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Extravaganza

[HolmesxWatson]
von

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Namenlose Dinge

Als Mirco aufwachte, glaubte er zuerst er sei tot. Bis er den kalten Schleier wahrnahm, der seine Haut benetzte, sowie das gleichmäßige Tröpfeln, welches seinen Ursprung von einer defekten Regenrinne hatte. Woyzeck hatte ihm nichts getan, als nichts mit der Folge Tod. Mit zittrigen Knien und einer gallenartgien Übelkeit kam er schwankend auf die Beine. Ein Hinterhof, alt und schmutzig, Graffiti an den schimmligen Wänden, Müll stapelte sich daran empor, bildete neue Gebilde, ein ganz kleines eigenes London. All dies wirkte auf Mirco, als sei es in wattebauschige Träume gepackt – gänzlich aus der Realität gerissen, hinein in die verdrehte Welt des Surrealen. Taumelnd trat er aus den Schatten des Hinterhofs, auf den Bürgersteig. Er musste zum Baron, er wartete bestimmt schon auf Mirco.
 

Er wirkte nicht sonderlich überrascht, Im Gegenteil, sein Gesicht spiegelte stilles Erwarten wieder und der selbe überzeugte, wissende Ausdruck lag auf den hager werdenden Zügen des Barons, wie ich ihn bei Sherlock kannte, wenn dieser bereits das Ende des Falles im Kopf rekonstruiert hatte. Dennoch wirkte das Mienenspiel starr, versteinert, einzig die grünen Augen streiften mich mit eine Art sorgevollem Blick, doch auch diese Geste war rasch wieder verflogen. Theatralisch seufzte der Baron und trat mit einem hereinheischendem Wink zur Seite: „Wahrlich ein unangekündigter Besuch. Wie soll ich mich nun darauf vorbereiten?“
 

„Wie wäre es mit der schlichten Wahrheit.“ Rhetorisch fragte Sherlock und drängte sich in den Raum. „Wir haben ein kleines Präsent für sie abgepasst, doch leider konnten wir es nicht herbringen… Oh, wie ich sehe haben sie bereits eine ähnliche Einladung bekommen.“ Sherlock war in das Schlafzimmer getreten, der Baron und ich folgten ihm. Braune Wellen verdeckten das Gesicht unseres Klienten, als dieser sich neben Sherlock gesellte.
 

„Wie kommt ihr darauf, dass der Kopf in der Pathologie für mich bestimmt war?“
 

„Woher wissen sie?“ – „Mein hochverehrter Doktor, vergeben sie mir meine Schroffheit, doch auch ich habe meine Kontakte. Außerdem ist mir dies hier,“, er machte eine raumumfassende Handbewegung, „ist mir sehr wohl bekannt. Lassen sie mich raten: mein Schwager ist nicht auffindbar?“
 

Wütend funkelte Sherlock den Baron an. „Feigen.“ Einer geifernden Schlange gleich, zischte das Wort aus Sherlocks Lippen hervor, stieß in das Gehör des Zuhörers und verpestete es mit Unwohlsein. „Oh, aber bei unserer ersten Begegnung gab es keine Feigen, keine getrockneten jedenfalls. Ups… hat der Detektiv nicht auf die Antwort seines getreuen Doktors gewartet? Kein guter Einstieg, meine Herren? Wollen sie mich nun ins Wohnzimmer geleiten? Dort deduziert es sich besser als hier. Oder hat der große Sherlock Holmes irgendetwas in diesem Zimmer gefunden?“ Spott, Hohn und auch eine unterschwellige, allgegenwärtige Drohung, vermischten sich zu einer einzigen Stimme, deren Akzent ebenso klang wie eine geschmetterte Peitsche. Ich brauchte nicht Sherlocks Schlussfolgerungen, um genau zu spüren, dass der Baron genau wusste, wie man regiert, Ränke schmiedete und vor allem Befehle gab. Ich schluckte. Fragend huschte mein Blick zu Sherlock, gleichzeitig wurde ich wütend. Auf mich selbst, denn erneut benötigte ich anscheinend Sherlocks Zustimmung um zu Handeln. War ich wirklich so treu? Das Wort ‚JA‘ griente mir hinter meiner Schädeldecke entgegen.
 

Dann fiel mir etwas ein: der Baron hatte etwas von einer ersten Begegnung gesprochen und davon, dass es gar keine getrockneten Feigen gegeben hatte. Ich dachte nach, Erinnerungen kamen hoch, an das Zimmer, welches wir nun betraten, da stand erneut die Karaffe, an die ich mich eindeutig erinnern konnte und… getrocknete Feigen, an die ich keinerlei Erinnerungen hatte. Also war Sherlock noch einmal hier gewesen, ohne mich in Kenntnis zu setzen.
 

„Fünf Dinge, die ich in ihrem Zimmer gefunden habe, Baron.“ Grollte Sherlock, als er sich auf einen Sessel schmiss, die Beine verschränkt, den Blick eisern auf unseren Klienten gerichtet. „Und ich bin mir absolut sicher, dass diese fünf Dinge mir nicht weiter helfen. Sie sind gut, sehr gut.“ Der Baron zuckte mit den Schultern. „Liegt an meinem Beruf. Nun?“
 

„Der Name des Seemannes. Warum war er hier, es musste wegen einer Information sein. Hafen, also eine Fracht? Keine große, aber wertvoll, nicht der Wert von Geld oder Gold, persönlich. Ihre Brauen ziehen sich angstvoll zusammen, also nicht nur persönlichen Werts, sondern auch gefährlich. Ich vermute er musste sterben, weil er im direkten Kontakt mit ihrem ‚Schwager‘ gewesen war, habe ich Recht oder habe ich Recht?“
 

Der Baron lachte leise auf. „Ist er nicht großartig. Sieht die Welt im Schein der Deduktionen, aber wie sehen sie sie, Doktor Watson? Keine Deduktionen, kein ewiges Beobachten und Erkennen, sondern etwas, was mit Urinstinkten zu tun hat, nicht wahr?“ Ich wurde das Gefühl nicht los, dass obwohl der Baron eigentlich Sherlock konsultiert hatte, er mich als Ermittler wollte. Sein Blick fräste sich in meine hintere Gehirnwand und mir wurde heiß und kalt gleichzeitig.
 

„Sie kennen den Lärm des Gefechts, würden da Deduktionen helfen? Wenn das Gehirn zu langsam ist zu erkennen, dass der Körper in dem es sich befindet, gleich in Stücke gerissen wird? Sie kennen Instinkte, kennen die Sprache des…“ Der Baron lächelte leicht und ich sah erneut das geteilte Gesicht eines Diavolos, sowie Heiligen. „…Herzens, der Seele. Erstaunlich… wirklich erstaunlich.“
 

Sherlock spannte sich an. Da lag etwas in der Luft, eine drückende Gefahr, ausgehend von zwei Parteien und ich saß dazwischen. Es schien so, als wäre ich Bestandteil einer Schlacht zwischen zwei hervorragenden Geistern. Und ich konnte ahnen, wohin dies führen würde: zu meiner Vernichtung.
 

Was?“, mein Kollege sprach ruhig, doch irgendwie wirkte seine Stimme gepresst, dunkel loderte Finsternis in seiner Iris auf. Der Baron lehnte sich zurück und schüttelte mit einem süffisanten Grinsen den Kopf. „Oh, nein, dieses Rätsel, soll der Detektiv selbst lösen. Aber falls es sie immer noch interessiert: Björn Hanson, hieß der Tote.“
 

Es dauerte nur wenige Sekunden, aber die verschiedenen Emotionen, die über Sherlocks Züge glitten, faszinierten und besorgten mich gleichermaßen. Da war so vieles, dessen Namen mir nicht bewusst war, das namenlos blieb, egal wie oft ich es auf dem Gesicht des Detektiven sehen sollte. Irgendetwas kribbelte in meiner Bauchgegend und das Raunen in meinem Kopf schwoll leise an, es war angefüllt mit Namen, die ich nicht kannte, mit Bezeichnungen, die keinerlei menschlicher Sprache entsprungen waren.
 

Sherlock sprang auf und ergriff meinen Arm. „Wir sollten so schnellst wie möglich verschwinden. Wenn sie weitere Informationen haben wollen, sollten sie uns besuchen kommen, sie wissen ja, wo man uns findet.“ Sprach er, während ich hinter ihm her stolperte. „Auf wiedersehen.“ Säuselte der Baron, während er sich etwas einschenkte und uns zu winkte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Nara-san
2012-06-05T21:23:11+00:00 05.06.2012 23:23
Der Typ ist schon böse! Echt!
Aber so ganz versteh ich den Fall immer noch nicht (Was die Sache so spannend macht!!! ^^)
Ich freue mich riesig auf das nächste Kapi! x3
Von: abgemeldet
2012-06-05T19:43:22+00:00 05.06.2012 21:43
Hallo^^

Ich freue mich schon immer, dass ich jeden Tag zwei neue Kapitel lesen kann ;)

Das der Baron keine allzu weiße Weste hat war ja schon klar^^ Somit nicht verwunderlich, dass er was mit dem Toten zu tun hat. Armer Mirco. Ich fange langsam an ihn zu mögen. Ich liebe den einen Satz aus dem 18. Kapitel: "Die Art wie er meinen Namen aussprach, zerriss etwas in mir. Eine Welle dunkler Wehmut, schwer und bitter, rollte über mich."

In deinen ganzen Kapiteln schwingt immer so eine Melancholie mit, vor allem zwischen Sherlock und John, finde ich zumindest. Irgendwie passt dazu as typische britische Wetter ;)

"„Auf wiedersehen.“ Säuselte der Baron" dabei musste ich doch ginsen. Die Vorstellung wie der Baron das hinter Sherlock und John hersäuselt (am besten noch in einem pinken Bademantel) ist echt nicht schlecht xD

LG
Shuti


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