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Delilah – Die Liebe einer Wölfin

von

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12. Kapitel

Dieses Mal war alles anders.

Sie war immer noch total erschöpft und brachte kaum die Augen auf, obwohl die Sonne bereits seit geraumer Weile ihre Wange streichelte.

Doch es fehlten der frische Kaffeeduft und die leisen Geräusche in der Küche. Stattdessen roch ihr Kissen nur nach ihr selbst und das Haus schien wie ausgestorben zu sein.

Von James und dem Oberwerwolf wusste sie, dass sie schon sehr früh aufgebrochen waren, um nach Ersatzteilen für den 61iger Bentley zu fragen. Immerhin gab es die meisten davon nicht mehr in handelsüblichen Läden. Verständlich bei dem Alter. Aber von Dean fehlte – soweit Delilah das von ihrer Position aus beurteilen konnte – jede Spur.

Ein mühsamer Blick auf die Uhr ließ sie ins Kissen stöhnen. Es war beinahe zehn Uhr; für Dean musste das Frühstück schon seit Stunden zurück liegen. Im Bett war er also garantiert nicht mehr.

Umso frustrierender fand sie es, dass sie in letzter Zeit zu einem Langschläfer mutiert war und das, obwohl sie gestern Abend schon früh die Segel gestrichen hatte. Sie war einfach total erschöpft gewesen und das passierte ihr inzwischen auch nicht zum ersten Mal. Ein weiterer Nachteil ihrer Schwangerschaft und der Stress in letzter Zeit trug da sicherlich auch nicht zur Besserung bei. Immerhin fühlte sie sich auch nach neun Stunden Schlaf, immer noch wie erschlagen.

Da Dean ganz eindeutig irgendwo draußen unterwegs sein musste, zog Delilah sich gezwungenermaßen und in einem unglaublichen Schneckentempo gleich eine kurze Hose und ein harmloses Top über, bevor sie die Treppe nach unten in die Küche schlurfte. So sehr nach Kaffee lechzend, dass es schon fast eine Qual war, ihn nicht trinken zu dürfen. Aber Gott sei Dank war die Kaffeekanne ohnehin leer. Was sie gleich zu ihrem nächsten Bedürfnis brachte und den Ort, an dem sie es befriedigen konnte – der Kühlschrank.

An der metallenen Tür waren mit ein paar Magneten, die aussahen wie kleine Sportwagen, Zettel mit Notizen und irgendwelche Rechnungen angeheftet worden, so dass die kleine Notiz, die an sie gerichtet war, beinahe unterging. Ihr war sie auch nur deshalb aufgefallen, weil ihr Name dort stand.
 

Delilah – Frühstück ist im Kühlschrank. Greif einfach zu. J

PS.: Dean – wenn du irgendwas davon wegfrisst, dann reiß ich dir die Eier ab, verstanden Bruderherz?!
 

Mit einem Schmunzeln öffnete Delilah die Tür und staunte nicht schlecht, als sie die große Ansammlung an Plastikbehältern vor sich sah. Wie zum Teufel sollte sie das alles alleine hinunter bringen? Das reichte doch für eine ganze Footballmannschaft!

Wenn man jedoch ihren Appetit vom gestrigen Morgen bedachte, dann war es wohl das Beste einfach nach der ersten Tupperbox mit ... Obstsalat und dem Teller mit den übrigen Blaubeerpfannkuchen von gestern zu greifen. Sie würde sich schon zu helfen wissen. Eins nach dem anderen.
 

Bewaffnet mit zwei Schokocroissants, die sie in eine Serviette gewickelt hatte, machte sich Delilah eine halbe Stunde später auf die Suche nach Dean.

Da sie fast nichts anderes erwarten würde, ging sie zuerst in die Werkstatt, um dort nach ihm zu suchen. Es war also keine große Überraschung, als sie ihn tatsächlich ein weiteres Mal unter der Hebebühne vorfand.

Wieder schraubte er irgendetwas an dem VW herum.

„Lust auf einen kleinen Brunch?“, begrüßte sie ihn und schlängelte sich an diversen Autoteilen vorbei auf ihn zu.

„Hey, guten Morgen.“ Dean legte den Schraubenschlüssel weg und wischte sich die Hände an einem Lappen ab, während sein Blick zielgenau das Gebäck in ihren Händen anvisierte.

„Ehm... Nein, danke. Ich würde meine Eier gerne noch etwas länger behalten.“

Also hatte er die Notiz auch gelesen.

Delilah wunderte sich ein bisschen darüber, dass Dean sich so strickt an die Anweisungen seines Bruders hielt, obwohl ihm fast die Augen heraus fielen, so sehr starrte er das Gebäck an.

Eigentlich hätte sie eher gedacht, die beiden würden sich niemals eine Gelegenheit entgehen lassen, sich gegenseitig zu ärgern. Gerade das brachte sie nur noch mehr zum Lächeln.

„Schon okay. Deinen Eiern zuliebe, werde ich deinem Bruder kein Wort davon verraten. Also greif zu. Die sind beide für dich.“

Kurz zögerte Dean noch, doch dann nahm er ihr vorsichtig eines der Croissants ab.

„Meine Eier werden’s dir danken und ich natürlich auch. Danke.“

Zufrieden damit, dass er mit solch einem Genuss in das französische Gebäck biss, sah sie sich etwas in der Autowerkstatt um. Inzwischen lagen viele Teile feinsäuberlich ausgebreitet am Boden auf einer fleckigen Plane.

Dean musste bereits mit den Hühnern aufgestanden sein, wenn er das alles seit gestern geschafft hatte. Andererseits kannte Delilah sich nicht wirklich damit aus. Deshalb konnte sie nur schwer einschätzen, wie lange man für so etwas brauchte.

„Gut geschlafen?“

Delilah schreckte aus ihren Gedanken hoch und musste sofort wieder grinsen. Dean hatte einen Schokoklecks im Mundwinkel und schien ihn noch nicht bemerkt zu haben.

„Wie ein Stein, danke.“ Was sie wirklich wunderte, denn eigentlich schlief sie nirgendwo besonders gut aber in diesem Bett schon. Vielleicht weil es das erste richtige Bett war, das sie seit Jahren für sich alleine hatte. Zumindest klang die Erklärung für sie plausibel.

„Und was arbeitest du an dem VW?“

Dean war gerade mit dem ersten Croissant fertig, weshalb sie ihm gleich das zweite aufdrängte, bevor er ablehnen konnte.

Der Schokoklecks war immer noch da und schien sie regelrecht anzustarren.

„Der Benzintank ist kaputt und um den austauschen zu können, muss ich erst das ganze Zeug runter montieren, das mir im Weg ist. Und dann natürlich alles wieder retour.“

Von ihrer Geste ermutigt, biss er dieses Mal noch herzhafter hinein und obwohl es nur so eine Kleinigkeit war, fühlte Delilah eine gewisse Befriedigung dabei, Dean glücklich gemacht zu haben.

„Klingt nach viel Arbeit.“ Sie musste sich zwingen, nicht länger seinen Mundwinkel zu begaffen, also suchte sie nach Ablenkung.

„Kommt es bei euch denn auch mal vor, dass Schrauben übrig bleiben, nachdem ihr alles zusammen gebaut habt?“

Dean schüttelte sehr überzeugt den Kopf und schluckte erst einmal hinunter. „Dad würde uns lynchen, wenn er das herausfindet.

Ich meine, klar gibt es da Schrauben, die meiner Meinung nach völlig überflüssig sind, aber wer nicht genau arbeitet, der darf sich nicht wundern, wenn einem die Kunden davon rennen. Außerdem hat Dads Geschäft einen Ruf zu verlieren und mein Bruder und ich sind gerade dabei unseren eigenen aufzubauen.“

Ja, das klang in ihren Ohren nach sehr guten Argumenten.

„Wie gesagt: Klingt nach viel Arbeit.“

Dean war inzwischen auch mit dem zweiten Croissant fertig – er hatte die beiden Teile weggeputzt, als könnte James jeden Moment auftauchen und ihn dabei erwischen – weshalb Delilah es nicht länger aushielt und sich des Schokoklecks annahm, um auch den letzten Beweis zu vernichten.

„Halt still.“

Dean tat es, ohne zu zögern, so dass sie mit ihrem Daumen den Klecks wegwischen und ihn sich dann selbst genüsslich einverleiben konnte.

Was Dean einen fragenden Blick entlockte. „Du hättest mir auch einfach die Serviette geben können.“

Delilah grinste schelmisch und streckte ihm die Zunge raus. „Das hätte aber nicht annähernd so gut geschmeckt.“

Bevor Dean noch etwas darauf erwidern konnte, wandte sie sich dem VW zu, um den Mann an ihrer Seite von ihrem kleinen Ausrutscher abzulenken.

„Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen? Teile halten oder so?“

„Klar.“ Dean stimmte sofort zu. Also hatte er sich wieder von dem Schokoklecksattentat erholt und keine falschen Schlüsse daraus gezogen. Sehr gut. Das hätte sie auch gar nicht gewollt.

Nein, sie hatte ganz andere Pläne und die sahen so aus, dass sie so viel über die Brüder erfahren wollte, wie sie nur konnte.
 

Delilah hätte trotzdem nicht gedacht, dass es so interessant sein könnte, ein Auto zu zerlegen. Aber tatsächlich war es nicht nur interessant, sondern machte auch noch großen Spaß.

Dean hatte so eine lockere Art, ihr die Dinge zu erklären und dabei bewies er eine Engelsgeduld, wenn sie nicht sofort mit den Begriffen zurecht kam und ihm schon ab und an mal das falsche Werkzeug brachte.

Die Zeit verging wie im Flug und gerade weil sie so einträchtig miteinander arbeiteten, kam Delilah nicht ein einziges Mal dazu, an ihre Schwangerschaft und das ganze Drumherum zu denken.

In diesen Stunden war sie einfach nur glücklich und spätestens als Dean das Radio lauter drehte, um zu ‚Who let the dogs out’ zu tanzen, musste sie aus ganzem Herzen lachen, wie sie schon lange nicht mehr gelacht hatte. Es war ein herrliches Gefühl und hielt auch während des anschließenden Essens an, für das es langsam Zeit geworden war.

Sie machten mehr so eine Art Stehbuffet vor dem Kühlschrank, was sie ebenfalls immer wieder zum Lachen brachte, da Dean nebenher kleine Geschichten aus James Kindertagen erzählte.

Das war seinem Bruder gegenüber zwar nicht immer fair, aber Dean erzählte ebenso viele Geschichten über sich selbst, so dass es am Ende ausgeglichen blieb. Zudem waren die beiden auch damals schon unzertrennlich gewesen und somit nicht auseinander zu denken.

Das Einzige was Delilah mit der Zeit leicht zu irritieren begann, war die Tatsache, dass Dean sie kein einziges Mal über ihr Leben ausfragte. Er ging zwar darauf ein, wenn sie etwas von sich aus erwähnte, hakte aber nie so weit nach, dass es ihr unangenehm hätte werden können. Denn es gab überraschend Vieles, über das sie nicht reden wollte.

James war da weniger zurückhaltend gewesen, auch wenn er keinesfalls rücksichtslos vorgegangen war, aber eben auch nicht so feinfühlig wie Dean.

Der überraschte sie hingegen erneut, als er nach dem Essen nicht mit ihr zurück in die Werkstatt ging, um an dem VW weiter zu arbeiten, immerhin hatten sie es inzwischen geschafft, den neuen Benzintank am Unterboden zu montieren, sondern eine ganz andere Richtung einschlug.

„Du hast gesagt, James hat dir seinen Lieblingsplatz gezeigt. Jetzt zeig ich dir meinen.“, war alles was er auf ihren fragenden Blick hin zu sagen hatte, denn damit führte er sie ein ganzes Stück die Wiese hinterm Haus entlang, bis sie an einem verwitterten Holzzaun ankamen und er völlig unvermittelt sein ölverschmierte Shirt über den Kopf zog, um es über den Zaun zu hängen und anschließend auch noch seinen Gürtel zu öffnen.

Für einen Moment war Delilah so perplex, dass sie Dean einfach nur dabei zusehen konnte, wie er sich die Hose auszog und ebenfalls zum Rest seiner Sachen hängte.

Jetzt verstand sie auch, was James mit Deans Vorliebe für Retroshorts gemeint hatte und während sie den knackigen Po in der eng anliegenden, schwarzen Unterhose anstarrte, vergaß sie ganz, was sie Dean eigentlich hatte fragen wollen. Nämlich was der Strip überhaupt sollte.

Erst als er gerade dabei war, sich auch noch dieses letzte Kleidungsstück auszuziehen, kam sie wieder zu sich.

„Wieso lieferst du mir hier eine ziemlich schlecht eingeübte Stripshow ab?“, verlangte sie zu wissen, während sie sich dazu zwingen musste, nur noch die Region über Deans Schultern zu betrachten und ja nicht die Gegend abwärts davon mit ihren Augen zu erkunden.

Obwohl Dean so höflich war und sich wenigstens nicht zu ihr herum drehte, als er vollkommen nackt war. Sie hätte ohnehin nicht gewusst, was sie mit so viel unerwarteter Nacktheit anfangen sollte. Andererseits waren diese Pogrübchen so unglaublich-

Delilah riss ihren Blick nach oben, als Dean sie über seine Schulter hinweg angrinste.

„Du kannst mir so folgen, wie du bist, aber ich zieh mir lieber den Pelz über.“

Und das tat er dann auch.

Mit einem Satz sprang er über den Holzzaun und verwandelte sich so gekonnt und schnell, dass er auf vier gewaltigen Pfoten wieder aufkam.

Nur durch zwei dicke Querbalken getrennt, stand nun ein riesiger Werwolf vor ihr und starrte sie aus goldbraunen, klugen Augen abwartend an, während Delilah überlegte, für welche Kleiderordnung sie sich entscheiden sollte.

Eigentlich wäre es dumm, ihm in menschlicher Gestalt folgen zu wollen, käme sie ihm doch sicherlich nicht einmal als Wolf hinterher, wenn er es so wollte.

Trotzdem kam ihr auch kurz der Gedanke, ob eine Verwandlung dem kleinen Etwas unter ihrem Herzen nicht schaden könnte. Wäre sie ein herzloses Miststück, sie würde es gerade deshalb tun, doch wenn Delilah den Gerüchten glaubte, war eine Verwandlung vor allem am Anfang der Schwangerschaft völlig harmlos. Soweit sie zumindest gehört hatte. Also was sollte sie tun?

Dean begann unter der Hitze der Sonnenstrahlen zu hecheln, drängte sie allerdings auch jetzt nicht zu einer raschen Entscheidung.

Sie sollte es wenigstens versuchen. Wenn irgendetwas nicht stimmen oder sie sich nicht gut fühlen sollte, würde sie sofort abbrechen, aber bis dorthin wollte sie sich einfach nicht von ihrem Zustand aufhalten lassen. Immerhin war sie das letzte Mal bei dem Kampf im Moonleague-Gebäude in ihrem Pelz gewesen und das war inzwischen schon viel zu lange her, wenn man bedachte, wie schnell die Zeit verging.

Dean war sogar so höflich, sich umzudrehen, als Delilah sich nun doch auszuziehen begann. Sie tat es rasch und ohne viel darüber nachzudenken, während sie ihre Sachen neben den seinen über den Zaun hängte. Danach ging sie auf alle Viere, um sich langsam und vorsichtig zu verwandeln, immer darauf achtend, wie sie sich dabei fühlte.

Natürlich tat die Metamorphose weh, aber das war ein vertrauter Schmerz, den sie alle hinnahmen, wenn sie sich verwandeln wollten. Also war alles in Ordnung.

Delilah schlüpfte einfach unter dem Zaun hindurch, als sie fertig war, da sie sich nicht sicher war, ob sie so einen weiten Sprung überhaupt schaffen konnte. Immerhin war Dean in seiner derzeitigen Form dreimal so groß wie sie. Da war das etwas völlig anderes.

Er gab ein empörtes Knurren von sich, als sie ihm sanft in den Schwanz kniff und dann unter ihm hindurch in Richtung Wald preschte. Ihren Ängsten zum Trotz fühlte es sich toll an, endlich wieder einmal diese Art von Freiheit zu genießen und sie war schon gespannt darauf, was Dean ihr zeigen wollte. Doch erst einmal holte er locker mit wenigen Sätzen auf und sie lieferten sich ein unfaires Wettrennen durch den Wald. Unfair deshalb, da sie vier ganze Sprünge machte, während er nur einen für die gleiche Distanz brauchte, aber er drosselte sich zumindest so weit, dass sie ihn nicht verlieren konnte.

Es dauerte nicht lange und Delilah war völlig aus der Puste. Nicht nur, dass sie schon lange nicht mehr ihre täglichen Runden gelaufen war, obwohl sie es liebte zu laufen, sie war auch körperlich einfach nicht mehr so fit, wie sonst und das war nur allzu verständlich, bedachte man die Umstände. Dennoch war es nervend, dass sie sich schließlich lautstark hechelnd hinlegen musste, während Dean einfach nur da stand und sie mit funkelnden Augen angrinste.

Eigentlich konnten Wölfe ja nicht grinsen und Werwölfe schon gar nicht, aber er schaffte es dennoch, diesen Eindruck zu vermitteln.

Für seine dreiste Art konnte Delilah ihn nur anknurren, was er mit einem seltsamen laut quittierte, das einem wölfischen Kichern gleich kam. Dennoch setzte er sich zu ihr und wartete ab, bis sie wieder zu Atem gekommen war. Danach ging er es wesentlich langsamer an und obwohl sie nicht miteinander auf herkömmliche Weise sprechen konnten, begann er ihr sein Revier zu zeigen.

Dean führte sie einige Pfade entlang, die er und sein Bruder oft benutzten, wenn sie durch den Wald streiften; ab und zu einfach nur um nach dem Rechten zu sehen, andere Male wieder um nach den Wildwechselpfaden zu sehen. Und so wie Delilah es verstand, jagten die beiden Brüder auch immer wieder einmal eines der größeren Tiere, die hier durch die Wälder zogen. Ob sie ihre Beute dann auch auffraßen, wusste sie nicht. Aber sie nahm es stark an, da sie nicht glaubte, dass die Brüder im Umgang mit ihrem Revier so verschwenderisch sein konnten.

Irgendwie wurde ihr wieder leicht schlecht bei dem Gedanken, dass sie in dieser Form auch rohes Fleisch problemlos fressen könnte und als Kleinkind hatte sie das auch sicher das ein oder andere Mal getan, aber jetzt könnte sie das nicht mehr. Zumindest nicht, wenn nicht ihr Leben davon abhinge.

Zum Glück lenkte Dean sie erfolgreich davon ab, denn es fiel ihr nicht zum ersten Mal auf, dass er an Büschen und Bäumen schnupperte und dann fast mit einem Seufzen daran vorbei zog, als müsse er es sich verkneifen, die Stellen neu zu markieren.

Delilah war ein Wolf, sie konnte also die alten Duftmarken durchaus wittern und fand es ziemlich witzig, dass sie ihn mit ihrer Anwesenheit davon abhielt. Sie hätte zu gerne einmal gesehen, wie ein so riesiger Werwolf einen kleinen schutzlosen Busch ertränkte.

Bei diesem Gedanken musste sie nun tatsächlich auf wölfische Art lachen und zog somit Deans Aufmerksamkeit auf sich. Sofort blieb sie unter seinem gespielt bösartigen Blick stehen, zog den Schwanz etwas ein und drückte sich leise winselnd mit dem Bauch gegen den Boden, ehe sie ihn im nächsten Moment hinterrücks ansprang.

Gott, war der Kerl riesig!

Delilah schaffte es kaum auf seinen Rücken und hätte Dean sich nicht sofort fallen gelassen, sie wäre einfach auf der anderen Seite wieder hinunter gerutscht. Da sie sich ja schwer an ihm festbeißen konnte.

Obwohl der Größenunterschied so enorm wie der zwischen einem kleinen Welpen und einem ausgewachsenen Wolf war, balgten sie sich bis nur so das Laub um sie herum hoch flog.

Sie schenkten sich nichts und doch blieb es ein harmloses Spiel, in dem sie sich auch immer wieder abwechselnd gegenseitig jagten und wieder einfingen.

Noch nie hatte Delilah sich auf diese Weise mit einem erwachsenen Mann unterhalten. Wenn man das überhaupt Unterhaltung nennen konnte. Es war mehr ein Spiel und es endete im kühlenden Nass eines kleinen Weihers.

In einem Moment hatte sie noch festen Boden unter ihren Pfoten, im nächsten landete sie bis über beide Ohren im Wasser und was zuvor die Hitze und die Atemnot nicht geschafft hatten, gelang diesem überraschenden Ortswechsel.

Delilah ließ sofort von Dean ab, schleppte sich ans Ufer zurück und auch ohne sich selbst sehen zu können, wusste sie, dass sie mit dem nassen Fell wie weiße Zuckerwatte auf vier Streichhölzern aussehen musste, da ihr Haarkleid alles an Volumen eingebüßt hatte.

Ein menschliches Lachen bestätigte diesen Eindruck auch noch.

Ein ziemlich männliches Lachen, wenn sie schon dabei war.

Dean, dieser verdammte-!

Er stand da nackt in einem Gewässer, bei dem das Licht der Sonne bis auf den Grund reichte und wurde immer noch von einem tiefen Lachen durchgeschüttelt.

Sie wusste ja, dass sie wie ein nasser Köter aussah, aber das war definitiv zu viel Gelächter für ihren Geschmack. Mit einem gewaltigen Satz sprang Delilah zurück ins Wasser und die daraus resultierende Flutwelle brachte ihn wenigstens zum Verstummen.

„Das war nicht witzig!“, schimpfte sie nur leicht verärgert, während sie sich die Hände vor die Brüste hielt, da Dean nicht allzu viele Einblicke erhalten sollte.

„Doch, ich fand schon. Du hättest mal deinen Gesichtsausdruck sehen sollen, als du wie ein Floh aus dem Wasser gesprungen bist.“

Für diese Aussage klatschte sie ihm einen Schwall Wasser ins Gesicht. „Bin ich nicht!“

„Bist du doch!“ Er konterte sofort und sie kam noch nicht einmal dazu, sich das Wasser aus den Augen zu wischen, da traf sie schon der nächste Schwall, weshalb sie sich auf den Rücken warf und ihm mit ihren Füßen so viel Wasser entgegen schleuderte, wie sie konnte, bis er eines ihrer Beine schnappte und sie ein Stück an sich heran zog, so dass Delilah schon wieder unter ging. Doch wenn er glaubte, sie würde so leicht aufgeben, dann hatte sich dieser Werwolf geschnitten.

Er konnte sie im Wasser nicht gut genug festhalten, wenn er ihr nicht weh tun wollte, also entwand sie sich seinem Griff, spritzte ihn so sehr mit Wasser voll, dass er für einen Moment in die Defensive gehen musste und ehe er es sich versah, hatte sie von hinten ihre Arme um seinen Hals geschlungen und ihn unter die Wasseroberfläche gedrückt, nachdem ihre Zehen dafür gesorgt hatten, dass seine Kniekehlen mit genügend Druck einknickten.

Keinen Moment später spürte sie Arme, die ihren Körper aus dem Wasser hoben und sie mit etwas Schwung wieder los ließen.

Der Kerl hatte sie tatsächlich geworfen!

„Na warte!“

Die Balgerei ging von vorne los, weshalb Delilah keinen Gedanken daran verschwendete, dass keiner von ihnen beiden mehr den Wolfspelz trug. Das Gefühl war immer noch das Gleiche und das war für sie im Moment das Einzige was zählte.



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