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Das Gesicht im Wind

Wichtelgeschichte für Glimmer
von

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23. Dezember 1978, 11 Uhr, Regierungsbezirk Finnmark

Der erste Atemzug tat weh. Der zweite Atemzug war keinen Deut besser. Kalte Luft brannte in seinen Lungen, von denen er nicht glaubte, dass er sie genügend füllen konnte. Und dennoch sog er die Luft ein drittes Mal ein und stieß sie keuchend wieder aus. Dann atmete er – schnell, unkontrolliert und zu flach, aber Remus atmete. Er konnte nichts sehen, er spürte nur Hitze und seine brennenden Lungen, aber er atmete. Er klammerte sich mit aller Macht an diese Erkenntnis und sie half ihm zur Ruhe. Er atmete. Seine Lungen glühten noch immer, aber er hatte das Gefühl tatsächlich Luft zu bekommen. Blinzelnd öffnete er die Augen. Gerade noch konnte er ein kleines Oval weit über ihm ausmachen, in dem die Sterne funkelten, dann schluckte der Schneesturm auch diesen kleinen Riss. Schnee brandete über ihn. Feine, eiskalte Kristalle, die in seine Haut stachen.

Er atmete, das wusste Remus, doch noch eine Sache wurde ihm klar: er musste etwas tun. Er wusste nicht was, aber er konnte nicht liegen bleiben und einfach nur atmen. Sich auf den Bauch zu rollen war unglaublich schwer. Jede Faser in seinem Körper schmerzte und das Stechen in seiner Schulter war die Hölle. Er brauchte seinen Zauberstab, doch er fand ihn nicht. Neue Angst wallte in ihm auf.

Ja, er lebte, aber er war schutzlos. Irgendwo hier waren Zauberer. Todesser, wahrscheinlich. Und er roch Blut.

Blut.

Er roch. Remus hasste es, das zu tun, aber er gab dem inneren Werwolf nach. Vermutlich hätte er noch dümmere Sachen getan, um sich selbst zu schützen, doch das war definitiv dumm genug. Langsam schloss er die Augen und roch. Blut hing überall in der Luft, der Wind trug den Geruch überall hin, Menschen, Schnee, Gras, Bäume – und Holz. Bearbeitetes, geöltes Holz. Ohne einen nahen Vollmond war es unglaublich schwer etwas anderes zu orten als das Blut. Blind drehte er sich um und tastete sich vorwärts. Zwei Mal griff er nach irgendwelchen Zweigen mit ähnlicher Dicke und merkte den Fehler erst, als er daran zog. Dann schlossen sich seine Hände um glattes Holz und er wusste, dass es sein Stab war.

Den inneren Wolf zu verdrängen, sich darauf zu besinnen wer er war und welche Mondphase gerade herrschte, war trotz des abnehmenden Mondes schwierig. Der Schutzzauber, dieses Mal genauso fragil wie subtil, ging ihm nicht so leicht von den Lippen, wie er es hätte tun sollen. Knisternd schloss sich die Kuppel über ihm. Ein oder zwei Zauber würde sie aushalten, doch den Wind milderte sie nicht.

Auf den Boden gekauert blickte er sich um, doch er konnte niemanden entdecken. Er hörte jemanden schreien, etwas rufen, doch die Worte waren zu weit entfernt, wurden zu sehr verzerrt, um sie zu verstehen. Nur seine Nase – die sah wunderbar. Ihm gefiel die Idee nicht, und doch ließ er die Zügel wieder lockerer, verlor ein wenig die Kontrolle, an die er sich so sehr klammerte, um nicht so zu werden wie Fenrir Greyback. Er musste sich selbst – und seine Freunde – retten. Keine Zeit für Gewissenskonflikte.
 

Der einzige Geruch, an dem er sich in diesem Chaos orientieren konnte, war der des Blutes. Er übertünchte den Rest und der Vollmond war bereits zu weit entfernt, um seine Sinne weiter zu schärfen. Auf allen Vieren – das hieß, auf allen Dreien, denn seine linke Schulter ließ sich nicht mehr belasten – robbte er durch den Schnee. Es war einfacher so. Er bot so weniger Angriffsfläche. War schwerer zu sehen.

Der Blutgeruch indes wurde stärker. Flüche ertönten, Schreie gellten darüber hinweg und sein Gehör schaffte es, Sirius‘ Stimme herauszufiltern. Er hörte Fenwick ebenfalls. Luft knisterte, als ein Schild sich materialisierte. Die Veränderung in der Luftströmung, die der Zauber bewirkte, war minimal, doch er war nah genug, um sie wahrzunehmen. Kurz schloss er die Augen und witterte. Sirius und Fenwick roch er weiter weg, das Blut dichter in seiner Nähe und er wusste, auf wessen Seite des Schutzschildes er sich befand. Vorsichtig kroch er weiter.

Funken stoben laut, erleuchteten die Dunkelheit und ließen ihn aufschrecken, doch sein Schild hielt dem Irrläufer, der gegen ihn prallte, stand. Dennoch spürte Remus die feinen Schäden in seinem Zauberwerk. Er würde den Zauber erneuern müssen-

„Da ist jemand“, waberte eine Stimme durch den Schnee.

„Dann sieh nach, du Idiot!“, antwortete eine andere. „Sectumsempra!

Der Fluch ging nicht in seine Richtung. Remus kannte die Stimmen, hatte aber keine Zeit sie zuzuordnen. Er musste sich beeilen. Ohne zu zögern ließ er den Schutzschild fallen – der würde ihm nicht mehr helfen und ihn am Ende nur verraten. Sein Gegenzauber gegen die Aufspürzauber, den er statt eines neuen Schildes sprach, war dürftig, aber mehr bekam er nicht zustande.

Er hatte Glück. Kein Zauber flog gezielt in seine Richtung. Da war ein weiterer Blindgänger, aber der segelte weit über ihn hinweg und verschwand bald im Schneetreiben. Der Blutgeruch kam indes näher. Er war beinahe überwältigend. Remus wusste, dass er aufhören musste, zu wittern. Doch es war schwer, unglaublich schwer.

Und in dem Schneegestöber sah er nicht weit genug, auch wenn das Licht der Flüche sich wirr in den Flocken reflektierte. Viel zu spät für seinen Geschmack erkannte er sie doch, die Gestalt eines Mannes, dunkel gegen den Schnee. Augenblicklich war ihm eines klar – der Mann sah ihn auch. Remus tat das Naheliegende. Das, was ihm nicht sein Verstand befahl, sondern sein Adrenalin. Er spannte die Muskeln seiner Beine an und katapultierte sich hoch. Es war die dümmste Idee, die er hatte haben können, das sagte ihm seine Schulter deutlich noch während er sprang. Sein Gewicht kollidierte mit dem Körper des Mannes. Schmerz explodierte in seinem Arm. Der andere verlor das Gleichgewicht. Sie kippten und überschlugen sich in einem Knäul aus Gliedmaßen.

Das Glück verließ Remus in genau diesem Moment. Er hatte den Mann überraschen können, aber er kam schließlich mit dem Rücken auf. Der Schmerz in seiner Schulter war mörderisch. Immer noch roch er Blut, doch der Schmerz erinnerte ihn daran, dass er kein Wolf war. Kein Wolf sein wollte. Blinzelnd öffnete Remus die Augen und schaute in das Gesicht eines Todessers. Wilkes.

„Sieh an. Lupin“, raunte er. „Ich dachte, der Anemoi hätte dich erledigt. Aber wenn er meint, er schafft das nicht-“

Wilkes zuckte mit den Achseln und ließ seine Schlussfolgerung unausgesprochen. Das siegessichere Grinsen, das über sein Gesicht spielte, während er Remus musterte, war Erklärung genug. Langsam hob er die Hand. „Oh, und übrigens – das nehme ich.“

Der Todesser griff nach seiner Kette. Es war die falsche Bewegung. Zu klar erinnerte sich Remus an die Hand um seinen Hals. Zu klar erinnerte er sich daran zu ersticken. Seinen Zauberstab hatte er fallen gelassen, doch er brauchte ihn nicht. Ruckartig streckte er die rechte Hand empor und umfasste Wilkes‘ Arm, bevor dieser ihn berühren konnte. Dann trat er mit dem Knie zu. Das war nicht die feine Zaubererart – aber sie war effektiv. Wilkes schrie auf und verdrehte die Augen. Der Schmerz lenkte ihn lange genug von Remus ab, damit dieser ihn von sich stoßen konnte. Blind tastete er nach seinem Zauberstab, bis sich seine Finger um das gewohnte Holz schlossen. Mühsam rollte er sich auf die Knie und drückte sich in eine stehende Position. Zitternd hob er den Zauberstab. Nur wenige Meter von ihm entfernt gewann Wilkes den Kampf gegen den Schmerz und stemmte sich ebenfalls hoch – doch Remus war bereit. „Stupor“, knurrte er leise.

Der rote Lichtblitz traf. Die massige Gestalt sackte in sich zusammen. Der Geruch von Blut lag Remus immer noch in der Nase, doch nun war es sein eigenes. Er wusste nicht, wo er blutete und er hatte keine Zeit, es herauszufinden. Denn er roch Wilkes nicht mehr so stark, wie er ihn hätte riechen sollen. Dieses Mal wusste er, was das bedeutete.

Flach ließ er sich auf den Boden fallen. Seine Schulter protestierte, doch für diesen Moment war sie nicht wichtig. Die Böen sausten über ihn hinweg, rissen an seinen Kleidern und seinen Haaren, doch er blieb auf dem Boden gekauert liegen.

Dann war das Auge über ihm. Als er den Kopf zur Seite drehte, konnte er es sehen. Das Flackern in der Luft, das sich zu einer Gestalt verdichtete.

Remus wartete nicht darauf, dass der Geist – der Anemoi, wie Wilkes ihn genannt hatte – nach ihm griff. Er wartete nicht einmal, bis er das kantige Gesicht unter den gleißenden Haaren sehen konnte. Fest umklammerte er seinen Zauberstab und hob den Arm. Die Bewegungen fielen ihm aus der liegenden Position heraus schwer, genauso wie die Suche nach einer geeigneten Erinnerung. Sein erster Schultag, nein, sein N.E.W.T.-Zeugnis, nein, Sirius. Er konzentrierte seine Gedanken auf Sirius. Auf den Hundeblick, auf das ansteckende Lachen, auf Sirius.

Expecto Patronum!

Silberner Nebel schoss formlos aus der Spitze des Zauberstabs und umhüllte sie beide. Sein Herz schlug höher, als die Hoffnung des Zaubers ihn durchflutete.

Im Licht des Patronus verzerrten sich die Züge seines Gegners. Das Wesen berührte Remus Zauber und zuckte zurück, doch der silbrige Nebel war nicht stark genug. Remus wusste, es würde nicht reichen. Die Bewegungen waren nicht gut genug. Er biss die Zähne aufeinander, drückte sich auf alle Viere, dann in eine kniende Position und drehte sich um. Wind wirbelte durch den Raum, den der Sturm schuf und mit ihm wehten die Energien seines Zaubers davon. Den kleinen, leuchtenden Partikeln, die ihn etwas kälter, etwas hoffnungsloser zurückließen, sah er nicht nach. Sie kümmerten ihn nicht. Er dachte an Sirius – und an James, Peter und Lily. Und er wusste, dass er hier nicht sterben wollte, nicht sterben durfte, und nicht sterben würde.

Expecto Patronum!
 

Der Zauber war möglicherweise das Nächste zu einem gestaltlichen Patronus, was er je erschaffen würde. Silberner Nebel stob aus dem Zauberstab, entwickelte Beine, formte einen schwammigen Rumpf, einen Kopf, einen Schwanz. Die Gestalt blieb vage, doch sie krachte in den Anemoi. Der Wind um ihn erstarb mit einem Heulen. Das Leuchten des Zaubers und die Figur verschwammen im Schnee, bis nur noch Anomalien in der Bewegung des silbrig glänzenden Schnees übrig blieben. Unwillkürlich atmete Remus auf.
 

Hinter ihm knirschten Schritte im Schnee. Augenblicklich zuckte er zusammen. Bevor er sich herumdrehen konnte, drückte sich eine Spitze in seinen Nacken. Ein Zauberstab. Es musste ein Zauberstab sein.

„Reife Leistung, Lupin“, säuselte ein Mann hinter ihm. Es klang ausgesprochen nasal, so, als sei seine Nase gebrochen, doch er erkannte Lucius Malfoys Stimme. „Aber nicht reif genug. Wirf deinen Zauberstab fort, Abschaum.“

Remus‘ Nacken kribbelte von der Magie, die von dem Stab ausging. Er kannte Malfoy. Vielleicht nur flüchtig, aber gut genug um zu wissen, dass sein Zauber nicht schnell genug sein würde, um den Todesser zu überrumpeln. Seine Finger gehorchten dem Befehl wie von selbst. Kraftlos glitt sein Stab aus seiner Hand und versank halb im Schnee.

Malfoy schnalzte mit der Zunge. Ohne den Druck zu verringern fuhr die Spitze des Zauberstab tiefer, zog Remus Kette mit, bis sie ihn würgte. Er biss die Zähne zusammen. Erwürgen konnte Malfoy ihn so nicht, das wusste Remus – und er klammerte sich an dieses Wissen. Panik würde ihm dieses Mal nicht helfen. Sie würde ihn nur noch schneller umbringen.

Die Spitze des Stabes glitt über die Kettenglieder hinweg und tiefer. Mit einer scharfen Bewegung rutschte die Kette zurück in ihre ursprüngliche Position. Der Anhänger schlug hart und warm gegen seine Brust. Zwischen seinen Schulterblättern kam der Stab zur Ruhe.

„Brav so. Und nun...“, raunte Malfoy hinter ihm. Seine Stimme ließ Remus die Nackenhaare zu Berge stehen. Mit einem Schlag wusste er, was kommen würde. Wie gelähmt riss er noch die Augen auf, als Malfoy den Zauberstab hob. „Avada Ked-
 

Calvorio!

Malfoy stockte in der Intonation. Sein Zauberstab bebte gegen Remus‘ Rücken. Zwischen die Schneeflocken mischten sich blonde Haare, als sie Malfoy eins nach dem anderen ausfielen, und stoben in alle Richtungen davon. Die Spitze des Zauberstabs berührte Remus‘ gesunde Schulter und zitterte wieder höher. Remus spürte förmlich, wie Malfoy begriff, welcher Fluch ihn getroffen hatte. Genauso spürte Remus Malfoys aufsteigenden Zorn. Ohne Nachzudenken warf er sich zur Seite.

Avada Kedavra!

Der grüne Lichtstrahl explodierte im Schnee neben ihm. Malfoy wartete nicht darauf zu sehen, ob er getroffen hatte. Er wirbelte herum. Sein Stiefel traf Remus in der Seite, rutschte am Umhang ab und fand erst im Schnee neben ihm Halt. Schmerz pulsierte durch seinen Oberkörper, doch Remus war noch nie so froh gewesen, überhaupt noch etwas zu spüren.

Avada Kedavra! Avada Kedavra! Stupor!

Grüne und rote Flüche erhellten das Schneetreiben um sie her, doch Malfoy feuerte weiter. Ein gelber Blitz explodierte nicht weit von ihnen entfernt im Schnee, ein roter folgte ihm keinen Wimpernschlag später. Remus wusste, wer die Zauber sprach. Irgendwie hatten Fenwick und Sirius es geschafft, sich zusammenzureißen. Sie würden Malfoy zu Fall bringen, da war Remus sich sicher. Und vermutlich würden sie ihn dabei gleich mit erledigen. Seine Alternativen waren begrenzt. Sein Zauberstab lag außer Reichweite. Seine Schulter protestierte bei jeder noch so kleinen Bewegung. Die Zähne zusammenbeißend stützte er sich dennoch hoch, streckte den gesunden Arm aus und griff nach oben. Er bekam nur den Umhang zu fassen, aber der genügte. Malfoy bemerkte ihn, hob den Zauberstab, doch es interessierte Remus nicht. Er hatte nicht vor, Malfoy zum Zug kommen zu lassen. Bevor der Todesser ihn verfluchen konnte, ließ er sich wieder fallen und riss Malfoy mit all der Kraft, die ihm blieb, mit sich. Es reichte nicht, um ihn zu Fall zu bringen, aber er lenkte Malfoy ab. Ziel erreicht.

Der Zauber, den Malfoy sprach, raste nicht wie geplant in einen der beiden Angreifer. Der rote Lichtstrahl traf stattdessen Remus ins Gesicht.
 

Das nächste, was Remus wahrnahm, war Wärme auf seiner Stirn. Um ihn herum waberten Stimmen, Worte, doch sie hatten keine Bedeutung für ihn. Er wusste nicht, was geschehen war, nur, dass er noch atmete. Ihm war vage bewusst, dass er erst vor Kurzem gedacht haben musste, dass ihm alles weh tat, doch er musste diesen Gedanken korrigieren. Ihm tat jetzt alles weh und jetzt war definitiv schlimmer als beim letzten Mal. Seine linke Schulter war ein einziger, heißer Schmerz. Sein Brustkorb pulsierte drohend. Kälte stach in seinen Rachen und hinunter bis in seine Lungen. Sein Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment explodieren. Das, was nicht schmerzte, war möglicherweise einfach so taub vor Kälte, dass er es nicht mehr spürte.

„Verschwunden?“, sagte eine Stimme am Rande seiner Wahrnehmung, doch er hatte keine Idee, wer oder was verschwunden sein mochte. Jemand antwortete, doch die Stimme war zu weit entfernt, um ihn zu verstehen. Die Wärme verschwand von seiner Stirn und mit ihr ein leichter Druck, den er erst jetzt wahrnahm, wo er ihn nicht mehr spürte. Erneut erklang die Stimme, doch er verstand nicht, was sie sagte. Hitze kribbelte seine Wange hinauf zur Nase und weiter bis zur Stirn. Er zuckte zusammen, bevor er realisierte, dass die Wärme angenehm war.

„–wacht auf“, verkündete die Stimme über ihm. Sie musste über ihm sein. Die andere antwortete ihm undeutlich. Etwas drückte sich warm und weich gegen seine Wange.

„Hör auf, ihm deine Nase ins Gesicht zu pressen. Am Ende kriegt er noch ‘nen Schock“, verkündete die erste Stimme, die, die über ihm waberte.

„Quatsch“, erwiderte die andere, nah an seinem Ohr. Dieses Mal verstand er sie deutlich. „Die Prinzessin muss wach geküsst werden. Richtig, Remus?“

Er hörte sich selbst stöhnen und sogar das hörte sich dumpf an. Diese Stimme kannte er. Da war er sich sicher. Nur wer-

Die Prinzessin wach küssen …

Sirius. Solche dummen Sprüche kamen nur von Sirius. Und er wollte … Oh nein. Das würde er nicht tun. Das würde er definitiv nicht tun. Was auch immer geschehen war, das würde er nicht tun.

Remus zwang sich dazu, die Augen zu öffnen. Es kostete mehr Kraft, sich daran zu erinnern, wo seine Augen waren und wie man sie öffnete, als er sich hätte vorstellen können, und noch mehr Kraft, die Lider so weit zu heben, dass er etwas sah, aber er zwang sich dazu und stöhnte dabei. Zwischen seinen Lidern hindurch sah er nicht viel. Über ihm tobte eine verschwommene, weiße, graue, schwarze Masse, in der er keine Formen erkennen konnte. Dunkelheit schob sich in sein Blickfeld, dann sah Remus Haut. Es musste Haut sein. Er blinzelte angestrengt. Er erkannte ein Auge, eine Nase, Sirius. Richtig, er wollte die Prinzessin wachküssen.

„Nicht“, knurrte er, hörte seine Stimme aber selbst kaum. Sirius blickte zu ihm.

„Bist du dir sicher?“

„Ja“, gab Remus zurück. Der Versuch, sich aufzusetzen, scheiterte kläglich und endete in einem Ächzen.

Sirius‘ Gesicht entfernte sich zumindest ein wenig, sodass er ihn besser erkennen konnte. Sein Freund blutete über der Stirn und jetzt, wo Remus es sah, roch er es auch. Genauso wie sein eigenes Blut und das weiterer Personen. Was bei Merlins Bart war nur -

Wilkes. Er erinnerte sich an Wilkes‘ Blut. Und mit Wilkes erinnerte sich auch an den Geist – Anemoi – und an Malfoy. Die Sache hatte irgendetwas mit Malfoy zu tun.

„Wach genug, dir selbst einen Gefallen zu tun, Lupin?“, ertönte eine andere Stimme. Er drehte den Kopf schwach zur Seite und Fenwicks Gestalt tauchte in seinem Augenwinkel auf. Der blutete auch, da war er sich sicher, auch wenn Remus es nicht sah. Er roch es und das genügte völlig. Bevor Remus sich weiter in den Gerüchen verlieren konnte, hielt der Auror ihm ein Fläschchen vor die Nase. „Schlucken, nicht spucken.“
 

Der Trank hielt, was Fenwicks dämlicher Spruch versprach – er schmeckte widerlich. Das Fenwick ihn zum Trinken in eine aufrechtere Position hievte, während Sirius sie skeptisch und vielleicht ein wenig beleidigt beobachtete, machte die Situation nicht besser. Immerhin – der Trank half. Es war zwar vermutlich ein Aurorentrank, der nur bedeutete, dass er jetzt einen Energie- und Heilungsschub bekam und dafür später bezahlen würde, doch seinem Körper war das egal. Der Schmerz in seiner Schulter ließ nach, genauso wie der Schmerz in seinem Kopf. Das Gefühl kehrte in seine Gliedmaßen zurück und er hatte tatsächlich den Eindruck, wieder geradeaus sehen zu können. Remus blinzelte und verzog das Gesicht noch ein wenig mehr.

„Was war das?“

„Drachenpisse.“

Der Blick, den er Fenwick zuwarf, war kein freundlicher. Ächzend stemmte Remus sich in eine sitzende Position, in der er auf etwaige Hilfestellungen seiner Begleiter verzichten konnte.

„Glaub mir, du willst es nicht genauer wissen. Cocktail made by Moody. Hilft immer. Aber wissen, was drin ist, willst du besser nicht. Das wollte ja nicht mal ich, nicht. Dass ich mir das hätte aussuchen können, als Moody mit den Dingern anfing.“

Wenn es möglich war, wurde Remus noch ein wenig schlechter. Er vergrub den Kopf in der freien Hand. Die andere folgte seinem Befehl nicht, was vielleicht an dem frischen Verband lag, den er erst jetzt bemerkte. Irgendwer musste ihn verarztet haben, während er bewusstlos gewesen war. Warum auch immer er bewusstlos gewesen war. Er hatte den dummen Verdacht, dass er es so genau nicht wissen wollte. Nur die Erinnerung an lose blonde Haare, die wie Schnee im Wind wehten, kam zurück, die an Wilkes, an den Anemoi. Irgendetwas musste noch geschehen sein. Er fiel nicht einfach so in Ohnmacht. Und seine Begleiter fingen nicht einfach an zu bluten.

„Was ist passiert?“, fragte er schließlich, ohne auf Fenwicks Ausführungen zu bestimmten Heiltränken weiter einzugehen. Schlagartig spürte er die Blicke der anderen auf sich, wie sie von ein wenig besorgt zu deutlich besorgt wechselten.

„Du erinnerst dich schon noch an den Angriff, oder?“, fragte Sirius, so vorsichtig, als fürchte er, dass mit Remus‘ Kopf etwas ganz gewaltig nicht in Ordnung war. Der schnaubte ob des Tonfalls.

„Ich hätte Wilkes beinahe gebissen, hätte er nicht versucht, mich zu erwürgen“, gab er zurück. Dessen war er sich zwar nicht komplett sicher, aber er vertraute seinem Gefühl. Sirius neben ihm atmete auf und hoffte scheinbar darauf, dass Remus es nicht bemerkte. Den Gefallen tat er ihm allerdings nicht.

„Ich glaube, ich habe Malfoy die Nase gebrochen“, warf Fenwick ein. „Nachdem dich dieser Wind erwischt hat, hat er uns mit Zaubern belegt. Wir wollten dir helfen, aber wir kamen aus dieser Scheiß Kuhle nicht raus, bis Malfoys kleiner, dreckiger Handlanger das Feuer eingestellt hat.“

„Das muss ich gewesen sein“, stimmte Remus zu und nickte. Ja, so fügte sich das Bild zusammen.

„Dann sah es schlecht für Malfoy aus. Bis Rosier uns in den Rücken gefallen ist. Ich glaube, einer von unseren Flüchen hat ihn erwischt, aber da war Malfoy längst weg. Hat gedauert, bis wir ihn wiedergefunden haben.“

„Da wollte er dich übrigens gerade kalt machen“, warf Sirius ein. Remus konnte förmlich sehen, wie seine Brust bei den nächsten Worten vor Stolz schwoll. „Nicht, dass ich das zugelassen hätte.“

„Nein“, schnaubte Fenwick trocken, „du verhext Malfoy mit einem Haarausfallzauber. Ehrlich – die Nummer war ja cool, aber ein anderer Zauber hätte es mehr gebracht.“

Irgendetwas stimmte mit Fenwicks Tonfall nicht. Er war nicht so beleidigend, wie Remus erwartet hätte und klang fast so – er klang fast so, als sei Fenwick zufrieden mit dem, was Sirius getan hatte. Der wiederum hob abwehrend die Hände.

„Hey, lass mich. Ich wollte das immer schon mal tun!“

Während Sirius zu lachen begann, versuchte Remus erneut, sich zu erinnern. Der Haarausfallzauber ließ tatsächlich Saiten seiner Erinnerung klingen. Der Rest … nicht. Der Bericht seiner Begleiter fügte sich ins Bild, ja, aber … sein Kopf begann erneut zu pochen. Remus beschloss, das Thema vorerst ruhen zu lassen. Er lebte noch. Sirius lebte noch. Und Fenwick tat es auch. Außerdem spürte er seine Finger wieder, genauso wie seine Beine. Zwar konnte er nicht behaupten, dass er keine Schmerzen mehr hatte, aber der Zaubertrank wirkte. Er war bereit, aufzustehen.
 

Während er noch abwog, ob das wirklich eine gute Idee war, gerade wo Fenwick so aussah, als hätte er seine Lust zum Streiten wiedergefunden, nahm ihm ein Schrei die Entscheidung ab.

Fenwick war aufgesprungen und hatte den Zauberstab gezogen, während Remus sich ebenfalls hochwuchtete und noch ein wenig mit seiner Balance kämpfte. Dass Sirius sich erhob, sah er nicht, aber er spürte einen Moment später Sirius‘ Hand, die seinen Oberarm umfasste und ihn stützte.

„‘ne Viertelstunde Pause ist wohl zu viel verlangt, huh?“, hörte er Fenwick neben sich maulen, bevor dieser anfing, Zauber zu murmeln.

Remus‘ Gleichgewichtssinn beruhigte sich indes. Erst jetzt registrierte er den Schnee, der immer noch fiel. Es wehte kaum ein Wind, aber dennoch konnte er nicht weit sehen. Ein weiterer Schrei gellte durch die weißen Flocken. Seine Ohren waren hier nützlicher, als seine Augen – oder Fenwicks Zauber. Er drehte sich in die Richtung, in der er die Quelle der Schreie vermutete, noch bevor der Auror seine Rezitationen beendet hatte und ebenfalls in diese Richtung zeigte.

„Dort lang?“, fragte Remus dennoch.

Fenwick nickte.
 

Sie kamen nicht schnell voran und stolperten mehr, als dass sie gingen. Der Wind frischte auf, blies ihnen kalten Schnee in die ohnehin schon kalten Gesichter und ließ sie ahnen, was sie erwartete. Seinen Zauberstab fand er in Sirius Umhangtasche, als dieser endlich verstand, dass er nicht gestützt werden wollte.

Licht flammte vor ihnen auf, grell und silbern. Ein Fuchs. Das Wesen rannte einen Bogen, ohne den Boden zu berühren und sprang-

Dann stand der Wind still. Ein weiterer Schrei gellte durch die Luft und schlagartig wusste Remus, wer dort schrie. Er sah sie. Schlank, mit einem wehenden Kleid und lodernden Haaren. Um ihren Hals spannte sich eine Hand, die Remus kannte. Unwillkürlich griff er schon nach seinem eigenen Hals, als er realisierte, was er tat und seine Hand wieder sinken ließ.

Das Mädchen wirkte so real, so greifbar, so menschlich, ihr Schmerz, als der Patronus sie traf, war förmlich greifbar. Einen Augenblick später frischte der Wind wieder auf.

„Das ist sie?“, fragte Sirius neben ihm.

„Das ist sie“, bestätigte Remus nickend.

„Protego!“, fauchte Fenwick.

Ein blauer Lichtstrahl krachte gegen den Schutzzauber und wurde reflektiert. In der nächsten Sekunde hatte Sirius seinen Zauberstab ebenfalls gezogen.

„Fenwick, hast du nicht gesagt, du hättest Rosier erledigt?“

„Ich hab dir gesagt, wir haben keine Zeit, um seine Überreste zu verbrennen. Ich habe nicht gesagt, dass sie nicht möglicherweise noch leben.“

Den nächsten Fluch blockte Remus. Die Kuppel seines Zaubers leuchtete über ihnen, als er den Stupor absorbierte. Das war das Zeichen für Sirius und Fenwick. Während der Auror ihn in Richtung Boden schob, feuerte Sirius den ersten Fluch. Er glitt durch Remus‘ Schild wie ein Messer durch Flubberwurmschleim und verschwand in der Polarnacht. Ein weiterer Zauber kündete davon, dass er nicht getroffen hatte.

Dann zischten mehr Flüche durch die Luft, als Remus zählen wollte.

Rosier – wenn er es tatsächlich war – musste sich die Seele aus dem Leib hexen und Sirius tat das gleiche, während Remus vollauf damit beschäftigt war, den Schild zu halten. Fenwick indes tat nichts, kauerte nur neben ihm im Schnee und starrte in die Nacht.

Das musste Sirius stören, Remus war sich da beinahe sicher. Das Remus ihn nicht unterstützen konnte, war seinem Freund mit Sicherheit klar, aber gerade der Auror sollte doch in der Lage sein ihm Feuerkraft zu geben. Noch dazu, da es nicht so aussah, als würde Sirius treffen.

Ein grüner Fluch riss ein Loch in Remus Schild und ließ die Kuppel bersten. Gerade noch rechtzeitig konnte er den Schutz erneuern. Nochmal würde er das nicht schaffen, da war er sich sicher.

Beinahe flehend schaute er zu Fenwick, doch der starrte in die Nacht. Unter den roten Funken eines abprallenden Stupors wanderte sein Blick weiter zu Sirius. Der hexte so unbarmherzig, wie konzentriert – Stupor, Reducto, Stupor, Confringo, Stupor, Stupor, etwas, von dem Remus nicht wissen wollte, was es war, Reducto...

Dann blickte Sirius kurz, nur für den Bruchteil einer Sekunde, an ihm vorbei zu Fenwick und Remus wurde klar, dass er etwas verpasst hatte. Fenwick schnellte hoch und riss den Zauberstab durch die Luft. Eine dunkle Gestalt, die Remus zuvor nicht hatte sehen können, bewegte sich im Schnee, wurde fortgerissen und flog außer Sicht.

Der Wind erstarb keinen Augenblick später und Fenwick hob den Zauberstab erneut. Aus der Dunkelheit schoss etwas auf sie zu, doch Sirius fing es mühelos, so als wäre er tatsächlich der Jäger, der er in seiner Schulzeit hatte sein wollen, wäre da nicht die Angst vor dem Fliegen gewesen. Mit einer lässigen Bewegung warf er den Gegenstand weiter, den Fenwick genauso geschickt fing. Bei näherem Hinsehen erkannte Remus einen Stab.

„Jep, Rosiers“, sagte Fenwick und ließ den Zauberstab in seinem Umhang verschwinden.

Sirius verzog das Gesicht. „Den Trottel erledigt, bleibt noch ein Problem.“

Er hatte recht. Fenwicks Manöver hatte nicht einfach nur Evan Rosier außer Gefecht gesetzt, sondern auch das Mädchen befreit. Oder es zumindest versucht. Remus konnte sie sehen. Sie schwebte in der Luft, was ihn nicht einmal mehr irritierte, doch die Hand des Anemoi schloss sich um ihren Knöchel. Sie strampelte wie wild, doch gegen den anderen Geist hatte sie keine Chance.

Dann bemerkte er das silberne Licht, den silbernen Fuchs, der sich materialisierte. Søren. Der Zauber raste auf den Anemoi zu, doch der bemerkte den Angriff. Er wirbelte herum und schleuderte von sich, was er in den Händen hatte. Das Mädchen verfehlte den Patronus um Haaresbreite. Remus wartete nicht darauf, ihr beim Aufschlagen zuzusehen.

Expecto Patronum!“, donnerte er und jagte einen zweiten Patronus, der halb Gestalt und halb silbriger Nebel war, gegen den Feind. Dem Fuchs wich der Anemoi aus – dem Wolf nicht. Er hörte Søren schreien, noch während die Gestalt des Geistes mit einem Heulen verschwand.

Für einen Moment konnte er weder Søren noch das Mädchen sehen, dann nahm er eine Bewegung war, dicht bei einem Felsen, der aus dem Schnee ragte wie ein dunkler Schatten. Er wusste – er musste helfen. Vorsichtig machte er einen Schritt nach vorn. Der Anemoi blieb verschwunden, der Wind blieb still. Er ahnte, dass es möglicherweise noch nicht vorbei war, aber er würde Søren dort nicht liegen lassen. Entschieden schritt er weiter voran.

Luftbewegungen schimmerten vor ihm. Bevor er sie sehen konnte, warf sie sich auf ihn. Dafür, dass er sie für einen Geist hielt, war sie erschreckend schwer. Ihr Gewicht riss ihn wie von selbst zu Boden. Er hob den Zauberstab – dann brach die Hölle los. Böen fegten über sie hinweg. Hinter sich erstickte der Wind Fenwicks Schrei. Schnee schlug ihm ins Gesicht. Und obwohl ihr Körper ihn schützte, konnte er nicht mehr tun, als seinen Zauberstab zu umklammern. Er kniff die Augen zu um wenigstens diese zu schützen, während ihre Haare in sein Gesicht peitschten. Das Atmen fiel ihm schwer. Er erinnerte sich an eine Hand auf seinem Hals. Panik stieg in ihm hoch, doch er konnte sich nicht bewegen. Keinen Zoll weit. Eine weitere Böe presste ihn in den Schnee und trieb ihm die Luft aus den Lungen. Er wollte schreien und konnte nicht-

Dann war alles still.
 

Verunsichert nahm er einen tiefen Atemzug. Und dann noch einen. Als er die Augen öffnete, blinzelte er in einen wolkenverhangenen Himmel. Überall war Schnee. Um ihn herum, auf ihm, in seinem Mund. Hustend richtete er sich auf und bemerkte erst dann, dass das Mädchen nicht mehr auf ihm lag. Die Faust gegen die Brust schlagend, hustete er noch einmal und schaute sich danach um. Hinter sich sah er Sirius, den er nur an den Stickereien auf seinem Umhang erkannte, der aus dem Schneeberg ragte, der sein Freund in diesem Moment war. Schnee rieselte von Sirius‘ Schultern, als dieser sich aufrichtete. Auf der anderen Seite hörte er Fenwick husten.

Den beiden ging es gut. Er musste darauf vertrauen, dass es ihnen gut ging. Wenn Remus darauf vertraute, dass es ihnen gut ging, konnte er nach Søren schauen, musste er nach Søren schauen. Schnee rieselte von ihm, als sei er selbst eine Wolke, während er sich mühsam in eine stehende Position hievte. Taumelnd blinzelte er die Sterne fort, die vor Anstrengung vor seinen Augen zu tanzen begannen. Vorsichtig, den Zauberstab noch immer in der Faust, blickte er sich um. Søren konnte er nicht entdecken. Wenn er sich umdrehte, sah er Sirius, der benommen im Schnee saß, und Fenwick, der immer noch hustete, doch Søren blieb außer Sicht, genauso wie Evan Rosier – obwohl er zumindest den ersten hätte sehen müssen, jetzt, wo es nicht mehr schneite. Er sprach einen Lumos und das Licht strahlte weit, doch die beiden Männer blieben verschwunden. Vorsichtig ging er in die Richtung, in der er Søren das letzte Mal gesehen hatte. Unter seinem Zauber glänzte der Felsen, auf den er zuschritt. Dann erkannte er, dass es kein Felsen war, sondern Sørens Golf. Er war nicht mehr, als ein Wrack. Das Dach war eingedellt, die Motorhaube eingedrückt und die Frontscheibe existierte einfach nicht mehr.

Remus trat näher, bis selbst der Schnee im Innern des Wagens sein Zauberlicht reflektierte. Søren sah er nicht und langsam realisierte er, dass er ihn nicht finden würde. Genauso wenig wie Evan Rosier. Er schluckte und blickte zurück zu Sirius. Der hatte sich aufgerappelt. Statt mit Fenwick zu streiten, half er ihm hoch. Remus war klar, dass sie es noch nicht wussten – und dass er es ihnen sagen musste.

Eine Bewegung ließ ihn herum schnellen, doch wieder sah er niemanden. In der Hoffnung, er habe sich geirrt, schritt er trotzdem weiter, vom Wagen weg. Doch Søren war nirgends zu sehen. Die Luft bewegte sich, formte ein Gesicht – ihr Gesicht – und dann ihren Körper, ihr wehendes Haar, ihren schmalen Körper in ihrem flatternden Kleid. Sie lächelte nicht, schüttelte stattdessen nur den Kopf. Ihre Beine verblassten erneut, wehten fort und ihr Körper folgte.

„Warte“, krächzte er und erschrak über seine eigene Stimme. „Warte. Bitte.“

Sie wartete tatsächlich. Ohne, dass ihr Körper dabei wieder sichtbar wurde.

„Du weißt, was das für Wesen sind, richtig?“, fragte er langsam. Die Worte kratzten in seinem Hals. Während er sprach hatte er keinen Zweifel daran, dass sie ihn verstand. „Du hast mich gerettet. Mehrfach. Und ich bin dir wirklich dankbar. Aber – ich brauche deine Hilfe noch einmal.“

Für einen Moment zögerte sie, dann verschwand auch ihr Gesicht. Enttäuscht biss er die Zähne aufeinander, während Hoffnungslosigkeit in ihm hoch kroch. Er kniff die Augen zusammen und schluckte hart.

„Mein Name ist Lohe“, verkündete eine Stimme, so leicht, wie eine Brise im Sommer. Als er die Augen öffnete, war ihr Gesicht nur einen Zoll weit von seinem eigenen entfernt. Sie wirkte beinahe so fest und real, wie in seinem Traum. „Und es bist nicht du, der hier der Bittsteller sein sollte, sondern ich.“



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