Zum Inhalt der Seite

Soap Opera

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Steigerung

Mimi hatte ihre Basis in Kens Wohnung aufgeschlagen, sehr zum Unmut von genau diesem. Und von diesem Standpunkt aus, begann sie zu planen. Das Picknick am nächsten Tag war ein guter Anfang. Oder eigentlich ein gutes Mittelstück. Doch man musste jeden Tag nutzen und dieser Tag war noch lange nicht zu Ende.

Im Moment gerade telefonierte sie mit Davis. Ihr Ziel: Ein Date (auch wenn Davis davon nichts wusste) mit Ken. Für sich selbst würde sie einfach Joey hinzubeordern, der würde nicht merken, was sie plante und war somit der perfekte Begleiter.

„Also, kommst du mit?“

„Hm… ich…“

„Super! Das wird ein Spaß, ich war schon ewig nicht mehr in einem richtig schönen japanischen Gruselhaus. Ken und Joey kommen auch mit. Lass mich also nicht hängen. Wir treffen uns in einer Stunde dort, ja?“ Mit diesen Worten legte sie auf und war sich eigentlich ziemlich sicher, dass Davis kommen würde. Nun musste nur noch Joey angerufen werden, dann war die Sache geklärt.

Und tatsächlich, keine fünf Minuten später, hatte ihr alter Freund zugesagt – ohne richtig zu wissen, was mit ihm geschah. Ken saß während der ganzen Zeit schweigsam auf seinem Stuhl und wurde von Mimis Initiative und Energie überrollt. Er wusste nicht wirklich, was mit ihm geschah, und darüber war er sogar froh.

„Bist du bereit?“

„Darüber kann man streiten.“

„Operation Davis startet jetzt. Du weißt, was du zu tun hast?“

Schweigen war Kens einzige Antwort. Mimis Plan war eindeutig auf ein Mädchen zugeschnitten und er hatte nicht vor, sich in Panik an Davis zu klammern. So gruselig waren diese Horrorhäuser auch wieder nicht.

„Du weißt, was du zu tun hast?“ Mimi gab so schnell nicht auf, ihr Ton wurde eine Nuance schärfer, ihr Blick wurde strenger. Aber auch Ken wollte dieses Mal nicht aufgeben, denn dieser Plan passte ihm absolut nicht. Er war doch kein Mädchen.

„Ken?“

„Mimi.“

„Ken?“

„Mimi.“

„Ken?!“

„Wie lange willst du das noch spielen?“

„So lange, bis ich deine Zustimmung habe.“ Mimi grinste zufrieden vor sich hin. Ihr Plan war gut, ihr Plan würde gelingen, ganz genau.

„Ich werde nicht wie ein Mädchen kreischen.“

„Du Idiot, das sollst du ja auch gar nicht.“ Kopfschüttelnd betrachtete sie Ken. „Ich sprach von Körperkontakt und nicht von einer Ganzkörperumklammerung. Unauffällig seine Hand streichen oder auch mal seinen Rücken. Vielleicht mal zu ihm beugen, ihm etwas in das Ohr flüstern. Sende einfach Signale aus.“

Als ob das so einfach wäre… Aber immerhin klang dieser Plan schon besser als der erste. Nicht gut, aber besser.

„Sei kein Feigling. Willst du wirklich ewig hinter Davis herlaufen und seine romantischen Aktionen organisieren?“

Nicht unbedingt, also nickte Ken und beschloss bei sich, dass es im Spukhaus dunkel genug sein würde. Mimi konnte also gar nicht mitkriegen, ob er ihre Anweisungen ausführte oder nicht. Aber vielleicht konnte er es auch einmal… Nein. Oder doch?

Auf dem ganzen Weg zum Horrorhaus gab Mimi Ken Tipps, die dieser jedoch gar nicht wahrnahm, da er in Gedanken hin- und herüberlegte. Sollte er oder sollte er nicht? Also gut, einmal konnte er ja testen. Was war schon dabei? Als Kinder in der Digiwelt hatten sie immerhin Händchen gehalten und ihre Herzen hatten im Einklang geschlagen. Eine zufällige Berührung der Hand konnte gar nicht so dramatisch sein. Wahrscheinlich würde Davis es nicht einmal kapieren. Es war nichts dabei, wirklich nichts.

„Ken? Hallo Ken?“ Ohne, dass er es gemerkt hatte, waren sie auf Davis und Joey getroffen. Erst als Davis‘ Hand vor seinem Gesicht rumwedelte, kehrte er langsam in normale Sphären zurück. Und lief prompt tomatenrot an.

„Sag mal, hast du Fieber?“ Davis‘ Hand, die nun auf seiner Stirn lag, half ihm nicht unbedingt dabei, wieder normale Farbe anzunehmen, ganz im Gegenteil. Ken wurde noch röter und schwitzte immer mehr. „Du wirst doch nicht etwa krank?“

„Dann könntest du ihm ja deine Spezialsuppe kochen, nicht wahr?“ Mimi grinste Davis frech an, woraufhin dieser sofort von Ken zurückwich. „Entspann dich, Davis, ich frier auch nicht gerade. Und wenn du deine heiße Hand auf ihn legst, ist ja klar, dass Ken kocht.“

„Das… das stimmt“, nutzte Ken die Möglichkeit, die Mimi ihm bot. „Ist halt heiß heute.“

„Nachdem wir das geklärt haben, lasst uns reingehen! Ich freu mich schon wahnsinnig, in Amerika gibt es zwar Ähnliches, aber das hier ist immer noch am besten.“

Nachdem sich jeder der vier eine Karte besorgt hatte (Mimi hatte sich von Ken eine bezahlen lassen), standen sie nun vor dem Eingang.

„Oh, ich freu mich schon.“ Und mit Schwung schmiss sich Mimi an Joey. „Wir gehen zusammen rein, dass das klar ist.“

Ohne große Chance, sich zu wehren, wurde Joey von Mimi mitgezogen und die beiden verschwanden ziemlich schnell.

„Gehen wir dann zusammen?“, fragte Ken fast schüchtern und stellte im gleichen Moment fest, dass das eigentlich eine ziemliche blöde Frage war. Doch glücklicherweise schien Davis das nicht mal zu merken, sondern nickte einfach nur zustimmend.

„Na dann…“

Gemeinsam betraten sie das Gruselhaus und liefen schweigend hindurch. Richtig schocken konnte Ken nichts, dazu waren seine Gedanken viel zu sehr auf Mimis Plan fixiert. Zum Glück war es hier dunkel, so dass Davis nicht sehen konnte, wie er schon wie rot anlief.

Also gut, ein Versuch war es wert. Vorsichtig näherte er sich an und streifte Davis Oberarm.

„Entschuldige bitte.“ Wie peinlich. Aber immerhin hatte er es versucht. Wenn er jetzt schon dabei war, konnte er vielleicht auch noch mehr ausprobieren. Eine super Erklärung hinterher wäre ein Hitzschlag. Ein bisschen mit dem Arm schlenkern, ein bisschen die Hand streifen, einmal, zweimal. Erledigt. Was hatte Mimi noch gesagt?

Ein Schrei ertönte und brachte Ken zum Grinsen. Nach Mimis Auftrag beugte er sich zu Davis und flüsterte ihm zu (zumindest hoffte er, dass er in Davis‘ Ohr flüsterte): „Ich hätte eher nicht erwartet, dass Joey so kreischt.“

Also gut, das war wirklich eine peinliche Aktion gewesen, sowohl von Joey als auch von ihm. Und zum Glück war der Ausgang praktisch vor ihnen. Andererseits war das auch Unglück, denn jetzt musste Ken in Davis‘ Augen sehen und davor hatte er doch ein bisschen Schiss.

„Und wie wars?“ Mimi wirkte leicht genervt, vielleicht störte sie Joey, der immer noch ihren Arm umklammert hielt.

„Gruselig“, erwiderte Ken, bezog sich dabei aber nicht auf das Horrorhaus, sondern eher auf seine eher kindisch wirkenden Aktionen.

„Hm…“, fügte Davis äußerst kreativ hinzu. Ken war so mit sich selbst beschäftigt, dass er nicht einmal merkte, wie sein Freund nachdachte. Zuerst hatte sich Davis ja überlegt, dass das eigentlich eine fantastische Idee wäre, um mit Kari dort hinzugehen: Ein bisschen Gruseln, ein bisschen Horror und vielleicht würde sie ihm verfallen. Aber dann…

„So, Jungs, wir zwei verlassen euch jetzt.“ Mimi versuchte, Joey abzuschütteln, aber dessen Hand schien magnetisch an ihr festzukleben. „Ich muss noch ein paar Sachen für morgen besorgen. Und Joey hilft mir dabei. Ihr solltet vielleicht etwas trinken gehen. Ihr seht ein bisschen blass um die Nase aus.“

Lächelnd zog sie Joey hinter sich her und entschied für sich, dass es gar nicht so schlecht gelaufen war.

„Davis muss nur ein bisschen aufgerüttelt werden, dann klappt das schon“, murmelte sie leise vor sich hin.

„Was hast du gesagt?“

„Ich sagte nur, dass Davis und Ken ein süßes Pärchen sind.“ Fröhlich vor sich hin summend lief Mimi voran, Joey, der inzwischen ihren Arm freigegeben hatte, immer einen Schritt hinterher.

„Wie bitte?“

„Na, die beiden sind ein niedliches Paar. Findest du das etwa nicht?“

„Ähm.“

Als Mimi abrupt stehen blieb und sich umdrehte, lief Joey fast in sie hinein, konnte jedoch gerade noch stoppen.

„Joey, ich brauche deine Hilfe.“ Mit ihren großen Augen sah sie ihn bittend an, wohlwissend, dass dieser Trick bei ihrem Freund immer funktionierte.

„Also gut…“, gab Joey dann auch relativ schnell nach, bevor ihm einfiel, dass er noch gar nicht wusste, wobei er helfen sollte.

„Wir werden Davis und Ken verkuppeln. Gut, dass du mir hilfst!“ Faszinierte beobachtete Mimi, wie Joey sich von einem Fragezeichen zu einem „Hilfe-wo-bin-ich-da-reingeraten“ bis hin zu einem „Ich-verstehe-einfach-gar-nichts-mehr“ verwandelte.

„Willst du die Kurzzusammenfassung?“ Heftiges Nicken war die Antwort.

„Also: Ken ist in Davis verliebte, Davis wird sich bald zu Ken hingezogen fühlen, die beiden passen perfekt zusammen. Und das Ganze ergibt eine Kuppelaktion!“

Wirklich schlauer war Joey jetzt nicht, aber eines hatte er schon früh gelernt: Wenn Mimi sich einmal zu etwas entschlossen hatte, dann zog sie es auch durch. Und wenn einer überhaupt keine Chance gegen Mimi hatte, dann war er das.

Joey war zwar immer noch der Ansicht, dass er nicht unbedingt der Experte für Liebe war und sich deshalb raushalten sollte, aber gegen Mimi kam er einfach nicht an.

„Morgen auf dem Picknick sorgen wir dafür, dass Kari Davis abserviert. Dann ist er traurig und fertig und wütend und Ken hat seinen Einsatz. Alles klar?“

„Alles klar.“ Und selbst wenn nicht, was sollte er schon groß anderes sagen?

„Lass uns ein paar Sachen für das Picknick besorgen, okay? Jeder bringt was mit, aber wir müssen für die romantische Stimmung sorgen.“ Denn was Mimi Joey verschwiegen hatte, war die nur kleine Tatsache, dass sie ausschließliche Paare (und zukünftige Paare) informiert hatte. Den Rest würde sie danach treffen. Und Joey war morgen ihr Partner, wenn auch nur ein Scheinpartner. Trotzdem hatte sie sich dazu entschlossen, dass er auch nicht alles wissen musste.
 

~~~
 

„Wollen wir nicht wirklich etwas trinken?“, fragte Ken, immer noch ziemlich verlegen.

„Okay.“ Beide waren so in ihre Gedanken vertieft, dass sie nicht merkten, dass der jeweils andere sich etwas seltsam verhielt.

Davis fragte sich immer noch, ob er das nur geträumt hatte oder ob diese Gefühle, die in ihm aufkamen, als Ken ihm etwas in das Ohr flüsterte, real waren. Andererseits hatte er vorhin an Kari gedacht und die beiden waren sich so ähnlich, dass das vielleicht nur eine Täuschung war. Ja, genau das war es, Davis hatte Ken mit Kari verwechselt, definitiv. Das war nur die Schuld dieser Situation, der Dunkelheit, dieser Charakterähnlichkeit und seiner Gedanken an Kari.

Fast schon erleichtert riskierte er einen Blick auf Ken. Dabei nahm er dessen leicht geröteten Wangen, die etwas unordentlich gewordenen Haare und die glänzenden Augen war und für einen Moment schlug sein Herz etwas schneller.

„Oh Gott!“

„Was ist los? Alles okay?“ Besorgt betrachtete Ken seinen Freund, der leichenblass stehen geblieben war. „Davis? Alles klar?“

Nichts war klar. Immerhin hatte er sich vermutlich in seinen besten Freund verknallt. Oder verliebt? Aber konnte das überhaupt sein? Es war doch sein bester Freund. Sein bester männlicher Freund. Davis‘ Gedanken fuhren Karussell und Achterbahn zugleich.

„Davis?“ Als Ken seine Hand leicht auf Davis‘ Schulter legte, zuckte dieser erschrocken zusammen.

„Ich… also… ich… Genau, ich muss nach Hause. Richtig, da ist noch etwas, das ich machen muss. Wir sehen uns ja morgen. Bis dann also…“ Mit diesen Worten spurtete Davis davon und ließ einen verwirrten Ken zurück.

Hatte es etwa funktioniert? Nein, das konnte nicht sein, das war zu einfach, da war Ken sich sicher. Als ob diese Dinge so einfach klappen würden. Er war ja nicht in einer dieser furchtbaren Seifenopern, die dauernd im Fernsehen liefen. Und schon gar nicht einem Shoujo-Manga oder gar in einem Shonen-Ai-Anime. Das hier war reale Welt und die war deutlich komplizierter. Kopfschüttelnd stapfte er in Richtung seines Apartments. Alles, was er jetzt brauchte, war ein langer Schlaf, um wieder klar im Kopf zu werden. Und morgen früh… würde sicher alles besser aussehen. Hoffentlich.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück