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fallender Mond

von

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Die Farbe des Himmels war an jenem Tag wie die Asche des Feuers, in welcher Yamazaki das trockene Laub verbrannte, welches er auf dem Hof zusammengefegt hatte.

Pfeifend riss der Wind ein paar welke Blätter vom Boden und peitschte sie in die tagesdunkle, kühle Luft hinauf.

Die ersten Tropfen fielen.

Wortlos hatte er innegehalten und einen Blick hinauf in das kontrastlose Grau geworfen, das den Himmel zu ersticken drohte und das ferne Grollen wie ein böses Omen anmuten ließ.

Das Gewitter würde vorbeiziehen, jedoch nicht das beißende Gefühl, das ihn zerfraß.

Er wusste es mit der Sicherheit, mit welcher dieses Gewitter niedergehen würde.

Jene bloße und nackte Empfindung wollte weder aus Kopf noch Herz weichen, beschlich ihn, egal, was er tat.

Angst.

Eine Angst, die ihm die Kehle zuschnürte.

Und doch..
 

Er hoffte.

Er betete um ein Wunder, wohl er genau wusste dass es sinnlos war, sein Herz an eine närrische Träumerei zu ketten.

Er wusste und verdrängte es, belog sich selbst und verzweifelte daran.

Er konnte nichts tun, um die Tage aufzuhalten, den Lauf der Dinge, dem er sich geschlagen geben musste.

Er konnte nichts tun.

Nichts tun.
 

Noch bevor der Bergahorn im Garten seine fahl gewordenen Blätter aufgeben würde, würde Souji gestorben sein.
 

Zeit.

Ein so unbedeutendes, klein scheinendes Wort.

Jeder verstreichende Tag war mehr und mehr zu einem erbittertern Kampf um das winzige bisschen an Leben geworden, dass doch jedem Menschen zustehen sollte.

Wenn es einen Gott gäbe, würde er diejenigen nicht einfach vergessen, die so beharrlich an ihn glaubten.

Die Krankheit war bereits fortgeschritten.

Stets war der bittere Geruch des Gesundheitstees mit einer herben Süße untersetzt gewesen, von Dango oder anderem Zuckerwerk.

Sooft hatte er doch das Lächeln auf jenen ebenso süßen Lippen erschmecken können und dabei jene zärtliche Empfindung ausgekostet.

Yamzaki liebte das verschmitze, schelmische Blitzen in den Honigfarbenen Augen und das leise, fst mädchenhafte Lachen.

Diese Liebe allein hatte es vermocht, seine stoische und der Welt abgekehrte Fassade zu brechen.

Souji würde sie mit sich aus der Welt nehmen, Wenn der Schnee kam.
 

Er lächelte mit seiner ganzen verliebenen Stärke.

Aber wiesehr er sich Mühe geben musste, die Mundwinkel zu verziehen.

Krampfhaft zitternd schlossen sich die Finger um seine.

Diese Lippen auf seinen taten weh, denn in ihnen lag kein Druck, kein Entgegenkommen mehr.

Ihm fehlte die Kraft dazu.
 

Über das blasse, eingefallene Gesicht blitze kein Lachen der Art mehr, welches ihn jedes erneute Mal so unsicher werden ließ wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal lief.

Noch immer jagte ihm Soujis Atem heiße Schauder über den gesamten Körper…

Doch wenn er ihn an sich presste, vernahm er dieses Leise Röcheln, das ununterbrochene Husten.

Als hätte irgendwo jemand irgendwo in diesen einst so lebensfrohen, schönen Jungen ein Loch gebohrt, aus dem seine Lebenskraft entwich.

Eines, das man weder mit Tränen noch irgendetwas anderem heilen konnte.

Yamazaki spürte das stumpfe, glanzlose Haar auf seiner Haut.

Wenn er seinen Liebsten zärtlich in eine wärmende Decke hüllte und selbst durch diese die Konturen der Rippen unter seinen Fingern ertasten konnte…

Die Furcht stach so unerträglich, dass ihm die Tränen kamen, wenn er Souji nur anblickte und den einst trotz der Krankheit so starken, verzweifelten Lebenswillen bis auf ein nichts herunterschwinden sah.

Wenn er den blechernen, rasselnden Husten vernahm, der Klang, als würde man einen zerbeulten Teekessel in Stücke zerschlagen…

Wenn er in einem Anflug von Zärtlichkeit die blassen Lippen küsste und plötzlich Blut auf der Zunge schmecken konnte…

dann war da nur noch ein Wunsch.

Er wollte ihn so lange halten, bis sich die fahle Asche vom Himmel verzog und die Schatten länger wurden und der Abend sein dunkles Tuch über die Welt warf…

Und dann wollte er mit ihm gehen.
 

„Su…Sumu…“

Es war fast nur ein Wispern, das auf den bleichen Lippen lag.

Ein stummes Flehen nach Wärme…

Er würgte die Tränen herab.

Stark sein.

„Ich… bin hier, Souji. Hier. Ich halte deine Hand. Ich bin da. Es wird… Es ist alles gut.“

Wieso sah er nicht endlich die Wahrheit an?

Er presste seinen Mund gegen die kraftlose Hand.

„Bleib… bei mir… ja?“

Anstatt einer Antwort zog er den zerbrechenden Körper mit der größtmöglichen Behutsamkeit an sich, bettete Soujis Wange sanft an seiner Halsbeuge und schloss die Arme um den jungen Samurai, sog dessen Wärme seufzend auf, nur um sie ihm tausendfach zurückgeben zu können…

„Ich gehe nicht weg. Sei ganz ruhig.“

Er hörte ihn leise aufstöhnen, als kraftlos den Hals reckte, um ihm tonlos die Wange zu küssen.

„Uuuhn…“

„Nein, streng dich nicht an, Sou.. H..Hast du schlimme Schmerzen? Soll ich dir ein wenig Morphium geben?“

"Nein…N.. Ich brauche.. nichts." kratzte er die Worte mit Mühe zusammen, bis sie fast bis zu auf einen Flüsterton herunterebbten.

"Heute Nacht… ist da kein Schmerz.“

Die Antwort kam gebrochen, als hätte sich plötzlich eine schwere Müdigkeit, ein Bleigewicht auf seine Stimme gelegt.

„Der Mond… sag mir… er… nimmt er ab…oder zu… ich sehe es…nicht.“

„Es ist..Vollmond. Ein wunderschöner.. Vollmond.. ganz hell..“

Welcher mit einer seltsamen Inbrunst sein Licht durch die wie von einem Tier zerfetzte Wolkendecke stieß.

m Begriff, völlig zu verschwinden und die Erde im dunklen zu lassen.

Im Begriff, aufzugeben und von den schwarzen Nachtschwaden verschluckt zu werden…

„Das ist… schön…“

Souji öffnete Sekundenlang den Mund, als wollte er etwas sagen, doch stadtdessen schloss er ihn wieder und schmiegte schweigend seine Wange an Yamazakis Brust; seine Herzfrequenz begann sich langsam zu senken.

„Ruh dich aus… ich bin da, solange du bist.“
 

Es war eine warme Frühsommernacht, die von einer gedämpften Stille umgeben, Zeit nicht mehr wichtig machte.

Ein leises Atemgeräusch.

Zikadenzirpen.

Eine warme Wange an einer kalten.

Eine kraftlose Hand in einer, die diese verzweifelt zu halten versuchte.
 

Souji atmete kaum hörbar aus.

Seine Züge entspannten sich, und ein Lächeln, so glücklich, wie Yamazaki es noch nie zuvor erblickt hatte, so selig, als würde in einem Schoß ein Engel schlummern, legte sich auf die zarten Lippen des jungen Samurai.
 


 


 


 

Auf den Ahornblättern, die das Gewitter heruntergerissen hatte, sammelten sich funkelnde Tautropfen.

Tränengleich schimmerten sie mondlosen Nächten entgegen.

Die Morgensonne tauchte die Straße in einem warmes Rot.

Ein neuer Tag.

Und da.

Ein Kinderlachen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  WildlingsWerk
2011-08-23T22:14:22+00:00 24.08.2011 00:14
Ich bin zwar jetzt nicht so der Fan von diesem Pairing...
Aber ich muss sagen das deine FF sehr schön geschrieben
und flüssig zu lesen war! Die Gefühlen und Gedankengängen
von Susumu hast echt gut rüber gebracht. ^__^
Mach weiter so beim schreiben~
lg SuKi


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