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Extravaganza

[HolmesxWatson]
von

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Ein Hauch von Dramatik

Für einen Moment schmolz jene Maskerade aus Stolz, Erhabenheit und dem dichten Netz feingewobener Lügen dahin und hinterließ einen Ausdruck des Schmerzes, der unseligen Sorge und dem Wissen, dass es ein trauriges Ende sein würde, welches den Baron erwartete. Er seufzte, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Trübsal wollte sich über ihn legen, doch mit einem unwirschen Geräusch rief er sich zur Raison. „Herr? Geht es euch nicht gut?“, erklang die vertraute Stimme und der Baron wandte den Kopf ab und begegnete dem aufmerksamen Blick seines Dieners. „Sieh‘ mich an, Mirco-“ – „Das wäre eine schlechte Idee, Herr, schließlich muss ich auf die Straße Acht geben.“ Der Baron lachte leise und es war kein fröhlicher Laut, nein, es klang müde und verbittert. Dann begann der Baron zu schweigen, betrachtete kurz sein eigenes Spiegelbildnis in der getönten Fensterscheibe, konnte den grauen Schleier einer gar bösartigen Krankheit erkennen und spürte wie er sich selbst eine zynische Parodie eines Lächeln schenkte. „Herr?“, ertönte Mircos unsichere Stimme. „Nichts, Mirco, fahr einfach.“, winkte der Baron ab und beobachtete das selige Treiben Londons.
 

Kaum war ich unten angekommen, griente mir ein Abgrund des puren und reinen Chaos, welches einzig und allein ein Mensch wie Sherlock Holmes erschaffen konnte, entgegen und ergötzte sich an meiner Fassungslosigkeit. Neuartige Kreationen des schiefen Turmes von Pisa wuchsen wie Pilze aus dem Boden empor, ihr Gemäuer sowie Gerüst bestand aus Büchern jeglicher Breite. Plötzlich stutzte ich. „Wieso liegt mein Laptop unter einem Stapel…“ Ich stockte und riss die Augen auf. „Ist das Schimmel?“
 

Sherlock sah auf und begegnete meinem entsetzten Blick mit einer morbiden Gelassenheit, dass ich spüren konnte, wie Wut sich in meinem Blut ansammelte und auszubrechen drohte. Wo war noch mal dieser verfluchte Stock? Ach, stimmte ja, oben in meinem Zimmer, registrierte ich und spürte einen Hauch des Phlegmatischen als ich fast schon träge dachte: zu weit weg.
 

„Nun John, das ist sehr wohl eine Ansammlung unterschiedlichster Pilzkulturen, doch das dekadente Wort ‚Schimmel‘ hat diese höchst interessante Flora nicht verdient. Das wäre als würdest du mich auf die gleiche Stufe von Donovan stellen.“ Sherlock hob in lässiger Empörung eine Braue. Seufzend gab ich auf, nicht ohne vorher ein Wort in meinem Kopf hallen zu hören: Narzisst.
 

Ich fuhr mir nachlässig durch die Haare, dachte im insgeheimen, dass ich sie endlich etwas kürzen sollte. „Warum noch mal bin ich jetzt hier und nicht in fünfzehn Minuten?“ Sherlock hob aufgeregt die Brauen. „Ah, sehr gute Frage, John!“ murmelte er leise. „Ich wollte dir nämlich etwas zeigen.“ Er kramte in seiner Hosentasche und zog den leicht zerknitterten Zettel hervor. „Mir ist etwas Seltsames aufgefallen. Da die Schrift keineswegs männlichen oder weiblichen Ursprungs hat, erzählt sie vom Geschlecht des Verfassers nicht gerade viel. Doch die Art und Weise mit welcher Sorgfalt die Reihen und Sogar die Kästchen auf dem Papier eingehalten wurden, zeugen von einem Menschen, der alles akkurat gestaltet und ich glaube jene Art wie das ‚e‘ geschrieben wurde, kann uns einiges über die Heimat des Schreibers aufklären. Siehst du welche Ähnlichkeit es mit einem russischen Buchstaben hat?“ Er deutete auf ein ‚e‘ und beobachtete aufmerksam jede Bewegung meinerseits.
 

Verwirrt starrte ich auf jenen – für Sherlock höchst interessanten- Buchstaben, doch meine Kenntnisse im Bereiche der russischen Sprache sowie Schrift zeichneten sich durch deutlichen Mangel dessen aus. Das ‚e‘ sah aus wie jegliches andere ‚e‘ auch. Frustriert seufzte Sherlock. „John, ich dachte ich hätte dir wenigstens ein bisschen beigebracht wie man richtige Deduktionen macht. Dieser ‚Baron‘ ist jemand, der aus Russland kommt, neben seinem scheinbar selbsternannten Titel, bezeugt dieses ‚e‘ ebenfalls davon. Außerdem scheint er ein Mensch zu sein, der im Jahrzehnt des technischen Fortschritt, ebenfalls in den tieferen Gefilden des romantischen Briefschreiben bewandert ist. Sie seine Art an, wie er die jeweiligen Sätze unterteilt, als wären sie eine Strophe aus einem Gedicht!“
 

„Oh.“ So geistreich wie eine widerkäuende Kuh entschlüpfte mir dieser Laut. Sherlock schnaufte leise. „John, wer auch immer dieser ‚Baron‘ ist, ich gebe dir mein Wort darauf, dass er eine ähnliche Stellung in der Politik innehat, wie Mycroft.“
 

Stopp, das war jetzt zu schnell. Verwirrt starrte ich auf den Zettel und versuchte die Schlüsse, welche Sherlock gezogen hatte, in meinem Kopf logisch zu rekonstruieren, doch egal wie lange ich den Zettel schier mit meinem Blick malträtierte, so schwieg das Stück Blockpapier beharrlich und verweigerte meinem Verstand jegliche im Detail versteckte Information.
 

„Wie kommst du darauf? Außerdem würde er dann nicht eher auf einem richtigen Briefpapier schreiben wollen?“ Kurz huschte ein Lächeln über sein Gesicht, leichter Tadel schwang darin mit und erneut wurde mir eine seltsame Regung in seinen sonst so klaren, wachsamen Augen gewahr: für einen winzigen Moment, so kurz wie ein einfacher Wimpernschlag, schien etwas in den grauen Untiefen zu brodeln, so intensiv wie das glühende Herz der Erde, doch rasch verschwand jener Ausdruck und wurde von der Kühle eines berechnenden Geistes ersetzt.
 

„John, diese Frage habe ich mir auch gestellt und genau jenes Papier war es, was mich am Ende dazu brachte, dass unser werter ‚Baron‘ einen gewissen Hang zur Dramatik hat.“ Er öffnete den Mund und seine Augen schier vor Aufregung zu sprühen, doch ich unterbrach ihn: „Wie meinen?“ Ich musste wohl sehr verdutzt drein geschaut haben, denn plötzlich erklang ein leises, dunkles Lachen und Sherlock schüttelte leicht den Kopf. Immer noch irritiert und leicht wütend verschränkte ich die Arme vor der Brust.
 

„Ganz einfach: ein Mann, der gerne seinen Standpunkt als politische Kraft und noch dazu höherer Gesellschaft bestimmt, würde keineswegs darauf verzichten wollen sein eigenes Briefpapier zu benutzen. Aber ein Mann, der klug ist und versucht ein wenig von sich preis zu geben – nicht viel, nur gerade so, dass man sich ein ungefähres Bild von ihm machen kann- würde es sich erlauben seinen gesellschaftlichen Standpunkt nicht so sehr zu verdeutlichen. Außerdem“, er wedelte kurz mit der Hand, ehe er sich von mir abwandte und aus dem Fenster sah, „sind Romantiker, die in Zeiten der SMS immer noch auf einen Brief- oder wie in unserem Fall- einen Zettel setzen, ebenfalls ein bisschen dramatisch veranlagt. Woran lässt uns ein Brief denken? An Liebschaften, an viktorianische Zeiten, als es noch keinerlei Mobiltelefone gab, an Orte mit dem Hauch von der Poesie Shakespeares und dessen Hang zur Dramatik. Warum sich die Mühe machen etwas von Hand zu schreiben, es anschließend mit der Bitte an Mrs Hudson übergeben, dass diese den Zettel erst nach einer Stunde an uns weiterleiten würde, wenn man nicht vor hat, einen Schuss Dramatik in diesen Fall zu bringen.“ Er seufzte kurz und fuhr sich mit den langen Fingern durch die wilde Lockenmähne.
 

Kurz schielte er zu mir herüber und ich erwiderte seinen Blick. Er fühlte sich unsäglich intensiv an, doch ich konnte nicht recht verstehen warum. Es war als versuche sich Sherlock meine Mimik schier ins Gedächtnis zu brennen. Aus einem unangenehmen, mulmigen Gefühl heraus schluckte ich leicht und brach den Blickkontakt blinzelnd ab. Irgendwie fühlten sich meine Hände feucht an, kurz ballte ich sie und schüttelte leicht den Kopf. Sherlock ließ mein eigenartiges Gebären unkommentiert.
 

„Und warum, all die Dramatik? Um dein Interesse zu wecken?“ Fragte ich in die unangenehme Stille hinein. „Vermutlich“ murmelte er, doch irgendwie hatte ich das untrügliche Gefühl, dass hinter jenem kleinen Wort noch ein gänzlich anderer Satz verborgen lag, was für einer und welche Bedeutung er hatte, wusste ich noch nicht.
 

Ein Räuspern riss uns aus der Starre. Ich wirbelte herum und erblickte einen Mann.
 

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Danke für deine Kommis ;D es freut mich, dass die FF jemandem gefällt!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Jackiieh-Chan
2011-08-17T12:56:57+00:00 17.08.2011 14:56
Und schon wieder ein Kapitel....du bist toll :)

Und trotzdem würd ich immer noch weiter lesen wenn ich könnte hehe xD

lg Jacky


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