Zum Inhalt der Seite

Inferno

Mit einem Knall
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Du hattest noch nie Wert auf Silvester gelegt.

Es war kein Fest.

Die Atmosphäre gefiel dir einfach nicht. Die Menschen waren leichtsinnig. Sogar leichtsinniger als sonst schon.

Und auch die Aussicht auf ein neues Jahr in deinem Leben konnte dich nicht erfreuen.

Du gabst dich lieber den Silvesterdepressionen hin, als mit deinen Freunden um die Häuser zu ziehen.

Das war schon immer so.

Nur dieses Jahr war anders.

Warum wusstest du auch nicht mehr so genau.

Irgendwie hatte dein Freund dich doch dazu überredet.

»Komm schon mit. Silvester ist nur einmal im Jahr. Du kannst die Anderen Tage auch noch rumsitzen. Bitte... tu es für mich.« hatte er gesagt. »Du musst auch nicht viel trinken. Nur Mitternacht mit anstoßen.«

Irgendwann hattest du es aufgegeben zu diskutieren.

Auch die Anderen redeten nun auf dich ein. Also stimmtest du schließlich zu.

Ein Fehler.

Aber damals wusstest du es nicht.

Du hast dich mit in die Wohnung eines entfernten Bekannten mitschleifen lassen. Hast die laute Musik dort ertragen..., das Gegröle von den schon Betrunkenen. Hast deine Bedenken und den Kummer geschluckt und gelächelt.

Dich unterhalten.

Eigentlich war es nicht so schlecht. Mitunter war es unterhaltsam... fast lustig. Die Musik lullte dich mit ihrem stetigen Bass langsam ein. BUM BUM BUM...

Der Alkohol in deinem Blut machte sich bemerkbar.

Ab und zu wurde auf die Uhr geschaut... dann weiter geredet.

Trinkspiele. Wetten...

Das übliche.

Doch irgendwann war der Zeitpunkt gekommen. Alle erhoben sich mit den Gläser in der Hand.

Auch du.

Der Countdown.

5...4...3...2...1...

»FOHES NEUES JAHR!!!«

Von allen Richtungen Hände und Umarmungen. Jeder wollte Glückwünsche loswerden.

Dies alles ließt du über dich ergehen. Lächeltest... gabst die Grüße zurück.

Danach zogst du dir mit den Anderen Schuhe und Jacke wieder an und gingst raus.

Der Lärm war Ohrenbetäubend und allgegenwärtig.

Rauch verschleierte fast jede Sicht auf die Straße.

Überall sahst du die Feuerbälle die sich in den Himmel erhoben. Platzen. Krachten.

Solche Umweltverschmutzung. Geldverschwendung.

Als könnte man sein neues Jahr nicht ohne diesen Scheiß begrüßen.

Aber sollten sie machen.

Du zogst dich unter das Vordach zurück und versuchtest deine Ohren an den Lärm zu gewöhnen.

Was aber nicht gelang.

Es schmerzte bei jeder neuen, kleinen Explosion.

Trotzdem bliebst du stehen und sahst den bunten Farben zu, die überall um dich herum im Nachthimmel erschienen.

Es war das erste Mal an diesem Abend das du dich nach Hause in dein Bett wünschtest.

Schrecklich dieses Knallen.

Jeder Böller eine weitere Erschütterung in deinem Hirn.

Aber irgendwann würde sich der Vorrat erschöpfen... so hofftest du.

Plötzlich tauchte eine Gestalt aus dem Nebel vor dir auf. Ein Freund.

Er zog dich mit sich auf die Straße. Schrie dir irgendwas ins Ohr, was du nicht verstandest. Da der Lärm rapide zunahm, kaum das du unter dem Dach hervorgetreten warst.

So ein Scheiß!

Du wolltest zurück. Nicht hier sein.

Nicht auf der Straße wo jeder Raketen losließ die kreuz und quer flogen. Von links von rechts...

Du schriest das du zurück gehst. Und tatest das im selben Moment.

Egal wer das nun verstanden hatte.

Vorsichtig überquertest du die Straße und kamst dir vor wie ein Fuchs in einem Jagdgebiet.

Überall gingen Böller los. Der Rauch war fast unüberwindbar geworden.

Die Blicke überall haben wollend wolltest du dich gerade wieder unter das Vordach der Wohnung retten, als du bemerktest das dir ein Böller vor die Füße flog.

Augenblicklich sprangst du zur Seite.

Dein Herz blieb für eine Sekunde stehen, nur um im nächsten Moment wieder los zu hämmern.

Adrenalin schoss durch deine Adern.

Zum Glück alles noch mal gut gegangen.

Neben dir erschien dein Freund. Sagte etwas, das sich wie eine Beruhigung anhörte.

Das nächste was er tat war einen dieser Knaller anzünden und zurück zu den Leuten werfen, welche dir einen Schrecken eingejagt hatten. Du verstandest ihn in diesem Moment noch weniger.

Er kam dir vor wie ein wildfremder Mensch.

Unsicher wolltest du nach ihm greifen. Ihm zuschreien, dass das doch nichts nützte.

Doch gerade als du seine Jacke berühren wolltest, sahst du etwas helles an dir vorbei fliegen.

Es brannte.

Es streifte deinen Arm. Schmerz durchzuckte dich.

Instinktiv wolltest du es mit dem Anderen Arm wegwischen. Und dann...

Ohrenbetäubendes Krachen.

Nahe... zu nahe...

Darauf folgte Schwärze.

Das nächste was dein vernebeltes Gehirn wahr nahm, als du die Augen öffnetest, war der dicke, bärtige Mann über dir.

Er war so nahe.

Du konntest seinen Atem spürten.

Er roch nach Zwiebel.

Er hatte eine merkwürdige rote Tracht an, die dir in die Augen stach.

Kam dir entfernt bekannt vor.

Irgendetwas sagte er. Zu dir?

Du konntest ihn nicht verstehen. Überhaupt hörtest du nichts.

Außer dem monotonen Fiepen in deinen Ohren.

Tinitus.

Wahrscheinlich von all dem Böllerlärm.

Der Mann kam noch näher. Jetzt hätte er dich küssen können.

Angewidert. Wolltest du ihn wegstoßen und ihn anschreien er solle dich in Ruhe lassen.

Du mochtest keine Bärte.

Doch nichts geschah.

Nicht einmal deine Hände erhoben sich um ihn wegzustoßen. Deine Stimme war einfach weg.

What the Fuck?

Deine Augen schweiften umher. Versuchten etwas anders zu sehen, als diesen Mann, der immer noch unerträglich nahe war.

Und da entdecktest du es.

Den absoluten Mangelzustand.

Du hattest keine Arme mehr.

Deswegen...

Informationen wurden zu Haufen in deinem Gehirn verarbeitet. Alle auf einmal.

Dann schriest du.

Deine Stimme war wieder da. Hatte sich wohl irgendwo versteckt.

Sie klang schrill und hysterisch.

Du schriest bist du erneut in Ohnmacht fielst.
 

______
 

Heute weißt du, dass das Leben unfair ist.

Ohne Arme kann man leben, ja.

Doch dieses Leben ist wenig komfortabel.

Du konntest nichts mehr alleine.

Nichts.

Selbst aufs Klo gehen musstest du mit Anhang. Immer war jemand bei dir.

Es gab keine Privatsphäre mehr.

Lachhaft.

Als ob du die noch brauchen würdest.

Du hattest keine Geheimnisse mehr.

Wurdest gewaschen, gefüttert...

Unwürdig.

Unrein.

Du wolltest so nicht mehr leben.

Jetzt sitzt du am Fenster in deinem weiche Sessel und ziehst raus wie sich die Welt erhellt.

Es ist vier Uhr.

Du willst so nicht mehr weiter machen. Jeder Tag ist ein neuer Kampf.

Es muss eine Lösung geben-...

Aber es gab nur eine.

Sterben.

Ja, sterben.

Das musste einfach sein, gegen das Leben.

So einfach.

Ja... du musstest es schaffen, irgendwie.

Alleine.

Ein Geheimnis durftest du wohl haben.

Musstest du.

Es war so eine Qual.

Du musstest es alles vorbereiten.

Noch ein Blick aus dem Fenster. Du hörtest den Lärm.

Deine Ohren waren fast taub von damals...

Aber dieser Krach war laut genug, den hörtest du.

Ein letzter Blick.

Es war erst gegen vier und sie fingen schon an. Es wurde jedes Jahr früher.

Du solltest jetzt aufstehen und gehen, wenn du davor fertig sein wolltest.

Wankend erhobst du dich und hörtest es krachen.

Es war Silvester.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück