Zum Inhalt der Seite

Schneewittchen

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Immer noch ächzte Gregor, sein alter Körper hielt schon der alltäglichen Belastung kaum noch stand, doch der Gewicht der Massen an Geld hatten ihn nun endgültig erschöpft. Mit zitternder Hand fasste er an die Lehne des alten Ohrensessels und ließ sich schließlich in den roten Samtstoff sinken, immer noch um Luft ringend. Es war schrecklich anstrengend gewesen, doch das Geld war nun sicher und alles war vorbereitet. Er hörte Schritte und schaute in das Gesicht seiner Tochter, welche neben ihm erschien und ihm eine Tasse Tee reichte. Das Heißgetränk war perfekt tempariert und verbrannte ihm die Zunge nicht, als er es gierig trank. Die alten Hände zitterten noch immer und so ließ er die Tasse auf seinen Schoß sinken, um sie abzustützen. Das junge Mädchen stand neben ihm und beobachtete schweigend den gebrechlich gewordenen Mann. Sie schaute kurz abschätzend zu dem großen Gemälde über dem Kamin, wo Gregor drauf abgebildet ist, damals noch jung und kräftig, posierend wie ein König, geschmückt mit dem Familienschmuck. Sein schwarzes Haar glänzt und sogar sein Bart wirkt so echt, als könne man hineinfassen. Sie schaute wieder zurück, der Mann vor ihr war nichtmal mehr ein Schatten von früher. Die Haare schon weiß, die Haut faltig und mit Altersflecken übersäht, dazu den Tremor, den er in beiden Händen hat und seine Tasse zittern lässt. Einzig die Augen leuchten noch immer so wie früher: genauso stark, genauso stolz...und genauso wahnsinnig und paranoid.

"Ist...alles vorbereitet?" fragte er schließlich und schaute im Augenwinkel zu dem Mädchen, welche nickte. "Das ist gut. Es hatte mir schon Sorgen gemacht, dass das Badezimmer nicht rechtzeitig fertig wird. Es wäre sehr ungünstig, wenn Gäste kommen und sie nicht auf Toilette gehen können." Die Tasse begann wieder etwas zu klappern, als Gregor nach dem Satz begann, leise in sich hineinzulachen. Das Mädchen stand nur schweigend daneben und als Gregor vom Lachen husten musste, half sie ihm sofort zu einer aufrechten Position als hätte sie darauf gewartet. "Meine kleine Eiry, wenn ich dich nicht hätte..." keuchte er, allerdings war sein Blick nicht der eines liebenden Vaters, sondern der eines Wahnsinnigen, der sein Opfer anstarrte. Das Mädchen lächelte nur sanft und half ihm, sich in die Lehne des Ohrensessels zurücklehnen zu lassen. "Ihr solltet eine Weile schlafen, heute war ein anstrengender Tag." sagte sie und wollte gehen, wurde aber vom plötzlichen Kichern kurz irritiert. Gregor saß da, sichtlich erschöpft und kicherte vor sich hin. Seine Augen suchten nach dem Mädchen, doch sie stand hinter dem Sessel und damit ausserhalb seiner Sichtweite. "Schlafen...Wünscht du dir jetzt schon meinen ewigen Schlaf? Bist du so ungeduldig?" Er kicherte wieder, ehe er sich tiefer in den Sessel sinken ließ. "Glaub mir, es dauert nicht mehr lange und diese alten Knochen geben nach und dieses alte Herz zieht sich ein letztes Mal zusammen. Dann darfst du dich amüsieren und tun, was immer du für richtig hälst." Das Mädchen schaute zum Sessel, es sah nur die Rückseite, zu tief saß der alte Mann in ihm als das man ihn sehen könnte, doch er war trotz des knisternden Feuers gut hörbar. Ihre Miene änderte sich nicht, völlig unbeeindruckt von dem, was der Mann da faselte, stand sie da und hörte zu, wie er wieder zu kichern begann. Dann holte er kurz tief Luft, atmete sie kontrolliert aus. "Noch sterbe ich nicht, Eiry. Und solange dem so ist, ist deine einzige Aufgabe, mir hier zu dienen und zu tun, was ich will. Du bist die Einzige, die mich nicht verraten darf wie all die Anderen und das weißt du." Es herrschte kurz Stille und obwohl das Kaminfeuer den Raum wohlig wärmte, war es kurz fast eisig. Eiry beobachtete den Sessel, darauf wartend, ob noch etwas von dort zu hören war, ehe sie mit einem "Ja, Vater" nickte, sich umdrehte, die Tür öffnete und auch hinter sich schloss. Die Tür war aus massivem Walnussholz und gab daher auch laut knarzende Geräusche von sich. Gregor saß eingesunken im Sessel und lauschte, wie die Tür dumpf ins metallene Schloss fiel, ehe er zum Feuer sah. Ihm war klar, dass es jeden Tag mit seinem Leben zu Ende gehen könnte und auch, dass Eiry ihm nicht den Tod wünschte. Doch wo der Wahn schon früher seine Sinne vernebelt hatte, war dieser jetzt mit dem Alter zu einem undurchdringbarem Rauch geworden, der ihn nicht klar sehen und denken ließ. Alle waren Verräter. Selbst er selbst.

Er kicherte und ermahnte sich selbst, bloß nicht den Plan zu ändern, sank noch etwas tiefer in den Sessel und schlief ein.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück