Zum Inhalt der Seite

Between Potions and Quidditch

Draco x Ginny
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Neuankömmlinge

Es war der Morgen des ersten Septembers. Ginny Weasley stand in ihrem Wohnzimmer und warf einen letzten Blick zurück in ihre Wohnung, die sie für eine ganze Weile nicht mehr sehen würde. Vor ihr standen zwei große Koffer, in denen sich Kleidung, Bücher und ihre Besenpflegeprodukte befanden. Ihr Nimbus lehnte direkt daneben. Mit einem Schwenker ihres Zauberstabes hexte sie ihr Gepäck samt Besen klein, nahm es an sich und steckte es in die Taschen ihres cremefarbenen Zauberumhangs, in den sie auch ihren Zauberstab steckte.
 

Noch einmal schaute sie um sich, ob auch die Lichter ausgeschaltet und die Fenster geschlossen waren. Die Nervosität war daran schuld, dass sie dies bereits zum dritten Mal überprüfte. Ginny ging zu ihrem Kamin und stellte sich dort hinein, nachdem sie sich aus der Schüssel, die auf dem Kaminsims stand, ein wenig Flohpulver genommen hatte. „Professor McGonagalls Büro!“, sagte sie laut und deutlich und warf das Flohpulver in den Kamin, woraufhin grüne Flammen zündeten und sie umhüllten. Nach nur wenigen Sekunden verschwanden die Flammen und als Ginny aus dem Kamin stieg, befand sie sich in einem völlig anderen Raum.
 

Ginny hätte dieses Büro auch wieder erkannt, wenn sie nicht gewusst hätte, wohin die Reise sie verschlagen würde. Während ihrer Schulzeit war sie schon einmal hier gewesen, als noch Albus Dumbledore Schulleiter von Hogwarts gewesen war. Die vielen Gemälde an den Wänden zogen ihren Blick auf sich. Erstaunt besah sie sich die Porträts, die die ehemaligen Schulleiter zeigten. Irgendwo musste hier auch–
 

„Ah, Ginevra! Wie schön Sie zu sehen.“
 

An dem Schreibtisch saß Minerva McGonagall, die sich erhob, als sie Ginny erkannte, um den Tisch ging und ihr lächelnd die Hände reichte, um sie höflich zu schütteln.
 

„Die Freude ist ganz meinerseits“, erwiderte Ginny und musterte ihre ehemalige Lehrerin, die um keinen Tag gealtert zu sein schien. Die grünen Augen sahen sie freundlich über die Brille hinweg an und auf ihrem bereits ergrauten Haar, welches zu einem Knoten zusammengebunden war, saß ein schwarzer Spitzhut.
 

„Ich bin ja so froh, dass wir Sie für uns gewinnen konnten und dass Ihre Zusage so kurzfristig möglich war. Nachdem, was der armen Rolanda widerfahren ist, brauchen wir jemand Gescheites, der den Erstklässlern das Fliegen beibringt.“
 

Was mit Madam Hooch geschehen war, hatte tagelang in den Zeitungen gestanden: Ein Klatscher hatte sie bei einem Quidditchspiel am Kopf getroffen und vom Besen geworfen. „Wie geht es ihr denn?“, erkundigte Ginny sich nach ihrem Wohlbefinden. Professor McGonagall sah nicht glücklich aus.
 

„Die Ärmste liegt im St.-Mungo-Hospital und ist leider immer noch nicht zu sich gekommen. Die Heiler tun alles, was sie können. Sie werden vorerst Rolanda ersetzen. Leider kann ich Ihnen noch nicht sagen, für wie lange das sein wird.“
 

Da in der Quidditchliga die Saison für dieses Jahr sowieso vorbei war – welche die Holyhead Harpies übrigens auch gewonnen hatten –, stand Ginny ausreichend Zeit zur Verfügung. Trainieren würde sie auch auf dem Schlossgelände können.
 

McGonagall ging zu ihrem Schreibtisch, nahm den Schlüsselbund, der dort lag und zog ein Stück Pergament von einem der vielen Stapel. „Mit diesen Schlüsseln haben Sie Zutritt zu Ihrem Büro und Ihren Privatgemächern. Der kleine Bronzene ist für die Truhe mit den Quidditchbällen. Und dies ist Ihr Stundenplan für die Erstklässler.“ Bevor Ginny aber einen genauen Blick darauf werfen konnte, fuhr die Schulleiterin fort: „Die Schüler werden in wenigen Stunden ankommen. Ich habe noch einiges vorzubereiten. Ein Lehrer wird Sie in Ihre Gemächer führen. Er müsste jeden Moment erscheinen. Er ist ebenfalls neu hier, aber Sie kennen ihn bereits. Sehr gut, würde ich sogar meinen. Gewiss werden Sie sich freuen, ihn wiederzusehen. Als er erfahren hat, dass Sie kommen, war er ziemlich aus dem Häuschen.“
 

Es klopfte an der Tür und als sie sich wenig später öffnete, kam ein junger, dunkelhaariger Mann in einem mitternachtsblauen Anzug herein. In den vergangenen Jahren hatte er sich positiv verändert, sein Gesicht war nicht mehr so rundlich wie früher. Es hatte jetzt sehr erwachsene Züge angenommen. Außerdem war er noch ein Stückchen gewachsen. Das, was er beibehalten hatte, war sein freundliches, ein wenig schüchtern wirkendes Lächeln, welches er auflegte, als er Ginny erblickte.
 

„Neville!“, rief sie überrascht und gleichzeitig erfreut. Sie hatte ja gar nicht gewusst, dass er ebenfalls in Hogwarts unterrichtete.
 

„Hey, Ginny!“ Mit drei großen Schritten hatte er die Distanz zwischen ihnen überschritten und sie in eine herzliche Umarmung gezogen. „Man, wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen!“ Mit seinen Händen an ihren Schultern hielt er sie auf Abstand, um sie einmal genauestens von Kopf bis Fuß zu mustern.
 

McGonagall, die diese Szene lächelnd beobachtet hatte, räusperte sich, ehe sie das Wort ergriff. „Professor Longbottom, führen Sie Madam Weasley doch bitte in ihre Gemächer.“
 

„Gerne. Sie haben bestimmt sehr viel zu tun.“ Neville deutete auf den überfüllten Schreibtisch. „Schreibkram und so’n Zeugs.“
 

Manch einer hätte Nevilles Aussage wohl als ‚frech‘ bezeichnet, aber die Schulleiterin lächelte. „Nun, auch das muss erledigt werden.“
 

„Hast du deine Sachen dabei?“, fragte Neville an Ginny gewandt. Neugierig sah er sich um, erspähte jedoch kein Gepäck. Aus ihrer Umhangtasche holte Ginny ihre kleingehexten Koffer heraus, die locker in ihre Hand passten und hielt sie Neville entgegen. „Na dann ist ja alles klar“, grinste er.
 

„Wir sehen uns dann zum Abendessen in der Großen Halle“, sagte Professor McGonagall. „Seien Sie ruhig schon früher da. Sie müssen noch den anderen Kollegen vorgestellt werden. Im Anschluss beginnt dann die Einteilung der Erstklässler und das Abendessen. Aber das kennen Sie ja vermutlich noch.“
 

Die beiden ehemaligen Gryffindors sahen sich an und grinsten. Es war erst wenige Jahre her, dass sie selbst noch Schüler gewesen waren.
 

Nachdem sie die Wendeltreppe hinunterstiegen, gingen sie durch den Flur, in dem ihre Schritte von den Wänden widerhallten. Innerhalb der Mauern sah es aus wie früher, so wie Ginny es in Erinnerung hatte, selbst die Treppen, die ständig ihre Richtung wechselten, waren da und versuchten sie zu ärgern. Beinahe schien es so, als hätte es den Kampf gegen Voldemort damals nie gegeben.
 

„Wir müssen in den dritten Stock“, erklärte Neville. „Mein Büro ist im siebten, in der Nähe des Gryffindor-Gemeinschaftsraums. Ich habe das, was McGonagall früher hatte. Jetzt, da sie Schulleiterin ist, ist sie nicht mehr Hauslehrerin von Gryffindor, weißt du?“
 

„Schade, ich fand sie immer ganz toll. Wer ist es denn jetzt?“
 

Neville grinste verlegen. „Ich“, gestand er leise.
 

„Ist nicht dein Ernst! Das ist ja der Wahnsinn!“
 

Mit roten Wangen zuckte Neville mit den Schultern, ein verlegenes, aber auch stolzes Lächeln umspielte seine Lippen.
 

„Was unterrichtest du?“
 

„Kräuterkunde. Die Aurorensache war irgendwie nichts für mich. Zum Glück ist es im Moment so ruhig, dass sie auf einen Auroren verzichten können und Professor Sprout wollte ihren verdienten Ruhestand antreten, also habe ich die Gelegenheit beim Schopfe gefasst.“
 

Ginny pfiff anerkennend und sorgte dafür, dass Nevilles Wangen noch roter wurden. „Nicht schlecht, Professor“, sagte sie und zwinkerte ihm zu.
 

„Wer hätte das gedacht – wir beide in Hogwarts! Als Lehrer!“
 

„Ich frage mich, ob McGonagall mich auch gefragt hätte, wenn wir nicht die Meisterschaft gewonnen hätten“, scherzte Ginny. „Aber ich stimme dir zu. Es fühlt sich an wie ein Klassentreffen.“
 

„Malfoy ist auch hier.“
 

Neville führte sie durch einen Korridor und sie bogen rechts um die Ecke, vorbei an einem Wandvorhang mit rosa Flamingos darauf. Das Grinsen war auf ihren Gesichtern verschwunden. Ginny hatte damals schon davon gehört, dass Malfoy in Hogwarts unterrichten sollte. Erneut lehrt ein ehemaliger Todesser in Hogwarts – Sind unsere Kinder wirklich sicher?, lauteten in jener Zeit die Schlagzeilen. Die gesamte Zaubererschaft war deswegen in hellem Aufruhr gewesen. Mittlerweile sprach aber niemand mehr davon.
 

„Er unterrichtet Zaubertränke, richtig?“, erkundigte sich Ginny.
 

„Richtig. Ich hab ihn noch nicht gesehen. Bin auch erst gestern Abend angekommen. Aber man hört so einiges.“
 

„Was denn?“, fragte sie aufgrund seiner beunruhigenden Betonung und malte sich schon die schlimmsten Szenarien aus. Neville war stehen geblieben und sah sie mit einer Mischung aus Unglauben und Überraschung an.
 

„Er scheint sehr beliebt bei seinen Schülern zu sein.“
 

Das war nun wirklich nicht das, was Ginny erwartet hatte. Nachdem Neville nicht erklärte, dass dies ein Scherz gewesen war, fragte sie: „Wirklich?“ Neville nickte.
 

„Wir sind da“, sagte er und jetzt erst bemerkte Ginny, dass sie vor einer Tür stehen geblieben waren. „Hast du den Schlüssel?“
 

Aus ihrer Umhangtasche zog sie den Schlüsselbund, den die Schulleiterin ihr gegeben hatte. Da Ginny lediglich Besenflugstunden unterrichten würde, benötigte sie nicht die Schlüssel zu den anderen Klassenzimmern, sodass ihr Bund aus ausschließlich vier Schlüsseln bestand. Nachdem sie aufgeschlossen hatte, betraten sie und Neville das Büro.
 

Der Raum war groß und durch die breiten Fenster schien viel Licht hinein. Von ihnen aus hatte man einen perfekten Blick auf das Quidditchfeld, das in weiter Ferne lag. Auf der Fensterseite stand der Schreibtisch und dem gegenüber befanden sich mehrere Schränke. Ginny öffnete die Türen und Schubladen, aber bisher befand sich noch nichts außer dem Mobiliar in diesen Räumlichkeiten. Das jedoch würde Ginny bald ändern. Ihr stand die Gestaltung des Raumes frei zur Verfügung. Des Weiteren befand sich hier noch eine kleine Sitzecke; drei Sessel, dunkelgrün bezogen – die Sessel würde sie später noch rot hexen, überlegte sie – und ein Tischchen in der Mitte, auf dem eine hölzerne Kiste stand. Hierbei handelte es sich um die Kiste mit den Quidditchbällen, die Ginny von ihrem damaligen Training wiedererkannte.
 

Eine weitere Tür stellte den Eingang zu ihrem privaten Zimmer dar. Flink fummelte sie an ihrem Schlüsselbund und probierte einen Schlüssel aus, der dem zu ihrem Büro von der Form und Größe her ähnelte und öffnete mit diesem die Tür. Dieser zweite Raum war beinahe genauso groß wie der erste. Ein großes Bett stand in der Mitte, daneben ein Nachtschrank sowie ein Kleiderschrank. Sämtliche Möbel waren aus Mahagoni. Eine weitere Tür befand sich an der linken Wand und Ginny vermutete, dass das der Eingang zum Bad war.
 

„Sag mal Neville, haben wir Lehrer unser eigenes Bad?“
 

„Jap“, kam prompt die Antwort von Neville und man konnte seiner Stimme anhören, dass auch er sich über diese Tatsache freute. Das gefiel Ginny. Wenigstens konnte sie jetzt das Privileg genießen, nicht mehr die Toiletten und Duschen mit anderen teilen zu müssen, so wie es die Schüler mussten.
 

„Ich muss gestehen, ich bin zufrieden“, sagte Ginny, als sie zurück in ihr Büro kam und sich neben Neville stellte, der aus dem Fenster sah. Während sie ihr neues Zimmer in Augenschein genommen hatte, war er im Büro geblieben. Das Zimmer einer Dame war nun einmal etwas Privates. Neville wusste, was sich gehörte.
 

„Wie geht es eigentlich Harry?“, fragte Neville, nachdem er seinen Blick von den Ländereien Hogwarts losgerissen hatte. „Was macht er so?“
 

Ginny spürte, wie ihr Glücksgefühl sich im Nichts auflöste. Unbewusst hatte Neville ein Thema angesprochen, welches ihr schwer zu schaffen machte. Dass sie mit Harry nicht mehr zusammen war, konnte er ja nicht wissen. Sie hatte gehofft, dass dieses Gesprächsthema nicht aufkommen würde, aber früher oder später wäre es wohl eh zur Sprache gekommen.
 

„Er ist mit Ron im Ausland. Geheime Aurorenaufträge.“ Die Antwort war kurz gehalten und sie hoffte, dass Neville verstand, dass sie dieses Thema gerne umgehen würde.
 

„Ja, das kenn ich“, sagte Neville, der vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls in der Aurorenzentrale unter Kingsley Shacklebolt gearbeitet hatte. „Aber ihr seid doch noch zusammen, oder?“
 

Und da war die Frage, die sie am meisten fürchtete. Er stellte sie so, als wäre es abwegig sich vorzustellen, dass das berühmte Paar – Harry Potter und Ginny Weasley – sich jemals trennen würde. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wäre es nie zu dieser Trennung gekommen, aber Harry war sein Aurorendasein lieber und so hatte er von heute auf morgen beschlossen ins Ausland zu gehen, um dort Schwarzmagier zu bekämpfen.
 

„Nein.“ Die Antwort kam leise über ihre Lippen. Sie versuchte Nevilles Blick auszuweichen. Ihm wollte sie jetzt nicht in die Augen sehen.
 

„Oh, wieso das denn?“ Nevilles Bedauern schien echt zu sein, aber Ginny wollte einfach nicht darauf antworten. Dieses Thema schmerzte sie noch zu sehr. Über die Trennung war sie noch nicht hinweg.
 

„Themawechsel, Neville.“
 

Aus ihren Taschen zog Ginny den Zauberstab, das kleingehexte Gepäck und ihren Besen und stellte die Sachen auf den kreisrunden Teppich. Mit einem non-verbalen Zauberspruch brachte sie ihre Sachen wieder auf die richtige Größe. Ginny nahm ihren Nimbus und setzte sich auf einen der Sessel.
 

„Oh. Tschuldigung.“ Eine angespannte Stille legte sich über sie, bis Neville erneut das Wort ergriff. „Mit mir und Luna ist es auch aus.“
 

„Was?“ Überrascht sah Ginny auf. „Wieso?“ Neville setzte sich auf den Sessel ihr gegenüber und verschränkte die Arme vor der Brust, den Blick auf den Nimbus in Ginnys Händen gerichtet.
 

„Ach, hat einfach nicht funktioniert. Sie ist jetzt mit diesem Scamander zusammen.“ Die letzten Worte nuschelte er so leise, dass Ginny sie beinahe nicht gehört hätte: „Ist ihr Seelenverwandter, hat sie gesagt.“
 

Genauso wie Neville gedacht hatte, dass sie und Harry für immer zusammen bleiben würden, so hatte Ginny angenommen, dass die Beziehung von Luna und Neville ebenfalls ein Leben lang hielt. Die beiden gehörten zu ihren besten Freunden und sie hatte sich für sie gefreut, als sie einander fanden. Die beiden waren so ein schönes Paar gewesen.
 

„Das tut mir leid, Neville.“
 

„Ist schon okay. Ich werde schon irgendwann die Richtige finden.“ Neville gab sich betont locker, aber Ginny erkannte, dass er log, da er ihrem Blick auswich. Es war nicht okay, immerhin waren der Gryffindor und die Ravenclaw ebenfalls mehrere Jahre liiert gewesen. Über eine Trennung kam man nicht so leicht hinweg.
 

Wenig später verabschiedete sich Neville, um sich für den Empfang in der Großen Halle vorzubereiten. Ginny nutzte die Zeit, um ihre Sachen auszupacken und alles einzuräumen. An die Wand brachte sie Halterungen an, sodass sie dort ihren Nimbus aufbewahren konnte. Die Besenpflegeprodukte verstaute sie in einem der Schränke.
 

Allmählich brach der Abend an und Ginny wurde immer nervöser. Die Schüler und Schülerinnen würden bald am Bahnhof in Hogsmeade ankommen und sich anschließend mit den Kutschen oder den Booten auf den Weg zum Schloss machen. Nachdem Ginny ein passendes Gewand ausgesucht und ihre langen roten Haare hochgesteckt hatte, machte sie sich auf den Weg in die Große Halle. Sie war neugierig auf ihre Kollegen, da abgesehen von den alten, ihr bereits bekannten Lehrkräften auch neue Gesichter dabei sein würden. Sie war so aufgeregt, dass ihre Finger kribbelten und sie fühlte sich wieder in ihr elfjähriges Ich zurückversetzt, das zum ersten Mal nach Hogwarts kam. Der heutige Tag war beinahe genauso emotional. Nachdem sie ihren Abschluss gemacht hatte, dachte Ginny, würde sie niemals wieder nach Hogwarts zurückkehren. Aber da war sie nun. Das neue Jahr konnte beginnen.
 

* * *
 

Draco saß bereits an seinem gewohnten Platz am Lehrertisch und wartete darauf, dass die alljährliche Prozedur begann. An diesem Abend würde es das zweite Mal für ihn sein, dass er die Begrüßung der Schüler und die Einteilung in die Häuser von diesem gehobenen Platz aus beobachten würde. Seine Sommerferien hatte er in Malfoy Manor verbracht. Seine Mutter war noch nie so begeistert und so stolz auf ihn gewesen. Stundenlang hatte er ihr berichten müssen, was in Hogwarts geschah, wie ihm das Unterrichten gefiel und was er so als Lehrer tat. Sein Vater war ebenfalls ganz zufrieden mit Dracos Leistung. Obwohl Lucius in den letzten Jahren oft über Hogwarts geschimpft hatte – was vor allem an der Leitung Albus Dumbledores gelegen haben mochte –, vertrat er die Ansicht, dass Lehrer für Zaubertränke zu sein besser war, als ohne eine Arbeitsstelle dazustehen – was Lucius wiederum im Moment tat, denn für ihn war es weitaus schwieriger einen ansehnlichen Job zu finden, da man ihm bedeutend mehr Misstrauen entgegenbrachte, als seinem Sohn.
 

Die verzauberte Decke in der Großen Halle zeigte eine wolkenlose Nacht. In nur einer halben Stunde würden die Schüler erscheinen. Allmählich trafen auch die Lehrer ein und nahmen nacheinander am Lehrertisch Platz. Der Sitz in der Mitte, welcher der Schulleiterin gehörte, sowie die drei Plätze zu Dracos linker Seite, blieben leer. Einer davon gehörte Hagrid, der in diesem Moment am Bahnhof in Hogsmeade stand, um die Schüler in Empfang zu nehmen. Nachdem Professor Sprout sich in den Ruhestand verabschiedet hatte und Madam Hooch noch immer komatös im St.-Mungo lag, hatte die Schulleiterin zwei neue Lehrer eingestellt. Draco hatte auch schon gehört, um wen es sich dabei handelte. Mit dieser Entscheidung war er natürlich reichlich unzufrieden gewesen und er hätte ein Dutzend gescheitere Personen vorschlagen können, die tausendmal besser für diese Posten geeignet wären, aber er wurde nicht gefragt. Wenn es nach ihm ginge und man schon dabei war Veränderungen am Personal durchzuführen, hätte man auch gleich Professor Binns rausschmeißen können. Besagter Professor saß am anderen Ende des Tisches. Cuthbert Binns hatte immer noch nicht bemerkt, dass er gestorben war und sein Leben seit mehreren Jahren als Geist fristete. Vielleicht würde Draco ja demnächst mal eine Bemerkung in seiner Gegenwart fallen lassen.
 

Während Draco den Geist anstarrte, hatte er gar nicht bemerkt, dass die Schulleiterin die Halle betreten hatte und nun, flankiert von zwei weiteren Personen, vor dem Lehrertisch stand. Erst als das Gemurmel der Lehrkräfte erstarb, erlangte sie auch Dracos Aufmerksamkeit.
 

„Willkommen zurück, meine Lieben“, grüßte Minerva McGonagall und sah die Lehrer der Reihe nach an. „Ich hoffe, Sie alle hatten angenehme und vor allem erholsame Ferien, sodass wir energiegeladen ins neue Schuljahr starten können. Wie Sie alle sehen können, habe ich hier unsere beiden Neuankömmlinge. Sie dürften einigen von Ihnen noch in Erinnerung geblieben sein, denn sie waren vor nicht all zu langer Zeit noch Schüler in Hogwarts.“
 

Obwohl Draco bereits wusste, dass Longbottom und Weasley nach Hogwarts kommen würden, um die Schüler zu unterrichten, verkrampfte sich sein Magen bei dem Anblick der beiden ehemaligen Gryffindors. Vor allem bei dem Rotschopf würde er Schwierigkeiten bekommen, seine alten Gewohnheiten bezüglich der Vorurteile abzulegen. Wenn Merlin auf seiner Seite stand, würde es Madam Hoch bald besser gehen und Weasley dadurch schnellstmöglich wieder verschwinden.
 

„Professor Longbottom“, begann McGonagall und zeigte auf den jungen Mann zu ihrer Rechten, der schüchtern lächelte, „wird in Zukunft Kräuterkunde unterrichten und Madam Weasley“, die Schulleiterin machte eine halbe Drehung, um nun auf die Rothaarige zu ihrer Linken zeigen zu können, „wird ab sofort für die Besenflugstunden zuständig sein und Madam Hooch als Schiedsrichterin bei den Quidditchspielen ersetzen.“
 

„Minerva, sagen Sie, wie geht es der armen Rolanda?“
 

„Leider unverbessert, Septima. Die Heiler tun, was sie können, aber der Klatscher scheint sie ziemlich hart getroffen zu haben.“
 

Betretenes Schweigen kam auf. McGonagall begann Neville und Ginny die anderen Lehrkräfte vorzustellen und nannte der Reihe nach Namen und Fachrichtung der Personen. Anschließend nahmen auch die letzten drei Platz. Neville und Ginny kamen nun in Dracos Richtung, da sich neben ihm die letzten drei freien Plätze befanden, von denen einer zumindest noch Hagrid gehörte. Bis dahin hatte er so ziemlich abgeschieden am Ende des Tisches gesessen. Neville war der erste, der bei ihm ankam, aber rein intuitiv setzte er sich auf den mittleren freien Platz und ließ den neben Draco weiterhin unbesetzt.
 

„Hallo.“
 

„Longbottom“, grüßte Draco höflich, dennoch kühl zurück,
 

Neville starrte ihn kurz an, lächelte dann aber und schlug ihm, über den freien Stuhl hinweg, freundschaftlich auf die Schulter. „Schön, dich zu sehen, Malfoy.“
 

Draco verschlug es prompt die Sprache, aber er hatte eh nicht vorgehabt, diese Konversation fortzuführen und Longbottom schien das auch keineswegs zu stören. Meinte der das Ernst oder fühlte er sich nur verpflichtet dazu, jetzt, da sie so etwas wie Kollegen waren, nett zu ihm zu sein? Und überhaupt, das war gar nicht der tollpatschige und schüchterne Gryffindor, den Draco von früher kannte. Die Zeiten hatten sich anscheinend wirklich geändert.
 

Ginny setzte sich genau zwischen Draco und Neville und schenkte dem Zaubertränkelehrer ein Lächeln, welches Draco nicht erwiderte. Es ärgerte ihn immer noch, dass die Holyhead Harpies die diesjährige Meisterschaft gewonnen hatten. Letztendlich war Draco – nach langem Hin- und Herüberlegen – doch zum Endspiel gegangen, nur um live mitzuerleben, dass eine Frauenmannschaft gewann. Und ausgerechnet eine der Spielerinnen von denen saß jetzt neben ihm!
 

Ihr rotes Haar trug sie zu einem Haarknoten zusammengebunden, was ihn an die Bibliothekarin Madam Pince denken ließ und er musste den Slytherin in sich zurückhalten, der liebend gern eine gehässige Bemerkung darüber von sich gegeben hätte.
 

„Es ist das erste Mal, dass wir gemeinsam an einem Tisch sitzen“, bemerkte Ginny und spielte somit auf alte Zeiten an. Draco fragte sich, wie es wohl aussehen würde, wenn selbst der Lehrertisch in die vier Häuser aufgeteilt werden würde. Vermutlich würde er dann als Slytherin so ziemlich der Einzige an seinem Tisch sein. Das wäre allerdings allemal besser, als neben der Weasleygöre zu sitzen, die ihn förmlich anstrahlte.
 

„Sieht wohl ganz so aus“, riss er sich zu einer Antwort zusammen, in dem Versuch höflich zu sein, denn das musste er, da er sonst womöglich aus Hogwarts rausgeschmissen wurde, auch, wenn seine Höflichkeit nur geheuchelt war.
 

„Bist du nicht etwas zu jung, um als Lehrer zu arbeiten?“ Draco fragte sich, wie sie nur so eine Frage stellen konnte, wenn neben ihr Longbottom saß, der in dem gleichen Alter war wie er. Sie selbst war sogar ein Jahr jünger als er, aber um Besenflugstunden zu unterrichten genügte es wohl ein Quidditchstar zu sein.
 

„Severus Snape war einundzwanzig, als er anfing Zaubertränke in Hogwarts zu unterrichten.“ Diese Information besaß er lediglich, weil er Snape: Schurke oder Heiliger? gelesen hatte.
 

„Ja, aber das war Snape“, sagte Ginny und er hörte eine Spur Respekt in ihrer Stimme mitschwingen. „Der konnte bestimmt schon Tränke brauen, als er noch Windeln trug. Ich würde mich an deiner Stelle nicht mit ihm auf eine Stufe stellen.“
 

„Ach, und was ist mit Longbottom? Der ist genauso alt wie ich und unterrichtet anscheinend ebenfalls“, empörte Draco sich, blieb jedoch bei gesenkter Lautstärke, um Longbottom nicht auf sich aufmerksam zu machen.
 

„Ja, aber er hat immerhin einen Abschluss“, bemerkte Ginny spitzfindig.
 

Draco rollte unfreiwillig mit den Augen. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er das siebte Schuljahr und die UTZ-Prüfungen auch der Gesellschaft von Voldemort vorgezogen. Aber wie so oft hatte man die Entscheidung nicht ihm überlassen.
 

Was erdreistete sie sich überhaupt so mit ihm zu reden? Draco platzte beinahe vor unterdrückter Wut und wenn sie beide nicht Lehrer, sondern Schüler wären, dann würde er hier und jetzt seinen Zauberstab ziehen. Aber diesen Kampf konnte er im Augenblick nur mit Worten ausfechten.
 

Draco räusperte sich und gab sich wieder kühl und distanziert. „Hübsche Frisur.“
 

Ginnys feingeschwungene Augenbrauen schossen in die Höhe, verwundert darüber ein Kompliment aus dem Munde Malfoys zu hören. Doch dann zogen sie sich skeptisch zusammen. Moment, ein Kompliment von Malfoy? „Wie meinst du das?“, fragte Ginny misstrauisch.
 

Draco warf demonstrativ einen Blick zur Schulleiterin, die in ein Gespräch mit Professor Wendel, dem neuen Lehrer für Verwandlung, verwickelt war. Da sie sich zu ihrem Gesprächspartner wandte und Draco und Ginny den Rücken kehrte, hatte man die perfekte Sicht auf ihre Frisur. Die Schulleiterin trug ihr Haar unter dem Spitzhut zu einem straffen Knoten frisiert.
 

„Wenn ich mich Recht erinnere“, begann Malfoy ihr zuzuraunen, „trägt Madam Pince dieselbe Frisur. Ist wohl ziemlich angesagt, in dieser Altersklasse.“ Nur mühsam konnte er ein hämisches Lachen verkneifen.
 

Nervös fingerte Ginny an ihrem Haarknoten herum. „Aber … so schlimm sieht es doch nicht aus … Oder?“, fragte sie unsicher und Draco stellte zufrieden fest, dass sein heimtückischer Plan aufgegangen war.
 

„Wenn du meinst.“ Insgeheim lachte er sich ins Fäustchen. Frauen waren so leicht zu manipulieren. Ein falsches Wort über ihr Aussehen genügte, um sie vollends zu verunsichern. Jetzt konnte er sich zufrieden zurücklehnen und den Abend genießen.
 

In diesem Moment öffneten sich die Türen zur Großen Halle und eine Schar von Schülern strömte hinein. Schritte und Gemurmel erweckten die Halle zu neuem Leben. Als jeder von ihnen seinen Platz am jeweiligen Haustisch eingenommen hatte, kam Hagrid herein, hinter ihm eine Gruppe Erstklässler. In den Gesichtern der Elfjährigen zeigte sich, abgesehen von der Nervosität, auch Vorfreude. Als sie vor dem Stuhl mit dem Sprechenden Hut zum Stehen kamen, erhob sich die Schulleiterin, um ihre Rede vorzutragen.
 

Das neue Schuljahr hatte begonnen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  YuMorino
2011-08-27T08:54:59+00:00 27.08.2011 10:54
Hallo
danke für die Benachrichtigung :)
Das Kapi ist mal wieder super gewesen.
Okay Ginny und Neville sind also wieder solo on Tour sind.
Und wie süß, dass Draco sie so verunsichern kann aber er wäre ja sonst auch keine Schlange ;)
Bin schon gespannt wie es weitergeht

LG
Yu
Von:  _Natsumi_Ann_
2011-08-19T21:23:33+00:00 19.08.2011 23:23
jetzt hab ich zeit aber musste erst ginnyxdraco lesen sorry xD
argh fängt ja schon mal gut an xD
ich liebe es wie draco ginny durch das kompliment irritiert xD
ich hoffe aber ginny und er streiten sich noch heftig , ginny ist doch auch temperamentvoll xD *fest hoff*

auf jedenfall ein toller start, wenn auch wenig passiert ist zwischen den beiden, und mir brennt es schon in den augen mehr zu lesen...

HarryxGinny und NevillexLuna sind auseinander oO das erste ist gut, das zweite ... öhm tut mir leid für neville ;_; aber hannah kommt ja ? oder wer anders ^^ maybe ^^
weiß nicht wen du gern mit ihm siehst...:D


freue mich auf nexte cap^^


Zurück