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Eternal Search

Die Suche nach dem Hier
von

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Tristesse

„Wut ist der Schlüssel… Sie nährt den Schmerz und der Schmerz zieht die Fäden enger um deine Kehle, bis du nicht mehr atmen kannst. Dann musst du mich willkommen heißen, ob du willst oder nicht. Ein Kampf gegen mich, ist ein Kampf gegen dich. In all deinen Gefühlen lauert mein Schatten und wartet auf eine falsche Bewegung. Hass’ mich, verabscheue mich, fürchte mich… das ist die Quelle meine Macht.“
 

Die Demon, die ich heute bin, war ich keineswegs immer. In den Tagen nach meiner „Geburt“ war ich wie ein Tier. Ein wildes Tier, das man zu lange eingesperrt und provoziert hatte. Mein Zorn richtete sich gegen jeden, da ich nicht wusste, wer mich in den Käfig geworfen hatte. Jeder war mein Feind.

Und wäre da nicht dieses Bild gewesen und diese fremde wie auch vertraute Stimme, die noch vor meinem Erwachen aufgetaucht und wieder verschwunden war… hätte es diese schwache Erinnerung daran nicht gegeben, dann – und da bin ich sicher – wären viel schlimmere Dinge geschehen. Aber auch so… bin ich befleckt von zahlreichen und unverzeihlichen Sünden.
 

„Das ist einfach nicht zu fassen! Ich würde diesen Mistkerl am liebsten…! Und dann…!“

Diesem durchzensierten Schimpfrausch geht Way nun schon seit einer ganzen Weile nach, während er auf dem feinen Kies auf und ab läuft. Es wundert mich beinahe, dass noch keine Fuge auf seiner Route entstanden ist.

Ich sitze auf einer der halb zerstörten Mauern, von denen es in den Ruinen mehr als genug gibt, und starre auf meine Hände. Obwohl ich Way zuhöre, gehen die Bedeutungen seiner Sätze zum einen Ohr rein und zum andern wieder raus. Destiny hat es sich genau neben mir bequem gemacht – sie war bereits hier, als wir kamen – und mustert die goldblonde Halb-Fluch-Maschine mit einer Mischung aus Neugier und… tja, so einer Art Blick, der sagt: Ob der jemals erwachsen wird?

„Beim nächsten Mal zeige ich ihm, wo’s langgeht! Diese rothaarige Schreckschraube wird noch ihr blaues Wunder erleben.“ Anscheinend will er gleich noch einen draufsetzen, aber er überrascht mich, indem er es bleiben lässt und die gesammelte Luft nur in einem tiefen Seufzer entweicht. Vorsichtig hebe ich den Blick und sehe ihn an.

Sorge steht in den grünen Augen geschrieben, die mir inzwischen so vertraut sind wie meine eigene Stimme. Aber genau deswegen kann ich auch das sehen, was er gut versteckt hält, und das ist Ärger. Nicht nur über Void.

„D“, sagt er schlicht. Ich weiche seinem Blick aus, den Augen, in denen ich genau lesen kann, was er denkt. „Das war nicht das erste Mal, oder?“ Wenn ich ihn jetzt ansehe, verrät mich das. Denn ebenso wie ich Ways Augen kenne, kennt er meine. „Auch nicht das zweite…“ Ich muss ihn nicht sehen, um zu wissen, was in seinem Kopf vorgeht. Er fügt Bilder zusammen, Situationen, Sätze, die erst keine Bedeutung zu haben schienen, als Teile eines Puzzles jedoch…

Plötzlich überwindet er die Entfernung zwischen uns mit einem Schritt und packt mich bei den Schultern.

„Wie lange geht das schon so?“ Seine Stimme ist unerträglich eindringlich. Ich habe das Gefühl, die Luft würde sich verdünnen. „D, wie lange tut er das schon?“ Ich kann es nicht länger aushalten. Mein Magen krampft sich zusammen, als würden Glassplitter darin herumwirbeln. Unsicher lässt Way seine Hände ein Stück tiefer gleiten, aber dann überwindet er auch diese letzte Grenze und zieht mich sacht in seine Arme.

Und geht damit viel zu weit.

Ich stoße ihn so heftig von mir, dass er das Gleichgewicht verliert und mitten in einem Haufen kaputter Backsteine landet. Noch bevor er sich aufrichten kann, bin ich auf den Beinen. Ein Grollen steigt in meiner Kehle auf. Es ist das zügellose Knurren einer Bestie, die an den Ketten um ihren Hals zerrt, das Geräusch, vor dem ich selbst am meisten Furcht habe.

Erst als mich Ways Blick trifft, in dem ich Schock und einen Schmerz, der nicht körperlicher Natur ist, lesen kann, wird mir klar, was ich getan habe.

Als hätte mich jemand ins Gesicht geschlagen, taumele ich rückwärts, bis ich die Mauer an den Oberschenkeln spüre. Way richtet sich mühsam auf, verzieht vor Qual das Gesicht. An seinem Arm läuft ein rotes Rinnsal hinab, bis zur Hand. Das flüssige Leben sammelt sich an den Fingerspitzen, wird zu schwer, fällt… ein Tropfen, zwei, drei…

Einem plötzlichen Impuls folgend schnellt mein Kopf zu Destiny herum. Gerade löst sie die Augen von Way und richtet sie, und deren unergründliche Tiefen, auf mich. Voids Satz hallt in meinen Ohren wider, so laut, als stünde er neben mir und schreie ihn Wort für Wort…

Irgendwann wird ihre Ruhe einen Riss bekommen, irgendwann wird sie dich genauso ansehen wie alle anderen… Und es ist als ob etwas in mir höhnisch den Mund verzieht und lacht.

„Nein…“, formen meine Lippen lautlos. „Das bin nicht ich… das bin nicht…“

Ein Kampf gegen mich, ist ein Kampf gegen dich.

Kein weiterer Blick zu den beiden, kein weiteres Wort.

Nur umdrehen. Nur weglaufen.
 

Der Kies knirscht unter meinen Füßen. Es hört sich an, als würden Knochen zermalmt…

Mein Atem geht röchelnd, mein Gesicht brennt vor Hitze, meine Glieder werden mit jedem Schritt tauber, aber ich halte nicht an. Wenn ich stehen bleibe, bekommt er mich. Dann verschlingt er mich, stößt mich wieder ins Dunkel, in die Schatten, die an mir zerren, mich auseinander reißen…

Nein, Demon, flüstert eine schwache Stimme in meinem Hinterkopf. Da ist niemand. Niemand, der dich verfolgt. Das bist du selbst.

Ich bleibe so abrupt stehen, dass meine Knie nachgeben und ich vornüber auf die kleinen spitzen Steine falle. Der Atem kämpft sich schmerzhaft seinen Weg in meine Lunge und wieder hinaus. Eine ganze Weile kauere ich nur da, die Augen fest geschlossen, und atme.

Irgendwann hat mein Kreislauf wieder einen halbwegs gleichmäßigen Rhythmus erreicht und ich zwinge mich dazu, die Lider zu heben.

Hm, sieh an. Wie passend.

Ich bin an dem Ort gelandet, den die meisten meiner Art meiden – die Steppe. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Außer dem Kiesboden und nahezu undurchschaubarem Nebel gibt es hier draußen nichts. Das ist Niemandsland.

Wie gesagt, passend.

Erschöpft drehe ich mich auf die Seite und will gerade aufstehen, als etwas aus meiner Hosentasche fällt und lautlos am Boden aufkommt. Ich bleibe sitzen, hebe den fragilen Talisman auf und betrachte ihn im milchigen Licht, das der Nebel verursacht.

„Trägst du dies gewebte Band, hältst du die Stadt in deiner Hand…“ Ich weiß nicht, wieso ich mich so gut an den Spruch erinnere. Wahrscheinlich weil es Ilamurá war, der ihn gesagt hat. Der Gedanke an ihn bringt mich auf einen anderen. Behutsam fahre ich mit der Fingerspitze die blaue Linie entlang, die sich um das weiße Kreuz windet.

„Ein Kompass, damit ich mich nicht verlaufe, aber…“ Kraftlos lege ich den Kopf in den Nacken. Über mir spannt sich der übliche bläulich graue Himmel. Er erweckt stets den Eindruck, es würde bald regnen. Tut es aber nie. „Wie kann ich mich verirrt haben, wenn ich doch die ganze Zeit auf der Stelle laufe…?“

Natürlich kommt keine Antwort. Wäre ja auch neu, dass der Himmel sprechen kann.

Die Sekunden vergehen. Eins, zwei… fünf… fünfzehn… Die Stille scheint meine Sinne zu betäuben. Ich muss die Sekunden zählen. Ich muss mich davon überzeugen, dass die Zeit weiterhin vergeht. Pfft. Und das obwohl ich doch genauso wie jeder andere hier weiß, dass sie das nicht tut. Darum verändert sich auch nichts. Darum wird es auch nie regnen. Der Nebel wird sich nicht auflösen, die Wolken nicht weiterziehen, niemals wird Wind aufkommen…

In dieser kleinen, steinkalten Welt im Riss der Zeit.

Nahezu impulsiv streife ich mir den Talisman über den Kopf und rappele mich auf die Beine. Ich lasse die Augenlider sinken, bis die Endlosigkeit der Steppe nicht mehr zu sehen ist, schiebe all die lärmenden Gefühle in einen weit entfernten Winkel meines Bewusstseins, bringe mein Gedankenuhrwerk zum verstummen und spüre dann allmählich wie mein Geist weicher wird.

Es kostet meine gesamte Konzentration, die „Schwebe“ herbeizuführen und meinen Körper in den Sog hineinzuheben, der mich fortnimmt. Was ich da mache ist beinahe tollkühn. Es ist nicht so einfach, unsere instabile Existenz in einer fremden Welt aufrecht zu erhalten, und ich habe heute schon mehr als genug Energie verbraucht.

Aber ich halte es hier nicht länger aus. Die Einöde dieser „Gegenwart“ erdrückt mich. Die Abwesenheit der Zeit. Die bleierne, trügerische Stille.

Ich muss weg. Weg von alledem. Das ist das einzige, was im Moment zählt.

Endlich spüre ich die erlösende Schwerelosigkeit, die jedes Mal eintritt, wenn ich in die Zwischensphäre von Zeit und Raum eintauche. Dieser Punkt hält nicht lange an. Es bleibt nur Platz für einen letzten Herzschlag, dann trifft mich die gesamte Wucht des Stroms, der mich mit sich reißt. Farben tanzen vor meinem geistigen Auge herum, Bildfetzen – Momentaufnahmen aus Erinnerungen von Herzen, die ich nicht kenne, ein paar Worte, die vom Wind des Universums zerstreut werden. Ich sehe all das nur für Bruchteile von Sekunden; so viele Eindrücke, die zu staubhaften Wirbeln werden, sich wandeln, verwischen und verschwinden.

Und dann ist es einfach vorbei. Die Klänge verstummen, die Bilder werden schwarz, die Schwerkraft erhält wieder Kontrolle über meinen Körper.

Ich lasse die Augen geschlossen und lausche. Etwas kitzelt mich an der Wange. Noch immer blind grabe ich die Fingerspitzen in das grobe Gewebe unter mir. Ist das ein Kissen? Zugebenen, nicht gerade bequem, es fühlt sich eher so an, als sei es mit Stroh gefüllt. Als ich die Lider hebe scheint mir das schummrige Licht einer Kerze entgegen, die auf einem kleinen Tischchen steht, der nicht den stabilsten Eindruck macht. Ohne mich aus meiner Bauchlage zu erheben, schweift mein Blick durch den Raum. Wohl eher eine Kammer denn ein Zimmer. Auch der Rest des wenigen Mobiliars ist bescheiden; direkt gegenüber meines Stand- beziehungsweise Liegepunkts befindet sich eine dunkelblaue Stehwand, daneben ein altes Schränkchen und noch ein Stück weiter ein klappriger Stuhl, der sich einer Art Kommode zuwendet. Wobei auch die ihre Bezeichnung nicht wirklich verdient.

Durch ein Fenster, das ich nur knapp aus dem Augenwinkel erkenne, weht kühle Nachtluft herein. Nacht? Interessant, es kommt selten vor, dass ich nachts in einer Welt eintreffe.

Das Bett unter mir quietscht leise, als ich mich aufrichte, die Beine über den Rand schwinge und auf dem Holzboden aufkomme. Offenbar bin ich im Haus von jemandem gelandet. Und wer auch immer dieses „Zimmer“ bewohnt, ist wohl gerade nicht anwesend.

Ich denke nicht wirklich darüber nach, als ich einige Schritte tue und vor der Kommode stehen bleibe. Es ist bloß ein weiterer wacklig wirkender Tisch und die Ecken des darauf stehenden Standspiegels sind abgesplittert, aber die Mitte ist, bis auf ein paar Sprünge, noch gut erhalten. Die Neugier ist zu groß, darum schaue ich nicht sofort wieder weg, als mich meine eigenen Augen treffen.

So ein hässliches Grünblau… aber zumindest kann ich in beiden den Widerschein des Kerzenlichts erkennen. Was da im Hof der Wunder los war ist offensichtlich vorbei. Die Farbe bringt mich auf noch einen Gedanken und ich weiß genau, es ist das erste Mal, dass ich das tue. Und das letzte.

Wie in Zeitlupe drehe ich dem Spiegel den Rücken zu, greife nach den Strähnen meiner dünnen Haare, lege den Nacken frei und drehe dann ebenso langsam den Kopf, um über die Schulter zu schauen.

Silbrige, ineinander verflochtene Muster schließen sich, wie Spiralen des Wahns, um das faulig grünblaue Auge mitten auf dem größten Nackenwirbel. Es ist nur ein Mal, eine Abbildung, flach auf meiner Haut eingebrannt. Aber jetzt, wo ich es ansehe, kommt es mir so vor, als würde sich das Auge leicht nach außen wölben und mich beobachten.

Schnell lasse ich das Haar wieder zurückfallen und wende zeitgleich den Blick ab. Mein Atem geht hektisch – anscheinend habe ich die Luft angehalten. Ich warte, bis er sich wieder halbwegs normalisiert hat. Ein bitteres Lachen entflieht meiner Kehle, als ich noch einen Blick in den Spiegel werfe.

„Hallo, Monster…“, flüstere ich mir selbst zu, die Stimme ein Stachel des Sarkasmus. Schwarzer Humor ist erträglich. Er tut weniger weh als Ehrlichkeit.

Unvermittelt zerreißen Stimmen die Stille. Eine Tür wird geschlossen, dann sind Schritte zu hören und die Stimmen schnattern weiter. Ja, schnattern, denn sie klingen derart affektiert und klebrig, dass mich unwillkürliche Antipathie durchfährt.

Neugierig trete ich vom Spiegel auf das offen stehende Fenster zu und bin direkt sprachlos beim Anblick der strahlend weißen Türme, die sich in der Ferne erheben. Ein Schloss, prachtvoll und schön – es gibt mir irgendwie ein unbestimmtes Gefühl von Hoffung. Als die Stimmen von zuvor in Gelächter ausbrechen – das Geräusch könnte schlecht geölten Triebwerken Konkurrenz machen – löse ich mich von der Traumfestung und blicke nach unten, leicht erstaunt wie weit oben sich das Zimmer doch befindet. Auf dem Anwesen vorm Haus steht eine... Tja, ich bin sicher, den Begriff dafür zu kennen, aber die Erinnerung bleibt aus.

Drei – offenbar weibliche – Gestalten treten gerade darauf zu und verschwinden, noch immer in viel zu hoher Tonlage gackernd, im Inneren. Kurz darauf zieht ein Mann an den Zügeln einer Reihe von Pferden, die an dem Ding angespannt sind. Auf den Ruck hin traben sie los und tauchen wenig später in den Schatten des Waldes ein, der neben dem Haus beginnt.

Ich will mich gerade dazu bewegen, ihnen zu folgen, als plötzlich etwas aus dem Boden des Anwesens schießt. Fünf kleine, dunkelblaue Geschöpfe materialisieren sich, mit merkwürdig schlitzartigen Augen, die rot glühen. Nicht gelb.

Sie scheinen agiler als die schwarzen Schattenwesen, zwar ebenso abgehackt, fast nervös, in ihren Bewegungen, aber doch geschmeidiger, elastischer. Vielleicht sind sie mit ersteren verwandt, entspringen aber definitiv nicht derselben Art. Und noch etwas unterscheidet sie von ihnen.

Sie würdigen mich keines Blickes.

Selbst wenn viele Meter zwischen uns liegen, die gelbäugigen Schatten hätten mich bemerkt und ohne Umschweife angegriffen. Diesen hier bin ich herzlich egal. Ihr Interesse gilt scheinbar dem Wald und dem Gefährt, das eben hineingerattert ist, denn schon schleichen sie in besagte Richtung davon.

Hm. Wenn sie mir nichts tun, dann sehe ich auch keinen Grund, ihnen nicht zu folgen. Irgendwie erregen sie meine Aufmerksamkeit, diese Wesen, die wie die Halbgeschwister der Schatten wirken.

Ich stütze beide Hände aufs Fensterbrett und schwinge mich darüber. Die Höhe macht mir nichts aus; unsere Art ist nicht annährend so zerbrechlich wie viele andere. Ich lande mit beiden Füßen auf der platt getrampelten Erde und hadere nicht lange, ehe ich mich den blauen Wesen an die Fersen hefte.

Nachdem ich ein Stück in den Wald vorgedrungen bin, muss ich jedoch feststellen, dass die Verfolgung sich nicht so einfach gestalten lassen wird. Es ist stockdunkel, da nur wenig Mondlicht durch das dichte Blattwerk der Bäume dringt.

Du hast es mal wieder geschafft, Demon, denke ich mit einem Seufzen. Unmöglich, jetzt noch eine Spur aufzunehmen; wie auch bei den Schattenwesen ist die Aura der Rotäugigen kaum spürbar. So als wären es keine Lebewesen, nur Reflektionen oder – und dieser Ausdruck passt wohl am besten – Schatten. Meine Gedanken drehen sich weiter um diese seltsamen Zeitgenossen, während ich ziellos zwischen Bäumen und Farnen umherwandere und dabei völlig die Zeit vergesse. Es ist eine warme, freundliche Stimme, die mich schließlich wieder in die Wirklichkeit zurückholt. Aber sie spricht nicht zu mir.

Ich stoppe meinen Lauf und hebe den Blick vom Boden. Einige Meter von mir entfernt befindet sich eine Lichtung, auf der zwei Gestalten stehen und sich unterhalten. So leise es mir möglich ist, trete ich näher heran und luge zwischen den Bäumen hervor. Unwahrscheinlich, dass sie mich hier im Schatten bemerken.

„…du tief in deinem Herzen, dass Träume wahr werden können?“, sagt die Stimme von eben gerade. Sie gehört einer etwas älteren Dame in taubenblauen Gewändern. Ihre Züge sind liebevoll, weich und gütig. Nicht der kleinste Hauch von Missgunst.

„Das tue ich“, erwidert die zweite, deutlich größere und schmalere Gestalt. „Aber ich glaube auch, dass man sich anstrengen muss, damit sie wahr werden.“ Mir entgleiten die Gesichtszüge, als ich ihn näher betrachte. Es handelt sich um einen jungen Mann. Er ist sehr muskulös und allein seine Haltung spiegelt Willensstärke wider, Mut… und ebenso Sanftmut. Das Haar ist dunkel wie die Rinde der Bäume, die Augen kann ich im schwachen Licht leider nicht ausmachen. Aber das alles ist es auch nicht, was mich so von ihm fasziniert.

„Ja, natürlich“, antwortet die ältere Frau sanft. „Aber manchmal ist an Träume zu glauben leichter gesagt als getan. Cinderella glaubt daran, dass ihre Träume wahr werden können. Ich wollte ihr zeigen, dass sie Recht hat.“ Atemlos beuge ich mich noch ein wenig vor, um ihre Worte besser zu verstehen.

„Das also hat sie erstrahlen lassen“, sagt der Mann mit einem nachdenklichen Seitenblick auf das Schloss in der Ferne. „Der Glaube in ihrem Herzen, dass alles möglich ist… Wohin ist sie gegangen?“ Als er mit den letzten Worten wieder die Frau ansieht, kann ich seine Augen endlich genauer erkennen. Tief und dunkelblau wie Kobalt. Sein Blick ist erstaunlich direkt; so als wisse er ganz genau, was er wollte… Beneidenswert.

„Zum Hofball im Palast“, gibt die Frau zur Antwort und lächelt ihm aufmunternd zu. „Geh schon. Und wenn du sie dann tanzen siehst wirst du wissen, dass sie fest glaubt. Und das wird wiederum dir helfen, auch zu glauben.“

Der junge Mann nickt, wendet sich zum Schloss um und verschwindet kurz darauf zwischen den Bäumen. Die Frau sieht ihm noch einen Augenblick nach, dann beginnt ihre Erscheinung zart zu leuchten, zu schwinden, bis sie sich vollständig aufgelöst hat. Erst da erlaube ich mir, wieder zu atmen und meine Lungen beschweren sich prompt über die rabiate Behandlung.

Aber der Mann…

Noch immer nach Luft ringend, schiebe ich mich an den Bäumen vorbei und folge ihm. Es dauert nicht lange, bis ich ihn eingeholt habe, aber anstatt weiterzugehen, als ich das braune Haar identifiziere, springe ich hinter einen Stamm und presse den Rücken an die raue Rinde. Er bemerkt mich nicht und geht weiter seines Weges. So zielstrebig, so frei von Zweifeln… Was er wohl gerade denkt? Mit einer Hand greife ich nach dem Talisman auf meiner Brust.

Vielleicht ist es ja noch nicht zu spät. Vielleicht habe ich gerade, ohne es zu wissen, die richtige Richtung gefunden…
 

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So weit, so gut.

Mensch, Demon liebt ihre drei Pünktchen am Ende wirklich abgöttisch. ^-^ Ehrlich gesagt hatte ich nicht beabsichtigt, dass die so oft auftauchen – gibt es sonst eher selten in dem, was ich schreibe. Aber zu ihr passen sie, weil sie fast immer in ihrer Gedankenwelt lebt und dabei lässt man ja öfters den Schluss eines Gedankens ausklingen, als könnte sich gleich noch was anschließen – geht jedenfalls mir so. ^-^

Hier jetzt also der erste Schlenker zu Bbs. Um wen es sich bei dem braunhaarigen Kraftpaket handelt, dürfte klar sein, nicht? ;) Ich wollte Terra unbedingt noch weit am Anfang seiner eigenen Geschichte, einführen, da wo er noch – ich sag mal – glaubt zu wissen, was er tut.

Der Grund, warum ich Demon nicht mehr in ein Gespräch mit der guten Fee verwickelt habe, ist, dass ich keinen Bock auf noch mehr von dem Belehrungsgeschwafel ihrerseits hatte… ^-^’ Ne, Unsinn. Ich wollte einfach nicht, dass jemand anderes ihr die „Richtung“ weist – die soll sie alleine finden. Mal davon abgesehen, wäre sie bei den langen Ausschweifungen der Fee wohl nicht mehr vor morgen dazu gekommen, Terra zu folgen. ^-^

Mit dem Anfang und der kurzen Spiegelbild-Szene wollte ich die ersten Fäden für eine etwas düsterere und abtrünnigere Atmosphäre einweben; bisher ist mir das hier alles viel zu harmlos…-.- Ich versuche mein Bestes, um das in naher Zukunft besser hinzubekommen.

Also dann. Ich hoffe, es hat Spaß gemacht bis hierher. ^-^
 

Ganz großes Dankeschön fürs Lesen!

Rainblue



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Xaris
2011-08-28T02:16:38+00:00 28.08.2011 04:16
<3

OMG! Schon der Text am Anfang ist toll, mach schnell Lust auf mehr! :)
Hihi, bin schon zu müde um alles zu kapieren xDD
Way tut mir i-wie Leid q.q hoffentlich wird das wieder alles!
Hast du wie immer super hingekriegt, gibt nix zu mekern. :)


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