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Extravaganza

[HolmesxWatson]
von

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La bête du Gévaudan

Woyzecks Gesicht geisterte in seinem Kopf herum. Zerfloss immer wieder, ehe es sich festigen konnte. Mirco stöhnte auf, sein Kopf dröhnte, seit Woyzeck ihm etwas in die Venen gerammt hatte, fühlte sich sein Körper als wäre er auf eiskaltem Entzug. Spätestens jetzt war ihm bewusst, dass er eine Droge abbekommen hatte. Welcher Art, wusste Mirco nicht. Wie angewurzelt blieb er stehen und duckte sich hinter einem parkenden Auto. Eigentlich war er nur etwas umhergelaufen, völlig ziel- und planlos. Dann hatte er sich dazu entschlossen eine Kleinigkeit zu kaufen – ein Souvenir für Zuhause, wenngleich er nicht wusste, wann er jemals wieder in seinem vertrauten Land war.

Vorsichtig linste Mirco an dem Auto vorbei. Da stand der Baron und sprach mit jemandem. Erst auf dem zweiten Blick erkannte Mirco den Doktor. John.

Verwirrt zog er sich wieder zurück hinter sein Versteck. Vielleicht war die einzige Möglichkeit, mehr über den Baron und dessen Verhältnis zu Woyzeck herauszufinden, zusammen mit dem Doktor zu arbeiten. Wenn da nur nicht dieser Detektiv wäre. Er war Mirco unheimlich. Ehe er sich dazu entschließen konnte sich in das Gespräch zu integrieren, sah er, wie der Baron in das Hotel ging und John draußen stehen ließ.

„Junger Mann, haben sie etwas verloren?“ Mirco blinzelte und schaute nach rechts, wo eine runzlige alte Dame stand und ihn aus gelblichen Augen ansah. „Was… ja, ich hab meine Linse verloren.“ Schlechte Ausrede schalt er sich selbst. „Oh… wie schrecklich… sie sollten sich lieber eine neue kaufen, wegen der Bakterien und so… ja, ja…“ Mirco nickte und starrte ihr nach, wie sie sich langsam auf den Doktor zu bewegte. Verwirrt runzelte Mirco die Brauen – irgendetwas an der Dame stimmte nicht. Plötzlich riss ein Klingeln in seiner Tasche ihn aus seiner Starre.

„Ja?“- „Hör mit dem Versteckspiel auf und komm hoch. Sofort.“ Sprach der Baron an der anderen Leitung, wie immer ruhig und doch mit peitschenartiger Kälte.

Mircos ertapptes ‚Jawohl‘ ging im Rauschen der fahrenden Autos unter.
 

„Sagen sie, Jüngelchen, ist ihnen denn nicht kalt? Es ist ungesund völlig durchnässt draußen umherzulaufen. Es gibt Menschen, die an einem Schnupfen sterben können. Und sie sind doch so jung… ja, ja…“ – „Verzeihung, sprechen sie mit mir?“, irritiert starrte ich einer alten Dame entgegen. Sie hielt ihren Schirm etwas höher und linste unter einem Kopftuch hervor. Ihre vom grauen Star erbleichten Augen erblickten die Welt nur noch durch eine zentimeterdicke Nickelbrille. „Ja, natürlich. Oder sehen sie noch einen jungen Mann ohne Kapuze und Schirm? Ich jedenfalls nicht. Oh, wenn ich sie mir so genauer anschaue – kenne ich sie vielleicht von irgendwoher?“ Sie blinzelte eulenhaft, während sie ihre Brille etwas weiter ihren Nasenrücken hochschob.
 

„Nicht dass ich es wüsste. Vermutlich verwechseln sie mich.“ Ich lächelte entschuldigend. Doch die Dame schüttelte nur den Kopf. „Doch, doch, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihr Gesicht schon einmal gesehen habe.“ In diesem Moment fing meine Nase an zu jucken und ich nieste unterdrückt. Die Augen der Dame weiteten sich und sie nickte als wäre sie ein Experte. „Habe ich es nicht gesagt? Schnupfen ist nur die erste Folge von einer Grippe! Und wenn man auch noch so blass ausschaut, wie sie es tun, mein Lieber, dauert es nicht lange, bis das Fieber sie dahinrafft.“
 

Unweigerlich kam mir ein nachkriegsähnliches Bild in Gedanken. Ich fühlte mich, als wäre ich Ende der Vierzigerjahre katapultiert worden. Ich runzelte missmutig die Stirn. Mein Tag war zu lang um meine letzten Nerven an einer alten Dame zu verlieren – egal wie freundlich und fürsorglich sie auftrat. Ich war müde und so langsam fror ich wirklich.
 

„Ich muss doch noch…“ Murmelnd öffnete die Dame ihre Tasche, stockte und reichte mir kurz den Schirm. „Festhalten und zwar über uns beide, Jüngelchen!“, befahl sie scharf. Wortlos und etwas perplex tat ich wie befohlen und beobachtete sie bei ihrer Suche. Mit einem Ausruf der Freude zückte sie einen Schal hervor und wickelte ihn mir um den Hals. „Hier mein Sohn, damit wenigstens dein empfindsames Hälschen warm hat.“ Sie tätschelte meine Wangen, während ich ein leises Danke stotterte. Diese außerordentliche Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit trafen einen wunden Punkt in mir. Es wirkte so unendlich lange her, als jemand noch so nett zu mir gewesen war. In mitten diesem alltäglichen Grau, bestehend aus Arbeit und Fällen, wirkte diese Geste wie ein Kleks schillernder Farbe.
 

„Und hier, den auch noch. Sowie ein gutes Bonbon.“ Ihre warmen, zittrigen Finger legten sich um die meinen und drückten mir einen zweiten Schirm in die Hand, sowie ein Salbeibonbon. Ehe ich etwas Weiteres als ein schlichtes „Danke“ hervorbrachte, schritt sie von dannen.
 

Es war seltsam. Da stand ich nun mit Regenschirm, Schal und Bonbon bewaffnet, während der November sein regnerisches Kleid über die Welt legte. Der Schal roch seltsam vertraut. Mit einem leisen Schnauben schnüffelte ich an dem rauen Stoff. Unter all dem süßlichen Parfüm der alten Dame, lag etwas Herbes, Dunkles, was mich an virtuose Geigennächte denken, sowie unweigerlich das Antlitz meines besten Freundes im Gedächtnis aufblitzen ließ.
 

Herrgott, da war ich endlich aus dieser Wohnung draußen und dann verfolgte sie mich weiterhin! Grummelnd rammte ich eine Hand in meine Jackentasche, während ich in Richtung Stadtzentrum stapfte. Überall erklangen die Geräusche niederprasselnden Regens, wie er von Schuhen aufgespritzt, von Autos zerteilt wurde und auf die Dächer traf. Es war mehr Zufall als eigener Wille, als ich mich plötzlich zwischen Bücherregalen wiederfand und vor einem PC der Bibliothek saß.
 

Mit einem langgezogenen Seufzen starrte ich auf die Suchanzeige, ehe ich begann, das erste Wort einzutippen, welches mir in den Sinn kam: Baron. Es folgten Definitionen und verschiedene Stammbäume. Schließlich tippte ich jenen Namen ein, der seit geraumer Zeit Grauen in mir erweckte: Woyzeck. Eine geraume Weile schwebte mein Finger über der Entertaste. Nachdenklich biss ich mir auf meine Lippe, tippte ungeduldig mit meiner freien Hand auf die Tischplatte und ließ meinen Blick durch den Raum wandern. Dann glitt mein Finger höher und drückte anstatt auf ‚Entern‘ auf ‚Löschen‘. Kurz darauf hörte ich das vertraute Klackern der Tastatur als ich eine neue Suchzeile eintippte:
 

‚Moderne Bestie von Gevaudan‘
 

Es tauchten einige Artikel aus dem 18. Jahrhundert auf. Sie befassten sich mit ungeklärten Überfällen, die 100 Opfer gefordert hatte. La bête du Gévaudan begegnete mir immer wieder, mal die Filmversion aus dem Pakt der Wölfe oder andere Werwölfe. Es war faszinierend was die Menschen damals alles vermutet hatten und noch heute aus den Ränken der Vergangenheit schmiedeten. Doch es hatte nichts mit dem gemein, was ich suchte. Bis ich dann auf etwas stieß, was mir deutlich bekannt vorkam. Ich setzte mich auf und starrte auf das Bild. Übelkeit stieg in mir auf. Kurz schaffte ich es wegzuschauen, ehe ich es erneut anstarren musste. Mit zittrigen Fingern schrieb ich die Internetadresse ab, vervollständigte sie mit einer kleinen Notiz, stand ruckartig auf und verließ mit hämmerndem Herzen die Bibliothek. Vor dem Gebäude blieb ich stehen und hob den Kopf, legte ihn in den Nacken, während ich nachdenklich die Lippen bewegte. Vermutlich fand Sherlock meine Entdeckung nicht gerade interessant… Weil ihm der nötige Kontext fehlte…
 

Ich überquerte die Straße und schlug eine andere Richtung ein, als es mein erster Impuls geraten hatte. Es gab jemanden, der mir helfen konnte. Jemand der sich mit so etwas auskannte. Leopold Fritzgerald.
 

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@_Shutenshi_: Doch ich erinnere mich an dich^^ und jede neue Zeile in deinen Kommentaren erfreut mich immer wieder aufs Neue! Vielen Dank möchte ich dir sagen! Danke und nochmals danke! Es ist toll, dass die FF auch hier auf mexx funktioniert und nicht nur auf ff.de :) es baut auf und erfreut einen, ständig ein Kommentar zu lesen, dann auch noch ein so schön langes!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sisilia11
2012-09-21T22:23:01+00:00 22.09.2012 00:23
Hallo,
ich habe heute deine FF in einem Rutsch gelesen. Sie gefällt mir wirklich gut, da sie nicht nur spannend ist sondern sich auch gut lesen lässt. Vor allem das Verhältnis zwischen Sherlock und John hast du gut herausgearbeitet. Nicht zu schnell, so dass man das ganze wirklich nachvollziehen kann. Ich hoffe du veröffentlichst bald die nächsten Kapitel, denn ich bin wirklich gespannt wie es weiter geht. :)
LG
Sisilia


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