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Tiefenrausch

Rapture of the Deep
von

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Kapitel 3: Brandherd

---22. August 2089, Gemeinschaftshafen Klein-Irland/Klein-Britannien, Biosphäre Euratopia---
 

Der geschäftige Betrieb in dem Hafengebiet war für einen normalen Kleinstädter, wie es die meisten Bewohner der Biosphäre waren, ein atemberaubendes Erlebnis. Überall dröhnten Kräne und andere schwere Maschinen, um Fracht hin und herzubewegen, einzulagern oder auf eines der zahlreichen Boote zu laden. Dies war gleichzeitig auch die wichtigste Aufgabe, dem ein großer Teil des Hafens gewidmet war. Insgesamt gab es drei Abschnitte, in die der Hafen unterteilt wurde. Besagter Frachthafen und der Militärhafen als zweitgrößter Abschnitt, in dem sich die Patroullien- und auch die Jagdschiffe befanden, um Bedrohungen durch Piraten, Wyldtiere und was auch immer in der bedrückenden Dunkelheit dort draußen noch auf Schiffe und Mannschaften lauern sollte entgegenzutreten. Zum Schluss sei natürlich noch der Zivilhafen genannt welcher mit Abstand der kleinste und in gewisser Hinsicht auch langweiligste Bereich des Hafens war, denn auch wenn die Menschheit jetzt unter Wasser lebte waren U-boote teuer und für viele Leute nichts weiter als eine sinnlose Investition, da Reisen zwischen den Biosphären lange dauerten und meistens der Nutzen in keinem Verhältnis zum Aufwand der Reise stand. Wenn man von A nach B musste, dann nahm man ein Shuttle-Boot oder etwas Vergleichbares. Außerdem gab es für einen Ottonormalbürger nicht viel Interessantes in den düsteren Tiefen.

Doch für diejenigen, die an ihm vorbeikamen, war der Hai in dem ziemlich billig aussehenden Feuerwehrmannkostüm fast noch die größere Attraktion. Dieser beschleunigte seine Schritte als ihm jemand, den er kannte hinterherpfiff. "Scheiße, worauf habe ich mich da nur eingelassen? Und warum habe ich mich schon umgezogen? Ich bin so ein Idiot..." murmelte er rüffelnd auf sich selbst ein, während er an zwei muskulösen Ottern vorbeikam, die gerade Harpunengeschosse hinüber zu einem Jagdboot hievten, dass bald auslaufen würde um Jagd auf Wyldwale zu machen. Natürlich gab es nicht nur intelligente 'Tiermenschen', sondern ein guter Teil der Meeresbewohner bestand aus ganz normalen Tieren, zur Vermeidung von Verwechslungen 'Wyldtiere' genannt. Ein guter Teil des Proteinbedarfs der Mittelschicht wurde durch Walfleisch gedeckt. Dadurch, dass es sehr viel weniger Menschen auf der Welt gab, war dies auch nicht mehr allzusehr verpönt, vor allem dank einiger Zucht- und Jagdüberwachungsprogramme. Diejenigen die sich nicht solches Fleisch leisten konnten, mussten sich mit Fleischersatztoffen wie entsprechenden Algen- und Tofuzüchtungen oder dem berüchtigten Pressfleisch aus Krill, welches schmeckte wie der Überraschungseintopf einer Küche für Auszubildende, behelfen.
 

Endlich kam der Hai zu dem Bereich, der für die Privatschiffe reserviert war. Resigniert seufzte er leise. In einiger Entfernung fragte ein Kind seine Mutter, ob es denn hier irgendwo brennen würde. Die Frau zog das Kleine weiter und antwortete "Nein, sicher nicht..." Arran verlangsamte seine Schritte. Er musste nicht lange suchen da es wie gesagt nicht viele Schiffe hier gab und auch, weil ihr Schiff kaum zu Übersehen war. Natürlich mag nun so mancher 'Klischee' schreien, aber das schien Chips egal gewesen zu sein, als sie anordnete, das Schiff knallpink lackieren zu lassen. In silbernen Lettern blitzten dem Stripper in Spe die Worte 'pink Tuna' entgegen. Er wollte aus gegebenen Grund auf der Stelle tot umfallen. Wie konnte man einem Schiff nur solch eine Tortur angedeihen lassen?

Doch die türkisgefärbte Katzendame entdeckte ihn dank seiner auffälligen Kleidung relativ schnell und stürzte in einem hüpfenden Gang auf ihn zu. "Da bist du ja~" Sie musterte den zu Boden starrenden Hai aufmerksam. "Im Katalog sah das irgendwie authentischer aus.

"Ich glaube alles sieht authentischer aus als der Plastikfummel." gab er zerknirscht zurück. "Aber was tut man nicht alles für einen vollen Kühlschrank." Arran seufzte unhörbar. Die letzten beiden Tage hat er von Gefälligkeiten von Bekannten gelebt. Gefälligkeiten die er lieber anderweitig eingelöst hätte. Allein schon wegen der Tatsache, dass ein spendiertes Essen nicht sonderlich cool als Forderung rüberkam. Bald würde er sich wieder richtige Fischburger und Sardellenpizza leisten können. Junkfood war zwar nicht das beste für einen Mann, der sich oft in Stresssituationen befand, aber Gemüse stand verständlicherweise nicht allzu hoch auf seinem Speiseplan.

"Naja komm herein meine kleine heiße Fischbulette", kicherte sie bevor sie mit ihrem Schlüssel die Tür öffnete, welche geräuschlos zur Seite schwebte und den Weg ins Innere freigab, welches glücklicherweise einen Tick dezenter gehalten war als die Außenlackierung.

Chips führte ihn durch den Zentralgang in einen kleinen Raum, in dem Spinde aufgestellt waren und eine kleine Bank stand. Es roch nach Neopren und in einer Ecke standen ein paar Sauerstofflaschen. Eindeutig ein Umkleidezimmer. "Hier wartest du, bis mein Chauffeur dich holt, nachdem du dich ein wenig warmgemacht hast. Du wirst mein, drrramatischer Höhepunkt." schnurrte sie grinsend, zog ihn dann weiter, ohne dass er dazu kam, einen bissigen Kommentar abzugeben.

Sie schliff den überrumpelten und nicht allzu euphorischen Hai in die andere Richtung den Zentralkorridor wieder zurück, kam in einen Raum, den man als Aufenthaltsraum erkennen konnte, nun aber noch zusätzlich geschmückt war. Auf den Tischen war typisches Partyessen wie Käseigel, selbstverständlich aus Sojakäse und Pizza aufgetragen und Girlanden mit bemalten Fotos vom Geburtstagskind waren von einer Raumseite zur anderen gespannt. Man mochte fast sagen, es sah ein wenig nach Kindergeburtstag aus, wenn man die Tatsache ignorierte, dass in der Nähe einer bequemen Sitzecke eine Stripperstange zwischen die Decke und den Boden festgeschraubt war.

Arrans Augen weiteten sich. "Mädel, wieso zum Teufel hast du dir eine verdammte Metallstange angeschafft und sie mitten im Boot montiert?"

Chips schlenderte zu dieser hin, griff nach ihr und drehte sich einmal um sie. "Ich hab einen Stripper, also brauche ich auch eine Stripperstange, logisch oder?"

Der Hai konnte sich nur die Schläfe mit einer Hand reiben, kam langsam auf Chips zu. Diese ließ los und sich auf einen der Sitzplätze fallen. "Na los, ich will was zu sehen bekommen." Sie klatschte fordernd in die Vorderpfoten.

Ein wenig verstohlen sah sich der Angesprochene um. Er wollte um jeden Preis sicher gehen, dass niemand ihm bei dieser Angelegenheit zusah. Unschlüssig griff er nach dem kalten Stahl, drehte sich ein paar mal um die Stange. Letzte Nacht hatte er sich ein paar Stunden um die Ohren gehauen, im Netz nach irgendwelchen Videos von professionellen Strippern zu suchen, allerdings kam ihm die ganze Angelegenheit mehr als lächerlich vor.

Seine Geldgeberin unterdessen verschränkte die Arme zog eine Schnute, während sie ihn kritisch mit den tiefblauen Augen verfolgte.

Er blieb grummelnd stehen. "Ich kann das nicht wenn du mich ansiehst als wolltest du mich vertilgen, sollte ich versagen!" Es klang mehr jammernd als sich beschwerend.

"Ich werde dich ja auch vertilgen, solltest du versagen.", murmelte sie mit todernsten Blick.

Arran war froh, dass er nicht wirklich bleich werden konnte, da sein Hautton ja nicht durch Blutgefäße bestimmt wurde. Trotzdem fühlte es sich gerade an, als wäre ihm all sein Blut in die Hinterläufe gesackt. Chips fing plötzlich an zu kichern und ließ sich zur Seite fallen. "Dein Blick! Dein Blick, unbezahlbar!" Die Worte die sie ausrief gingen fast in dem Gelächter unter.

Er war froh, dass er nicht wirklich rot werden konnte.

Als sich die Katzendame wieder beruhigt und aufgesetzt hatte musterte sie den immer noch wie bestellt und nicht abgeholt dastehenden Hai wieder für eineWeile, seufzte dann. "Gut, ich gehe nachsehen ob alles in Ordnung im Cockpit..." "...auf der Brücke." unterbrach Arran sie reflexartig.

"Wie wo was?" sie war es nicht gewohnt, dass ihr Personal es wagte nicht andächtig ihrer samtweichen Stimme zu lauschen.

"Es heißt auf der Brücke. Flugzeuge und Raumschiffe haben Cockpits, bei Booten heißt es die Brücke." erklärte er mit einem Gesichtsausdruck wie ihn auch nervige Lehrer zeitweise hatten.

"Schlaumeier." gab Chips bissig zurück.

"Gewusst ist halt gewusst."Arran zuckte mit den Schultern.

"Nun gut. Ich gehe also zur BRÜCKE und nachschauen, ob noch alle Pfeiler in Reih' und Glied stehen, Herr U-Boot-Experte." Sie stand auf, verpasste ihm einen Klaps auf den Hintern und scharwenzelte dann in Richtung Korridor.

Nun stand unser Möchtegernstripper wieder alleine da. Unschlüssig sah er sich um. Etwas Plump drehte er sich noch zweimal um die Stange, ließ es dann aber als er mit seiner Schwanzflosse fast das Buffet abgeräumt gehabt hätte. Er fing an sich ein wenig zu der Musik in seinem Kopf zu bewegen, warf sich dann aber stöhnend auf die Sitzecke. Wie kam er darauf, dass er so etwas wie ein professioneller Stripper sei? Er war noch nichtmal jemand der sich professionell an Land bewegen konnte. Arran sah an sich herunter. Sein Hausarzt hatte ihm schon früh erklärt, dass er wie jeder andere der von Wasserwesen abstammte lebenslang an Medikamente gebunden war, wollte er ein problemfreies Landleben führen. Seine Knochen, beziehungsweise Knorpel, waren zwar härter als die von Wyldhaien da er ja nicht der erste seiner Ahnenlinie war der sich auf fremdes Territorium gewagt hatte. Aber dennoch waren sie längst nicht so stark ausgeprägt, dass sie längere Zeit der Belastung des Stehens widerstehen konnten. Und Arran hasste Medikamente und Arztbesuche, so dass sich seine körperliche Verfassung in der Hinsicht nie sonderlich gebessert hatte. Auch wenn er schlank und hochgewachsen wirkte, so bewegte er sich an Land vorallem wenn es um Feinarbeit ging nicht sonderlich grazil, sondern eher ein wenig plump, fast ungeschickt mochte man sagen. Abermals seufzte er. Auch wenn er nichts lieber gewesen wäre als ein Hai, so hatte es doch seine frustrierenden Elemente. Trösten tat er sich damit, dass fast alle Rassen irgendwelche Probleme hatten die ihnen ihre Ahnen mitgegeben hatten, quasi als letztes Abschiedsgeschenk, als Erinnerung, dass sie letztendlich Tiere bleiben würden.

'Aber genug philosophiert', dachte er sich und sprang wieder auf. 'Ich werde mich da schon irgendwie durchmogeln. Das habe ich doch schon mein ganzes Leben getan.' Er wanderte langsam den Korridor hinab und setzte sich in die Umkleide. Der Hai und irgendwie logischerweise auch Tauchfanatiker sog den Geruch des Neoprens ein. Der Stoff war eigentlich fast Geruchsneutral, außer man lagerte ihn in größeren Mengen für eine gewisse Weile, wie es nunmal in solchen Umkleidekabinen der Fall war. Er mochte diesen Stoff, auch wenn er es bevorzugte beim Tauchen Wasser auf seiner Haut zu spüren. Sein kundiger Blick überflog die Geräte und das andere Handwerkszeug. Die Bediensteten dieser Katze taten immerhin einen guten Job darin, diese Dinge instand zu halten. Er nickte zu sich selbst mit einem zufriedenen Lächeln.

Während er wieder einmal über sich und die Welt sinnierte, hörte er auf einmal mehrere Stimmen vor der Tür, die lachten, durcheinander redeten und alles in allem sehr feierlich klangen. Weniger feierlich im Sinne einer Prozession, mehr im Sinne einer Party. "Das müssen die Gäste sein." murmelte Arran und lauschte den Gesprächsfetzen. Beunruhigenderweise glaubte er zwischen den mehreren weiblichen Stimmen eine männliche zu hören. Er konnte doch nicht vor einem anderen Kerl tanzen! Selbst wenn dieser schwul war, das war einfach...Nein!

Der Hai erhob sich von der Bank und überlegte eine Weile, ob er Chips einfach absagen und dann mit einem Teil des Buffets abhauen sollte. Wenn er geschickt war und später gut rationierte würde es sicherlich für drei bis vier Tage reichen. Er bemerkte gar nicht so recht wie lange er dort stand und Pläne schmiedete, wieder verwarf und mit sich selbst haderte. Er sollte wirklich aufhören so viel über so banale Dinge nachzudenken.
 

Jäh wurde er aus seinen Gedanken gerissen als die Tür aufging und die Musik, die bisher unterschwellig seine Gedanken begleitet hatte nun ein gutes Stück lauter in den kleinen Raum hineinhallte. Er blickte hinab und in Chips grinsendes Gesicht. "Und? Bereit Party-Boy ?"

Ohne es wirklich zu realisieren nickte er. Sie machte einen Schritt hinaus, sah ihn auffordernd an. "Kommst du?", fragte sie ein wenig ungeduldig. Man merkte ihrer Sprechweise und Gestik einen leichten Schwips an. "Natürlich..." er machte ebenfalls einen Schritt hinaus, folgte ihr zu der Gesellschaft, welche es sich plaudernd und essend in der Sitzecke gemütlich gemacht hatte.

Arran bemühte sich, nicht allzusehr in die Gesichter der Gruppe zu sehen, welche nun verstummte als Chips in den Raum tänzelte und den 'Höhepunkt des Abends' ankündigte. Es waren drei weibliche Katzen und ein männlicher Bär. Zum Glück nicht der aus dem Pub letztens, sondern ein zwar nicht minder großes, aber viel gemütlicher aussehndes Exemplar mit dunkelbraunem Fell. Die Damen schienen alle der selben Gattung anzugehören und sich auch im generellen ziemlich Ähnlich zu sehen. Alle hatten sie cremefarbenes Fell und eine dunklere Schnauzenpartie. Eine von ihnen schien das Bindeglied zwischen den anderen beiden und Chips zu sein, jedenfalls äußerlich betrachtet. Der Verstand des Hais ratterte wieder und er stellte die vermutung an, dass es Verwandte der türkisgefärbten waren und unweigerlich versuchte er sich Chips in dieser Färbung vorzustellen.

Chips hatte sich schon zu den anderen gesetzt und stellte gerade mit einer Fernbedienung einen etwas, 'erotischer' klingenden Titel an. Irgend ein männlicher Sänger säuselte nun mit seiner waschbrettartigen Stimme etwas von seinem heißen Schokoladenstängel. Seeehr erotisch.

Wieder schweifte sein Blick über die Gesellschaft, dann begann er sanft seine Hüften kreisen zu lassen. Es dauerte eine Weile, aber bald bekam er doch die Kurve und begann nun zumindest Laienhaft zu tanzen. Gerade bewegte er sich mit auschweifender Gestik an der Stange und war dabei seine Jacke ins Publikum zu werfen...
 

Nur um schreiend ins Buffet zu fallen, als das Schiff aus der Geraden Ebene hinausgeschleudert wurde und nicht nur ihn, sondern auch die Gäste wie hilflose Gepäckstücke hin- und herwarf.

Auch wenn er sich in der ungünstigsten Situation von allen befand, fasste sich der erprobte Seesöldner schneller als die anderen wieder, wischte sich ein bisschen Salsa vom Kopf und eilte Richtung Brücke, nur um vor verschlossenen Türen zu stehen. Eilig hämmerte er gegen die Tür, hinter ihm hörte er Chips rufen. "Was machst du denn? Es war sicher nur eine Strömung oder sowas."

Arran ignorierte sie und hämmerte weiter gegen die Tür, welche nun zur Seite glitt und den Weg auf die Brücke freigab. Der Pilot, ein etwas älterer Wolf in formeller Kapitänskleidung und passender Mütze, starrte mit einer Mischung aus Konzentration und Schock auf die Amaturen und gab in schneller Folge verschiedenste Befehle an die Maschinen, die mit einer ganzen Fuhre von Warnsignalen aufwarteten. "Lady Chips ich habe hier..." setzte der Wolf an, unterbrach sich dann aber als er sah dass nicht seine Chefin es war, die in den Raum gekommen war.

"Strömung mein Arsch." murmelte dieser und trat neben den Wolf. "Wieviele sind es und von woher kommen sie, konnte eine Bewaffnung klassifiziert werden und haben sie schon einen Funkspruch abgesetzt?"

"Ähm...wie bitte?" Der Wolf zögerte kurz und starrte den Hai an, welcher nur noch mit einem knallroten Plastiktanga bekleidet war.

"Schon gut, ich weiß schon alles was ich brauche, Maschinen sind zuverlässiger als alte Männer. Na los, Platz machen, oder wollen sie, dass wir bald als Piratenfutter enden?" Dieser schnaubte, stand aber auf und verschränkte die Arme. Die Brücke würde er garantiert nicht verlassen, schließlich wusste er ja nicht was dieser seltsame Kerl mit 'seiner' Tuna anstellen würde. Der seltsame Kerl unterdessen machte sich mit den Anzeigen vertraut, die ein wenig anders als gewohnt waren. Er musste sich festkrallen als wieder ein Rucken durch das Schiff ging. "Was zum Teufel ist das?" rief eine weibliche Stimme nun. Chips kam in den Raum und sah sich verwirrt um. "John, warum fährt mein Stripper mein Boot?"

"Weil ich es besser kann als dein Wochenendkapitän." gab Arran knurrend zurück. "Und nur so zu deiner Info, das gerade war eine Harpune. Ein Warnschuss. Oder das beste was diese Piraten auf ihrem dreckigen Seelenverkäufer haben." Er wandte sich wieder der Steuerkonsole zu.

"Piraten? Aber warum?" Chips krallte sich an einen der Notgriffe, damit sie nicht quer durch den Raum geschüttelt wurde, als ihr neuer Kapitän ein gewagtes Wendemanöver einlegte und nun ein Schiff, vor ihrer Nase auftauchte. Es war etwas größer als die Tuna und auch bedrohlich wirkender lackiert, allerdings hatte es wirklich nur zwei Harpunengeschütze an der Bugseite.

"Die bessere Frage ist, warum zum Teufel hast du eine Stripperstange an Bord, aber keine Verteidigungswaffen?" das letzte Wort brüllte er fast. Der Wochenendkapitän fing an, laut vor sich hin zu beten.

"Weil ich dachte die Straße von Gibraltar wäre sicher?" gab sie murrend zurück, sprang zu ihm hinüber, musterte das feindliche Schiff. "Wir rammen sie einfach."

"BIST DU WAHN...", wollte er sie erst anbrüllen, hielt dann inne. "...das könnte klappen."

"Natürlich könnte das klappen, sieh dir die Schrottlaube da doch mal auf dem Radar an. Eine Rumpfstärke, wo ein Buttermesser locker durchkäme. Die Tuna ist viel solider gebaut!"

"Die Einschlagstellen der Harpunen sind zum Glück am Heck, von daher dürfte das nicht allzu viele Probleme bereiten. Allerdings könnten diese aufreißen wenn wir unglücklich aufkommen, willst du das Risiko wirklich eingehen?" Arran sah von den großen Frontfenstern weg und in das Gesicht der Katze neben ihm die angestrengt die einzelnen Instrumente abzulesen versuchte. Ihre Züge nahmen einen grübelnden Ton an, dann sprang sie plötzlich wieder auf. "Ich sag den anderen sie sollen sich festschnallen!"

Er nickte. Es war eindeutig ihre Art einen Rammbefehl zu geben. Sein Blick heftete sich wieder auf das Piratenschiff. Die Gebete des Wolfes ignorierend, der sich immer noch an den Sicherheitsbügeln festkrallte, wanderten seine Hände zu den Gurten des Kapitänssitzes und zurrten diese fest. Dann wanderte eine zum Funkgerät, stellte eine offene Frequenz ein. "Pink Tuna an unidentifizertes Schiff, Pink Tuna an unidentifiziertes Schiff, drehen sie bei und schwingen sie ihren rostigen Arsch aus diesen Gewässern oder machen sie Bekanntschaft mit unserem frischlackiertem Bug."

Er nahm die Hand vom Funkgerät und legte diese nun auf den Gashebel. Das fremde Schiff rührte sich nicht, doch Arran meinte zu erkennen, dass hinter den Frontscheiben einige Schemen hastige Bewgungen vollführten. Allerdings konnte es auch ein Schatten werfender Fischschwarm in der Nähe sein. Er wartete eine halbe Minute, dann drehte er wieder das Funkgerät an, allerdings stellte er dieses mal die bootsinterne Frequenz ein. "Kinderchen, haltet euch gut fest, es könnte jetzt ein klein wenig unruhig werden. Kotztüten befinden sich unter den Sitzen...vielleicht." Ein Grinsen stahl sich auf das Gesicht des Hais, als er mit so einer Wucht den Hebel hinunterrammte, dass die komplette Amaturenverkleidung rappelte. Der Motor jaulte irgendwo hinter ihm auf und in kürzester Zeit jagte er die Maschinen auf Höchstgeschwindigkeit. Arran unterdessen klammerte sich fest und versuchte das Schiff auf Kurs zu halten, damit er nicht etwa mit der Frontscheibe an einer Kante des anderen Schiffes hängen blieb. Dieses kam immer näher und gerade als sie so nah dran waren, dass die Frontscheinwerfer des Piratenschiffes Arran blendeten, meinte er eine Bewegung zu erkennen, sie drehten bei. Mit einem letzten Manöver versuchte er die Tuna noch nachzukorrigieren, aber zu spät, die beiden U-boote rammten gegeneinander und die Beleuchtung der Tuna fiel für einen Moment aus. Das Jaulen des Wolfes, der sich nicht mehr halten konnte und nun über den Boden schlitterte mischte sich mit dem Kreischen von Stahl, welcher sich durch die Innenwände des Bootes zog und vermutlich auch noch in einiger Entfernung zu hören war.

Als das Licht wieder anging, rieb sich Arran den Kopf. Sie waren wirklich gut durchgeschüttelt worden. Sein erster Blick galt den Anzeigen. Das feindliche Schiff war ein gutes Stück weit abgedriftet, die Scanner waren momentan allerdings nicht in der Lage, genaueres über den Zustand zu erkennen. Die Tuna selbst hatte nun am Bug vermutlich eine große Delle, aber zum Glück keine Risse in der Frontscheibe oder anderen wichtigen Teilen. Es ertönte kein Warnsignal, dass der Rumpf beschädigt worden wäre. Er sackte seufzend in sich zusammen, ließ den Motor wieder an und versuchte Distanz zu dem fremden Schiff aufzubauen. Gerade war er wieder dabei, das Funkgerät anzudrehen um sich zu erkundigen wie es allen ging und die Patroullienboote zu benachrichtigen, als schon ein Funkspruch einging. "Tidenwacht 23 an Pink Tuna, bitte melden."

"Huch, na das ging ja schnell..." murmelte der Hai überrascht.

"Tidenwacht 23 an Pink Tuna, bitte melden."

Er drückte auf den entsprechenden Knopf, das Grinsen wollte ihm nicht aus dem Gesicht weichen. Es war ein schönes Gefühl gewesen, nach dem unfreiwillig verlängerten Landgang mal wieder ein Boot unterm hintern zu haben. "Pink Tuna hört."

"Was zum Teufel ist bei ihnen da passiert? Das Geräusch klang ja wie eine Schrottpresse oder sowas."

"So in etwa, den entsprechenden Schrottwürfel können sie knapp zwei Kabellängen süd-südwestlich von unserer aktuellen Position aus dem Wasser fischen. Ob da noch was lebt, keine Ahnung, aber ich lass mir nicht die Lackierung von ein paar übermütigen Freaks mit ner Harpune zerkratzen. Außerdem habe ich sie gewarnt!"

Ein minutenlanges Schweigen von der anderen Seite. Das war Arran gewohnt, Die Damen und Herren mussten jetzt erstmal in ihren schlauen Büchern nachschlagen.

"Tidenwacht 23 an Pink Tuna."

"Pink Tuna hat in der Zwischenzeit ihr Funkgerät noch nicht verkauft."

"Wir werden uns den Vorfall genauer ansehen. Werden sie bitte in zwei Tagen beim Hauptquartier der Tidenwacht vorstellig, damit wir die nötigen Formalitäten abhandeln können."

"Aber selbstverständlich Wachtmeisterchen, darf ich jetzt nach Hause um mir das Blut von der Stoßstange zu polieren?"

"Tidenwacht 25 an Pink Tuna." Arran zog bei der weiblichen Stimme, die sich nun in die Korrespondenz einmischte eine Augenbraue hoch. "Pink Tuna hört."

"Arran, noch einmal so eine flapsige antwort und ich werf deinen Hintern in Sicherheitsverwahrung, du weißt das ich das könnte."

"Huch, du bist wieder in den Streifendienst versetzt worden?" Antwortete dieser nur. "Na dann will ich mal nicht weiter stören, ich werte die fehlende Antwort von Tidenwachtmeisterchen 23 mal als affirmatives Schweigen."

"Tu dir selbst einen gefallen und verzieh dich, Fischfrikadelle."

"Einen schönen Tag noch die Damen." antwortete er nur und machte sich nun wirklich daran, den Kurs schnellstmöglich zurück zur Euratopia zu setzen.



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