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Ein Katzenhai im Bullennest

von

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Aalglatter Verdruss

VII. Aalglatter Verdruss
 

„Frau Dornfeld, erzählen Sie uns mehr über Ihren Vorgesetzen!“, forderte Lydia von Schnurrers Sekretärin.
 

Die ältere Dame zuckte nur mit den Schultern. Schnurrer sei ein vorbildlicher Boss gewesen. Präzise, fleißig, höflich, nie das Unmögliche fordernd oder aufbrausend, immer akkurat und voller Elan. Er habe immer den richtigen Riecher gehabt, das sei eine Begabung gewesen.
 

Sie kamen kein Stück weiter.
 

………..
 

Katzenklappe! Juhei, Freiheit! Wenn auch nur sehr bedingt.
 

David hatte sie am Morgen, offensichtlich hatte er nach seinem Einsatz am vorangegangenen Abend heute in den frühen Stunden frei gehabt, eigenhändig montiert, während er ihm ausgiebig von seinen Flitterwochen mit Theo in Mexiko berichtet hatte. Musste eine ziemlich coole Tour gewesen sein, Theo war anscheinend wirklich Mesoamerikanist gewesen sein, jemand, der sich mit den vergangenen Kulturen Mittelamerikas beschäftigt hatte. Sie waren im Hochland gewesen, im Dschungel, am Pazifikstrand, ganz auf eigene Faust. Er selbst war immer nur in Luxushotels abgestiegen, wenn er auf Reisen gewesen war, aber sowas? Interessant aber gruselig. Theo hatte definitiv mehr Dampf gehabt als David, soviel stand fest. War er das Energiebündel zu Davids Ruhe gewesen? Und dann mit knapp über Dreißig zu verrecken an einer heimtückischen Krankheit, wie ätzend! Er war älter als Theo es geworden war, und er fühlte sich jung! In zwei Monaten würde er dreiunddreißig werden, eine Schnapszahl, aber garantiert nicht sein Eintritt ins Rentenalter! War er halt erwachsen, na und. Er wollte ganz bestimmt kein Teenager mehr sein. Auch in dieser Gestalt spürte er die Kraft und Geschmeidigkeit seiner Muskeln, seinen Willen zu leben, seine Lust darauf, Dinge zu erfahren, zu erreichen! Nein, er war gewiss nicht vom alten Eisen. Er war nicht mehr schreijung, aber vom Alter war er auch noch weit entfernt, fand er.
 

Er stupste die Katzenklappe auf und betrat sein Reich. Seins! Das war Davids Garten, daher jetzt auch seiner! Aber es stank hier nach fremder Katze, fremden Markierungen. Grrrr …
 

Ohne darüber nachzudenken drehte er sein Heck gen Terrassenblumenkübel und übertünchte den feindlichen Gestank mit seiner eigenen Note.
 

Etwas von Seiten des Zauns fauchte ihn an.
 

Molly! Blöde Fotze! Komm nur her du, dann werden wir ja sehen!
 

………………………..
 

„Oh Gott! Tripper! Was ist denn mit dir passiert! Armes Katerchen! Oh … Lass mich mal sehen! Okay, wir zwei fahren jetzt zum Tierarzt!“
 

……………..
 

Es war ihm egal, ob David sich extrem darüber gewundert hatte, wie willfährig er in den Transportkorb geklettert war. Er hatte gesiegt! Aber nicht ohne Verluste. Molly hatte echt ein paar linke Tricks drauf gehabt. Aua!
 

Gnade, er behielt hiervon eine Narbe auf der Braue zurück! Oder auf dem Arsch, da hatte sie ihm böse reingebissen.
 

Aber das hier war jetzt sein Revier, hehe …
 

…………………..
 

„Was ist das denn?“, fragte Tierärztin Utrich verdutzt, als sie den Rasierer absetzte.
 

David starrte nicht weniger verwirrt.
 

„Keine Ahnung!“, keuchte er. „Ich habe ihn aus dem Tierheim!“
 

„Wer macht denn so etwas!“, schnaubte Utrich, eine adrette Enddreißigerin mit langem, blondem Pferdeschwanz.
 

„Ich garantiert nicht!“, wehrte sich David und stierte seinen Kater an.
 

Tripper hatte eine Tätowierung. Es war kein Nummerntattoo im Ohr, so etwas gab es ja – es war die Abbildung im Sprung gefangenen Wildkatze nahe seines Allerwertesten. Sie war sehr klein, bei einem Menschen wäre sie ein winziges Detail gewesen, äußerst kunstvoll und filigran gemacht – aber bei einer Katze fiel sie doch ziemlich auf.
 

Wer zum Teufel ließ seine Katze tätowieren? Tierquäler, elende! Ein Wunder, dass Tripper so zutraulich war.
 

Er trat an den völlig lethargisch blickenden Kater heran. „Ist ja gut“, sagte er voll Grimm, „du bist kein Spielzeug! Wer immer dir diesen Blödsinn angetan haben mag, der tut das nie wieder!“
 

……………
 

Davids Wort in Gottes Ohr. Vielleicht hatte er recht. Sein achtzehnjähriges, völlig bekifftes Selbst würde sich hoffentlich nie wieder melden. Eventuell könnten die sich mal um seine richtigen Wunden kümmern?
 

Dass das mit dem Tattoo rausgekommen war, war natürlich nicht gut, aber wenn er Glück hatte, würde trotzdem niemand die Verbindung ziehen können. Es befand sich in seiner menschlichen Form an einer Stelle, die ziemlich selten jemand zu Gesicht bekommen hatte. In der Umkleidekabine beim Sport hatte er sich da immer sehr bedeckt gehalten. Nicht umsonst zahlte er für einen exklusiven Club, in dem es Einzelduschen gab. An seinen Hintern hatte er seine gelegentlichen Aufrisse anfangs selten bis später gar nicht gelassen, das hatte nicht notgetan, und immer sorgfältig darauf geachtet, dass diese Jugendsünde möglichst nicht bemerkt wurde, notfalls durch ein Pflaster verdeckt. Sich einem Wildfremden so hinzugeben war seine Sache nicht. Wenn es ihn da gejuckt hatte, hatte es schließlich den deutlich vertrauenswürdigeren Inhalt seines geheimen Schrankes gegeben. Er mochte es ja durchaus, aber den Teufel würde er tun sich vor irgendeiner Nase in die Verlierer-Position zu begeben, das konnte sein Katzenselbst gar nicht ab. Das hatte auch Molly zu spüren bekommen, wenn auch auf eine deutlich andere Art und Weise. Erst hatte die blöde Ziege gedacht, er wolle sie anmachen und mit ihr viele kleine Katzenbabys zeugen, doch da hatte sie sich gründlich geschnitten. Er wollte nicht Papa werden, weder so noch irgendwie anders. Er wollte nur, was sein war! Davids Grundstück, mehr war aktuell ja nicht drin. Hauptsache er hatte irgendetwas!
 

Die Tierärztin betupfte ihn mit Salbe, es brannte fürchterlich. Rabiate Kuh! Wenn einer seiner Ärzte so mit ihm umgesprungen wäre, hätte der ihn das letzte Mal gesehen! Aber mit Tieren konnte man es ja machen.
 

„Du bist sehr tapfer!“, lobte ihn David unverdrossen. Tja, was blieb ihm auch? Er lag mit blankrasiertem Arsch und zugeschwollenem rechten Auge auf einem Alutisch und ließ sich von einer Tierärztin befummeln. Albtraum! Wenn David so auf Tapferkeit stand, konnte der das ja auch gerne mal ausprobieren! Er würde in der ersten Reihe stehen, um dieses Spektakel zu verfolgen.
 

„So, das hätten wir. Lassen Sie ihn ein paar Tage nicht nach draußen und verteilen sie morgens und abends etwas von der Creme auf seinen Blessuren. Das wird rasch verheilen“, prophezeite die Ärztin, während sie ihre Gummihandschuhe abstreifte. „Er ist nicht kastriert“, ergänzte sie mit absolut indiskretem Blick in seinen Schritt. „Wir können gerne einen Termin deswegen machen!“
 

Eben hatte er sich noch in seinem Elend gesuhlt, jetzt war der Schmerz und die Demütigung wie weggeblasen. Ungeahnte Kräfte ermöglichten es ihm, in Windeseile hochzuspringen und auf Davids Schulter zu landen. Er hörte sich hysterisch fauchen. Alles, nur nicht das! Das würde er nicht überleben! Job weg, Wohnung weg, Auto weg – das konnte man ja notfalls wieder ändern. Aber Eier weg war nicht rückgängig zu machen! Er wollte nicht als Eunuch durchs Leben torkeln! Nicht er! Bloß nicht! Wenn die ihm seine Männlichkeit verstümmeln würden, dann würde er aufgeben, es wäre besser so. Dann würde er sich seinem Katzenselbst überlassen, bis er irgendwann vergessen haben würde, jemals ein Mensch gewesen zu sein. Vielleicht wäre es dann erträglicher.
 

Davids Hände griffen nach ihm und hoben ihn sanft hinab. Er starrte hinauf. In Davids blauen Augen waren kleine, braune Sprenkel, das war ihm bisher noch gar nicht aufgefallen. „Keine Angst, Tripper!“, lächelte er ihn beruhigend an. „Du bist ein tapferes Kerlchen, und genau das bleibst du auch: ein Kerl, an dem alles dran ist. Habe ich dir doch versprochen, und ich halte meine Versprechen.“
 

Nox schnaufte vor Erleichterung und Dankbarkeit. Gepriesen sei Davids Prinzipientreue!
 

Die Tierärztin indes musterte sie äußerst kritisch. „Merkwürdige Reaktion!“, sagte sie verblüfft. „Aber wenn sie es machen ließen, hätten sie deutlich weniger Schereien mit ihm.“
 

„Darum geht es doch nicht!“, blieb David stur. „Er bleibt, wie er ist!“
 

Dem konnte Nox in nur aus tiefster Seele zustimmen, wenn auch nur bezogen auf diese Angelegenheit.
 

………………
 

„Gut, Herr Geißler, berichten Sie uns bitte in aller Ruhe von Ihrem Kollegen, Herrn Schnurrer“, forderte David den geschniegelten Mann um die Vierzig auf, der ihnen in seinem protzigen Büro bei K & K-Enterprises gegenüber saß.
 

Geißler lehnte sich zurück und legte demonstrativ die Fingerspitzen gegeneinander. „Eigentlich habe ich Ihnen bereits alles gesagt. Schnurrer und ich haben lediglich beruflich miteinander zu tun gehabt. Er hat seine Sache sehr gut gemacht, wir konnten erfolgreich im Interesse der Firma miteinander kooperieren. Mehr gibt es da nicht zu sagen.“
 

„Wie war das eigentlich?“, bohrte Lydia. „Sie beide haben ja eng miteinander gearbeitet. Gab es da keine Spannungen?“
 

Geißler verzog keine Miene. „Sicher sind wir beide ehrgeizig und wollen weiter befördert werden, auch wenn es da aktuell für Schnurrer schlecht mit aussehen mag. Aber Konkurrenz ist auch Ansporn und ein gemeinsames Ziel überbrückt Differenzen“, erklärte er, als zitiere er einen Manager-Ratgeber. Vielleicht tat er das auch.
 

„Gab es denn Differenzen?“, wollte David wissen und ließ seinen Blick geflissentlich durch den Raum gleiten. Das Büro ähnelte Schnurrers wie geklont in Einrichtung und Größe, darauf hatte man wohl geachtet. Aber Geißlers wies auch persönliche Gegenstände auf, das Foto einer hübschen, jungen Frau mit einem kleinen Kind im Arm stand demonstrativ auf der Schreibtischplatte.
 

„Wir haben natürlich über geschäftliche Aktionen diskutieren müssen. Auf persönlicher Ebene war da nichts. Wie auch? Ich kenne Schnurrer eigentlich nicht, obwohl ich jahrelang mit ihm zusammen gearbeitet habe. Sicher weiß ich, dass er homosexuell ist, aber das war hier nie Thema. Er hat mich nie angemacht, falls sie das vermuten sollten, und ich habe auch keine geheime schwule Ader. Was er in seiner Freizeit getrieben hat, weiß ich nicht. Es geht mich auch nichts an, und es interessiert mich auch nicht“, stellte Geißler klar.
 

David musterte ihn. Geißler war aschblond, hatte ein dezent gebräuntes Gesicht, seine Nase war ein bisschen zu groß und sein Lächeln ein bisschen zu leer. Was für ein aalglatter Heini! War Schnurrer auch so? Vermutlich. Es war ziemlich offensichtlich, dass Geißler, auch wenn er Schnurrer eventuell hassen mochte wie die Pest, sich auf dieser Ebene zu keiner Äußerung würde verleiten lassen, die Licht ins Dunkle bringen konnte.
 

Sie verabschiedeten sich vorerst und ließen sich von einer Sekretärin durch die hellen Flure geleiten, die von den Büros der Führungskräfte gesäumt waren. K &K Enterprises hatte seinen Sitz in einem imposanten Hochhaus in der Hamburger City Nord. In den unteren Geschossen residierte das Fußvolk, weiter oben saßen die, die das Sagen hatten, ganz in amerikanischer Manier. Jetzt ging es ganz gen Himmel, Ewald Bertholdi, Schnurrers Vorgesetzter und Mitglied der Führungsriege würde sie empfangen.
 

Bertholdis Büro machte auch auf den ersten Blick klar, was für eine Stellung er innehatte. Es war riesig, bot einen wunderschönen Ausblick durch die hohe Fensterfront auf die verregnete Stadt, edle Designermöbel und Antiquitäten ergänzten einander, an den Wänden hingen Bilder, die es gewiss nicht in der Kaufhaus-Deko-Abteilung zu erwerben gegeben hatte. Bertholdi selbst erhob sich von seinem überdimensionierten Lederstuhl, als sie eingelassen wurden, und trat ihnen verbindlich lächelnd entgegen. Sein Alter war schwer zu schätzen, grauhaarig und mit zerfurchtem Gesicht, doch mit dynamischen Bewegungen mochte er Sechzig sein, vielleicht aber auch viel älter. Leute wie er gingen nicht in Pension, sie arbeiteten, bis sie umfielen.
 

Er schüttelte ihnen die Hände, dann lud er sie ein, sich mit ihm in eine Sitzecke zu begeben, die weniger formellen Besprechungen vorbehalten zu sein schien.
 

Eine Empfangsdame servierte ungefragt Kaffee und Kekse. Da das wohl kaum geschah, um sie zu bestehen, sondern der Höflichkeit geschuldet war, griffen Sie zu.
 

„Nun, haben Sie schon etwas über Schnurrers Verbleib herausfinden können?“, kam Bertholdi zur Sache. Sie verkniffen es sich, ihn darauf hinzuweisen, dass sie mitnichten in seinen Diensten nachforschten. Es dürfte ihm klar sein, obwohl ihm seine Position angemessene Formulierungen wahrscheinlich abtrainiert hatte.
 

„Wir ermitteln weiterhin“, erwiderte David nonchalant. Das Sofa unter ihm sah sehr teuer aus, aber bequem war es nicht. Da lobte er sich sein altes Cordding, auf dem Tripper wahrscheinlich gerade kuschelte und seine Wunden leckte.
 

„Er ist schwierig zu fassen“, ergänzte Lydia und griff sich blitzartig einen der Konditor-Kekse. „Wir ergründen sein persönliches Umfeld, aber bisher ergibt das wenig.“
 

Bertholdi seufzte verstehend. „Wissen Sie“, sagte er. „Schnurrer war mit seiner Arbeit verheiratet. Nicht umsonst habe ich ihn trotz seiner jungen Jahre schon in eine so hohe Position gesetzt. Vielleicht kam ihm da der Mangel an persönlichen Bindungen auch zugute, solche Typen gibt es, auch wenn die meisten familiären Rückhalt brauchen. Es ist nicht leicht, mit einem solchen Arbeitstier zusammen zu sein, fragen Sie meine Frau. Schnurrer war ja seinem eigenen Geschlecht zugetan, aber das muss ja nichts heißen. Einen Partner hat er allerdings nie vorgestellt oder erwähnt, doch das war seine Privatangelegenheit. In dieser Hinsicht kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Doch eines kann ich Ihnen sagen: In dem, was er hier getan hat, war er ausgezeichnet. Verlässlich und fleißig sind viele, aber er hatte Biss! Das gewisse Etwas, ein Querdenker, sehr kreativ und mit einem Gefühl für den richtigen Zeitpunkt. Vor allen Dingen: Er war mit Leib und Seele bei der Sache. Ich erkenne es, ob jemand sich lediglich anstrengt, um befördert zu werden, oder ob er ganz und gar dabei ist. Schnurrer ist so einer. Ehrgeizig, gewiss, aber vor allem mit Begeisterung dabei! Es wäre eine Schande, ihn zu verlieren!“
 

„Sehen Sie einen Grund für sein Verschwinden?“, fragte David diplomatisch, obwohl er sich insgeheim fragte, ob es nicht noch andere Gründe gab, Schnurreres Verschwinden zu bedauern, als seine Bedeutung für die Firma. Bisher hatte noch keiner Triftige benannt, das war äußerst merkwürdig.
 

Bertholdi schüttelte den Kopf. „Nein. Es gab bisher keine Probleme mit ihm hier, wenn Sie darauf abzielen sollten. Ich lasse das selbstredend noch einmal gründlich überprüfen.“
 

„Wie sieht es mit seinem Verhältnis zu Kollegen und Mitarbeitern aus?“, hakte Lydia nach.
 

Bertholdi schüttelte leicht den Kopf. „Ich weiß da nur das Augenscheinliche. Sein Auftreten war immer korrekt, er hat Manieren und den richtigen Umgangston. Sicher gab es Konkurrenzkämpfe, die gibt es überall, aber Schnurrer ist da nie unangenehm aufgefallen. Er ist zielstrebig, durchaus raffiniert, aber er fällt auch nicht aus dem Rahmen.“
 

„Mit was war er denn gerade betraut?“, fragte David.
 

„Er war für das Mineralöl-Ressort zuständig gemeinsam mit Geißler. Ein sehr verantwortungsvoller Posten“, erklärte Bertholdi knapp. Das konnte David sich vorstellen, dabei ging es gewiss um Unsummen. Wenn Schnurrer sich verkalkuliert haben sollte, wären das keine kleinen Fische.
 

„Herr Bertholdi“, sagte er mit der ganzen Kraft seines Amtes in der Stimme, „falls es da Probleme gegeben hat, die Schnurrers Verschwinden erklären könnten, sind Sie verpflichtet, uns das mitzuteilen.“
 

„Selbstverständlich!“, lächelte Bertholdi, aber er sagte gar nichts.
 

………………..
 

„Sehr interessant“, frotzelte Lydia, als sie wieder im Auto saßen.
 

„Himmel, bin ich froh über meinen Job!“, stöhnte David. „Auf so etwas hätte ich gar keine Lust!“
 

„Ich auch nicht!“, stimmte Lydia ihm zu und kräuselte die Nase. „Vielleicht haben sie uns ja die Wahrheit gesagt.“
 

„Oder sie belügen uns nach Strich und Faden“, seufzte David. „Eine Bande wie die ist nur so gesetzestreu, wie sie es für nötig und hilfreich halten. Nehmen wir mal an, Schnurrer hat wirklich firmenintern etwas verbockt, das dem Image oder gar der wirtschaftlichen Positionierung der Firma schaden könnte, wenn es publik würde. Oder eventuell etwas, das aufzeigen würde, dass die Geschäftspraktiken von K & K –Enterprises nicht immer saubere Wege gehen. Das würden die uns niemals auf die Nasen binden. Das ist ein international operierender Großkonzern, die lassen sich von uns beiden kleinen deutschen Beamten nicht beeindrucken. Wenn wir etwas in der Richtung von ihnen wollen würden, müssten wir die ganz harten Geschütze ausfahren, und dafür fehlt uns sowohl Anlass als auch Rechtfertigung. Schnurrers Verschwinden kann außerdem theoretisch überhaupt nichts mit seinem Berufsleben zu tun haben.“
 

„Schlauer geworden sind wir jedenfalls nicht“, meinte Lydia, während sie den Wagen Richtung Autobahn lenkte.
 

„Nein“, murmelte David. „Schnurrer ist und bleibt wie ein von einem extrem unkreativen Drehbuchautor erdachter Oberyuppie.“
 

Lydia kaute auf ihrer Unterlippe. „Wir müssen tiefer graben!“, folgerte sie.
 

David fixierte sie von der Seite. „Ja“, erwiderte er langsam. „Schnurrer ist ja nicht vom Himmel geplumpst – in einem Designeranzug direkt in sein Luxusbüro.“
 

Lydia kicherte bei dieser Vorstellung. „Eher nicht“, meinte sie. „Auch wenn er jetzt vielleicht genau das sein mag, das alle uns glauben machen wollen, irgendwie ist er ja so geworden, falls das nicht genetisch ist. Schnösel-DNA. Aber das ließe sich vielleicht herausbekommen. Wo ist er noch mal aufgewachsen?“
 

„In einem Kuhkaff bei Ahrensburg“, erinnerte sich David.
 

„Dann schauen wir uns das doch mal genauer an!“, grinste sie.
 

………………….
 

„Schau mal, Tripper“, sprach David ihn an.
 

Sie lungerten auf dem Sofa im Wohnzimmer, er war pappsatt und frisch verarztet. David hatte ihm sehr akribisch Auge und Arsch eingeschmiert, da konnte er nicht meckern. Jetzt gab er sich angenehmer Dösigkeit hin.
 

Mit seinem gesunden Auge linste er nach oben zu dem, das David ihm hinhielt. Vorbei war es mit der Gemütlichkeit! Vor Schreck fiel er beinahe von der Couch. Elender Sadist! Das waren Bullen doch alle irgendwie!
 

„Huch, was machst du denn da?“, erdreistete sich David obendrein noch zu fragen. „Habe ich dich erschreckt? Tut mir leid, mein Süßer!“
 

Ehe er es sich versah, wurde er gepackt und auf Davids Schoß verfrachtet.
 

„Schau mal!“, fuhr David ohne Gnade fort und kraulte seinen sich sträubenden Nacken. „Nur ein Bild. Das ist alles.“
 

Nur ein Bild? Was fiel dem ein! Das war sein Bild, seins! Okay, nur eine Farbkopie davon in minderer Qualität, aber das änderte wenig. Das hatte hier überhaupt nichts zu suchen! David sollte seine Grabbelfinger davon lassen!
 

„Katzen, witzig, was?“, meinte David versonnen.
 

Nein, das war nicht die Spur witzig! Und das waren keine Katzen, das war seine Familie! Das Bild war an seinem fünften Geburtstag entstanden. Er war das kleine Fellbündel rechts unten im Bild, das verschüchtert hinter seiner Mutter hervor lugte, kaum zu sehen.
 

„Das ist alles“, erläuterte ihm David. „Sonst gibt es nichts. Das Einzige, das darauf hindeutet, dass Schnurrer doch ein Mensch ist und kein Roboter.“
 

Und ob es da noch etwas gab! Roboter war zwar falsch, aber die grobe Richtung stimmte. Er hatte schon seine Gründe, sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Was erwartete David bitteschön? Ein Tagebuch in rosa Leinen gebunden, in dem stand: „Ach, übrigens, ich bin ein Werkater und sitze gerade auf deinem Schoß! Psst! Nicht verraten! Das ist voll geheim!“
 

„Ich verstehe diesen Mann nicht“, grübelte David, während er weiterhin das Foto studierte. „Ich habe schon mit so vielen Menschen zu tun gehabt. Teilweise war es bodenlos, was sich hinter der Fassade verbarg. Sieh dich an, wer tätowiert denn seine Katze! Aber hier gibt es nur eine Fassade!“
 

Schön, dass David das so sah. Er hatte hart dafür gearbeitet.
 

„Aber irgendetwas muss doch dahinter sein!“, klammerte sich David an seinem Weltbild fest. „Wie soll ich ihn finden, wenn es ihn fast nicht gibt!“
 

Tja, mein Lieber, das finde ich jetzt irgendwie witzig.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Witch23
2012-10-21T15:05:40+00:00 21.10.2012 17:05
Theo war anscheinend wirklich Mesoamerikanist gewesen sein, schätze Satzumstellung das ist zu viel.

Süß wie ich schon vermutet hatte es ist ein Familienfoto ^_^
Aber er kommt Nox vermutlich näher auf die Versen als sonst einer und das nicht nur weil er ihn verarzten muss und auf seinem Schoß sitzen hat und dort krauelt XD
Von:  Salix
2012-02-26T22:28:39+00:00 26.02.2012 23:28
Also der letzte Satz ist einfach nur herrlich, besonder weil man als Leser genau weiß, wo Nox ist.
Das mit dem Tatoo ist auch klasse und auch diese David verwirrende knallhart durchgezogene Fassade.
Es war wie immer herrlich zu lesen. XD
Von:  Kris18
2012-02-26T20:56:05+00:00 26.02.2012 21:56
Zu witzig
erst der name
nun die nippel klämmen
und nun nen Tattoo
ich könnte mich ja jedes mal weg werfen vor lachen XD


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