich, gegen die sich beide nicht wehren konnten.

Doch es war eindeutig zu kalt, um allzu lange auszuharren.

Alyssa durchzog ein frösteln, was er bemerkte.

Aufmerksam nahm er ihre Hände in seine und rieb sie behutsam, um sie aufzuwärmen.

Schamröte stieg in ihre Wangen und machten sie noch hinreißender, als sie es so schon war.

Es befanden sich zwei Schwäne ganz in ihrer Nähe, die nebeneinander herschwammen.

Ihre Schnäbel berührten sich ab und an und sie putzen gegenseitig ihr schneeweißes Gefieder.

„Wusstet Ihr, dass Schwäne monogam leben? Ein Paar bleibt ein Leben lang zusammen. Sie sind ein Symbol für die ewige Treue.“, belehrte sie ihn und er schien sich nicht im geringsten für das Wassergefieder zu interessieren.

Ihn hypnotisierten ihre klaren Augen und ihre roten, vollen Lippen.

„Wirklich?“, murmelte er und schluckte.

„Ihr seht ja gar nicht hin, Sir.“, machte sie ihm darauf aufmerksam, dass er das alles gar nicht wirklich wahrnahm.

Schnell wandte er den Blick den Schwänen zu.

Das Männchen war gerade dabei dem Weibchen den Hof zu machen, was hieß, dass er auf sie draufsprang und sie dabei bald ertränkte.

„Oh, mein Gott.“, kam es von Alyssa und die Zwei erröteten so stark, dass sie wie Tomaten wirkten.

Ausgerechnet jetzt.

Doch Alyssa war die Erste, die ihre Fassung wiederfand.

„Scheint so, als ob selbst Tiere wüssten, was man am besten gegen die Kälte unternimmt.“, witzelte sie und er war sprachlos über diese Aussage.

„Sex drückt ja weit mehr als nur den Trieb an sich aus. So wurde es mir zumindest beigebracht.“, begann sie und er sah sie verblüfft an.

Was sollte man denn sonst damit ausdrücken?

„Was ist es denn?“, harkte er neugierig nach und verlor sich ganz in ihrem Anblick.

Sie lehnte sich gegen seinen kräftigen, großen Körper und er erzitterte etwas.

„Mehr als nur pure, ungezügelte Lust... Man schenkt seinem Partner sehr viel Liebe, Vertrauen und Geborgenheit. Es ist ein Beweis dafür, dass man niemand anderen will...“, offenbarte sie ihm und ihre Gesichter waren sich wieder so nahe, dass sie sich beinahe küssten.

„Das klingt sehr gut.“, gab er zu und sie nickte bestätigend.

Sie konnte sich schwer zusammenreißen.

Warum musste er auch immer so unglaublich sexy aussehen, wenn er so verletzlich dreinschaute?

Das war so unfair.

„Und dann gibt es da noch etwas...“, fügte sie hinzu und zog ihn noch etwas zu sich hinunter, um ihm auf Zehenspitzen ins Ohr zu flüstern.

„Die Orgasmen...“, wisperte sie und er erschauderte erregt.

Seine Hand ließ ihre los und wanderte an ihren Hals.

Er wollte sich nicht mehr gegen sein Verlangen wehren.

Wenn er doch einfach nur loslassen könnte.

Nur für diesen Moment.

Und es gelang ihm alle Bedenken in die hinterste Ecke seines Kopfes zu verbannen und sich einen Ruck zu geben.

Seine Zunge benetzte seine Lippen etwas und sie blickte ihn voller Erwartung an, bereit für das, was er vorhatte.

Zärtlich vereinten sich ihre Münder und ein Kribbeln ging durch beide hindurch.

Erst war es nur ein schüchterner Kuss.

Nicht mehr als ein Antasten.

Doch dann wurde er fordernder, womit sie nun nicht mehr gerechnet hatte.

„Sir...“, brachte sie zwischen zwei Küssen hervor und er nutzte diese Chance, um mit der Zunge hervorzuschnellen.

Es war ein Versuch, bloß ein Test.

Umso größer war seine Verwunderung, als sie in den Angriff überging.

Ihre weiche Zunge leckte über seine Oberlippe und verlangte nach Eintritt, den er ihr gewährte.

Seine Knie wurden schwach und er stöhnte leise auf, als sie nicht locker ließ.

Doch auf einmal riss er sich von ihr los.

„Tut mir leid. Ich... Ich weiß gar nicht, was über mich gekommen ist, Alyssa.“, entschuldigte er sich stammelnd bei ihr.

Sein Mund war gereizt von ihren Küssen und sie konnte deutlich sehen, dass er vollkommen außer Atem war.

„Nein, Sir. Das war meine Schuld.“, erwiderte sie und er deutete ihr in Richtung der Pferde.

„Wir sollten wieder zurück. Sonst holen wir uns in dieser Kälte noch den Tod.“, schlug er vor, obwohl sein Gemüt so stark erhitzt war, dass er mit der Wärme ganz England hätte warm halten können.

Schluckend folgte sie ihm.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  CreamCake
2013-01-03T21:10:14+00:00 03.01.2013 22:10
HEAY ;D

Na wenigstens bemerkt Alyssa von selbst, das Guy viel zu gütig zu ihr ist :D

Tja auch ein Guy brauch mal eine ordentliche Massage :D

HaHa, der Vergleich mit dem Fohlen, ist einfach zu geil! xDD Muss mir jetzt nen Guy vorstellen, der über die Wiesen springt :D xD

Der Sheriff ist.. na ja der Sheriff halt xD Erst macht der einen auf nett und dann 'ich kill dich gleich'^^ ein Flatterhafter Geist :D

Nett von Alyssa das sie der Frau eine Silbermünze schenkt :)

Robin und Much sind voll die Spanner xD Jetzt haben die aber etwas worüber sie mit den anderen tratschen können^^

Sie haben sich geküsst. Ouh :)


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