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Untermieter: Liebe

Emma & Lewis
von

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Five kinds of keeping silent

„Na, ich zieh bei dir ein, du Dummerchen“, verkündete er eine Spur zu euphorisch, während er sich vorbeugte um Emma einen freundschaftlichen Stups gegen die Nase zu verpassen. Doch sein Finger blieb mitten in der Luft hängen, als Emma vor der Berührung zurückwich und ihm einen finsteren Blick zuwarf.

„Das habe ich schon verstanden!“, entgegnete sie spitz. Gemeint hatte sie jedoch etwas anderes, wie er sehr wohl wusste. Doch anstatt eine Erklärung für seinen spontanen Besuch und seiner fixen WG-Idee abzugeben, schwieg er beharrlich. Und Emma tat es ihm gleich. So starrten sie einander an, während der Fernseher im Hintergrund ein neues, innovatives Putzmittel anpries und anschließend die Vorschau für den Montagabendfilm zeigte.

Noch immer hatten sie kein einziges Wort gewechselt und langsam wurde das Schweigen unbehaglich, doch Emma würde den Teufel tun und diejenige sein, die es brach. Sie kannte Lewis inzwischen lange genug um zu wissen, dass etwas im Argen lag und hatte auch eine vage, ungute Vermutung, was das sein könnte, doch sie wollte es von ihm hören – für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie falsch lag.

Zwei Werbeclips später knickte Lewis ein. Seufzend fuhr er sich mit der Linken durchs Haar und schenkte ihr ein entschuldigendes, wenn auch schiefes, Lächeln. „Ich habe dich ganz schön überfallen. Tut mir Leid.“

„Allerdings. Also was ist los?“

Lewis Blick schweifte ziellos durch den Raum, ehe er schulterzuckend antwortete. „Ich muss einfach raus. Dringend! Oder hast du schon jemanden gefunden?“ Unglücklich ließ er die Schultern hängen und in seiner Stimme schwang eine Unsicherheit mit, die sie von ihm nicht kannte. „Dann … naja, wenigstens für ein paar Nächte? Oder zumindest eine?“ Von einer auf die andere Sekunde schien er in sich zusammenzusinken, als ob alle Kraft aus seinem Körper gewichen wäre. Das sanfte Lächeln, das sie so sehr an ihm liebte, war nun vollends aus seinem Gesicht verschwunden. Stattdessen wirkte er zutiefst verletzt und dafür konnte es eigentlich nur einen einzigen Grund geben.

„Emmy, bitte …“, durchbrach er beinahe flehend die Stille und riss Emma damit aus ihren eigenen Gedanken. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie ihn die ganze Zeit über ungläubig angestarrt hatte. „Entschuldige.“ Rasch schluckte sie den Kloß in ihrem Hals hinunter. „Natürlich kannst du bleiben und es gibt auch noch keinen neuen Mieter, du hast also …“ Sich selbst unterbrechend stand sie rasch auf. „Wie klingen Pizza und Bier für dich?“

„Gut.“

Emma konnte weder Lewis‘ Erleichterung noch sein verdutztes Gesicht sehen, da sie längst in die Küche entschwunden war.
 

Fünfzehn Minuten später hatten es sie es sich mit der Pizza auf dem Fußboden zwischen Emmas Couch und dem flachen Tisch gemütlich gemacht. Aus dem Bier war letztendlich ein Glas Cola geworden, da sie die letzten Flaschen bereits bei Nickis Auszug zusammen mit den Umzugshelfern geleert hatten. Das war nun drei lange Wochen her und obwohl Nicki schon in den Monaten davor kaum noch zu Hause gewesen war, kam ihr die Wohnung seither viel zu groß und einsam vor, Dennoch hatte sie sich bisher noch nicht dazu durchringen können ernsthaft nach einem neuen Mitbewohner zu suchen. Zudem behagte ihr der Gedanke, mit einer fremden Person zusammenzuleben, nicht besonders. Mit Lewis‘ Einzug würden sich diese Probleme jedoch in Luft auflösen – und dafür andere an ihre Tür klopfen. Aber darüber wollte sie sich im Moment lieber keine Gedanken machen, zumal sein Einzug noch gar nicht beschlossen war und vielleicht würde es auch gar nicht so weit kommen. Je nachdem wie ernst die Lage wirklich war. Da Lewis jedoch, trotz seiner Offenheit, nicht gerne über seine Probleme sprach, musste sie die Informationen möglichst vorsichtig aus ihm herauskitzeln.

„Also …“ Mit einem verstohlenen Seitenblick auf Lewis schob sie ihren Teller von sich. „Du kannst bleiben so lange du möchtest und wenn du ein paar Nächte darüber geschlafen hast und immer noch hier einziehen möchtest, dann ka-“

„Ich habe sie mit David erwischt. In unserem Bett.“

„-nnst du gerne … Bitte was?!“ Fassungslos drehte sie sich zu ihm um und stieß sich dabei das Knie – zum zweiten Mal an diesem Abend – an der Tischkante an. Fluchend rieb sich Emma über die schmerzende Stelle, die morgen sicher in sämtlichen Blau- und Grüntönen schimmern würde. Als sie Lewis warme Hand an ihrer Wange spürte, sah sie jedoch irritiert auf.

„Du bist ein Schaf.“ Schmunzelnd wischte er ihr eine kleine Träne aus dem Augenwinkel, dabei sollte sie diejenige sein, die ihm Trost spendete und nicht umgekehrt!

„Es tut mir Leid …“

„Was? Dass du ein Schaf bist?“ Lewis warf ihr einen belustigten Seitenblick zu, den sie mit einem leichten Boxschlag gegen seinen Bauch quittierte. „Das habe ich nicht gemeint!“

„Autsch, das war hart!“ Theatralisch legte er beide Hände über die Stelle und beugte sich leicht vornüber. Offensichtlich nahm ihn die Trennung weitaus weniger mit als gedacht. Und sie hatte sich Sorgen um ihn gemacht!

Doch das Grinsen verblasste ebenso schnell wie es gekommen war. Seufzend lehnte sich Lewis neben ihr mit dem Rücken ans Sofa, den Blick starr an die Decke gerichtet. „Das braucht es nicht“, ließ er nach einer Weile vernehmen. „Es lief schon lange nichts mehr zwischen uns. Ich hätte einfach viel früher die Reißleine ziehen sollen.“ Lewis ging in der Tat überraschend nüchtern mit der Trennung um und Emma ahnte, dass das eigentliche Problem Ricardas Seitensprung – oder war es sogar eine Affäre? – war, der ihm so zusetzte. Verständlicherweise.

Sie wusste von Jan, dass es zwischen den beiden bereits in den letzten Monaten heftig gekriselt und die Trennung mehr als einmal im Raum gestanden hatte. Dennoch waren alle davon ausgegangen, dass die beiden noch die Kurve bekommen hatten. Alle bis auf Jan. Ihr Cousin hatte bereits vor knapp zwei Jahren prophezeit, dass diese Beziehung zum Scheitern verurteilt war. Offenbar hatte er Recht behalten. Zum Pech von Ricarda und zum Glück aller anderen.

„Wenn du mich fragst, hat sie einen ziemlich schlechten Tausch gemacht! Kann nicht lange dauern, bis sie das geschnallt hat – allerdings gebe ich meinen neuen Mitbewohner dann sicher nicht mehr her!“ So verrückt diese Idee auch war, Emma hatte ihre Entscheidung längst getroffen und Lewis ebenso, seinem Schmunzeln nach zu urteilen.

„Na das will ich doch hoffen!“

Lachend nahm sie ihm ihr Glas aus der Hand um mit ihm auf die neue WG anzustoßen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Kaum zu glauben, aber nach mittlerweile drei (!!) Jahren ist das zweite Kapitel endlich online. Ich habe es damals relativ zeitnah angefangen, aber es wollte mir nicht so richtig gefallen / gelingen und dann kam ich aus Zeitgründen generell kaum noch zum Schreiben. Nun habe ich nicht nur den Plot überarbeitet, sondern das Kapitel komplett neu geschrieben. Ursprünglich wären wir zu einem späteren Zeitpunkt wieder in die Geschichte eingestiegen.
Letztendlich ist es nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte, aber ich bin zufrieden (und muss auch erst wieder ein Gefühl fürs Schreiben bekommen. Es flutscht noch nicht so richtig im Vergleich zu früher.). Mit dem nächsten Kapitel werde ich mir zumindest nicht wieder drei Jahre Zeit lassen. Vielleicht nur zwei. ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Moonshine-
2016-01-09T10:23:12+00:00 09.01.2016 11:23
Awwww, ich liebe dich/das/sie/ihn/alles! Das ist so fluffig, ich fass es nicht!
Lewis ist mir richtig sympathisch. Er ist so frech-charmant, aber auch irgendwie menschlich-verletzlich-freundlich. Ich bin eher selten von einer Figur direkt so angetan. OMG ich kann es gar nicht erwarten, dass es weitergeht und ich lesen kann, was es mit Emma und Lewis auf sich hat und was sie noch zusammen erleben werden. Bestimmt viel Chaos und Herzschmerz und Freude. *Herzchen* Am liebsten wuerd ich nur noch Geschichte von dir lesen. Wenn alle Buecher so schoen und lebendig geschrieben waeren, das waer echt toll... *auf Kindle spinks und Nase ruempf*
Ich hoffe, es FLUTSCHT ganz bald wieder bei dir *lach*, es waere doch zu schade, wenn nicht... Und von wegen zwei Jahre! Das will ich mal nicht hoffen.
Na ja - jedenfalls bin ich froh, dass Emma auch einverstanden ist, dass er bei ihr einzieht. Im ersten Kapitel hatte man noch das Gefuehl, dass sie da nicht so begeistert von waere, aber sie war wohl auch sehr ueberrumpelt. Und ich finds schoen, dass die zwei sich freundschaftlich verbunden sind und nicht immer nur anzicken. Das hat jabeides seinen Reiz, aber ist auchmal schoen, zu lesen, wenn sich zwei Protagonisten verstehen und miteinander harmonieren (ok - reine Spekulation ob sie das tun, ABER zumindest in dem Kapitel tun sie das). Wie gesagt. Ich liebe es! Ich freue mich, dass es weitergeht, es ist so toll!
Dankedankedanke! Versuesst mir den Tag.

Eli
Antwort von:  Foresight
18.01.2016 17:37
So auch hier nochmal ein großes Dankeschön! :D Wenn ich bedenke, wie oft ich das Kapitel über den Haufen geworfen habe ... Du kennst die Story ja. :D
Also nochmal danke und bitte. :3


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