Entwicklungen
Zwei ganze Tage vergingen,ehe Lucy mit mulmigen Gefühl wieder in die Gilde trat. Sie setze sich an die Theke und betrachtete die Leute um sie herum. Macao unterhielt sich mit Kana. Levy saß über ein Buch gebeugt an einem Tisch, hinter sich auf der einen Seite Gajeel, auf der anderen Jet und Droy, die den DragonSlayer zur Abwechslung mal nicht musterten, sondern zu Lucy hinübersahen. Lucy bemerkte den Blick und wandte sich leicht errötend wieder ab.
"Hey!" Der Eismagier ließ sich auf dem Hocker neben sie fallen und warf ihr einen Seitenblick zu. "Geht's wieder?"
Sie nickte.
Er fuhr sich durchs Haar. "Dieser Trottel sollte auch bald da sein!"
Ihr huschte ein Lächeln übers Gesicht, welches jedoch nur kurz hielt, denn schon betrat Natsu die Gilde. Seine Augen wanderten durch den Raum und als er Lucy sah, drehte er sich demonstraktiv um. Ihr versetzte das einen Stich, auch wenn sie versuchte es zu verheimlichen. Er kann nichts dafür, sagte sie sich.
Natsu fasste sich an die Brust. Wieso tat es nur so weh? Er schnaubte. Was kümmerte ihn diese Lucy? Er kannte sie doch gar nicht! Und doch... Langsam und vorsichtig darauf bedacht, dass niemand es merkte, schielte er zu ihr herüber. Sie sprach mit Gray und lächelte, aber der Ausdruck ihrer Augen verriet, dass ihr Lächeln gespielt war. Sie wirkte traurig und verletzt! War er Schuld? Irgendwie tat sie ihm leid. Angeblich hatten sie sich gekannt, waren Freunde gewesen. Nur...nur wieso fiel es ihm selbst nicht ein? Jeder erinnerte sich an sie, nur er nicht!
Er setzte sich in eine Ecke und starrte zu ihr herüber. Lucy...Dieser Name allein schmerzte, ihr blondes Haar, ihr rosanes Gildenzeichen, ihr Gesicht... Seine Faust traf seinen Kopf. Er schlug sich, war so verwirrt, wusste sich nicht zu helfen. Dann entschloss er etwas!
Natsu stand auf. Mit entschiedenen Schritten trat er auf Gray und Lucy zu. Die Beiden bemerkten ihn sofort. Gray zog die Augenbrauen hoch, während Lucy halb verschämt, halb ängstlich zu Boden stierte. Ihr Anblick schmerzte tief in ihm drin. Er öffnete seinen Mund, wollte etwas sagen, schloss ihn wieder, nur um ihn direkt wieder zu öffnen. Was sollte er sagen?
"Was willst du?", fragte Gray, um der bedrückenden Stimme Herr zu werden.
Natsu seufzte. "Ähm...also..." Seine Hand streckte sich aus. Er hielt sie Lucy hin. "Ich...Natsu. Freut mich." Sein Gesicht lief purpurrot an.
Ihre Augen wurden groß. Sie ergriff die Hand, als würden sie sich heute zum ersten Mal sehen und sagte: "Lucy, freut mich ebenfalls."
Sie sahen einander an, ehe beide wie auf Kommando nach rechts schauten, um dem jeweils anderem zu entkommen.
Natsu sprach als erstes. "Also...hast...hast du Lust etwas...mit mir spazieren zu gehen...?"
Wortlos nickte sie und verließ gemeinsam mit Natsu die Gilde, während ihnen alle nachschauten.
Gray drehte sich zu Mirajane. "Glaubst du, dass geht gut?"
Sie zuckte die Achseln. "Das weiß keiner. Aber es ist ein Anfang. Viel Zeit bleibt uns nicht."
Gray verschränkte die Arme. Er wusste, dass ihnen nur noch 5 Tage blieben. Sie mussten es schaffen. Er knirschte mit den Zähnen. "Wieso muss es auch ausgerechnet diese Feuerechse sein? Der versteht von..." Gray errötete leicht. "...von Liebe doch gar nichts!"
Mirajane schaute verdutzt, bevor sie anfing zu lachen. "Eifersüchtig?"
Gray drehte sich blitzartig um. Sein Kopf machte einer Tomate deutlich Konkurrenz. "Was? Ich? Eifersüchtig? Auf den? Nie!" Schnell stand er auf und verließ das Gildengebäude.
Mit einem wissenden Grinsen widmete sich Mira dem Abwasch. "Natürlich nicht."
Sie gingen schweigend durch die Straßen, schienen in Gedanken versunken.
Lucy wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie kannte Natsu, wusste viel über ihn, aber sein Benehmen verwirrte sie. Was war mit dem sonst so energiegeladenen DragonSlayer? Ok, sonst energiegeladen war irgendwie nicht mehr das richtige Wort. Selbst nach dem Vergessen hatte er sehr antriebslos gewirkt. Wie konnte sie ihn aufmuntern? "Ähm...Natsu?"
"Hm?", kam es aus seiner Richtung, wobei der tunlichst bemüht war, sie nicht anzuschauen.
"Wollen...wir nicht irgendwo etwas essen gehen? Ich...lade dich ein." Sie lächelte ihn scheu an.
Er nickte. "Von mir aus."
Doch bevor sie das Lokal betraten, packte Natsu Lucy am Handgelenk. Überrascht wollte sie sich zu ihm hindrehen, doch er sagte: "Nicht! Bitte...dreh dich nicht um." So standen sie vor dem Eingang ins Lokal, Lucy zur Tür gerichtet, während Natsu hinter ihr sie am Handgelenk festhielt. Man merkte, wie Natsu nach Worten suchte. Welchen? Es vergingen mehrere Minuten, ehe er endlich wieder zu sprechen begann. "Ich...kenne dich nicht." Ein verbaler Schlag, jedenfalls fühlte es sich so für Lucy an. Er spürte, wie ihr Arm in seinem Griff leicht zuckte. "Und egal wie sehr ich es versuche, ich erinnere mich nicht daran, dich je gekannt zu haben. Aber...aber es tut weh!" Er atmete tief ein. "Es tut weh, dich so zu sehen. Dein Blick, als ich dich fragte, wer du bist. Überhaupt...wirkst du unglücklich und das..." Natsu stammelte herum, bis er leise fortfuhr. "...tut mir in der Seele weh. Ich würde mich liebend gerne an dich erinnern, wenn ich dir dadurch deinen Schmerz nehmen könnte. Aber ich kann nicht. Es funktioniert nicht! Egal was ich mache! Aber...aber..." Seine Augen begannen nass zu werden. "Aber wir könnten versuchen, eine neue Freundschaft aufzubauen. Ein neuer Anfang." Er ließ sie los.
Sie stand da und fühlte sich einerseits erfreut, andererseits unglaublich traurig. Sie würden sicher NIE zu ihrer alten Beziehung finden, denn diese Lücke stand wie eine unüberwindbare Schlucht zwischen ihnen. Dennoch wusste sie, dass sie ihre Zeit nutzen sollte. Und wenn es nur 5 Tage waren! Sie zusammen mit Natsu zu verbringen würden aus ihnen die schönsten Tage machen, die sie seit langem gehabt hatte. Selbst wenn es bedeutete, dass...
Lucy drehte sich zu ihm um und lächelte. "Das ist eine gute Idee."
Er grinste. Sein Herz wurde warm und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich richtig gut. Voller Elan nahm er ihre Hand und zog sie mit sich ins Lokal. "Lass uns essen!"
Seine plötzlich energiegeladene Reaktion verblüffte sie. Ein Lachen entfuhr ihr. Das würden wirklich die schönsten Tage werden, davon war sie nun überzeugt!
Am Abend betrat ein gutgelaunter Natsu die Gilde. Er setzte sich an die Theke, an der Gajeel mit Levy saß, die von hinten von Jet und Droy belagert wurden.
Mirajane kam zu ihm. "Wo warst du solange? Wo ist Lucy?"
"Bei mir Zuhause", antwortete er mit glücklicher Stimme.
Miras Augen weiteten sich. "Natsu...Kann es sein...?"
"Nein...aber wir haben beschlossen, neu anzufangen. Sie ist ganz nett." Er grinste frech. "Irgendwie erinnert sich mich etwas an Lisanna."
"Ach echt?" Mirajane schenkte ihm ein freundliches Lächeln. "Das heißt, du magst sie?"
Natsu schaute sie an. "Lucy gehört zu Fairy Tail. Sie gehört zur Familie. Wir sind Freunde...oder auf dem Weg, welche zu werden."
Nachdenklich polierte seine Gesprächspartnerin ein Glas. "Ich will dir ja nicht die Laune verderben, aber...bitte sei vorsichtig. Ihr wart sehr gute Freunde. Allein diese Tatsache kann schmerzlich für sie sein."
Er nickte. "Ich weiß...ich...hab es gesehen...Sie schaut manchmal richtig traurig. Ich denke, der Tag heute hat ihr trotzdem gefallen. Wir waren mit Happy angeln."
"Happy? Hat Happy sich erinnert?"
"Nein."
Sie seufzte. "Schade."
Levy hatte von ihrem Buch aufgeschaut und betrachtete Natsu nachdenklich. Ob das so gut war? Neue Freundschaft? Gleichzeitig konnte sie sich vorstellen, dass allein die Tatsache, mit Natsu zusammen sein zu können, Lucy sehr glücklich machte, auch wenn es sicherlich noch schmerzte.
"Was hast du?", fragte Gajeel besorgt und beugte sich vor, sodass ihre Gesichter einander sehr nah kamen.
"Ach, nichts. Wirklich." Sie winkte ab.
Gajeel gefiel das nicht. Er packte sie am Kinn, drehte ihren Kopf in alle Richtungen und betrachte schließlich ihren Bauch. Konnte es sein...?!
Wa...Was...?", kam es ganz verdattert von Levy. Irgendwie kam ihr diese Situation bekannt vor.
"Biste schwanger?"
Glas versplitterte, denn Mira hatte vor Schreck das Glas fallen gelassen. Jet und Droy liefen kreidebleich an, Kana ließ von ihrem Fass ab, Bisca und Alzack drehten wie eigentlich alle ihre Köpfe zu Levy, die mit knallrotem Kopf Gajeel anguckte. Wie konnte er sowas vor allen fragen?
"Spinnst du?!", schrie Jet, der nun knallrot geworden war. "Wie könnte Levy schwanger sein, du Schwachkopf!? Von wem denn, hä?"
Gajeel zuckte genervt mit der Schulter. "Von mir!"
Mirajanes Augen wurden noch größer. Wenn Gajeel vermutete, dass Levy von ihm schwanger sein könnte, dann... Sie quitschte auf und wandte sich zu Levy, die so rot wurde wie noch nie zuvor. Diese wirkte, als würde sie am liebsten sofort im Erdboden verschwinden und nie wieder auftauchen.
Für Jet und Droy war das zu viel. Sie kippten um. Ein Aufruhr kam auf. Alle umdrängten sie Levy und Gajeel, wollten wissen, ob es denn wirklich wahr war.
Gajeels Blick fiel auf Levy, die ganz verschüchtert wirkte. War seine Antwort unpassend gewesen? Er packte sie und zog sie auf seinen Arm, um ihr etwas Sicherheit zu geben. Dann sprang er auf die Theke und marschierte mit Levy im Arm, die er nun wie eine Prinzessin trug, auf den Ausgang zu.
Levy fühlte sich nicht ganz wohl, aber Gajeels starken Arme taten gut. Sie schluckte. "Gajeel...ich..."
"Hmm? Was ist?"
Sie wich seinem stechenden Blick aus. "Ich...also...wegen der Sache..."
Gajeel blieb stehen, um sie in Ruhe zu betrachten. Dadurch konnten sich wieder alle um die beiden drängen.
Levys Wangen färbten sich noch mehr. Ich muss dazu stehen!, dachte sie und flüsterte: "Ich bin schwanger."