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Und täglich grüßt das Murmeltier...

von

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Kapitel 5

Der Mittwoch und auch der Donnerstag verliefen ereignislos. Ich fragte meine Arbeitskollegen, ob sie irgendwelche Vorschläge hatten, was ich für ein Date kochen konnte und bekam recht gute Antworten.

Keiner meiner Arbeitskollegen wusste, dass ich schwul war, und es war mir gerade recht, wenn sie dachten, dass ich Frauenbesuch bekommen würde. Ich musste ja damit nicht hausieren gehen, schließlich war es ja meine Privatangelegenheit, mit wem ich mich auf eine Beziehung einließ und mit wem nicht.
 

Der Freitag Vormittag allerdings raubte mir letzten Endes fast die Nerven. Plötzlich gab es fürchterlich viel zu tun und ich hatte schon Angst gehabt, wieder einmal Überstunden machen zu müssen, wobei ich von selbigen noch viel zu viele hatte. Ich würde sie mir wohl irgendwann nehmen müssen...

Dennoch schaffte ich es irgendwie, um halb drei die Firma zu verlassen und machte mich auf den Weg nach Hause.

Ich hatte mich auch endlich für ein Gericht entschieden, wobei mir dafür allerdings noch ein paar Zutaten fehlten. Also ging ich nicht direkt in meine Wohnung, sondern nahm den kleinen Umweg zum Supermarkt um die Ecke auf mich, um den Rest zu kaufen.
 

Als ich dann endlich doch zu Hause war, war es fast halb vier. Noch hatte ich genug Zeit.

Dennoch machte ich mich schon einmal an die Vorbereitungen, räumte dann noch meine Wohnung auf, sodass ich mich nicht dafür schämen musste und wartete ungeduldig darauf, dass sich die Zeiger der Wanduhr auf halb acht zu bewegten.
 

Punkt halb acht war das Essen dann auch fertig und bereit zum Servieren.

Gehetzt blickte ich immer wieder von der Uhr in Richtung Wohnungstür und wieder zurück.

Jonas war bisher noch nicht hier und ich hoffte inständig, dass er mich nicht versetzt hatte.

Fünf Minuten lief ich unruhig in der Wohnung umher und machte mir die größten Vorwürfe, die man sich nur machen konnte. Ich gab mir die Schuld daran, dass er nicht aufgetaucht war, schließlich hatte ich mich bei unserem Telefonat nicht wirklich von meiner schlausten Seite gezeigt.

Das Klingeln an der Haustüre ließ mich schließlich zusammenzucken.

Im Eiltempo lief ich zur Tür, nahm den Hörer der Gegensprechanlage und drückte das Knöpfchen. „Ja?“, fragte ich mit zitternder Stimme.

„Ähm, ja, hallo, ich bin es, Jonas...“

Ich atmete hörbar auf. „Komm hoch, dritter Stock“, antwortete ich und öffnete ihm die Tür.

Als ich den Hörer zurück auf die Gabel hängte, bemerkte ich, dass meine Hand zitterte.

So aufgeregt war ich schon lange nicht mehr gewesen und es wurde erst besser, als ich Jonas’ blonden Haarschopf im Treppenhaus sah und er schließlich vor mir stand.

„Hey, tut mir leid, wenn ich etwas spät bin. Michael hat mich aufgehalten...“, entschuldigte er sich.

Seine Wangen waren rot und er sah aus, als hätte er sich ziemlich beeilt um hierher zu kommen.

Ich winkte nur ab, ließ ihn dann eintreten und bot ihm ein Paar Pantoffeln an.

Nachdem er seinen Mantel aufgehängt und die Schuhe gewechselt hatte, führte ich ihn ins Wohn- und Esszimmer meiner Wohnung.

„Ich hatte schon Angst, du hättest mich versetzt... Aber ich bin froh, dass du da bist...“, meinte ich nun endlich und lächelte ihn an.

Sofort schüttelte er den Kopf. „Warum sollte ich dich versetzen? Wirklich, ich wäre schon früher hier gewesen, wenn Michael nicht ständig irgendetwas von mir gewollt hätte... Fast schien es so, als wollte er mich aufhalten hierher zu kommen...“

„Michael?“, fragte ich. Seine Erzählung ließ die wildesten Fantasien in meinem Kopf aufflammen und versetze mir einen schmerzhaften Stich mitten ins Herz.

„Mein Mitbewohner. Der, den du am Dienstag an der Strippe hattest, weil er es nicht lassen kann, an mein Handy zu gehen, wenn ich es im Wohnzimmer liegen gelassen habe...“

Wieder seufzte ich, diesmal aber leise. Der Kloß in meinem Hals löste sich langsam wieder auf.

„Ach so, der. Ja, er hatte sich ja nicht mit Namen gemeldet und zuerst dachte ich, ich hätte dich direkt dran...“, erwiderte ich unbeholfen und lachte leise.

„Du liebes Bisschen, was bin ich für ein schlechter Gastgeber. Setz dich doch, möchtest du etwas trinken?“, besann ich mich schließlich wieder auf meine guten Manieren und deutete auf einen Stuhl am gedeckten Tisch.

„Danke, gern. Aber du bist doch gar kein schlechter Gastgeber...“, lachte er leise und setzte sich.

/Doch, bin ich.../, dachte ich nur und verschwand kurz in der Küche. Augenblicke später kam ich mit einer Weinflasche und zwei Gläsern zurück.

„Ich hoffe, du magst Wein. Wenn nicht, dann kann ich dir auch etwas anderes anbieten...“

Wieder diese Unsicherheit auf meiner Seite. Konnte die mich nicht ein einziges Mal in Ruhe lassen?!

„Ich trinke zwar kaum Alkohol, aber ein Gläschen ist schon ok“, erwiderte er.

Ich nickte, füllte die Gläser mit dem Wein und reichte ihm eines davon.

Erst dann setzte ich mich ihm gegenüber an den Tisch.

„Auf einen schönen Abend?“, fragte ich und hielt mein Glas in seine Richtung, um mit ihm anzustoßen.

„Auf einen schönen Abend,.“ bestätigte er und seine Stimme hallte in meinem Kopf genauso wider, wie das leise Klirren unserer Gläser, als diese aneinander prallten.

Ich trank einen Schluck Wein, stellte dann mein Glas ab und sah ihn an.

„Sollen wir gleich essen?“

Er nickte. „Ja, sonst sterbe ich noch vor Hunger...“, erwiderte er und brachte mich damit zum Lachen.

„Das möchte ich aber nicht. Einen Augenblick, bin gleich wieder da...“, grinste ich, sprang auf und verschwand erneut in der Küche.

Wieder dauerte es nur wenige Momente, bis ich mit zwei gefüllten Tellern zurück kam. Einen davon stellte ich vor ihn auf den Tisch, der andere fand seinen Platz schließlich vor mir.

„Oh, das sieht lecker aus. Woher wusstest du, dass ich Pasta liebe?“, fragte er und sah mich lächelnd an.

Verlegen sah ich auf meinen Teller. „Ich wusste es nicht. Aber es freut mich, wenn ich deinen Geschmack getroffen habe...“, erwiderte ich und spürte, wie meine Wangen etwas rot wurden.

Ein wunderschönes Lächeln erschien auf seinen Lippen, während er mir einen Guten Appetit wünschte.

Ich murmelte eine Antwort und musste mich echt zusammenreißen, um ihn nicht unverhohlen die ganze Zeit anzustarren.

Dennoch sah ich zu, wie er von der Pasta probierte.

„Das sieht nicht nur lecker aus, sondern schmeckt auch so!“, meinte er begeistert.

Ich freute mich. „Schön, wenn es dir schmeckt.“
 

So aßen wir gemeinsam zu Abend und nach dem zweiten Glas Wein stellte ich vorsichtshalber die Flasche weg um der Versuchung widerstehen zu können, unsere Gläser immer wieder neu zu füllen. Stattdessen stiegen wir auf Orangensaft um und ich war froh darüber, denn so wie er trank auch ich wenig Alkohol und vertrug auch dementsprechend nicht besonders viel.

Irgendwann landeten wir schließlich auf dem Sofa, wo wir uns weiterhin unterhielten. Er erzählte mir von seiner Arbeit, seinem Mitbewohner und was der schon alles angestellt hatte.

Auch ich erzählte von meiner Arbeit und wir fanden schließlich heraus, dass wir beide etwa die gleichen Interessen hatten, obwohl es da auch Unterschiede gab.

Während er sich gern Actionfilme anschaute, blieb ich lieber bei Horrorfilmen und wenn er Rock und Pop Musik hörte, schwor ich auf Klassik.

Ich erfuhr, dass seinem Vater das Aquarium gehörte und es deshalb vollkommen in Ordnung gewesen war, als er Lea und mich sozusagen mit hinter die Kulissen genommen hatte.

„Aber am Dienstag hast du zu einem fast denkbar ungünstigen Zeitpunkt angerufen...“, meinte er schließlich.

Ich blickte ihn nur fragend an.

„Marie und Jules, zwei meiner besten Freundinnen, kamen ja zum Abendessen... Und Michi hat uns ja sozusagen unterbrochen... Dabei...“

„Dabei?“

Er lächelte und ein roter Schimmer zeigte sich auf seinen Wangen. „Dabei hätte ich gern noch viel länger deiner Stimme gelauscht...“, meinte er schließlich leise.

Auch ich wurde rot, als ich endlich begriff, was er gerade gesagt hatte. Konnte es vielleicht sein, dass er das gleiche fühlte wie ich? Aber wenn es nicht so wäre, hätte er mein Angebot für den heutigen Abend gar nicht annehmen müssen...

„Ich... ich weiß nicht, was ich sagen soll... Aber... mir ging es genauso...“, brachte ich hervor und senkte den Blick. Ich konnte ihn gerade nicht ansehen.

Er schien aber anderer Meinung zu sein und ergriff die Initiative, indem er meinen Kopf hob und mich einfach küsste.

Vollkommen überrumpelt erwiderte ich den Kuss, ließ mich schließlich ganz auf ihn ein und schlang meine Arme um ihn, sodass ich ihn näher an mich ziehen konnte.

Er schmeckte süß, ein bisschen nach Orangensaft.

Ich schloss, genauso wie er, meine Augen und genoss einfach nur noch seine Nähe und seine Lippen auf den meinigen.

Der Kuss dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis wir uns von einander lösten.

Eine angenehme Stille machte sich zwischen uns breit, während wir uns ansahen und lächelten.

„Warum war ich nur immer zu feige, dich anzusprechen...?“, fragte er leise mehr sich selbst als mich.

Dennoch antwortete ich ihm. „Ich weiß es nicht...“

Er kicherte, legte seinen Kopf auf meine Schulter. „Ich bin schon so lange in dich verliebt... Schon seit ich dich das erste Mal gesehen habe... Aber ich war eben immer zu feige...“

Mein Herz schlug so schnell wie noch nie, als ich ihn näher an mich zog und meine Finger sanft durch seine Haare gleiten ließ. „Jetzt ist es ja gut...“, lächelte ich.

Er nickte und schmiegte sich an mich.

Sanft hauchte ich ihm einen Kuss auf die Stirn. „Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich nie in dich verliebt hätte, wären wir uns damals nicht zufällig im Buchladen über den Weg gelaufen...“, meinte ich leise und brachte ihn zum Lachen.

„Glaubst du wirklich, dass das reiner Zufall war?“

„Etwa nicht?“

Er schüttelte den Kopf und sah mich mit einem Glitzern in den Augen an.

„Ich hab dich zufällig durch die Innenstadt laufen sehen und bin dir gefolgt... Und als du dann vor dem Bücherregal standest, da konnte ich nicht anders, als dich auf mich aufmerksam zu machen...“, erklärte er. „Ich wollte einfach nur, dass du mich bemerkst...“

Ich lachte auf und drückte ihn an mich. „Das hast du ja geschafft...“

Er nickte und schmiegte sich wieder an mich. „Ja, und diesmal lässt du mich hoffentlich nicht so einfach wieder gehen...“

„Bestimmt nicht... So einen Fehler begehe ich nicht zweimal...“, hauchte ich, hob seinen Kopf und küsste ihn wieder.

Endlich hatte ich denjenigen gefunden, der mich glücklich machte. Und auch ihm schien es nicht anders zu ergehen.

„Mein Murmeltier...“, flüsterte ich leise, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst hatten und nun kuschelten.

„Murmeltier?“, fragte er mich und blinzelte verwirrt.

Lachend strich ich ihm über die Wange.

„So hab ich dich gedanklich immer genannt, weil ich ja nicht wusste, wie du heißt... Und weil ich dich täglich auf dem Bahnsteig gesehen hatte, hast du mich irgendwie an diesen Film ‚Und täglich grüßt das Murmeltier...’ erinnert...“

Nun lachte auch er. „Dann bin ich eben dein Murmeltier...“, erwiderte er zufrieden.
 

Noch am gleichen Abend kamen wir zusammen und zwei Wochen später lud Sophie uns auf Kaffee und Kuchen ein.

Frank hatte ein großes Projekt in seiner Firma endlich abschließen können und das wollten sie feiern.

Natürlich hatte ich ihr gleich gesagt, was Sache war und so stand ich an einem Sonntag Mittag zusammen mit Jonas vor ihrer Haustüre.

Wie immer wurde ich mit einer herzlichen Umarmung begrüßt und auch Jonas kam nicht drum herum und wurde von meiner Schwester gedrückt.

Ehe ich mich versah, hatte ich auch schon einen kleinen Wirbelwind an mir hängen.

„Onkel Ben!“, rief Lea ausgelassen und quietschte, als ich sie knuddelte.

„Na, Prinzessin? Alles klar?“

Sie nickte und sah dann Jonas an. „Hallo, Onkel Jonas...“, meinte sie und ich konnte sehen, wie sehr es ihn freute, dass sie sich seinen Namen gemerkt hatte.

Auch Frank begrüßte uns wie immer, klopfte mir auf die Schulter und reichte Jonas die Hand.

Bei Kaffee und Kuchen war das Kennenlernen wesentlich einfacher und wir verstanden uns alle prächtig.
 

„Da hast du dir ja jemand ganz süßen geangelt...“, grinste mir meine Schwester zu, als ich einen Augenblick alleine war, weil Lea unbedingt wollte, dass Jonas sich ihr Zimmer anschaute und ihn kurzerhand entführt hatte.

Ich grinste zurück. „Danke für die Blumen. Aber komm nicht auf die Idee, ihn mir irgendwie wegnehmen zu wollen...“, lachte ich leise und erhielt einen Knuff von ihr in die Seite.

„Das brauchte ich gar nicht. Wozu hab ich denn Lea...?“, fragte sie und deutete auf die Tür.

In selbiger war gerade meine Nichte erschienen, die sich an Jonas geklammert hatte und ihn scheinbar gar nicht mehr loslassen wollte.

Ich lachte. Es erfüllte mich irgendwie mit einem sehr guten, berauschenden Gefühl zu sehen, wie Jonas in meine kleine Familie integriert worden war.

Aber warum sollten sie ihn auch ablehnen. Schließlich ist er das Beste, was mir passierten konnte.
 


 

~ENDE~
 



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