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Das Gesicht im Wind

Wichtelgeschichte für Glimmer
von

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Dann

„Es ist einfach“, versicherte Snape jovial. „Du verletzt ihre Freunde.“

Das Lächeln, das sich auf der Miene des Todessers widerspiegeln musste, klang in seiner Stimme nach. Auch wenn Malfoy Remus nach wie vor dazu zwang, in die andere Richtung zu blicken, wusste er, dass Snape in diesem Moment den Zauberstab hob. „Wach auf, Black. Crucio!

Remus wusste nicht, ob Sirius bereits wach gewesen war, oder ob es der Fluch war, der ihn aus der Bewusstlosigkeit riss. Sein Schrei ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Remus wollte aufspringen, etwas tun, irgendwas – doch er wusste, dass er an Malfoys Gewicht und dem Zauberstab, der sich in sein Gesicht bohrte, scheitern musste.

Doch Sirius schrie und Malfoy lachte – und es interessierte ihn plötzlich nicht mehr, dass Malfoy stärker war, als er. Statt nach dem Zauberstab zu greifen, wie er vor einer gefühlten Ewigkeit angedacht hatte, entschieden sich seine Reflexe für die direkte Lösung. Er schlug zu – und erwischte Malfoy kalt. Seine Faust rammte den Kiefer des Todessers. Malfoy riss den Zauberstab hoch, doch auch dafür war er bereit. Er griff in der Stab und zerrte daran. Es war pure Willenskraft, die ihm den Sieg über den Stab einbrachte.

Compulso!

Der schwarzmagische Stab gehorchte ihm nicht, wie er sollte, doch das hielt Remus nicht auf. Er war nah genug, um Malfoy trotzdem zu treffen und von sich zu schleudern. Taumelnd stemmte er sich hoch und richtete seinen Zauberstab auf einen verdutzten Severus Snape. Sirius war verstummt, bewegte sich aber unkoordiniert.

„Zauberstab runter, Snape.“

Die verblüffte Miene wich einem feisten Lächeln. „Ich denke, nicht, dass ich das tun werde.“

Er glaubte–

Das konnte kein gutes Zeichen sein. Nicht mit Malfoys Zauberstab in seinen Händen, der sich ihm widersetzte.

Dann geschah alles gleichzeitig. Remus zog Malfoys Zauberstab durch die Luft und formte den nächsten Fluch.

Stupor!

Immobulus!

Snape blockte den kränkelnden roten Zauber mit einem Wink seines Zauberstabs, für den er nicht einmal Worte brauchte. Remus indes hörte Wilkes‘ Stimme und wusste, wen seine Reflexe vergessen hatten – doch es war zu spät. Er konnte sich nicht einmal mehr in die Richtung des anderen Todessers wenden, da traf ihn der Fluch. Er erstarrte, den Zauberstab halb in der Bewegung.

Einen Augenblick lang schwiegen die drei Todesser und er hörte nur Sirius Keuchen, dann ertönten Schritte hinter ihm – Malfoy. Wilkes bewegte sich auch.

„Netter Versuch, Lupus“, säuselte Malfoy hinter ihm, der süßliche Tonfall bebend vor Zorn. Ohne, dass er etwas dagegen hätte tun können, griff der Todesser an ihm vorbei und zog ihm mit spitzen Fingern den Zauberstab aus der Hand. Einen Augenblick später entglitten Zauberstab und Arm seinem Blickfeld. Remus musste ihn nicht sehen, um zu wissen, dass Malfoy seinen Zauberstab auf seinen Rücken ausrichtete. „Nett, ja. Aber nicht nett genug.“

Ein Seufzen erklang hinter ihm. Remus konnte förmlich spüren, wie Malfoy bedauernd den Kopf schüttelte. „Entschuldige die Störung, Severus. Fahre bitte fort.“
 

Malfoy hätte Snape nicht bitten brauchen.

Remus hatte Snape im Blick, genauso, wie er problemlos sehen konnte, wie Sirius sich desorientiert auf die Unterarme stützte und in seine Richtung blickte. Als sich ihre Blicke trafen, wusste er, dass Sirius verstand, was geschah – doch das half ihm nicht, als Snape den Zauberstab erneut auf ihn richtete.

Crucio!

Sirius brach schreiend zusammen und es gab nichts, was Remus hätte tun können, um ihm zu helfen. Er konnte nicht einmal blinzeln. Seine Finger gehorchten ihm nicht. Nichts gehorchte ihm, auch nicht sein Gehirn, dem er verzweifelt den Befehl gab, dass er das nicht hören und nicht sehen wollte. Wenigstens schreien wollte er – doch auch das konnte er nicht.

Als Snape den Fluch aufhob, konnte Remus nicht aufatmen. Nicht, als er sah, wie Sirius weiter in sich zusammen sackte und hörte, wie seine immer laute, immer impulsive Stimme zu nichts als einem Wimmern verkam. Er wollte schreien, fluchen und Snape die zu lange Nase brechen und Malfoy ignorieren, der ihm in den Rücken hexen würde. Stattdessen weinte er hilflos.

„Denkst du, das funktioniert?“, ertönte Malfoys Stimme in seinem Rücken. „Lupus hier hat den Cruciatus verkraftet – und Black ist der Dickschädel in diesem Duo.“

Snape lächelte finster und entblößte eine Reihe gelber Zähne. Dass er noch vor einem halben Jahr ein Schüler in Hogwarts gewesen war, sah man ihm nicht mehr an. Er wirkte älter – zu alt für einen Achtzehnjährigen. „Das kommt darauf an, wie viel Zeit wir haben.“

„Und wie viel Langeweile“, fügte Wilkes ungefragt hinzu. „Ich sage euch, wir hätten Bella mitnehmen sollen.“

Der Einwurf irritierte Remus. Es gab nicht viele Bellas – er selbst kannte nur eine. Eine, von der er nicht wusste, dass sie eine Todesserin war, aber der er es ohne mit der Wimper zu zucken zutrauen würde. Nach dem, was Sirius über diese Bella erzählt hatte, konnte er nur hoffen, dass Wilkes eine andere meinte. Doch er glaubte nicht daran – und das verunsicherte ihn. Was konnte diese Todesser mehr unterhalten, als ein gut gezielter Cruciatus?

Er hatte das untrügliche Gefühl, dass er es erfahren sollte. Malfoy jedenfalls lachte hinter ihm, so, als gefiele ihm die Idee – oder als sei die ganze Szene nur ein gut eingeübtes Stück und Remus der einzige schlechte Schauspieler.

„Sie ist in der Tat eine ausgesprochen kreative Hexe“, hörte er Malfoy glucksen. „Es ist eine Schande, dass sie uns nicht begleiten konnte. Aber ich denke, dass sie mit Severus einen sehr lernfähigen Schüler hatte, nicht wahr? Warum zeigst du uns nicht ein wenig von dem, was du erlernt hast, Severus?“

Die Miene des Angesprochenen verzog sich zu einer finsteren Maske – eine Geste, die Remus ahnen ließ, warum Snape so schnell auf eine so unansehnliche Art gealtert war. Für einen Moment wirkte er, als wolle er widersprechen, doch dann fiel sein Blick auf Sirius und der alte Hass war wieder da. Warum eigentlich nicht?, schien Snape zu denken, als er angewidert den Kopf schüttelte.

„Dafür brauche ich keine Lehrstunden.“

Ein magischer Ruck zog Sirius nach oben, mit den Füßen voran, in die Luft. Sirius schrie auf, doch das kümmerte keinen der Todesser, genauso wenig, wie seine Versuche, nach dem nächsten Umhang zu greifen. Remus konnte nichts tun, außer seinem Freund dabei zuzusehen, wie er hilflos in der Luft zappelte.

„Was denn, Black? Gefällt dir der Zauber nicht?“, fragte Snape bissig. „Du hast ihn doch selbst oft genug verwendet!“

„Fick dich, Snivellus.“

Snape lachte und es war kein freundliches Lachen. „Hast du also dein loses Mundwerk wieder gefunden. Aber ich fürchte, du verkennst deine Lage, Black. Dieses Mal bist du auf der Seite des Zauberstabs, auf die du gehörst.“

Remus wünschte sich, dass Sirius den Mund halten würde – denn Snape hatte recht. In diesem Moment war Sirius ihm ausgeliefert. Dummerweise hatte Sirius ein Händchen dafür, sich in Schwierigkeiten zu bringen und Grenzen zu überschreiten. Die Schwierigkeiten, in denen sie sich befanden, waren bereits zu groß, als dass er ihren ehemaligen Mitschüler weiter reizen sollte. Aber es war Sirius, der ohnehin nicht auf ihn hörte, wenn Remus ihn warnte – und der war verhindert. Sein Kiefer war genauso gelähmt, wie der Rest seines Körpers.

Sirius tat ihm den Gefallen nicht.

„In deinen fettigen Träumen, Hakennase“, knurrte er, statt die Klappe zu halten und tat damit genau das, was Snape wollte.

„Deine Mutter scheint dir genauso wenig Manieren beigebracht zu haben, wie dein kleiner Freund. Wasch dir den Mund, Black. Ratzeputz!

Augenblicklich begann Sirius erst zu husten und dann zu würgen. Die Beleidigungen, die er dabei ausspie, verließen seinen Mund undeutlich und blubbernd. Remus konnte Sirius‘ Gesicht nicht sehen, doch die Seifenlauge, die seinen Kopf hinunter tropfte, sah er sehr wohl. Die Todesser außerhalb seines Blickfeldes sahen es auch und lachten.
 

Snape lachte nicht – aber Snape sah auch nicht so aus, als wäre er bereits fertig. Bis jetzt war er alten Schemata gefolgt – Abläufen, die er genauso gut kannte, wie Sirius und Remus es taten, und damit Abläufe, zu denen er bewusst griff, um sie zu verhöhnen. Ihnen die Medizin zu verabreichen, die sie ihm selbst jahrelang eingeimpft hatten. Remus hatte geahnt, dass er den Spieß irgendwann umdrehen würde, schon vor Jahren. Er wusste, dass er damals hätte einschreiten müssen. Auch wenn das bedeutet hätte, sich zwischen seine Freunde und einen Jungen zu stellen, der nicht mehr für ihn übrig hatte, als Beleidigungen unter der Gürtellinie. Doch Remus war nicht eingeschritten. Jetzt schluckte er, doch der bittere Geschmack in seinem Mund wich nicht und auch die Gewissheit blieb, dass Snape die ausgetretenen Pfade verlassen und weiter gehen würde, als es die Herumtreiber getan hatten.

Den Umschwung kündigte er mit einem Kopfschütteln an. „Seht ihn euch an. Lupin, du hättest ihn erziehen sollen, als du die Zeit dafür hattest. Jetzt liegt diese Aufgabe bei mir und ich bin nicht so nachsichtig, wie du. Diffindo!

Wie unter dem Angriff einer unsichtbaren Schere riss Sirius‘ Umhang und fiel ihm in Fetzen vom Körper. Ein zweiter Streich mit dem Zauberstab schickte den Pullover hinterher und entblößte seinen nackten Rücken. Remus konnte nicht einmal ahnen, was Snape plante. Sirius‘ geblubbertes „Der war neu, Schleimscheißer!“ schien den Todesser nur in seinem Tun zu bestärken. Unbewusst kniff Remus die Augen zusammen, ohne überhaupt zu realisieren, dass er es konnte.

Als Sirius schrie, riss Remus sie wieder auf. Er roch Blut und dann sah er den Schnitt, der auf Sirius‘ linkem Schulterblatt klaffte. Drei Zoll in der Länge zog er sich schräg über die Haut. Auch ohne ihn aus der Nähe sehen zu können, wusste Remus, dass er nicht tief genug war, um bedrohlich zu sein. Es beruhigte ihn kein Stück.

Snape jedoch schien nicht zufrieden.

„Wilkes!“, blaffte er, ohne seine Augen von dem sich windenden Sirius zu nehmen. „Steh nicht rum wie ein gaffender Erstklässler. Stell diesen Jammerlappen ruhig!“

„Jammerlappen? Wer ist denn hier der Jammerlappen?“, höhnte Sirius. Er schien immer noch Seife im Mund zu haben, doch das hielt ihn nicht mehr davon ab, in den alten Tonfall zurück zu fallen, der die früheren Begegnungen mit Severus Snape geprägt hatte.
 

Als Antwort ließ Snape seinen Zauberstab durch die Luft sausen. Sirius schrie auf, als seine Haut in einem zweiten Schnitt aufriss. Remus biss die Zähne aufeinander, als ihm der Geruch des Blutes in die Nase stieg, das gleich darauf hervorquoll – doch er schluckte den Wolf. Es war einfacher, als bei ihrer ersten Begegnung, der Vollmond lag länger zurück. Außerdem half es, sich auf das Muster der beiden Schnitte zu konzentrieren, die an ihren oberen Ende spitz zusammenliefen, sich schließlich berührten, ohne sich zu kreuzen. Den Zufall als Formgeber schloss Remus aus. In Snapes Vokabular kam das Wort ‚Zufall‘ nicht vor.

„Wilkes!“, blaffte Snape indes erneut. Eilige Schritte ertönten, als der Todesser in Bewegung kam. Seine drahtige Gestalt erschien in Remus‘ Blickfeld, als er an ihm vorbei eilte. Neben dem in der Luft hängenden Sirius blieb er stehen und richtete den Zauberstab auf diesen. Remus verstand die Beschwörung, die folgte, nicht, aber einen Moment später erlahmten Sirius‘ Arme. Sein Oberkörper wurde still. Nur sein Kopf bewegte sich noch, als er zu lachen begann.

„Snape, du bist ein Feigling. Nicht einmal das kriegst–!“

Das nächste Wort ging in einem Schrei unter. Ein dritter Schnitt zog sich blutig über seinen Rücken, senkrecht und links von den ersten beiden, die er nicht berührte. Sirius schrie nicht noch einmal, als drei weitere folgten. Stattdessen schimpfte er, sein blutender Rücken hielt ihn nicht auf. Die Worte, die er ausspie, klangen gepresst aber nichtsdestotrotz spöttisch. „Nicht einmal das kriegst du allein hin, du Niete.“

Remus jedoch riss die Augen auf. Er verstand – verstand, was Sirius nicht, noch nicht, begreifen konnte. Er erkannte das Muster und wusste, dass es Buchstaben waren. Snape schrieb sie auf dem Kopf, sodass man sie würde lesen können, wenn Sirius stand, doch Remus erkannte sie trotzdem deutlich. Ein V und ein E. Dann schnitt Snape unter Sirius halb gelachtem Schrei ein R.
 

Sirius keuchte beim nächsten Schnitt, doch er knickte nicht ein. Remus kannte dieses Verhalten. Es hatte viel mit der Art seines Freundes zu tun, wie er Entscheidungen fasste. Mittlerweile hatte sich sein Entschluss festgebissen und schüttelte sein Opfer gut durch, ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein. Die Erkenntnis ließ Remus die Augen zusammenkneifen. Wenn Sirius nur den Mund halten würde... Doch er tat es nicht.

„Glaubst du wirklich, dass du mich damit beeindrucken kannst?“

„Ja.“

Remus warf seine ganze Willenskraft gegen den Zauber, der ihn hielt, als der nächste Schrei sein Gehör erbeben ließ, doch er brach nicht. Beim Übernächsten riss er die Augen wieder auf, um das S und das A zu sehen – doch Sirius verstand nicht. Wenn er doch nur-

„Hör auf!“

Sein Kiefer barst schier vor Schmerz, als er die Worte formte. Es war egal, genauso, wie das Lachen von Malfoy und Wilkes egal war und die skeptisch hochgezogene Braue von Snape. Malfoys Zauberstab presste sich zwischen seine Schulterblätter, doch auch das kümmerte ihn nicht.

„Warum sollte ich? Hat er je aufgehört, Lupin? Hat er das? Ich kann mich nicht daran erinnern.“

„Es gibt dir trotzdem nicht das Recht-“ ein G, begleitet von einem Schrei, der seine Worte übertönte. „Hör auf!“

„Schnauze, Moony“, antwortete Sirius statt seines Folterers. „Der kriegt mich nicht klein. Nicht mit ein paar jämmerlichen Schnitten.“

„Hörst du ihn? Er ist der selbstgerechte Idiot, der er schon immer war“, erwiderte Snape trocken. In einer schwungvollen Geste beugte er sich zu seinem Opfer hinunter und neigte sich so, dass Sirius ihn sehen konnte. „Aber das wird dir vergehen, Black. Du solltest auf deinen Freund hören. Er war schon immer der Intelligenteste von euch Dummköpfen, auch wenn das nicht viel heißt. Aber du – du bist hier der Versager. Und ich werde dafür sorgen, dass es jeder sehen kann. Für immer.“

„Fick dich.“

„Hör auf! Snape! Bitte-“

Doch Snape hörte nicht auf. Mit zufriedener Miene richtete er sich auf und schnitt die letzten beiden Buchstaben. Remus schloss die Augen. Die Schreie allein waren mehr, als er verkraften konnte. Die Hilflosigkeit überwältigte ihn, genauso wie das Lachen um ihn herum. Sirius mochte nicht verstehen, was Snape da tat – doch er verstand es, viel zu gut. Er spürte seine Wangen brennen, genauso wie seine Muskeln, die den Kampf gegen den Erstarrungszauber nicht gewannen.

„Nette Arbeit, Severus“, lobte Malfoy über Remus‘ Scham, über seine Angst und seinen Hass hinweg. „Aber ich glaube nicht, dass sie uns unserem Ziel näher bringt.“

„Wir könnten es ihm auf die Stirn schreiben. Vielleicht kapiert Black es dann. Wenn wir ihm einen Spiegel bringen.“

„Dazu müsste er lesen können, Wilkes.“

Snapes Stimme war so selbstgefällig, wie seine Miene, als Remus die Augen wieder öffnete. „Aber es wäre natürlich einen Versuch wert.“

In dem Moment schien auch Sirius endlich zu begreifen. „Was- Remus?“

Er klang alarmiert, doch Remus wusste nicht, wie er ihm helfen sollte. Ihm war klar, wie er das beenden konnte, vielleicht, aber eine Hilfe würde es nicht sein. Sie wollten das Amulett – Malfoy wollte es. Wenn er es ihm gab, würde er dieses Schmierentheater vielleicht beenden. Doch was war mit Snape? Und mit Wilkes, aber was war mit Snape? Der würde weiter machen. Er hörte es in seiner Stimme. Er sah es in seinen Augen. Vielleicht hatte ihm das diese Bella beigebracht, vielleicht war es der Hass, der ihn trieb. Nein, Snape würde nicht aufhören.

Aber er musste aufhören. Wenn er ihn nur dazu bewegen konnte...

Verzweifelt suchte er den Blick des Anderen.

„Severus“, krächzte er. „Ich weiß, es war nicht richtig, was … geschehen ist. Aber macht es das hier besser? Hör auf. Bitte. Hör auf.“

„Ja, Severus. Hör doch auf“, ertönte eine fröhliche Stimme. Sie hallte im Raum wieder, schlug um sie und ergriff von der Atmosphäre Besitz, als gehöre sie ihr. Remus konnte die Frau, die sprach, nicht sehen, doch ihre Stimme ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.

Severus selbstgefälliges Grinsen erstarrte auf seinem Gesicht zu einer grotesken Maske. Gleichzeitig verlor sich der Druck des Zauberstabs in seinem Rücken.

Ausladende Schritte auf hohen Absätzen hallten von den Wänden des Raumes wieder, als die Frau näher trat. Er sah sie zuerst nur im Augenwinkel. sie wehte in einem Wind, den sie kontrollierte und mit ihr flatterte ihr Kleid ebenso wie ihr langes Haar. Lohe. Für einen Moment war sie Lohe – wie Lohe – doch als sie näher trat, manifestierte sich ihre Gestalt. Ihr Haar wurde heller, weiß wie ihre Haut und ihm wurde bewusst, dass es nicht Lohe sein konnte – denn es war Khione. Die Göttin des Schnees.
 

Expelliarmus!

Der Zauber donnerte aus zwei Kehlen. Snapes Zauberstab segelte in hohem Bogen davon, als Wilkes seinen eigenen auf den schmächtigen Todesser richtete. Hinter sich hörte er Malfoy fluchen.

„Auroren haben einen Ersatzzauberstab im Stiefel, ihr Idioten!“, brüllte Fenwick. „Finite Incantatem!

Sirius schlug dumpf auf den eisweißen Bodenplatten auf. Im gleichen Moment bemerkte Remus, dass er sich wieder bewegen konnte. Ohne darüber nachzudenken stürzte er vor, überbrückte die wenigen Yards Distanz. Seine Geschwindigkeit reichte, um Snape von den Füßen zu reißen. Sie knallten auf den Flur. Noch halb im Sturz registrierte Remus die vier Zauberstäbe in Snapes Gürtel – und Snape registrierte sie auch. Er griff danach, doch Remus bekam sein Handgelenk zu fassen und riss es hoch. Klappernd verstreuten sich die Stäbe über den Boden. Ohne zu zögern sprang er ihnen hinter her.

Fest schlossen sich seine Finger um seinen Stab. Nachdem er mit Malfoys Zauberstab gehext hatte, fühlte es sich unglaublich richtig an, das vertraute Holz unter seinen Fingern zu spüren. In seinem Augenwinkel sah er, wie Snape ebenfalls nach einem der Stäbe griff. Er wartete nicht darauf, dass der Todesser Zeit dazu hatte, sich so weit aufzurichten, dass er hexen konnte – er riss den Zauberstab hoch. Die Beschwörung ging ihm leicht von der Hand, mit dem gewohnten Gewicht und dem warmen, angenehm abgenutzten Griff.

Stupor!

Snape war schneller als erwartet. Ihre Zauber trafen sich zwischen ihnen, doch mit einem fremden Stab gesprochen hatte Snapes Fluch keine Chance. Remus‘ Stupor warf ihn nach hinten. Noch während sein Gegner fiel, erinnerte er sich an die anderen Todesser und wirbelte herum. Malfoys reglos am Boden liegende Gestalt, die ihm seine Glatze zuwandte, sah er als erstes. Dann fiel sein Blick auf Wilkes, der seinen Zauberstab auf Malfoy gerichtet hatte. Irgendetwas war daran seltsam – und das lag nicht nur daran, dass er sich nicht regte.
 

Fenwick bewegte sich auch nicht. Den Zauberstab noch immer auf einen Gegner gerichtet, der längst nicht mehr stand, starrte er ins Leere wie eine Statue – wie Søren. Remus verstand zu spät. Kälte legte sich auf seine Arme und auf sein Gesicht, kroch unter seine Kleidung und unter seine Haut. Erschrocken gelang es ihm noch, den Zauberstab um wenige Zoll zu heben, dann erstarrte er ganz. Er spürte seine Finger, seine Füße, seinen Körper, doch er konnte sich nicht rühren. Nicht einmal die Augen gehorchten ihm. Es war keine Ganzkörperklammer und es war auch kein Erstarrungszauber. Dafür war ihm zu kalt.

Lohes Gesicht erschien vor ihm, ohne wirklich das von Lohe zu sein. Das Haar der Frau war heller, weiß, und ihr zeitloses Gesicht genauso blass wie Schnee. Ihre Lippen funkelten blau, als sie ihn anlächelte.

„Es freut mich auch, dich kennen zu lernen, Remus Lupin. Danke für das Schauspiel, aber ich verliere die Lust.“

Behutsam strich sie über seine Wange. Ihre Berührung war kalt.

„Lass ihn gehen!“, ertönte Sirius Stimme von irgendwo. Er konnte ihn nicht sehen, doch es tat gut, ihn zu hören. Ihn hatte sie nicht erwischt – noch nicht. Noch bestand–

Stupor!“, gellte Malfoys Stimme durch den Saal.

Ein dumpfer Aufschlag kündete davon, dass der Mistkerl traf, Sirius‘ Schweigen davon, dass der Zauber effektiv gewesen war.

Khione schüttelte bedauernd den Kopf.

„Lucius mein Bester, du bist immer so rabiat.“

„Er nervt mich“, gab Lucius finster zurück. Seine Schritte hallten durch den Saal. Für einen Moment verstummte er, vermutlich, um sich um Snape zu kümmern, den Remus kurz darauf stöhnen hörte. Dann erklangen Malfoys Schritte erneut. In Remus‘ Augenwinkel blieb er stehen und verschränkte die Arme vor der Brust, während er ihn musterte. Was auch immer Fenwick und Wilkes mit ihm angestellt hatten, es musste weh getan haben. Remus sah das Blut, das sein Kinn hinunter lief, auch wenn er es kaum roch.

„Was ist mit dem Artefakt?“, fragte Malfoy schließlich. „Ich dachte–“

„Du kannst viel denken, Lucius“, gab Khione zurück, ohne sich von Remus‘ Gesicht abzuwenden. Sie lächelte dünn, so, als hätte sie etwas verstanden, was Malfoy verborgen blieb. Beinahe wirkte sie auf Remus, als würde sie nicht zu Malfoy sprechen, sondern zu ihm. „Aber ich denke, dass das Artefakt so sicherer ist. Niemand wird es ihm abnehmen können und er selbst kann es nicht tun. Er wird mich schützen, ohne es zu wollen.“

Malfoys Stimme klang nicht sehr begeistert, als er antwortete. „Ich verstehe.“

„Natürlich verstehst du. Ich kann das Artefakt des Notos‘ nicht nutzen, so wie ich das Artefakt meines Vaters nutzen kann. Es nützt nur meinen Feinden – und jenen, die darüber nachdenken, es zu werden.“

„Ich denke nicht, dass jemand–“ Malfoy machte einen Schritt zurück und trat aus seinem Blickfeld. Er verstummte jäh.

Khione aber lächelte Remus an und strich ihm erneut über die Wange.

„Es ist mir egal, was du denkst, Lucius“, flüsterte sie. Mit einem Seufzen wandte sie sich ab. Ihr weißer Mantel peitschte ihr um die Beine, als sie davon schritt. „Severus, bring diesen Black in meinen Saal. Er hat ein hübsches Gesicht.“



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