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Das Gesicht im Wind

Wichtelgeschichte für Glimmer
von

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Anschließend

Søren und Remus beeilten sich.

Keiner von ihnen kannte den Weg in den Thronsaal – doch Remus hatte das dumpfe Gefühl, dass sie ihn nicht verfehlen konnten. Schmelzwasser wies ihnen den Weg. Über Sørens Begleitung konnte er sich auch deswegen nur freuen. Der Mann kannte Zauber, von denen er selbst noch nie gehört hatte. Und einer davon wurde auch mit über Glatteis rutschenden Schuhen fertig.

Außerdem beruhigte ihn das rhythmische Platschen seiner Schritte neben ihm, genau wie Sørens ruhige Erscheinung. Remus konnte nur vermuten, dass diverse Dinge in ihm brodelten, doch er ließ keines davon an die Oberfläche. Damit war Søren vermutlich das komplette Gegenstück zu ihm selbst. Remus spürte sich selbst zittern und das lag nicht an der Kälte.

„Was ist passiert?“, fragte Søren schließlich mit seinem seltsamen Akzent, ohne seine Geschwindigkeit zu verringern.

Remus tat es ihm gleich, während er versuchte, die Ereignisse, an die er sich erinnerte, in eine chronologische Reihenfolge zu bringen. Der Gedanke daran, dass Søren sein schnelles Englisch möglicherweise nicht verstand, kam ihm gar nicht. „Als die Sturmgeister dich verschleppt haben, hatten wir – Fenwick, Sirius und ich – alle Hände voll mit Malfoy und Wilkes zu tun. Ich glaube – Ich glaube, Malfoy hätte mich beinahe umgebracht. Doch wir haben es geschafft, sie zu besiegen. Als wir dir zur Hilfe eilen wollten, war es bereits zu spät. Als wir das realisierten, hat sich uns diese Aurae, dieses Mädchen, Lohe angeschlossen und-“

„Das meine ich nicht, Remus.“

Søren sagte nicht, was er stattdessen meinte. Sein Tonfall war eindeutig – eindeutig genug zumindest, um Remus jetzt doch stoppen zu lassen. Sein Begleiter jedoch stoppte nicht, verringerte nur ein wenig das Schritttempo, damit Remus aufschließen konnte, wenn er sich gefangen hatte. Das tat dieser nur zögerlich, denn jetzt verstand Remus, was Søren tatsächlich hatte fragen wollen. Und wenn er ehrlich war, wollte er auf diese Frage nicht antworten.

Søren zog eine Augenbraue hoch, als er ihm einen knappen Blick über die Schulter zu warf. Remus sah ihn den Kopf schüttelte.

„Schon gut“, fuhr er fort, ohne eine Antwort von Remus zu erwarten. „Ich habe gemeint, was ich gesagt habe.“

Remus biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. „Ich weiß.“

„Nein. Tust du nicht“, antwortete Søren streng. „Darum sage ich es noch einmal. Wir werden ihn finden.“

Aufsteigende Tränen schnürten ihm die Kehle zu. Ihm blieb nichts weiter, als stumm zu nicken und zu schlucken.
 

Ein kalter Windhauch strich über Remus‘ Wangen. Eine warme Böe folgte ihm.

Dieses Mal stoppte Søren mit ihm. „Die alten Griechen kannten drei Jahreszeiten. Richtig?“, fragte er langsam.

Remus nickte. „Boreas, Zephyros und Notos. Winter, Frühling und-“

„Sommer“, beendete Søren seine Erklärung. Er verzog das Gesicht zu einer Miene, als hätte er in eine Zitrone gebissen. „Ich denke der Sommer ist nicht gut für dieses Schloss.“

In den Wänden um sie her klafften Löcher, größer denn je. Das Wasser im Gang reichte Remus längst weit über die Knöchel. Eine weitere Böe pfiff den Gang hinab und ließ sie frösteln.

„Oder für seine Herrin“, antwortete Remus leise.

Sie hoben die Zauberstäbe und schritten vorsichtig weiter. Eine eisige Böe schleuderte sie beinahe in den Gang zurück, als sie die Biegung zum nächsten Raum betraten. Der Wind war so stark, er drückte sie förmlich in die Knie.

Einen Arm schützend vor sein Gesicht hebend, blickte Remus auf. Ab einer Entfernung von zwei Yards sah er nichts mehr, außer Weiß. Ob es sich bei den weißen Schwaden, die bis in ihren Gang drangen, um Schnee, Nebel oder gar Wolken handelte, konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen. Vermutlich lautete die Antwort ‚sowohl als auch‘.

Remus brauchte nicht fragen, wen sie gefunden hatten.

Die Temperatur schlug um. Unter ihnen gefror das Wasser langsam zu Eis. Von den Löchern, die auch hier in den Wände tauten, hingen bereits enorme Eiszapfen, die nun rasant wuchsen. Die Chancen, den Raum, der vor ihnen lag, zu durchqueren und dabei – eventuell auch nur aus Versehen – von einem rasenden Gott erschlagen zu werden, waren so hoch, Remus wollte sie nicht einmal überdenken. Das Schlimmste aber war die Ahnung, die sich immer tiefer in seine Gedanken fraß.

„Ist er dort drin?“, fragte Søren neben ihm. Als er sprach, kondensierte die Luft vor seinen Lippen.

Remus zuckte hilflos mit den Achseln. „Vielleicht“, begann er, schüttelte dann aber den Kopf. „Vielleicht bilde ich es mir einfach ein, weil ich glaube, diese Stimme gehört zu haben.“

Sein Gefühl sagte ihm etwas anderes. Es waren Khiones Worte, die in seinen Ohren nachhallten – Severus, bring diesen Black in meinen Saal. Er hat ein hübsches Gesicht. – und von denen er nicht mehr sagen konnte, ob er sie tatsächlich gehört hatte, aber auch ein Geruch, von dem er sich nicht sicher war, ob er existierte. Ein Geruch, der nichts mit zwei zornigen Windgöttern zu tun hatte, die versuchten, einander oder zumindest dieses Schloss in die Luft zu jagen. Ein menschlicher Geruch. Wenn aber Sirius tatsächlich dort drin war, dann hatten sie ein Problem.

„Oder du hast recht“, antwortete Søren langsam. Auch er spähte hinaus in den Schnee. Und jetzt war es Schnee, da war sich Remus genauso sicher, wie bei der Tatsache, dass das Wasser, das seine Stiefel durchnässte, immer kälter wurde. Es musste einen anderen Weg geben. Irgendeinen.

Neben ihm hob Søren seinen Zauberstab und sprach eine Formel, die er selbst nicht zuordnen konnte. Erst richtete sein Begleiter den Zauberstab gegen sich selbst, dann wiederholte er das Prozedere über Remus. Augenblicklich spürte er, wie ihm warm wurde. Dort, wo seine Beine ins Wasser eintauchten, begann Dampf aufzusteigen.

„Das ist ein … Zauber für Notfälle“, erklärte Søren. Remus wurde das Gefühl nicht los, dass er ihm nur die Hälfte der Wahrheit sagte. „Wenn du dich beim Skifahren verirrst. Vielleicht hilft er.“

Remus blinzelte. Plötzlich verstand er, warum Søren den Zauber gerade jetzt aus seinem Hut fischte. Er begann zu stammeln. „Du willst nicht– Du musst nicht–“

„Wir suchen in diesem Raum. Wenn wir ihn finden, treffen wir uns bei Benjy und gehen. Wenn wir ihn nicht finden, treffen wir uns bei Benjy und suchen weiter.“

„Bist du-“

Søren war sich sicher. Er hörte sich Remus‘ Frage nicht einmal bis zum Ende an, da nickte er bereits. Dann drehte er sich in den Sturm und stapfte davon.

Für einen Augenblick schloss Remus die Augen. Es war nicht auszudenken, was geschehen mochte, wenn er sich irrte. Nicht nur, dass er sein Leben aufs Spiel setzte – das er noch brauchen würde, wenn er Sirius finden wollte – Sørens Leben setzte er ebenfalls aufs Spiel, auch wenn dieser das sicher anders sah.

Tief durchatmend schlug er die Augen wieder auf. Mit einem Ruck befreite er erst den einen Fuß aus dem zufrierenden Wasser, dann den anderen. Ohne Sørens Zauber hätte er seine Füße vermutlich schon nicht mehr gespürt, doch so konnte er durch das Wasser stapfen, dessen Eisschicht unter seinem Gewicht immer wieder brach. Geduckt hielt er sich am Rand des Raumes. Zumindest glaubte er, dass er das tat, denn er verlor die Wand bald aus den Augen. Er war schon durch einige Nebel geirrt, doch nichts ließ sich mit dem Chaos vergleichen, welches Notos und Khione nun hinterließen, nicht einmal Khiones Schneesturm. Immer wieder leuchtete der Wind durch den Schnee. Manchmal sah Remus Gesichter, manchmal andere Körperteile. Nichts davon erschien sonderlich freundlich.

Seine Füße traten durch Wasser, Matsch, Schnee und wieder durch Wasser. Ohne Sørens Zauber wäre sein Umhang – und auch er selbst – vermutlich binnen Minuten steifgefroren. Und über all dem jaulte und dröhnte der Sturm. Hätte Remus gesprochen – er hätte sein eigenes Wort nicht verstanden. Böen rissen an seinen Kleidern oder drückten ihn nieder. Immer wieder verlor er den Halt und konnte sich nur mühsam davor bewahren, zu fallen.

Und Notos war dabei, zu verlieren. Er spürte es. Die Frequenz, mit der das Artefakt um seinen Hals pulsierte, hatte sich verändert. Sie wurde unruhig, holpriger, nervös. Immer wieder setzte ein Schlag aus, dann überschlug er sich.

Die nächste Böe traf ihn von der Seite, zu heftig, um ihr standzuhalten. Sein Schrei verlor sich im Wind, als er ins Wasser schlug. Für einen Moment konnte er nicht atmen. Panik umspülte ihn wie die Schmelze und der Regen, den Notos hinterließ.

Finger legten sich um Remus‘ Schulter. Er spürte, wie jemand an ihm zog. Es konnte nicht Søren sein, denn die Hand stellte ihn so urplötzlich wieder auf die Füße, dass Remus beinahe erneut fiel. Hustend sah er auf. Sein Blick fiel auf den schimmernden Rücken eines Mannes. Flügel zogen sich über die Haut und er konnte nicht sagen, ob sie tätowiert waren oder echt. Notos ließ ihn los und fasste auch mit der rechten Hand wieder nach der Urne, die er hielt. Sie war das einzige an ihm, durch das Remus nicht hindurch sehen konnte. Wind strömte aus ihrem Innern.

„Du solltest nicht hier sein, Remus“, drang die Stimme des Gottes zu ihm. Ob dieser wirklich zu ihm sprach oder ob er … direktere Kommunikationsmethoden verwendete, wusste er nicht. Was er wusste, war, dass er Notos klar verstand, obwohl der Sturm um sie her seine Worte hätte schlucken müssen.

„Dann sag mir, wo ich sein muss“, antwortete Remus und obwohl er beinahe brüllte, hatte er nicht das Gefühl, gegen den Lärm und das Tosen anzukommen.

Donner grollte um sie her, Donner, der möglicherweise Notos‘ Lachen war. „Abgesehen von ‚in Sicherheit‘ meinst du?“ Der Gott zuckte mit den Achseln, was angesichts seines wehenden Körpers eine recht seltsame Geste war. „Bitte.“

‚Bitte‘ war nicht die Antwort, die Remus erwartet hätte. Das, was dem folgte, allerdings auch nicht. Notos hob die Urne. Wind strömte aus und sandte Hagelkörner in die weiße Front vor ihnen. Mit seinem Wind begann der Gott zu rotieren und Remus rotierte auch. Augenblicklich wusste er nicht mehr, wo oben und unten war, geschweige denn, rechts oder links. Er fühlte, wie er aufstieg, aber vielleicht fiel er auch. Der Aufschlag, den der Schnee, in den er fiel, kaum bremste, war hart und trieb ihm die Tränen in die Augen. In seinem Kopf drehte sich alles und in seinem Magen auch. Remus spürte sich würgen. Magensäure stieg ihm die Speiseröhre hinauf, die er geräuschvoll erbrach. Der Geschmack, den sie hinterließ, war beinahe noch schlimmer, als das Brennen in seinem Hals.

Das Drehen in seinem Schädel beruhigte sich nur langsam, doch Remus wusste, dass er sich keine Ruhe gönnen konnte – Notos schien nicht der Typ Gott zu sein, der so etwas wie Pausen einkalkulierte. Zum Aufsehen musste Remus sich förmlich zwingen. Schnee und Nebel wirbelten um ihn her, doch die Masse war durchlässiger. Durchlässig genug, um die Wand zu seiner Rechten auszumachen und auch durchlässig genug, um die zwei, drei Gestalten zu sehen, die eigentlich nur eine waren. Remus blinzelte heftig, bis er sie klar erkennen konnte und nicht mehr doppelt sah.

Der Mann stand reglos da und wandte ihm den Rücken zu, als habe er ihn nicht einmal bemerkt. Remus kannte diesen Rücken, dennoch brauchte er einen Augenblick, um zu verstehen, was das bedeutete.
 

Sirius. Es war Sirius.

„Sirius“, sagte er und hörte sich selbst nicht. Lauter, rufend, schreiend, versuchte er es noch einmal. „Sirius!“

Er schien ihn nicht zu hören.

„Padfoot!“

Er bekam keine Reaktion. Der Nebel um sie herum verdichtete sich wieder, während seine Gedanken begannen, sich zu überschlagen. ,Er kann dich einfach nicht hören‘ war der netteste davon. Kopfschüttelnd versuchte er, die weniger netten zu vertreiben. Es funktionierte nicht, aber das trieb ihn nur dazu an sich schneller aufzurichten, als es der pulvrige Schnee um ihn herum ihm erlaubte. Er rutschte und fiel, spuckte einen Moment lang Schnee, dann stand er taumelnd wieder auf und rannte, so schnell es der Untergrund zuließ.

„Sirius!“ Dieses Mal japste er mehr, als dass er rief. Der bloße Oberarm, um den sich seine Finger schlossen, war eiskalt, doch Sirius war nicht erstarrt. Seine Muskeln gaben der Bewegung nach, als Remus sanft an seinem Oberarm zog.

„Sirius, ist alles in Ordnung? Sirius?“

Sein Freund antwortete nicht. Stumm starte er in den Schnee, dort, wo Remus Notos und Khione vermutete. Beunruhigung trübte die Erleichterung. Er registrierte, dass Sirius keinen Umhang trug. Die Schnitte, die Buchstaben, auf seinem Rücken waren nicht verheilt. Sie standen immer noch in einem zornigen Rot gegen seine unglaublich blasse Haut.

Als Remus um ihn herum trat, musste er feststellen, dass sein Gesicht nicht viel besser aussah. Seine Lippen waren blau und an einer Stelle aufgeplatzt. Die Augenringe schienen beinahe schwarz gegen seine Haut. Erst auf den zweiten Blick erkannte Remus den Zauberstab, der in den Gürtel seines Freundes geklemmt war.

Obwohl er nun direkt vor ihm stand, starrte Sirius ins Leere. Er schien ihn nicht einmal zu bemerken, als er seinen Zauberstab in seine Tasche schob, um mit der rechten Hand nach Sirius anderen Arm zu greifen. Auch der fühlte sich unter Remus‘ Fingern eisig an.

„Sirius!“, versuchte er es erneut und so deutlich, wie er konnte. „Kannst du mich hören? Komm schon, sag irgendwas und wenn es ein dummer Witz auf meine Kosten ist!“

Für einen Moment glaubte Remus, Sirius würde den Blick senken. Doch er musste sich geirrt haben, denn Sirius sah nur weiter in den Schnee.

„Komm schon. Wir müssen hier verschwinden! Padfoot!“

Die Angst, die in ihm aufstieg, brachte ihn dazu, seinen Freund zu schütteln – doch den interessierte auch das nicht. Langsam wurde er panisch.

„Sirius Black! Wach auf!“

Keine Reaktion. Seine Finger, die immer noch um Sirius Oberarme griffen, wurden langsam kalt, der Schneenebel um sie herum dichter und die Böen stärker. Langsam verstand er, dass er damit nicht weiter kam. Nicht allein, nicht ohne Hilfe. Aber Remus konnte ihn nicht allein zurücklassen. Er hoffte nur, dass Sirius sich wenigstens bewegen lassen würde.

„Okay. Dann eben anders. Komm schon!“

Statt ihn weiter zu schütteln, verlegte Remus sich darauf an Sirius Arm zu ziehen. Zunächst nur mit einer Hand – doch das brachte ihm nur eine Reaktion ein, mit der er nichts anfangen konnte. Er sah genau, wie sich sein Freund gegen die Bewegung stemmte. Bewegen konnte er sich also tatsächlich. Das bewies er auch, als Remus seinen Arm mit beiden Händen umfasste und daran zog. Statt seinem Zug zu folgen, hob Sirius plötzlich von selbst den Arm und entwand sich seinem Griff. Kaum musste Remus seine Finger von seinem Handgelenk lösen, glitt sein Arm wieder an seine Seite.

„Sirius! Das ist nicht witzig. Komm schon, du musst hier raus! Hier geht bald alles in die Luft! Komm schon!“

Remus griff erneut nach seinem Arm, doch Sirius entzog sich ihm erneut, ohne ihn auch nur anzusehen. Angst mischte sich mit Frustration.

„Und wenn ich dich hier raus trage, du elender Dickschädel!“

Mit entschlossenen Schritten trat er um Sirius herum. Tief einatmend, stemmte er sich gegen ihn. Der erste Schritt, den Sirius tat, war harte Arbeit, der zweite fiel viel zu leicht. Die Faust traf Remus Wange wie aus dem Nichts. Schreiend machte Remus einen Schritt rückwärts, doch aus Schnee wurde Matsch. Er fand keinen Halt. Panisch versuchte er, sich mit dem anderen Bein abzufangen, doch er rutschte nur noch weiter. Dann fanden seine Füße keinen festen Boden mehr.

Ein weiterer Schrei drang aus seinen Lungen, als er realisierte, dass er fiel. Er streckte den Arm empor, doch das Loch in der Mauer, durch das er gefallen war, war längst zu weit weg. Er wusste nicht, wo er war, noch wie weit über dem Boden er sich befand. Nur eines wurde ihm schlagartig klar – sein Fall war zu tief. Zu hart. Über sich sah er Sirius aus dem Loch schauen, streckte ihm die Hand entgegen, doch der rührte sich nicht.

Tränen stiegen in ihm auf. Der letzte Gedanke, den er fasste, war: Ich habe versagt.
 

Eine Hand schloss sich um seine Brust. Er spürte den Arm, der sich um ihn legte, dann einen weiteren, der seinen Oberkörper umschlang. Ein Körper drückte sich gegen seinen Rücken, warm und sanft. Er folgte der leichten Bewegung blind und drehte sich um die eigene Achse. Kalter Wind blies ihm ins Gesicht. Irritiert öffnete er die Augen. Die Landung auf dem Satteldach war hart. Sein Aufschlag und ein gellender Schrei dröhnten in seinen Ohren, als er die Schräge hinabrutschte. Die Dachkante bekam er nicht zu fassen. Dann fiel er erneut. Die Hände um seine Brust ließen ihn nicht gehen.

Den zweiten Aufschlag spürte er nicht.
 

Als er die Augen aufschlug, stand er am Ufer des Sees. Um seine baren Füße spülte Wasser und zog sich seine Hosenbeine und seinen Umhang hinauf. Unter dem roten Licht der Aurora Borealis konnte er die Hügelkette sehen, die sich um den gefroren See erstreckte.

Wolf“, ertönte eine Stimme. Er zuckte so sehr zusammen, wie das Wasser unter ihm.

Muss ich dich wirklich daran erinnern, dich zu beeilen?

Er kannte die Stimme. Doch das konnte nicht sein. Er hatte doch...

„Notos?“, fragte er irritiert.

Doch die Stimme lachte nur und mit ihr zitterte Wasser und Eis.
 

Die Augen öffnend, blickte Remus in das klare Wasser des Sees. Er konnte unter der rot glänzenden Wasseroberfläche sogar die einzelnen Steinchen erkennen, die den Boden ausmachten. Er blinzelte, als er realisierte, dass sein Gesicht das Wasser nicht berührte, seine Arme und Beine hingegen sehr wohl. Dann spürte er eine Hand unter seiner Brust, die seinen Oberkörper über Wasser hielt. Eine zweite strich über seinen Kopf. Erinnerungen strömten auf ihn ein – die Befreiung des Notos‘, Snape, Fenwick und Søren. Dann Sirius und all seine Versuche und der Fall. Der Fall. Remus war sich ziemlich sicher gefallen zu sein. Sein Kopf begann zu schmerzen. Leise stöhnte er.

„Komm, steh auf“, flüsterte eine Stimme hinter ihm.

Er fügte sich der Aufforderung willenlos. Die Hände stützten ihn sanft und tatsächlich stand er einen Moment später, ohne zu taumeln. Skeptisch sah er an sich hinab. Seine Handflächen bluteten beide, das konnte er riechen, genauso wie seine Knie. Vermutlich war auch der Schorf an seinem Arm aufgeplatzt. Eines seiner Hosenbeine war aufgerissen. Seinem einen Fuß fehlte der Schuh. Als er den Kopf hob, blickte er auf den See hinaus. Um ihn war das Wasser geschmolzen, doch ein paar Yards weiter war die Eisdecke noch intakt. Hinter dem See erstreckte sich die Hügelkette, über die sie vor Ewigkeiten gestiegen waren. Sie verschwand zu beiden Seiten in einer tobenden Sturmfront. Remus brauchte nicht in den Himmel zu schauen, um zu wissen, dass eine rote Aurora Borealis über ihm leuchtete.

Er kniff die Augen zusammen, doch das Bild änderte sich nicht, als er sie wieder öffnete. Nur die dröhnende Stimme blieb aus. Stattdessen hörte er die Stimme einer Frau.

„Alles in Ordnung?“, fragte sie ihn, dicht bei seinem Ohr.

Für die Antwort musste Remus nicht überlegen. Knapp schüttelte er den Kopf. Nichts war in Ordnung.

In seinem Nacken spürte er sie lächeln, obwohl das nicht möglich sein konnte. Sie legte eine schmale Hand auf seine Schulter strich sanft darüber. Ohne ihn loszulassen trat sie um ihn herum. Er war nicht halb so überrascht, sie zu sehen, wie er es vielleicht hätte sein sollen.

„Lohe“, stellte er fest und klang dennoch verwundert.

Lohe nickte. Mit der freien Hand umfasste sie sein Kinn und hob es ein wenig an, vielleicht um sich eine Verletzung anzusehen, die er noch gar nicht bemerkt hatte.

„Seit wann?“, fragte er, ohne auf die Geste einzugehen.

Sie lächelte ein Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte. Dennoch erschien es ihm aufrichtig. „Die ganze Zeit, Remus Lupin.“

„Du warst diejenige, die mich geweckt hat.“

Sie hob skeptisch den Blick, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich habe dich lediglich ein wenig unterstützt.“ Noch immer lächelnd strich sie über sein Haar.

Er seufzte. „Du musst mir helfen. Es geht um Sirius. Ich-“

Ihre Hand glitt sein Gesicht hinunter. Ihr Finger flackerte gegen Remus Haut, als sie ihn auf seine Lippen legte, um ihn zum Schweigen zu bringen.

„Das schaffst du allein.“

„Aber ich weiß nicht wie-“

Ein finsteres Knurren ließ Remus aufschrecken. Als er sich fragend an Lohe wenden wollte, war sie längst verschwunden. Es knurrte erneut. Dieses Mal hörte er es deutlich hinter sich. Seine Hand zuckte zu seinem Zauberstab. Er wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um einen schwarzen Schatten auf sich zuspringen zu sehen. Messerscharfe Zähne verbissen sich in seinem Bein und rissen daran. Schmerzerfüllt schrie er auf. Im gleichen Moment verlor er das Gleichgewicht und stürzte hart. Seine bis dato unverletzten Ellenbogen begannen zu brennen. Blind trat er nach hinten und traf.

Die Zähne ließen ihn frei, doch er blieb nicht liegen. Er rollte sich zur Seite. Seine Hand flog in der selben Bewegung in seine Tasche und zog den Zauberstab hervor. Der schwarze Schatten glitt grollend an ihm vorbei, dort, wo er eben noch gelegen hatte. Den Schmerz ignorierend, stemmte er sich hoch.

Das Knurren ertönte erneut, doch er war bereit. Als er den Schatten im Augenwinkel zum Sprung ansetzen sah, ließ er sich im letzten Moment zur Seite fallen. Der Schatten setzte über ihn hinweg, doch er riss den Zauberstab hoch. Sein Zauber traf.

Noch im Sprung begann der schwarze Hund, sich gegen seinen Willen zurückzuverwandeln. Orientierungslos fiel er ins Wasser. Remus sprang auf, den Zauberstab auf die Gestalt gerichtet, die sich ebenfalls aufrichtete.

„Du hast mich gebissen!“, fauchte er, fassungslos. Sein Bein brannte, dort wo Sirius‘ Zähne ihre Wunden gerissen hatte. Vermutlich blutete er ziemlich.

Doch das interessierte Sirius nicht. Beinahe emotionslos zog er ebenfalls seinen Zauberstab – aber auch nur beinahe. Remus sah das Funkeln in seinen Augen. Es zeugte nicht davon, dass Sirius bereit war, mit sich verhandeln zu lassen.

Es war kein ungewöhnliches Duell, das Sirius eröffnete. Remus kannte die Taktiken, die Sirius anwenden würde – und Sirius kannte die seinen. Sie hatten zu oft trainiert, zu oft in halbem Ernst gestritten, um sie nicht zu kennen.

Stupor!

Remus verzichtete darauf, den Zauber zu blocken. Auch bitten würde er nicht. Er ließ sich schlicht auf die Knie fallen. Der Zauber segelte über ihn hinweg. „Expelliarmus!

Confringo!

Sirius blockte nicht. Sein Fluch durchschlug den Entwaffnungszauber auf halber Höhe. Selbst unter dem eilig beschworenen Schild spürte Remus die Explosion tief in seinen Knochen. Wasser spritzte in alle Richtungen. Bevor er das taube Gefühl, das folgte, abschütteln konnte, raste der nächste Zauber auf ihn zu.

Der Stoßzauber traf Remus gegen den Brustkorb, hart genug, um ihn durch die Luft zu schleudern. Der Aufschlag presste ihm den Atem in einem Schrei aus den Lungen. Fast gleichzeitig spürte er ein Ziehen an seinen Beinen. Dann hing Remus in der Luft. Kopfüber, seinen Zauberstab nur durch einen glücklichen Zufall noch in der Hand.

Protego!

Ein blauer Lichtstrahl prallte funkensprühend von seinem Schild ab. Unter dem Dröhnen der Explosion, die statt ihm eine der Schlosswände erschütterte, ging Remus zum Angriff über. Man verunsicherte keinen Remus Lupin, indem man ihn kopfüber in die Luft hängte, auch nicht, wenn man ihn davor gebissen hatte.

Ventus! Flippendo! Rictumsempra!

Sein Zauberstab glitt in einer fließenden Bewegung durch die Hexereien und zwang Sirius in die Defensive.

Der letzte Zauber traf. Sirius schien für einen Moment irritiert darüber, nicht explodiert zu sein. Einen Augenblick lang zuckte Sirius verräterisch. Dann begann er zu lachen. Und zu kichern. Remus sah seinen Zauberstab beben.

„Incendi- In- Incen-“, hörte Remus ihn zwischen den Lachern japsen. Er wartete nicht darauf, dass seine Verwünschung nachließ. Es war nicht leicht, den Liberacorpus auf sich selbst zu wirken und dann auch noch zu landen, ohne sich den Hals zu brechen, doch Remus war geübt. Als Herumtreiber hing man öfter kopfüber in der Luft, als einem lieb war.

Das Eis war hart und glatt und sein schmerzender Körper half nicht, doch er rollte sich beim Fall ab. Noch halb in der Bewegung hörte er, wie Sirius zwischen zwei Kichersalven die Formel zu Ende brachte.

„Incendio-hihihi-“

Der Gegenzauber, der die Flammen nicht ersticken aber abkühlen würde, ging ihm gerade rechtzeitig über die Lippen, als seine Haare und Augenbrauen bereits zu rauchen begannen. Unter Sirius hysterischem Kichern loderten Flammen um ihn auf, leckten an seinem Umhang und blieben gerade warm genug, um seine nasse Kleidung zu trocknen. Durch das Knistern des Feuers hörte er Sirius glucksen, husten und Luft holen. Ein eindeutiges Zeichen für das Nachlassen des Zaubers. Remus zögerte nicht, die letzten Sekunden zu nutzen.

Expelliarmus!“, bellte er. Einen zweiten Entwaffnungszauber jagte er tiefer, nicht gegen den Kopf, sondern gegen den Torso. Den ersten konnte Sirius blocken. Beim zweiten flog sein Zauberstab in hohem Bogen davon. Remus gab sich gar nicht erst der Illusion hin, das Duell sei damit beendet. Er kannte Sirius. Wenn er seinen Zauberstab verlor, fing das Duell gerade erst richtig an.

Keiner von ihnen versuchte, an den Zauberstab zu kommen, der unschuldig im See schwamm. Remus nicht, weil er ihn Sirius nicht Freihaus liefern wollte, und Sirius nicht, weil das eine willkommene Einladung zum Verhexen war. Nein – Sirius entschied sich für die direkte Alternative. Das ahnte Remus bereits, bevor sich Sirius‘ Gestalt in dem langsam erlöschenden Feuer zu verformen begann. Er schrumpfte unmerklich und sackte nach vorn. Den Rest der Verwandlung verbargen die Flammen, doch Remus hörte das Knurren, das noch halb ein Kichern war. Er sah nicht, wie der riesige, schwarze Hund die Muskeln anspannte und auf ihn zu stürzte, aber er kannte Sirius. Die Sekundenbruchteile ließen sich leicht schätzen.

Remus zielte, noch bevor er ihn sah.

Sein Zauber traf Sirius im Sprung. Die Pfoten wurden augenblicklich zu Händen, die Arme und der Torso breiter. Als Remus Sirius‘ menschliches Gesicht sah, wusste er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Sirius massiger Körper krachte mit einer Wucht in seinen, die sie beide zu Boden riss. Für einen Moment wusste er nicht mehr, wo oben und unten war. Sein Zauberstab glitt aus seiner Hand. Remus hörte noch sein Klappern, als Sirius dafür sorgte, dass er ihn so leicht nicht wiederfand. Angestrengt öffnete er die Augen, noch unsicher, was nun geschehen sollte.

Bevor er einatmen konnte, landete Sirius den ersten Treffer. Remus‘ Lippe platzte unter seiner Faust auf. Einen Wimpernschlag später wälzten sie sich über schmelzendes Eis und durch sterbende Flammen. Gegen Sirius‘ körperliche Gewalt war für Remus noch nie ein Kraut gewachsen gewesen. Schläge prasselten auf ihn nieder. Seine eigenen gingen viel zu oft ins Leere. Die, die trafen, glitten ab oder waren viel zu schwach, um Sirius ernsthaft aufzuhalten.

Warme Flüssigkeit schmierte nach diversen Treffern über sein Gesicht. Ob sie aus seiner Nase kam oder aus einer anderen Wunde, konnte er nicht sagen. Blut lief ihm in den Mund. Seine Hand fand ihren Weg, eigentlich ein verfehlter Schlag, vorbei an Sirius‘ Kopf, doch er bemerkte die Chance, die sich ihm bot. Es war vielleicht seine einzige. Nicht gewillt, sie vorbeiziehen zulassen, griff er danach. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Arm schlang sich über Sirius Nacken. Der bemerkte, was er vorhatte, doch da zog Remus ihn bereits zu sich. Sein freier Arm schlüpfte auf der anderen Seite ebenfalls durch Sirius‘ Deckung. Auf dem Rücken fand er nur dank seiner Fingernägel halt, doch Sirius‘ schmerzerfüllter Schrei war ihm egal, als er mit beiden Händen an ihm zog.

Über ihm verlor Sirius den Halt auf dem Eis, auf dem er sich abstützte und landete endgültig in seiner unfreundlichen Umarmung, das Gesicht an Remus‘ Kopf vorbei, gegen seine Schulter gepresst. Verzweifelt strampelte er gegen Remus‘ Griff – doch Remus war nicht bekannt dafür, loszulassen, wenn er nicht wollte. Sein Griff glich längst dem eines Schraubstocks.

Indes spuckte Remus Blut. Er spürte, wie Sirius an seinem Kopf nach Haaren tastete, die lang genug waren, um daran zu ziehen, aber keinen richtigen Halt fand.

„Hör auf!“ befahl er, doch Sirius kämpfte weiter gegen seinen Griff. Remus‘ Muskeln begannen vor Anstrengung zu brennen, doch das trieb ihn nur dazu an, nicht loszulassen.

„Du hast mich gebissen“, knurrte er gegen die Schulter seines Freundes. „Das reicht doch wohl. Hör auf!“

Sirius‘ Finger fanden Haare, die lang genug waren. Heiser schrie Remus auf, tat Sirius aber nicht den Gefallen, ihn loszulassen. Seine Fingernägel gruben sich nur noch tiefer in die Haut unter ihnen „Ah- Sirius! Hör auf! Was bei Merlin soll da-AH!“

„Lass mich einfach los, dann lass ich dich los!“

Das war nicht die Antwort, die Remus sich erhofft hatte, aber es war immerhin überhaupt eine, abgesehen von den Flüchen und Zaubern, die Sirius ihm um die Ohren gejagt hatte. Gleichzeitig zu der Erleichterung, die ihn durchströmte, als er Sirius Stimme hörte, erschrak er bei der Erkenntnis, wie krank sein Freund klang.

Halb hustend spuckte er erneut Blut. „Das werde ich nicht tun“, erwiderte er schlicht. „Komm zu dir. Diese Göttin spukt dir im Kopf herum!“

Sirius bestritt es nicht einmal. „Als wenn dich das kümmern würde. Lass mich los!“

„Vergiss es. Und ja, es kümmert mich.“

„Pff. Natürlich. Es kümmert dich einen Dreck.“

Am liebsten hätte er vor Frustration geschrien. Oder jemanden gebissen. Nicht Sirius – der konnte hoffentlich das wenigste dafür. Aber diese verdammte Göttin. Und Snape. Vor allem Snape.

„Dann kümmert es mich eben einen Dreck!“, fauchte er gegen Sirius Schulter. „Solang das bedeutet, dass ich mich für dich in eine Eisskulptur verwandeln, in einen Raum voller irrer Windgeister treiben, mich aus zwanzig Yard Höhe werfen und von dir beißen lasse, um dich zu retten. Wenn das Dreck für dich ist – bitte. Definiere es, wie du willst-“

„Deshalb die Spielchen mit Fünkchen“, knurrte Sirius zurück. Er zog immer noch an seinen Haaren, aber er trat nicht mehr nach seinen Füßen.

Remus schrie nicht frustriert auf. Stattdessen fluchte er – und es tat gut. „Verdammte Drachenscheiße, Sirius! Ich spiele nicht mit Lohe! Sie spielt höchstens mit mir! Hörst du? Sie ist ein magisches Wesen und ich habe nicht vor, mich weiter auf sie einzulassen, als ich sie werfen kann!“

Sirius schnaubte gegen seine Schulter. „Das habe ich gesehen.“

Vielleicht, aber auch nur vielleicht, sollte er ihn doch beißen. Es war kein Vollmond. Aber nein – er sah davon ab. Einfach, weil es ihm in dieser Situation nicht als förderlich erschien. „Du Idiot siehst nur, was Khione dich sehen lassen will. Wenn ich die Spielchen mit Lohe lassen soll–“

„–Also gibst du es zu!–“

„–dann lass die Spielchen mit Khione“, fuhr Remus unbeirrt fort, so laut, dass ihn vielleicht sogar noch Fenwick und Søren hörten. Wenn sie noch lebten. „Sie bringt dich um.“

„Tut sie nicht.“

„Und darum fühlst du dich an, wie ein Eis am Stiel und stehst ohne Umhang im Schnee. Hast du mal in einen Spiegel geschaut? Du siehst aus wie eine Eisleiche.“

„Ach, halt‘s Maul.“

Sirius, der zwischenzeitlich zur Ruhe gekommen war, unternahm einen neuen Versuch, sich zu befreien. Vermutlich hatte er das Gespräch nur gesucht, um Kraft zu sammeln, und Halt auf dem Eis zu finden. Remus hätte erneut fluchen können. Sirius aber drückte sich ungerührt nach oben. Sein Halt um Sirius‘ Nacken ließ nach. Nicht mehr viel und er würde ihm entgleiten...
 

Eine ohrenbetäubende Explosion erschütterte das Schloss. Über Sirius‘ Schulter hinweg sah Remus die Eiswände in einem der oben Stockwerke einfach auseinander brechen. Wasser folgte. Unmengen von Wasser.

„Achtung!“, rief er und es wirkte schrill in seinen Ohren. Ohne an den Streit, ohne an die Flüche, die möglicherweise auf seinem Freund lagen, zu denken, fasste er nach und zerrte Sirius erneut an sich. Gerade noch rechtzeitig holte er Luft. Unweit von ihnen ging der Sturzbach nieder. Wassermassen fluteten über sie hinweg und spülten sie fort. Oben und unten wurden zur Glaubensfrage.

Das einzige, was er zu fassen bekam, war Sirius‘ Körper, der so eisig kalt gegen das sie umströmende Wasser wirkte. Doch Sirius mochte sich anfühlen, wie eine erfrorene Leiche – er lebte und kämpfte. Nicht mit ihm, dieses Mal, sondern mit den Wassermassen. Sein Kampf indes war aussichtslos.

Remus ließ ihn nicht los. Bei allem, was geschehen war, was geschah, was vielleicht geschehen würde – er konnte ihn nicht loslassen. Die Luft ging ihm viel zu schnell aus. Seine Lungen brannten, drängten ihn, einzuatmen. Irgendwann wurde der Reiz so stark, dass er ihm nachgab, doch sein Mund fühlte sich nur mit Wasser. Er wurde panisch.



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