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Hypolepsis

One Shot Sammlung
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Kennt ihr das, wenn euch so zwei Stunden vor Mitternacht einfällt, dass einer eurer Lieblingscharaktere am nächsten Tag Geburtstag hat und ihr euch - obwohl ihr eigentlich an anderen Projekten schreiben solltet - einfach nur denkt "Scheiß drauf, ich schreib ihm jetzt was, auch wenn ich seit Jahren nichts mehr zu Naruto geschrieben habe"?
So war das gestern bei mir mit Kakashi. Und im Gegensatz zu dem, was ich gerade fürs Fanfic-Sommerwichteln schreibe, hat mir das hier richtig Spaß gemacht.
In diesem Sinne: alles Gute, Kakashi, du verdienst nur das Beste. ♥ Komplett anzeigen

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Unerwartet (Kakashi/Yamato)

Kakashi hatte nie den Drang verspürt, seinen Geburtstag feiern zu wollen. Sein Vater war nicht der Typ dafür gewesen, ihm ein Geschenk zu besorgen und dann abends Zuhause auf ihn zu warten, mit einem kleinen Kuchen und Kerzen, deren Anzahl seinem neuen Lebensjahr entsprach. Nachdem seine Kindheit viel zu früh geendet hatte, war es auch in seiner Jugend nicht anders gelaufen. Rin hatte mal versucht, ihn zu einer Geburtstagsfeier zu bewegen, doch er hatte immer abgeblockt. Nach einer Weile hatte er einfach niemandem mehr gesagt, wann er eigentlich Geburtstag hatte. Nicht Gai, der ihn in regelmäßigen Abständen bei ihren Kneipenbesuchen nach einer Mission fast schon dazu genötigt hatte (Kakashi sah alles als Nötigung an, das einen betrunkenen Gai und viel zu viel Körperkontakt beinhaltete); nicht Jiraiya, der ihm sogar exklusive Einblicke in sein neustes Werk als Geschenk versprochen hatte; und ganz sicher nicht seinem Team, weil er nicht wissen wollte, mit was für Ideen Naruto dann aufwarten würde.

Kakashi konnte nichts mit dem Konzept einer Geburtstagsfeier anfangen. Wenn er Geschenke wollte, gab es andere Wege, sie zu beschaffen. Eine Feier war auch nicht nötig, er ging ja so schon kaum noch mit den anderen Jounin aus. Und vielleicht lag es auch ein wenig daran, dass er sich schon zu oft vorgestellt hatte, wie es wäre, wenn er niemals geboren worden wäre.

Also lag er an diesem Tag auf seinem Bett, das Fenster zum Lüften geöffnet, und starrte die Decke an. Durch Zufall hatte er für heute keine Mission, die er erfüllen musste, und obwohl es eine nette Abwechslung war, mal wieder mehr als fünf Stunden Schlaf zu bekommen, wusste er nichts mit sich anzufangen. Bis vor wenigen Minuten hatte er noch gelesen, doch auch das war ihm irgendwann zu eintönig geworden. Freie Tage taten ihm nicht gut, denn sie gaben ihm viel zu viel Zeit, über Vergangenes nachzudenken. Mit all den Fehlern und der Reue, die aus seinem Unterbewusstsein ans Tageslicht krochen, rückte die Tatsache, dass heute sein Geburtstag war, in weite Ferne.

»Störe ich, Kakashi-senpai?«

Kakashi zuckte zusammen, mehr aus Überraschung darüber, dass er niemandes Präsenz hatte spüren können als über den unangekündigten Besuch. Als Shinobi hatte man selten den Luxus, feste Termine für ein Treffen zu setzen, also lernte man zwangsläufig, spontan zu sein.

Nachdem er sich wieder gefangen hatte, setzte Kakashi sich auf und drehte sich so weit nach hinten, dass er sehen konnte, wie Yamato auf dem Fenstersims hockte.

»Keine Mission heute, Yamato?«

»Hab mir frei genommen.«

»Oh?« Kakashi wandte sich vollkommen zu ihm und hob eine Augenbraue. »Wie ungewöhnlich für dich, dich vor der Arbeit zu drücken. Besondere Pläne?«

»Ich wünschte, du würdest es nicht so ausdrücken, wenn du weißt, dass es nicht so ist«, nuschelte er und kratzte sich verlegen an der Wange, ehe er sich leise räusperte. »Aber ja, einen Plan habe ich tatsächlich.«

Als er darauf keine Antwort erhielt, seufzte Yamato lautlos und warf Kakashi einen erschöpften Blick zu. »Darf ich reinkommen?«

Ohne etwas zu sagen stand Kakashi von seinem Bett auf, streckte sich ausgiebig und ging auf die Tür zu. Auf der Türschwelle hielt er noch einmal kurz inne.

»Witzig, dass du fragst, obwohl du es als Einziger nicht müsstest«, sinnierte er gespielt beiläufig, bevor er endgültig den Raum verließ. Yamato kannte ihn gut genug, um nur einen Sekundenbruchteil lang perplex zu sein. Er wollte gerade etwas darauf erwidern, da hörte er Kakashis Stimme aus dem Flur, zwar gedämpft aber unmissverständlich ungeduldig. »Kommst du?«

Yamato lachte leise genug, dass Kakashi ihn nicht hören konnte, und sprang vom Fenstersims ins Zimmer, um ihm zu folgen. So war es immer schon zwischen ihnen gewesen, seit sie sich damals bei der ANBU kennengelernt hatten. Er folgte Kakashi in die Küche und nahm das Glas Wasser, das er ihm reichte, dankend an.

»Also, was treibt dich her?«

Kakashi lehnte an der Spüle, sein eigenes Glas stand neben ihm, während Yamato ihm gegenüber am Tisch stand und auf seine Frage theatralisch seufzte.

»Hast du etwa vergessen, was für ein Tag heute ist?«

»Ein wunderschöner Spätsommertag?«

»Senpai

Abwehrend hob Kakashi die Hände vor die Brust. »Ich weiß, ich weiß.«

Es war selten, dass Yamato ihn nach einem seiner Witze zur Ordnung rief, also wurde Kakashi danach in den meisten Fällen wieder ernst. Irgendetwas daran, wie der andere diese zwei Silben betonte, sagte ihm, dass er nicht wissen wollte, was nach einem weiteren Späßchen passieren würde.

Eigentlich war Kakashi sowieso überraschter darüber, dass Yamato offensichtlich von seinem Geburtstag wusste. Auch wenn es ihn nicht wundern sollte; Yamato erinnerte sich immer an solche Kleinigkeiten. Und für den Fall, dass er es nicht von ihm persönlich hatte, würde Kakashi ihm auch durchaus zutrauen, heimlich in seine Akte gesehen zu haben.

»Du weißt, dass ich nicht feiere«, fügte er hinzu, etwas leiser, ohne Yamato anzusehen.

»Und wenn deine Freunde dich feiern wollen?«

Seine Frage brachte Kakashi kurzzeitig aus dem Konzept. Einige Augenblicke lang fixierte er einen unbestimmten Punkt an der Wand hinter Yamato und suchte nach den richtigen Worten.

»Da gibt es nichts, was sich zu feiern lohnt«, meinte er schließlich, ehe er sich die Maske vom Mund zog und einen Schluck Wasser trank. Bevor er sie wieder hochziehen konnte, unterbrach Yamato ihn.

»Lass sie unten.«

Er versuchte, so beiläufig wie möglich zu klingen, doch Kakashi kannte ihn lange und gut genug um zu wissen, dass ihm das bei weitem nicht so egal war, wie er den Anschein erwecken wollte.

»Willst du etwa dein Privileg ausnutzen?«

Kakashi gab sich keine Mühe, sein Grinsen zu verbergen, aber Yamato lächelte darauf nur.

»Es sind die kleinen Dinge im Leben, die einen glücklich machen.«

Darauf lächelte Kakashi ebenfalls, sanft und so glücklich, wie er ihn lange nicht gesehen hatte. Immer, wenn der andere vollkommen aufrichtig lächelte – und so oft kam das gar nicht vor –, spürte Yamato ein Ziehen in der Brust.

»Hast du auch etwas dagegen, wenn nur wir beide feiern?«, fragte er vorsichtig in die Stille und beobachtete nervös, wie Kakashi sein Glas wieder abstellte und ihn amüsiert ansah.

»Wo du schon extra gekommen bist, kann ich schlecht Nein sagen.«

Yamato lächelte wehmütiger, als er beabsichtigt hatte. »Wäre nicht das erste Mal.«

»Nimmst du mir das immer noch übel? Ich wusste gar nicht, dass du nachtragend bist.«

Gespielt genervt rollte Yamato mit den Augen. Er wusste, dass Kakashi nur ablenken wollte, aber das würde er sich heute nicht gefallen lassen. Kakashi schien das zu merken, denn er lenkte schnell ein: »Wie willst du denn feiern?«

»Das kannst du entscheiden, nachdem du dein Geschenk ausgepackt hast.«

»Ach, ich muss mich noch selbst anstrengen an meinem besonderen Tag? Das ist aber nicht sonderlich rücksichtsvoll von di—« Er hielt inne, blinzelte verwirrt. »Geschenk?«

Als er Kakashis überraschtes Gesicht sah, konnte Yamato ein spöttisches Lachen nicht zurückhalten.

»Als ob ich ohne Geschenk auftauche.«

»Yamato—«

»Es ist nichts Großes, also nimm es einfach und sag Danke.«

Kakashi brauchte einige Sekunden, ehe er sich von der Spüle abstieß und auf ihn zuging. Yamato konnte sehen, dass er zögerte, auch wenn er versuchte, es zu verbergen. Als Kakashi schließlich vor ihm zum Stehen kam, legte er leicht den Kopf schief und kniff die Augenbrauen zusammen,

»Was ist es denn?«

»Pack es doch lieber selbst aus, bevor du fragst.«

Yamato grinste ihn fast schon verschmitzt an, kramte ein rechteckiges Päckchen aus seiner Jackentasche und reichte es ihm. Diesmal war Kakashis Zögern offensichtlich, aber Yamato wartete geduldig, bis er ihm das Geschenk abnahm. Es war beinahe niedlich, wie Kakashi das Geschenk erst von allen Seiten musterte, ehe er langsam anfing, das Papier zu zerreißen.

»Du hast hoffentlich nicht viel Geld dafür ausgegeben, anson—«, setzte er an, doch als er das Papier vollständig entfernt hatte, weiteten sich seine Augen und ihm versagte die Stimme.

Mit einem warmen Lächeln auf den Lippen beobachtete Yamato, wie der andere erst das Geschenk und dann ihn ungläubig ansah.

Eigentlich war es wirklich nur eine Kleinigkeit, nämlich ein Foto von ihnen mit Naruto, Sai und Sakura, das sie vor einiger Zeit aufgenommen hatten. Das einzig Besondere war der Rahmen; er war aus Holz, natürlich, und breiter als üblich. Überall auf dem Rahmen verteilt hatte Yamato kleine Szenen aus Kakashis Leben eingeritzt (er würde ihm verschweigen, dass er für die Motive Sais Hilfe benötigt hatte) – ihre gemeinsame Zeit bei der ANBU, sein damaliges Team unter dem vierten Hokage, Team 7 und ihr jetziges Team.

Wie genau er Kakashis Sprachlosigkeit deuten sollte, wusste er im ersten Moment nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte er sogar darüber nach, sich zu entschuldigen, bis Kakashi aufsah und ihn anlächelte. Es war ein aufrichtiges Lächeln, das diesmal ein bisschen weniger traurig war als sonst.

»Danke, Tenzou.«

Er sprach leise, vermutlich weil er fürchtete, dass ihm die Stimme sonst brechen würde. Immer noch lächelnd hob er einen Hand, legte sie auf Yamatos Kopf und strich ihm zärtlich durch die Haare.

»Yamato, nicht Tenzou.«

Ein wenig überrumpelt sah Yamato zur Seite und hoffte, dass Kakashi nicht bemerkte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Als er ihn jedoch leise lachen hörte, wusste er, dass es nicht funktioniert hatte.

»Mir gefällt Tenzou besser. Das ist mein Privileg.«

Langsam ließ er seine Hand an Yamatos Hinterkopf hinabgleiten, zog ihn so nah an sich heran, bis sich ihre Nasenspitzen berührten. Kakashi murmelte er noch ein letztes ›Danke‹ gegen seine Lippen, ehe er den letzten Abstand zwischen ihnen überwand und ihn küsste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  rokugatsu-go
2019-05-11T17:58:07+00:00 11.05.2019 19:58
Wieso habe ich diese Perle hier nicht schon früher bemerkt? Wunderschön geschrieben und die beiden sind herrlich in character. Oft können solche Geschichten ins Kitschige abrutschen, aber deine Dialoge sind so typisch für die beiden, dass der Kitsch draußen bleibt. So etwas würde ich gerne öfter lesen. ;-)
Antwort von:  Schangia
11.05.2019 21:17
Vielen lieben Dank! Ich gebe dir völlig recht, deswegen bin ich froh, dass es nicht zu kitschig war und ich die beiden getroffen habe :3 Ich will mir Mühe geben, mehr in die Richtung zu machen ;)


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