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Die Chroniken der Uchiha

Der verfluchte Clan
von

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Arekuruu sensō - Kriegswüten

Ein Toter ist eine Tragödie.

Eintausend Tote sind eine Statistik.
 

XxX
 

April 17
 

„Ich will nicht gehen, Nii-sama!“, flüsterte Shinoi. Ihre Hände waren in seinem Kimono verkrampft und sie gab sich alle Mühe nicht zu weinen. Es gelang ihr nicht.

„Du musst“, flüsterte Madara und strich ihr sanft übers Haar. Er war mittlerweile größer als sie. Auch wenn er jünger als sie war, so war es doch seine Aufgabe sie zu beschützen. Auch wenn das bedeutete, dass er sie wegschicken musste.

„Shinoi-chan... Wir müssen los.“

Es tat Madara mehr weh als er zugeben mochte, aber schließlich löste er Shinois Hände aus ihrer Umklammerung und übergab sie an Yato.

„Pass gut auf sie auf“, forderte er mit einem Hauch von Drohung in der Stimme.

„Das werde ich, Madara-sama“, versprach er feierlich. Er nickte auch Izuna zu, der sich bereits verabschiedet hatte und schwach lächelte.

Doch Shinoi kam noch einmal zurück, griff seine Hände.

„Bitte, Nii-sama... Versprich mir, dass du vorsichtig bist! Und du – Izuna-sama, du genauso!“

Madara lächelte leicht. Shinoi war selten so emotional. Er schob es auf die Schwangerschaft. Es stimmte, sie war bisher immer da gewesen wenn er eine große Schlacht zu schlagen gehabt hatte. Jetzt aber würde sie fort sein. Mindestens ein halbes Jahr. Verlängerte Flitterwochen, hieß es. Die Wahrheit war, dass der Clan sie sicher wissen wollte. Das Leben in ihrem Leib war kostbar. Derzeit gab es nur drei Schwangere im Clan. Eine von ihnen war bereits Witwe. Diese drei, sowie die beiden verbliebenen Ehemänner würden Shinoi und all die anderen Kinder, die zu jung waren ein Kunai zu halten, nehmen und sie weit, weit weg bringen.

Diesmal waren die Uchiha entschlossen, nicht zu verlieren.

Sanft legte Madara seine Hände an ihre Wangen und sie sah mit Tränen in den Augen zu ihm auf. Madara war kein Dummkopf. Er wusste, dass das gut und gerne das letzte Mal sein konnte, dass er sie sah.

„Ich liebe dich“, flüsterte er, so leise das nur sie es hören konnte. „Vergiss das nie.“

Shinois Augen weiteten sich. Madara sprach nie über seine Gefühle. Diese drei Worte hatte er noch niemals ausgesprochen. Nicht seinen Eltern und nicht seinen Geschwistern gegenüber, obwohl sie natürlich wusste wie wichtig sie ihm waren.

Sanft küsste er seine Schwester auf die Stirn. Dann beugte er sich herab und drückte einen leichten Kuss auf ihren Bauch, der bereits eine leichte Schwellung zeigte.

„Du wirst ein gesundes, kräftiges Kind auf die Welt bringen. Versprichst du mir das?“

Shinoi nickte heftig.

„Gut. Dann geh jetzt. Sie warten nur noch auf dich.“

Shinois Lippen zitterten für einen Moment. Dann schlang sie ihre Arme um seinen Hals und drückte ihn so fest, dass ihm die Knochen weh taten. Sie tat das gleiche mit Izuna bevor sie endlich die Kraft aufbrachte sich abzuwenden.

Madara sah dem Zug noch lange nach. Shinoi drehte sich immer wieder nach ihm um, aber irgendwann waren sie am Horizont verschwunden.

Madara spürte eine Präsenz hinter sich. Ohne sich umzudrehen sagte er mit merkwürdig stumpfer Stimme, die Izuna zusammenzucken ließ:

„Es wird Krieg geben, nicht wahr?“

Er spürte es, spürte es in seinem Blut, und roch es in der Luft. Der Geruch von Blut. Shinoi hatte es ebenfalls gespürt.

Hisa legte ihm sanft eine Hand auf den Arm.

„Der Befehl kam gerade erst herein. Wir haben Späher ausgeschickt und sie haben gesehen, wie die Senju sich auf die erste Schlacht vorbereiten.“

Madara nickte. Er hatte nichts anderes erwartet. Die Verhandlungen waren nicht gut gelaufen. In den ersten Wochen noch hatte Madara die Sitzungen beinahe genossen. Ein ums andere Mal würden sich Hashirama und er ein stummes Duell liefern, ein hartnäckiger Kampf in einer Welt, die nicht existierte. Sie würden lange Spaziergänge durch die Gärten unternehmen und über gänzlich unwichtige Dinge reden. Doch als die Stimmung zwischen ihren Auftragsgebern immer angespannter wurde, hatten auch sie sich voneinander distanziert. Sie konnten es sich nicht leisten, irgendwelche Art von freundschaftlichen Gefühlen für den jeweils Anderen zu entwickeln, wen sie schon bald wieder ernsthaft gegen ihn kämpfen mussten.

Madara war froh, das Shinois Hochzeit nicht von den Spannungen getrübt worden war. Es war ein großartiges Fest gewesen. Die Kunoichi aus ihrer Gruppe hatten kunstvolle Feuertänze aufgeführt und Dutzende von flammenden Blumen in den Himmel geschossen. Es hatte Musik und Tanz im Überfluss gegeben und Madara hatte seine Schwester noch nie glücklicher gesehen.

Doch als sich nach und nach abzeichnete, dass die Verhandlungen scheitern würden, hatten die Ninja sich wieder auf einen neuen Krieg vorbereitet und die Festagslaune war schon bald vorüber.

Die Sitzungen an denen Madara teilnahm kamen zu einem abrupten Ende als Hashirama sich in den Westflügel schlich, um den Daimyo zu töten. Natürlich erwischte Madara ihn und natürlich kam es zum Kampf. Er war ein Shinobi und als solcher verstand er, dass Hashirama einem Befehl gehorchen musste. Trotzdem bekam sein Mund einen bitteren Zug als er daran zurückdachte.

„Madara-sama, Izuna-sama“, sagte Hisa leise und holte ihn damit aus seinen Gedanken. Wenn sie sie derart ansprach war es klar, dass sie als Ratsmitglied und nicht als ihre Großmutter zu ihnen kam. „Die Senju sind starke Gegner. Seit Jahrzehnten hatten wir nicht mehr eine solche Herausforderung. Doch diesmal müssen wir sie besiegen, sonst wird niemand mehr die Uchiha ernst nehmen und wir werden keine Aufträge mehr bekommen.“

Er erwiderte nicht. Das alles war ihm klar.

„Deswegen... hat der Rat beschlossen, dass es an der Zeit ist die Führung abzugeben.“

Er sah sie überrascht an. „Was meint Ihr damit?“

„Wir werden einen Anführer wählen. In diesem Krieg müssen wir schnelle Entscheidungen treffen können. Wir brauchen einen starken Clanführer der den Feind kennt und dem die Uchiha vertrauen. Der Rat hat die Kandidaten bereits ausgewählt. Die Uchiha haben entschieden.“

Madara starrte ins Leere. Dass er (und Izunas überraschten Blick zufolge er ebenfalls) davon nicht früher unterrichtet worden war bedeutete, dass sie zu den Kandidaten gehörten. Wenn ein Clanführer bestimmt werden sollte geschah die Wahl ohne Wissen der Kandidaten, damit sie die Uchiha nicht im Vornherein noch beeinflussen konnten. Die Wahl stattfinden zu lassen während sie sich von ihrer Schwester verabschiedeten war in der Tat clever.

„Wer waren die anderen Kandidaten?“, fragte Izuna milde interessiert.

„Reizei-san, Hayao-san und Hikaku-san wurden in Erwägung gezogen“, sagte Hisa, „aber eigentlich stand die Wahl immer nur zwischen euch beiden.“

Izuna lächelte dünn. „Verstehe.“

Keiner von ihnen fragte, wem von ihnen diese hohe Ehre zuteil werden würde. Sie folgten Hisa stumm und mit dunklen Gemütern zurück ins Lager. Der Dorfplatz war freigeräumt worden. Alle Uchiha waren hier versammelt und bildeten einen Kreis darum. Ausnahmslos alle Köpfe waren ihnen zugewandt und ein Raunen ging durch die Menge. Madara spürte all die roten Sharingan auf ihm ruhen, doch er hatte nur Augen für Izuna.

Sein Bruder lächelte ihm zu, weder überrascht noch beleidigt noch neidisch und gab ihm einen kleinen Schubs in Richtung Mitte des Kreises.

Dort stand Nakayama, mittlerweile fast siebzig Jahre alt, in einem formellen Festagskimono. In seiner Hand hielt er einen riesigen Fan. Der traditionelle Gunbai hatte zwei große runde Blätter von jeweils einem Meter Durchmesser. Sie waren von einem hellen Braun mit jeweils drei schwarzen aufgemalten Tomoe darauf, die große Ähnlichkeit mit denen des Sharingans hatten. Am Griff war eine Stahlkette befestigt mit mehreren Gliedern, die einem Nunchaku nicht unähnlich waren.

Die Kunoichi der Uchiha kämpften oft mit kleineren Zwillingsfanen um die Feuer der Shinobi anzufachen. Sie hatten eine unterstützende Funktion und blieben im Hintergrund. Der Gunbai jedoch war ein mächtiger Kriegsfan, ein chakraverstärkter Schild zugleich, den stets nur der Clanführer tragen durfte.

„Uchiha Madara-sama“, sagte Nakayama feierlich, als Madara vor ihn trat.

„In diesen schweren Zeiten des Krieges hat der Clan beschlossen, sich unter der alleinigen Führung eines Anführers zu vereinen. Die Wahl ist auf Euch gefallen. Wollt Ihr diese große Ehre annehmen und schwören, den Uchiha für immer zu dienen?“

„Ich schwöre es“, sagte Madara fest.

„Und wirst du schwören uns immer zu beschützen und dein Möglichstes zu tun, damit der Clan gedeiht und in Stolz und Ehre erblüht?“

„Ich schwöre es.“

„Wirst du schwören die Entscheidungen des Clans zu respektieren und deine Macht stets nur in Übereinstimmung mit den Wünschen der Uchiha zu benutzen?“

„Ich schwöre es.“

„Dann soll heute das letzte Mal sein, da du dein Haupt beugst und nieder kniest – vor den Kriegern der Uchiha und den Geistern unserer Ahnen.“

Madara tat wie ihm geheißen. Nakayama streckte die Arme aus und präsentierte ihm den Gunbai. Er verbeugte sich so tief, das seine Stirn den Boden berührte, bevor er die heilige Waffe entgegen nahm und sich erhob. Nakayama trat zurück, ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen – und dann sank er auf die Knie und verbeugte sich vor ihm.

Und einer nach dem anderen folgten ihm die Uchiha. Sie sanken auf die Knie, beugten ihr Haupt zur Erde und erwiesen ihm die Ehre. Selbst in Izunas Augen glitzerte echte Ehrfurcht, als er vor ihm das Knie beugte.

Madara sah sich um, sah wie sie sich ihm alle auslieferten, führte das pulsieren des Chakras im Griff des Kriegsfans und er wusste – das war wahre Macht. Kein Kekkei Genkai der Welt – auch nicht das Mangekyou Sharingan – konnte eine solche Hingebung in einem so stolzen Volk wie dem der Uchiha hervorrufen. Madara wusste, dass sie ihn nicht nur wegen seiner Stärke oder seiner Jutsus gewählt hatten – sondern wegen seinem Intellekt, wegen seinen Führungsqualitäten und weil er all das war, was die Uchiha symbolisierten.

Und doch, als er über all die gebeugten Köpfe hinweg sah, konnte er nur an eines denken: an den bevorstehenden Krieg. Er wusste, es würde Tote geben und jeder einzelne von ihnen fiel nun in seine alleinige Verantwortung. Doch hier und heute schwor er leise für sich: Er würde so viele von ihnen retten wie möglich. Denn er war der Einzige, der es tun konnte.
 

Madara richtete seine Befehle an die Uchiha, die sich nun mit neuem Enthusiasmus an die Kriegsvorbereitungen machten. Er ließ die Waffen schärfen, berief die vier erfahrensten Generäle zu einer Kriegsberatung, schmiedete neue Strategien und vergewisserte sich, dass sie genügend Lebensmittelvorräte für einen langen Krieg hatten. Bis spät in den Abend hinein waren alle schwer beschäftigt und die Sonne war bereits unter gegangen, als Madara sich fünf Minuten Pause gönnte.

„Madara-sama“, sprach ihn da einer der jüngeren Shinobi an, „was machen wir mit der Gefangenen?“

Müde rieb er sich die Schläfen. Das Mädchen hatte er komplett vergessen.

„Ich kümmere mich darum“, meinte er.

Widerwillig ging der neuernannte Clanführer zu dem Zelt hinüber, in dem man Senju Kalipo untergebracht hatte. Zwei Ninja standen davor Wache und verbeugten sich respektvoll vor ihm.

„Die Gefangene wurde gefesselt und festgesetzt sobald die Neuigkeiten kamen“, erklärte einer von ihnen auf seine Nachfrage hin die Situation.

Er nickte ihnen zu und befahl ihnen den anderen bei den Vorbereitungen zu helfen, bevor er das Zelt betrat.

Man hatte Kalipo nicht gerade sanft die Hände auf dem Rücken gefesselt. Ihre Knöchel waren zusammen gebunden und ein Knebel steckte in ihrem Mund. Gestern noch war sie frei und freudestrahlend durchs Lager spaziert, vollkommen unwissend ob der Spannungen im Clan. Ihre Gefangennahme musste sie völlig unvorbereitet getroffen haben.

Madara seufzte und entfernte den Knebel.

„U-Uchiha Madara-sama“, stotterte sie. Ihre Augen waren rot geschwollen. Sicher waren ihre letzten Stunden verzweifelt und voller Tränen gewesen. „Was hat das zu b-bedeuten?“

Flehentlich sah sie zu ihm auf als könne er all ihre Probleme mit einem Schlag lösen. Woher sie dieses Vertrauen zu ihm nahm, blieb ihm vollkommen schleierhaft.

„Uchiha und Senju sind wieder einmal im Krieg. Ich fürchte, du bist vom Rang einer harmlosen Besucherin zu einer gefährlichen Gefangenen abgestiegen“, sagte er kühl.

Kalipo zuckte erschrocken zusammen. „A-Aber, ich weiß doch von nichts! I-Ich wollte doch nicht...“

„Das weiß ich. Jeder Trottel kann das erkennen“, schnitt er ihr das Wort ab. „Aber das ändert nichts daran, dass du eine Senju bist. Und uns wurde aufgetragen, alle Senju zu töten.“

Kalipos Lippen bebten. Ein Schatten huschte über ihre Augen. Dann senkte sie den Kopf, um ihre stillen Tränen zu verbergen. Doch seinen Augen entging nichts.

„Also seid Ihr gekommen, um mich töten...“, flüsterte sie. Madara stellte überrascht fest, dass sie nicht länger verzweifelt klang. Als hätte sie ihr Schicksal akzeptiert. Das überraschte ihn. Er hätte eine solche... Reifheit von ihr nicht erwartet.

„Weil es... Weil es ein Befehl ist, nicht wahr?“, flüsterte sie, Tränen in den Augen. „Ihr k-könnt gar nicht anders.“

Oh, wie ironisch. Die Tatsache, dass er selbst es war, der zu ihr kam, setzte ihr mehr zu als die Vorstellung ihres Todes. Liebe war schon ein seltsames Ding.

Madara zückte ein Kunai. Kalipo hob den Blick wieder. Trotz ihrer Tränen schaffte sie es irgendwie, ein Lächeln zustande zu bringen.

„Es ist okay“, flüsterte sie.

Das Kunai fuhr herab. Obwohl Kalipo fest entschlossen gewesen war, ihrem Richter bis zuletzt in die Augen zu sehen, musste sie sie am Ende doch instinktiv schließen. So war ihre Verwirrung groß, als der Schmerz ausblieb.

„Huh?“, machte sie. Für ein paar Augenblick starrte sie in die zerschnittenen Seile in Madaras Hand. Dann dämmerte es ihr und sie sah hoffnungsvoll zu ihm auf.

„Wie es der Zufall will, machen die Wachen gerade eine Teepause“, behauptete der Uchiha emotionslos. „In der Dunkelheit würde vermutlich niemand bemerken, wenn du dich davon schleichst.“

Sie starrte ihn mit großen Augen an.

„I-Ihr lasst mich... mich gehen?“, brachte sie ungläubig hervor.

Madara neigte den Kopf minimal in Zustimmung.

„A-Aber... Ihr werdet große Schwierigkeiten kriegen!“, protestierte sie.

Erneut war er verblüfft ob ihrer Naivität. Er hätte sich schon längst aus dem Staub gemacht, bevor der Feind es sich anders überlegte.

„Lass das meine Sorge sein.“ Wenn das Mädchen glauben wollte, er würde ihretwegen irgendeine Art von Opfer bringen, dann sollte sie doch. Er würde den Teufel tun ihr zu verraten, dass er jetzt Clanführer war und tun und lassen konnte was er wollte. Diese Information sollte eine Überraschung für die Senju sein.

„I-Ich... Seid Ihr Euch sicher?“ Sie senkte beschämt den Blick. „Ich will nicht, dass Euch wegen mir etwas passiert...“

Er betrachtete sie wie ein besonders interessantes Insekt. Neugier von der Art von wissenschaftlichem Interesse erfüllte ihn. Es mochte sein, dass er in den letzten Wochen viel Zeit mit ihr verbracht hatte, um ihr jeden Gedanken daran zu ihrem Clan zurückzukehren auszutreiben. Er wusste auch, dass er so etwas wie ihr Teenagerschwarm war. Aber eine solche Aufopferungsbereitschaft war doch nicht normal, oder?

Oh nun, es war nicht sein Problem. Kalipo würde nie stark genug sein an seinen Senju heranzureichen. Sollte sie jemals in einer Schlacht gegen die Uchiha kämpfen, würde er sie eigenhändig töten. Sie würde ihm absolut nichts entgegenzusetzen haben. Dafür würde er nur zwei Minuten brauchen, in denen er Hashirama leicht mit ein paar Doppelgängern ablenken konnte.

Sie war keine Gefahr. Sie war auch nicht besonders nützlich. Er begegnete ihr mit einer gewissen Gleichgültigkeit (was mehr war als die meisten Senju bekamen). Es sprachen genauso wenig Gründe dafür, sie zu töten, wie dagegen sprachen.

Letztendlich war es wirklich nur die Tatsache, dass er es Hashirama versprochen hatte, die ihn handeln ließ.

Er ließ Kalipo gehen und das Mädchen kehrte zu ihrem Clan zurück, den Kopf voller Geschichten über den starken, selbstlosen, attraktiven und absolut hinreißenden Uchiha Madara-sama, der ihr nun zum dritten Mal das Leben gerettet hatte. Ihr Herz würde für immer ihm gehören.
 

Sommer 17
 

Der Krieg war verheerend. Mit Madara an der Spitze änderte sich die Taktik des Uchiha-Clans rapide. Der neuernannte Clanführer hatte nicht nur Erfahrung im Kampf gegen die Senju, er hatte auch oft genug außerhalb des Schlachtfeldes mit ihnen zu tun gehabt, um zu verstehen wie sie dachten. Mit seinem neuen Kriegsfan trieb er die Feuer seines Clans zu tödlichen Wirbelstürmen heran, die durch die Reihen seiner Feinde schnitten. Izuna bekam die Leitung über ein Team, dessen einzige Aufgabe es war die Anführer und Generäle der Senju-Armee ausfindig zu machen und auszuschalten. Gleich in der ersten Schlacht erwischte er ihren Anführer mit einem gut gezielten Amaterasu. Hashirama nahm noch auf dem Schlachtfeld den Platz seines toten Vaters als Clanführer ein. Der Krieg wurde immer mehr zu einem persönlichen Strategiewettstreit der beiden Shinobi. Vor jeder Schlacht würden sie ihren Generälen genaue Befehle erteilen, was sie in welcher Situation zu tun hatten. Denn auf dem Schlachtfeld selbst hatten sie kaum Zeit zu reagieren, wurden sie doch stets sofort vom jeweils anderen in ein mehr oder weniger privates Duell verwickelt. Vor jeder Schlacht arbeiteten die beiden Anführer zwei Pläne aus: einen für die Schlacht und einen für ihren Erzfeind.

Als die Uchiha begannen die Siegelrollen mit den Waffen der Senju in der ersten Angriffswelle in Flammen zu setzen, konterten diese indem sie Schattendoppelgänger vorschickten, deren Rollen nur transformierte Briefbomben waren.

Als die Senju begannen Feuer mit Wasser zu bekämpfen, kopierten die Uchiha ihre Jutsu bis das Schlachtfeld überflutet war und schickten darüber Tausende von Blitzen auf ihre Gegner zu.

Als die Uchiha begannen ihre Fane zu verspiegeln um tausende Abbilde ihrer Sharinganträger zu erzeugen und die Armee in einem Massengenjutsu gefangen nahm, überzogen diese das Schlachtfeld mit dichtem Nebel und verbargen sich mithilfe von Doton-Jutsus in der Erde.

Als die Senju den Nebel benutzen wollten um die Uchiha aus dem Hinterhalt anzugreifen riefen diese die Ninneko herbei, die die Senju am Geruch aufspüren konnten.

Jede Schlacht war wie ein Shogi-Spiel zwischen zwei Genies, die zwanzig Züge im Voraus planten.

Und so wie sie eine Strategie für ihren Clan hatten, so hatten sie auch eine Strategie füreinander.

Hashirama lernte Madara zu bekämpfen, indem er nur auf die Bewegungen seiner Beine achtete, ihm niemals in die Augen sah.

Madara lernte die Bäume um ihn herum nicht nur zu fällen, um seinen Feind aus den Kronen zu holen, sondern sie zu Asche zu verbrennen, die keine Versteckmöglichkeiten mehr bot.

Hashirama lernte Madaras gigantische Feuerwirbelstürme nicht mit Suiton, sondern stets mit einer Masse an Mokuton zu bekämpfen, damit Madara den siedend heißen Dampf nicht mit seinem Fan auf ihn zurück lenken konnte.

Madara lernte stets eine seiner Ninneko bei sich zu haben, die ihm sagen konnte wann er den echten Senju, und wann nur einen Holzdoppelgänger bekämpfte.

Und als den Clans langsam die Ideen ausgingen, schlossen sie flüchtige Bündnisse mit anderen Clans. Senju holte sich Unterstützung von Yamanaka, um die Genjutsu des Feindes zu stoppen.

Uchiha verbündete sich mit Nara, um die Senju sich gegenseitig abschlachten zu lassen.

Senju vereinten ihre Kräfte mit den Uzumaki, um zu verhindern, dass die Uchiha ihre Ninneko rufen konnten.

Uchiha konterte indem sie die Inuzuka ins Boot holten, deren Ninjahunde keine Kuchiyose brauchten.

Senju nutzte die Rivalität zwischen Uchiha und Hyuuga aus, um den Taijutsukampf zu dominieren.

Uchiha kaufte dafür massenweise Gifte vom Akasuna-Clan und griff aus der Entfernung an.

Es war ein langer, erschöpfender Krieg mit vielen Toten auf beiden Seiten. Erstaunlicherweise gab es die meisten Opfer auf Seiten der hinzugezogenen Clans, was bald dazu führte, dass niemand mehr ins Kreuzfeuer der beiden Supermächte geraten wollte. Als der Sommer in den Herbst überging, spürten beide Clans, dass ihr Krieg dem Ende zuging. In einer letzten, blutigen Schlacht gaben sie alles was sie hatten. Von den vergifteten Waffen der Uchiha wurden die Senju schwer überrascht. Als Volk der Wälder waren sie nie so weit in die unfruchtbaren, trockenen Gebiete im Westen vorgedrungen, aus denen diese Technik stammte.

Und so geschah es eines Tages in einem der unzähligen Duelle zwischen Madara und Hashirama, dass einer von beiden nicht mehr aufstand.
 

Madara ballte die Fäuste um seine Waffen, die Sense in der einen, den Gunbai in der anderen Hand. Trotz seiner Verletzungen stand er sicher und beobachtete seinen Feind wachsam, als dieser sich aus dem Schutt zu befreien versuchte. Shima, die kleine schwarze Katze, kam hinter dem Felsen hervor. Er warf ihr nur aus den Augenwinkeln einen Blick zu und fing ihr Nicken auf. Dies war der echte Hashirama. Er war kurz davor... Doch seinen Feind, erst recht einen so starken, zu töten während er wehrlos war entsprach nicht seinem Ideal von Ehre. Er würde warten, bis auch er wieder sicher auf beiden Beinen stand.

Doch er wartete und wartete und Hashirama stolperte immer wieder zu Boden.

„Verdammt!“, fluchte er.

Madara blinzelte geschockt. Er hatte seinen Senju noch nie fluchen gehört.

„Was zum Teufel ist das!? Mein Körper.... gehorcht mir nicht mehr!“

Madara, der schon halb eine Falle erwartet hatte, entspannte sich kaum merklich. Es war das Gift... Er hatte es schon beinahe vergessen. Seine Waffen waren mit dem lähmenden Gift der Akasuna bestrichen. Im direkten Kampf war es wirkungsvoller als ein direkt tödliches, da diese meist langsamer wirkten.

Der Uchiha trat vor und streckte seine Sense aus.

„Ergib dich, Senju Hashirama! Du hast verloren!“

Hashirama sah wütend zu ihm auf. „Ich... Ich werde nicht aufgeben! Ich kann immer noch...!“

Er sollte den Satz nie vervollständigen. Madara benutzte Shunshin um hinter ihn zu gelangen und mit einem gezielten Handkantenschlag in den ungeschützten Nacken beförderte er seinen Feind schnell ins Land der Träume. Gelähmt und mit benebelten Sinnen konnte Hashirama nichts dagegen ausrichten und sank bewusstlos in Madaras Arme.

Für einige Momente saß Madara einfach nur so da. Hashiramas langes Haar ergoss sich in seinen Schoß und das Gesicht des Senjus war mit einem Mal beinahe friedlich.

Er atmete tief durch. Asche und der Geruch von Blut lag in der Luft, aber ihm war es, als hätte er nie einen klareren Atemzug genommen. Das war es. Er hatte Senju Hashirama besiegt.

„Shima-san, sieh bitte nach was auf dem Schlachtfeld los ist. Wenn die Lage einigermaßen gut ist sag Izuna, er soll das Horn blasen und die Senju zum Rückzug treiben. Keine Verfolgung.“

Shima rümpfte kurz die Nase, gehorchte aber.

Die Senju würden glauben das Rückzugsignal wäre ihr eigenes. Natürlich würde sich nach einer Absprache mit ihren Generälen das Gegenteil ergeben, aber man würde sich zur Aufklärung an Hashirama wenden. Dann würde ihnen aufgehen, dass ihr Anführer besiegt war und sie würden sich freiwillig zurückziehen.

Madaras Blick glitt hinunter zu der bewusstlosen Form seines Senjus. Er konnte ihn nicht hier lassen. Wenn die Senju ihn heilten würde alles nur wieder von vorn anfangen.

Also war es entschieden. Ab heute war Senju Hashirama sein Gefangener.

Es war seltsam – doch es kam Madara nicht eine Sekunde lang in den Sinn, ihn zu töten.
 

Madaras Plan ging auf und die Senju zogen sich zurück. Der Clanführer fackelte nicht lange und schickte einen Botenfalken hinüber, mit der er verkündete, dass Hashirama sein Gefangener war und wenn sie ihren Anführer jemals lebend wieder sehen wollten, sollten sie kapitulieren und sich den Bedingungen der Uchiha beugen. Das Ganze löste heftige Diskussionen im Senju-Clan aus. Tobirama, der Hashiramas rechte Hand und Vertreter war wie Izuna es für Madara war, hasste die Uchiha bis aufs Blut und glaubte keine Sekunde lang, dass sie seinen Bruder am Leben lassen würden. Er wollte am liebsten mit der gesamten Streitmacht zurück schlagen, um seinen Bruder und seinen Vater zu rächen. Doch Hashirama genoss große Achtung im Clan und letztendlich wurde bestimmt, dass man einen Boten hinschickte der sich davon überzeugen sollte, dass ihr Anführer noch lebte. Da sie bereits einige Zeit unter dem Feind gelebt hatte, am wahrscheinlichsten nicht als Gefahr angesehen wurde, bereits einmal entkommen und doch relativ entbehrlich war, fiel diese Aufgabe Kalipo zu.
 

Hashirama war in Madaras eigenem Zelt untergekommen, das mitten im Lager stand. Seine Wunden waren notdürftig verbunden, aber nicht mit Medic-Jutsu behandelt worden. Dafür hatte man ihm genug Drogen gespritzt um dafür zu sorgen, dass er die meiste Zeit über ans Bett gefesselt war. Dazu trug er Chakrasiegeln an den Handgelenken, den Knöcheln und anderen schwer zugänglicheren Stellen am Körper, wie dem Rücken. Er war unter ständiger Bewachung und wer immer gerade Dienst hatte, hatte den Befehl ihn sofort zu töten, sollte er versuchen die Siegel zu entfernen (was übrigens nur möglich war, wenn sie mit Madaras Blut in Berührung kamen) oder zu entkommen. Madara ging natürlich tagsüber seinen Pflichten als Clanführer nach, doch wann immer er eine Pause brauchte, übernahm er die Wache bei Hashirama. Nachts wechselte er sich dabei mit Izuna ab.

Die Uchiha nahmen hier wirklich keine Risiken.
 

Madara rieb sich müde über die Augen. Es mochte nur die allgemeine Erschöpfung nach dem langen Krieg sein aber ihm war, als würde sich ein unangenehmer Druck hinter seiner Stirn aufbauen. Vielleicht hatte er sich etwas eingefangen.

„Madara-sama!“

Der Clanführer rollte die Schriftrolle zusammen, die soeben mit dem Botenfalken gekommen war. Die Verhandlungen hatten noch nicht einmal begonnen und die Senju machten schon Schwierigkeiten. Ehrlich, glaubten sie etwa, er würde seine Drohung nicht wahr machen wenn sie es zu weit trieben?

„Was ist?“, fragte er leicht mürrisch an den Ninja gewandt, der vom Lager herüber kam. Er war bestimmt fünf Jahre älter als er und trotzdem konnte er ihn seinen Untergebenen nennen. Ja, das Leben war schön.

„Der Gefangene ist aufgewacht“, berichtete der Uchiha.

„Ist das so“, meinte er desinteressiert.

„Ja und er... Er hat nach Euch gefragt, Madara-sama.“

Das weckte nun doch Madaras Aufmerksamkeit.

„Was hat er denn gesagt?“, erkundigte er sich, wobei es ihm diesmal schwerer fiel sein Interesse zu verbergen.

Der Uchiha zuckte mit den Schultern. „Wir wollten ihn ein wenig verhören, aber er hat keinen Ton von sich gegeben bis Izuna-sama aufgetaucht ist. Ich weiß nicht einmal wie er ihn erkannt hat, aber anscheinend wusste er, dass er Euer Bruder ist und hat ihn gefragt wo ihr seid.“

Madara runzelte die Stirn. „Ich habe keine Erlaubnis erteilt ihn zu verhören“, stellte er fest. Ein Verhör bei einem so hochrangigen Feind war praktisch gleichzusetzen mit Folter. Allein bei dem Gedanken, dass irgendjemand anderes Hand an seinen Senju legte, schienen sich ihm die Fingernägel zu kräuseln.

„Wir haben nur Genjutsu benutzt, Taisho, um seinen physischen Zustand nicht zu verschlechtern.“

„Ab sofort wird so etwas mit mir abgesprochen, verstanden?“, knurrte er und der Uchiha nickte eilig.

Madara schob ihn unwirsch beiseite und machte sich auf den Weg zurück zu seinem Zelt. Hashirama hatte bisher keine Anzeichen von Traumatisierung nach seinen Genjutsu gezeigt. Selbst nach 72 Stunden in Tsukoyomi war er zur nächsten Schlacht wieder aufgetaucht. Nein, mit Genjutsufolter würde man bei diesem Shinobi keinen Schritt weiter kommen.

Madara ging an den beiden Wachen vorbei und betrat das Zelt.

Sein Senju saß im hinteren Teil im Schatten, die Knie angewinkelt und die Arme darauf gestützt. Hand- und Fußgelenke waren ihm zusammen gebunden. Es wäre ihm möglich kleine Schritte oder alltägliche Handgriffe zu tun, aber alles darüber hinaus wurde eingeschränkt. Er sah nicht gerade glücklich über seine Lage aus (wer wäre das schon?). Aber er wirkte dennoch gefasst und schien die Chakrasiegel an seinen Händen interessiert zu mustern. Als er Madara bemerkte weiteten sich seine Augen und er sprang auf.

„Madara-sama!“, rief er aus und trat einen Schritt auf ihn zu. Sofort war Rei, der gerade Wachschicht im Innern des Zeltes hatte, hinter ihm und hielt ihm ein Kunai an die Kehle. Hashirama erstarrte.

Wage es nicht den Taisho beim Namen zu nennen, du wertloser Senju-Bastard! Einen Schritt weiter und ich schneide dir die Kehle durch.“

„Schon gut, Rei-san“, sagte Madara und winkte ihn lässig beiseite. Widerwillig senkte Rei das Kunai, behielt es aber in der Hand.

„Wie ist sein Zustand?“, fragte er geschäftsmäßig.

Rei reichte ihm das Klemmbrett der Medic-nin, die ihn untersucht hatte.

„Drei gebrochene Rippen, ein verstauchter Knöchel, Brandverletzungen dritten Grades an der rechten Schulter, eine tiefe Schnittwunde an der Hüfte und ein paar oberflächliche Kratzer“, zählte Rei auf. „Das Gift müsste bereits aus seinem System sein, wegen dem Blutverlust mussten wir ihm eine Transfusion geben.“

Madara bemerkte den Schaden mit einem leicht sadistischem Anflug von Stolz. Vermutlich gab es nicht viele Ninja, die Senju Hashirama so zurichten konnten. Vielleicht war er sogar der Einzige. Die Vorstellung gefiel ihm.

„Verstanden. Solange er lebt bis die Verhandlungen vorbei sind, ist das alles.“

Rei verstand den Wink mit den Zaunpfahl. Trotzdem warf er Hashirama noch einen misstrauischen Blick zu, bevor er das Zelt verließ.

Madara musterte seinen Senju von oben bis unten. „Du solltest nicht auf den Beinen sein, wenn dein Knöchel verletzt ist“, sagte er schließlich. „Setz dich.“

Er wartete bis der Ninja zögernd gehorchte, bevor er ihm gegenüber Platz nahm.

„Ganz ehrlich, ich hätte nicht gedacht noch einmal aufzuwachen“, sagte Hashirama mit einem kleinen Lächeln, als Madara keine Anstalten machte das Wort an ihn zu richten. „Du hast mich wirklich übel zugerichtet.“

„Und doch bin ich der Erste nach dem du fragst“, konterte Madara mit erhobener Augenbraue.

„Naja, ich dachte bei dir habe ich eine etwa vierzigprozentige Chance, dass du mir die Wahrheit sagst wenn ich dich frage, wie groß der Schaden für meinen Clan ist. Was immerhin dreimal so viel ist, wie ich von den Anderen erwarte, also... Wie geht es den Senju?“

„Das werde ich dir nicht sagen.“

Hashirama blinzelte. Dann lachte er leise. „Gratulation. Du hast es auf hundert Prozent geschafft.“

Madara gab sein Möglichstes, ein Lächeln von seinem Gesicht fern zu halten.

„Mich wundert es, dass du überhaupt fragst und nicht sofort in Panik verfällst oder zu fliehen versuchst“, gab er zu.

„Oh, ich dachte ich check erstmal wie schlimm die Lage wirklich ist, bevor ich in Panik verfalle... hat wohl nicht wirklich was gebracht.“

„Was glaubst du denn, was ich mit dir anstellen werde, Hashirama-san?“, fragte er mit einem grausamen kleinen Lächeln.

Doch sein Senju sah hinter seine Maske. Er nahm sich ein paar Sekunden Zeit Madara ausführlich zu mustern, bevor er langsam sagte: „Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, du willst diesen Krieg genauso wenig wie ich. Trotzdem würdest du immer weiter kämpfen, weil du nicht zugeben kannst zu verlieren. Da ich offensichtlich nicht tot bin, willst du deinen Sieg über mich wahrscheinlich als Druckmittel benutzen. Du willst aus dem Krieg als Sieger hervorgehen und ihn trotzdem beenden bevor sich unsere beiden Clans vollkommen erschöpft haben. Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob du mich nicht doch noch töten wirst, sobald die Senju eine Kapitulation unterschrieben haben. Falls sie das überhaupt tun, was übrigens alles andere als sicher ist. Es gibt andere, die meinen Platz einnehmen können.“

„Glaubst du das wirklich?“, fragte er skeptisch. „Also wirklich... Ihr Senju seid so unglaublich blind.“

„Wie meinst du das?“, fragte Hashirama ohne beleidigt zu wirken.

Madara lehnte sich ein wenig zu ihm vor. „Du weißt wer ich bin, nicht wahr?“, fragte er leise.

Sein Senju runzelte die Stirn. „Natürlich. Du bist Uchiha Madara, Anführer des Uchiha-Clans.“

„Und was noch?“, hakte er nach. Seine Augen funkelten rot. „Komm schon, jeder Fünfjährige kann das rausfinden.“

Hashiramas Stirnrunzeln vertiefte sich. „Du bist Uchiha Madara“, wiederholte er, „Träger des Sharingans und Wunderkind des Uchiha-Clans. Du bist mit Abstand der Stärkste unter ihnen. Nicht einmal dein Bruder Izuna kommt dir nahe, obwohl ihr praktisch exakt dieselben Jutsus benutzt. Du hast nicht nur ein ungewöhnlich starkes Chakra, sondern auch die Intelligenz eines Genies und bist ein hervorragender Stratege. Du hast dir auf unbekannte Weise im Alleingang die Loyalität der Ninneko gesichert, die jetzt niemand anderem mehr dienen wollen und dafür gesorgt, dass sie nicht nur dir sondern auch anderen Clanmitgliedern gehorchen, obwohl sie gar keinen Vertrag mit ihnen haben. Du bist sehr stolz auf deinen Clan und verlässt dich viel auf dein Sharingan, das du besser ausnutzen kannst als jeder andere. Du kümmerst dich um deine Familie und willst sie beschützen, aber dein Stolz treibt dich immer wieder in die Schlacht zurück. Du bist verbittert, wahrscheinlich weil dein Temperament dich einmal die Sicherheit einer nahe stehenden Person vergessen lassen hat. Wann immer dir so ein Fehler passiert, wirst du nur wütender und versuchst es durch Rache wieder gut zu machen. Du glaubst, dass Hass stärker ist als Liebe und für die meisten Shinobi unweigerlich darin endet. Du planst immer sehr weit voraus und wenn du dir etwas in den Kopf gesetzt hast, lässt du nicht mehr davon ab.“ Er sah auf. „Hab ich was vergessen?“

Für einen Moment fehlten Madara die Worte. Noch nie hatte jemand der ihn so flüchtig kannte so vollständig analysiert... und auch noch in den meisten Punkten Recht behalten.

„Das hast du in der Tat“, erwiderte er sarkastisch. „Meine Lieblingsfarbe ist Blau und ich esse gerne Sushi.“ Er rollte mit den Augen. „Wenn du glaubst, dass ich so ein eingebildeter Bastard bin, warum sollte ich mich dann mit dir abgeben, wenn es so leicht für einen anderen Senju wäre, deinen Platz einzunehmen?“

Hashirama blinzelte. „Ich glaube nicht, dass du eingebildet bist.“

„Ach nein?“, fragt er gereizt. Er wusste, dass er sehr stolz war, aber so wie Hashirama das gesagt hatte, hatte sich das wie etwas Schlechtes angehört. Was es natürlich absolut nicht wahr.

„Nein. Du bist sehr temperamentvoll und wirst leicht aggressiv wenn du dich beleidigt oder bedroht fühlst... Dann greifst du an, wenn nicht mit Waffen dann mit Worten. Dabei bleibst du trotzdem die ganze Zeit über distanziert. Ich nehme an du musstest dir hart erarbeiten was du jetzt hast und kannst es deswegen nicht leiden, wenn man deine Bemühungen infrage stellt.“

„Oh, jetzt hab ich also auch noch Minderwertigkeitskomplexe?!“

„Das hast du jetzt gesagt“, meinte Hashirama vorwurfsvoll. „So habe ich das überhaupt nicht gemeint.“

Gottverdammter Bastard.

„Du lenkst vom Thema ab, Senju!“

„Tu ich das?“, fragte der Braunhaarige und sah mit einem Mal ein wenig verletzt aus. Etwa, weil er ihn wieder 'Senju' genannte hatte?

„Na schön, es mag sein, dass mein Clan auf eure Forderungen eingeht um mich zurück zu haben. Aber er hat auch seine Grenzen und wenn sie nur meine Leiche zurück bekommen, wird das neuen Krieg geben.“

„Was für einen Sinn hätte es dich lebend gefangen zu nehmen, wenn ich nur deine Leiche zurückschicke will?“, fragte er genervt.

Die Wahrheit war, dass es durchaus Sinn machte ihn nur für den Moment am Leben zu erhalten, falls die Senju überprüfen wollten ob sie ihn nicht getötet hatten bevor sie zu irgendetwas zustimmten. Hashirama war viel zu gefährlich um ihn am Leben zu lassen. Und selbst wenn Madara ihn freiließ, dann doch nur so stark verkrüppelt, dass er nie wieder kämpfen konnte. Alles andere wäre unverantwortlich seinem Clan gegenüber.

Und doch... Und doch fühlte sich der Gedanke einfach falsch an. In den letzten Monaten hatte sich Madaras Leben praktisch nur noch um seinen Senju gedreht. Dieser Mann hatte sein ganzes Denken so sehr eingenommen, dass nicht einmal Platz für seine Familie geblieben war. Sein höchstes Ziel im Leben schien es gewesen zu sein, Senju Hashirama zu töten. Doch als sein Feind dann besiegt vor ihm lag, da konnte er es einfach nicht. Er hatte begriffen, dass er Hashirama nicht hasste und das sein Ziel als solches nicht sein Tod war, sondern lediglich ihn zu besiegen. Das hatte er getan und trotzdem fühlte er sich nicht, als würde ihm nun ein Lebensziel fehlen oder dergleichen. Stattdessen hatte er das Gefühl, dass sein Leben gerade erst begann. Ein Leben, dass aus einem endlosen Wettstreit zwischen ihm und dem Senju bestand und in dem dieser eine Kampf nur einer von vielen war. Er war nicht so dumm zu glauben, dass er Hashirama jetzt überlegen war. Es war ihm durch Glück und durch den Überraschungsmoment gelungen, ihn zu überwältigen. Er war stolz darauf, das schon, aber er wusste auch, dass es ihm auf diese Art und Weise kein zweites Mal gelingen würde. Genau das war der Grund, warum die Vorstellung eines weiteren Kampfes mit ihm nichts von seinem Reiz verlor. Es stand eins zu Null für Madara – aber das letzte Wort war noch lange nicht gesprochen. Hashirama jetzt zu töten würde bedeuten den einzigen Menschen auf der Welt zu beseitigen, der seinem Leben eine echte Herausforderung geben konnte.

Vielleicht würde er das später bereuen. Vielleicht würde Hashirama jemanden töten, der ihm nahe stand oder er würde einen Schlachtplan verfassen, der so gut war, dass der Uchiha-Clan sich nie wieder von den Verlusten erholen würde. Ihn nicht zu töten war ungeheuer selbstgefällig und egoistisch. Doch Madara hatte die Macht dazu, weil er der Clanführer war und weil ein Austausch mit ihm gegen eine Kapitulation zumindest kurzfristig viele Leben retten konnte. Trotzdem schämte er sich ein wenig, dass er seine besitzergreifende Art sein logisches Entscheidungsvermögen trüben ließ. Es gab nur einen Kompromiss:

„Du wirst mir von deinem Clan erzählen“, befahl er düster, „du wirst mir erzählen wie die Senju denken, wie sie planen, wie sie worauf reagieren. Ich werde dieses Wissen benutzen um angemessene Forderungen auszuarbeiten, sodass sie schnell kapitulieren. Wenn alles glatt geht, werde ich dich freilassen. Aber ich warne dich, Senju, das ist das letzte Mal. Wenn wir uns wieder treffen und du mir dann immer noch unterlegen bist – dann werde ich dich ohne zu zögern töten.“

Hashirama sah ihn überrascht an. „Das... ist akzeptabel“, sagte er schließlich. Ihm war natürlich klar, dass Madara die Informationen auch noch für ganz andere Dinge zu nutzen gedachte. Aber in seiner gegenwärtigen Lage blieb ihm gar keine andere Wahl wenn er wollte, dass sich die Senju ergaben. Und im Gegensatz zu Madara schätzte er Frieden über seinem Stolz.
 

Die Senju waren ungeheuer dickköpfig. Sie waren es nicht gewohnt besiegt zu werden und hatten nicht die geringste Lust, jetzt damit anzufangen. Die Botenfalken, die die Ninja hin und her schickten, brachten mehr Beleidigungen als alles andere. So dauerte es fast eine Woche bis die Senju ihre Abgesanndte schickten.

Kalipo hatte keine Angst vor den Uchiha. Das unterschied sie von den meisten anderen Senju. Als ihr angeboten wurde die Mission zu übernehmen die Gesundheit ihres Clanführers zu überprüfen und, wenn möglich, mit ihm zu sprechen um seine Befehle zu empfangen, hatte sie sofort zugestimmt. Jeder andere hätte Zweifel gehabt, hätte um sein Leben gefürchtet sich in das Lager dieser rotäugigen Dämonen zu begeben. Kalipo nicht. Denn sie wusste jetzt, dass Madara-sama Anführer der Uchiha war. Und Madara-sama würde ihr nichts tun. Richtig? Er war immer sehr freundlich zu ihr gewesen, freundlicher jedenfalls als alle anderen Uchiha und sogar einige Senju. Er hatte sie sogar gehen lassen als sie offiziell eine Gefangene gewesen war. Natürlich verstand sie, dass das nur möglich gewesen war weil er sie nicht für eine Gefahr hielt. Weil sie zu schwach war, im Gegensatz zum Taisho. Das deprimierte sie ein wenig, aber sie war erwachsen genug darüber nicht den Mut zu verlieren.

Das Mädchen wurde bereits eine Meile vor den Grenzen des Lagers abgefangen und von zwei Uchiha den Rest des Weges eskortiert. Dort angekommen war es nicht Madara, der sie begrüßte, wie sie heimlich gehofft hatte, sondern sein Bruder Izuna. Sie erkannte ihn von ihrer Zeit als 'Gast' in diesem Clan. Der Blick, den er auf ihr ruhen ließ war nicht ganz so streng und abweisend wie die der Späher. Nicht so freundlich wie sie es von ihm kannte, aber doch höflich.

Izuna hielt sich nicht lange mit Formalien auf und geleitete sie ins Lager. Jeder andere wäre vielleicht misstrauisch oder beleidigt gewesen, dass die Uchiha sie offensichtlich so schnell wie möglich wieder loswerden wollten. Doch Kalipo dachte nichts von all dem, sie war viel zu aufgeregt. Wann immer sie an einem neuen Zelt vorbei kam sah sie sich um in der Hoffnung, einen Blick auf Madara zu erhaschen. Doch er war nirgendwo zu sehen.

Schließlich gelangten sie zum Zelt des Clanführers und Kalipo, die einen gefesselten und geknebelten Hashirama erwartet hatte wie man es damals bei ihr gemacht hatte, vielleicht sogar übel verprügelt oder dergleichen, wurde überrascht. Derart überrascht, dass ihr der Mund offen stehen blieb.

Uchiha Madara und Senju Hashirama saßen friedlich inmitten der Kissen im Zelt über einer Partie Shogi. Abgesehen von einem weißen Verband, der unter Hashiramas Hakama hervorlugte und dem Mangel an Waffen schien es beinahe so, als wäre er ein geschätzter Gast des Clans und nicht der gefangene Anführer des Feindes. Kalipo sah nicht einmal irgendwelche Vorrichtungen, die ihn daran hindern würden zu fliehen.

„Ah, hallo Kalipo-chan!“, begrüßte Hashirama sie und die beiden Shinobi sahen auf. „Komm doch her, setz dich zu uns.“

Noch immer verblüfft ob der merkwürdige Situation gehorchte sie.

„Uhm, hallo Taisho, Uchiha Madara-sama“, murmelte sie.

„Ich wusste gar nicht, dass du kommst! Aus dir wird mal eine richtige Diplomatin“, meinte ihr Clanführer und lächelte. „Hey Madara, du hättest mir ruhig sagen können, dass ich Besuch kriege!“

„So? Muss mir entfallen sein“, behauptete Madara und schien keinerlei Anstoß an der Art und Weise zu nehmen, wie er angesprochen wurde. Er setzte einen weiteren Stein auf dem Brett vorwärts und Kalipo sah, dass er kurz davor stand zu gewinnen. Dann hob der Uchiha den Kopf. Er sah sie nicht direkt an, aber nach einem kurzen Zögern legte sich ein kleines Lächeln über seine Lippen.

„Hallo, Kalipo-san.“

Ihr Herz schlug schneller. Diese Worte allein, dieses Lächeln hatten es wert gemacht hierher zu kommen. Sie erwiderte das Lächeln scheu.

„Wie ist die Lage drüben bei uns?“, fragte Hashirama, während er stirnrunzelnd das Shogibrett betrachtete.

„Uhm, alle sind ziemlich aufgeregt“, meinte Kalipo. Wenn der Taisho nichts dagegen hatte, dass sie vor Madara darüber redete, konnte sie das ruhig tun, richtig? Richtig.

„Sie glauben nicht, dass man Euch wirklich freigeben wird und wollen sich nicht geschlagen geben...“

„Aww“, machte Hashirama, „die sollen sich nicht so anstellen. Dann haben wir eben verloren, was soll's. Dieser Krieg dauert schon zu lange und zu viele gute Ninja mussten darin ihr Leben lassen... Sie können die Schuld ruhig auf mich schieben. Schließlich war ich es, der den Kampf verloren hat.“

„Da wage ich zu widersprechen“, meinte Madara und machte seinen nächsten Zug. „Die Stärke des Anführers spiegelt die Stärke des Clans wider. Ein Sieg ist ein Sieg, egal wie viele Tote es gibt. Das ist jedenfalls, wie es für die Welt aussehen wird.“

„Und ich sage: Du hast eine Schlacht gewonnen, keinen Krieg. Unterschätz meine Leute lieber nicht“, meinte er und setzte einen weiteren Stein vorwärts.

„Solange sie sich von einem Schwächling wie dir anführen lassen“, sagte er und nahm mit seinem letzten Zug lächelnd Hashiramas König vom Brett, „bleibt meine Meinung unverändert.“

Der Senju knirschte mit den Zähnen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Gib's zu, du siehst mit diesen verdammten Augen meine Züge voraus!“

„Das hat damit rein gar nichts zu tun“, behauptete Madara. „So etwas nennt man schlicht und einfach 'Genie'.“

Kalipo unterdrückte ein Kichern. Sie hatte sich oft ein wenig schuldig gefühlt, weil sie so eingenommen von diesem Uchiha war. Aber anscheinend war sie nicht die Einzige und das gab ihr Hoffnung. Madara konnte unmöglich ein so schrecklicher Dämon sein wie ihre Eltern behaupteten, wenn der Taisho ihn mochte.

Die drei plauderten noch ein wenig in beinahe entspannter Weise miteinander, bevor Kalipo sich entschuldigte. Wenn sie zu lange weg blieb würde ihr Clan misstrauisch werden, also machte sie sich bald wieder auf dem Rückweg.

Madara blieb noch für eine weitere Partie Shogi. Diesmal verlor er, womit es acht zu drei für ihn stand. Hasirama konnte einfach nichts dagegen tun, als Illusionisten und Fernkämpfer wurden die Uchiha viel früher als gewöhnlich in Strategie und Taktik geübt.

Als Madara glaubte, die Abgesanndte könnte bereits zurück sein und die erste Antwort der Senju bald ankommen, stand er auf. Er verabschiedete sich von Hashirama und wechselte seine Wachschicht mit Hayao. Der ältere Uchiha trat ein und für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Hayao übernahm das Genjutsu von Madara, nickte ihm kurz zu und gab den Eingang frei.

Im Inneren des Zeltes blieb Hashirama zurück. Hände und Füße nach wie vor aneinander gefesselt. Mit leerem Blick starrte er geradeaus, die Wangen hohl und die Haut blass von den vielen Drogen, die sein Chakra unterdrückten und die Glieder steif vom Mangel an Bewegung. Hayao setzte sich ihm gegenüber, den Blick seiner Sharingan fest auf dessen Augen gerichtet. Stumm und starr wie eine Statue saß er da, all seine Konzentration auf das Jutsu gerichtet.

Für Hashirama jedoch war es, als würde ihm ein freundlich lächelnder, schwarzhaariger Ninja eine Schriftrolle geben, die er lesen konnte um sich die Zeit zu vertreiben. Eine Rolle, an dessen Inhalt er sich später nie erinnern würde.

Madara kehrte ihm den Rücken zu und verließ das Zelt. Er mochte Hashirama. Es hatte keinen Sinn, das zu leugnen. Aber seine Verantwortung seinem Clan gegenüber war weitaus größer als jegliche Gefühle der Anziehung, die er für den Älteren empfinden mochte. Und als solches würde er keine Sekunde lang zulassen, dass sein Clan seinetwegen einer Gefahr wie dem Senju-Anführer ausgesetzt wurde.

Wenn Hashirama etwas ahnte, so sagte er nie ein Wort.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  maoyan
2013-03-15T16:03:48+00:00 15.03.2013 17:03
Wow! Wirklich, hierfür wäre ich beinahe zu spät zum Schwimmtraining gekommen und glaub mir, das tue ich sonst nur, wenn das Auto eine Panne hat. Diese ff ist eine der besten, die ich je gelesen habe, es ist unglaublich, wie gut du dich in Madara hineinversetzten kannst. Auch Izuna mag ich total gern, genau wie Madara. Nur Hashirama ist, finde ich, ein Bisschen zu naiv dargestellt - was aber durch all die guten Dinge dieser ff bei lange wieder aufgewogen wird. Ich bin süchtig!


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