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Sealed Souls I

Uchihabrüder in Therapie
von

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Die letzte Prüfung

Das Gespräch mit Tsunade war die Hölle.

Sie schrie mich ungefähr zehn Minuten lang an, bevor ich überhaupt zu Wort kam. Was ich mir eigentlich dabei gedacht hatte, warum ich Itachi nach diesem Fiasko noch in Schutz genommen hatte, warum ich nicht sofort zu ihr gekommen war, ich hätte ihr Vertrauen missbraucht und, und, und...

Ich hörte ihr nur mit halbem Ohr zu, wenn überhaupt. Itachi würde sterben und die einzige Person, die das verhindern könnte, war ich – und ich sagte kein Wort.

„Haben Sie nichts zu Ihrer Verteidigung zu sagen!?“, keifte die Hokage.

Für einen Moment überlegte ich, ihr wenigstens von Danzous Plänen zu erzählen. Aber da Tsunade bereits die Ne aufgelöst hatte und der interne Kampf mit der ANBU losgegangen war, würde das auch nichts mehr bringen. Im Gegenteil, ich würde erzählen müssen, woher ich das hatte und diese Information würde den Krieg eröffnen.

„Sekina-san, wenn Sie keine Verteidigung haben, dann ist ihr Ruf ruiniert, das wissen Sie doch wohl!? Ich habe da zwei schwerverletzte ANBU im Krankenhaus, die Sie für Itachis Komplizin halten! Auch wenn ich weiß, dass das alles Unsinn ist, die Gerüchte werden sich verbreiten und dann wird garantiert niemand mehr in ihre Therapie kommen. Sie werden Ihren Job schneller los sein, als Sie gucken können! Also, in Ihrem eigenen Interesse, sagen Sie mir endlich, was Sie sich dabei gedacht haben!“

Wann würden sie Itachis Hinrichtung wohl ansetzen? Gleich Morgen? Heute noch? Nein, wahrscheinlich würden sie die Chunin-Auswahlprüfung abwarten. Immerhin war das Sasukes Bruder, wer konnte schon garantieren, ob der Junge nicht noch auf dumme Gedanken kam. Sie wollten sich erst seiner Loyalität vergewissern. Andererseits, wer konnte garantieren, dass ich ihn nicht in dieser Zeit auf dumme Gedanken brachte?

„Also schön, Sie wollen nicht reden. Auch gut. Dann scheren Sie sich meinetwegen zum Teufel. Ich will nie wieder hören, dass Sie in der Ausbildungszentrale waren! Bis Ende der Woche sind Sie auch bei Uchiha Sasuke ausgezogen...“

Hah? Ich durfte Sasuke-kun behalten? Nur bis zur Finalrunde, aber trotzdem. Das hatte ich nicht erwartet. Tsunade wollte wirklich kein Risiko eingehen.

Was aber sollte ich denn danach anstellen? Wenn ich meinen Job nicht vollkommen hinschmeißen wollte – und das konnte ich nicht, denn etwas anderes hatte ich nicht gelernt – dann musste ich das Dorf verlassen, besser noch, das Land, irgendwohin, wo mir die Gerüchte nicht folgen konnten. Naja. Andere Dörfer haben auch noch gestörte Ninja. In dieser Welt würde man meine Dienste immer brauchen. Nur das ich an die wirklich großen Fälle wohl nie wieder rankommen würde. Wie lange würde es mir wohl gelingen, von dem bisschen zusammengespartem Geld zu leben, das ich besaß?

„Hier, nehmen Sie das.“ Ich sah auf, als Tsunade mir einen Zettel entgegen hielt. „Sie haben das eigentlich gar nicht verdient. Aber ich hab's schon vor Wochen besorgt, also was soll's...“

Es war eine Eintrittskarte zur Finalrunde der Prüfung. Diese Karten waren praktisch am selben Tag, an dem bekannt geworden war, dass Uchiha Sasuke und Uzumaki Naruto darin kämpfen würden, ausverkauft gewesen.

„Danke sehr“, sagte ich monoton.

„Schon gut. Jetzt verschwinden Sie schon von hier“, knurrte die Hokage. Ich verbeugte mich leicht, dann verließ ich das Zimmer.
 

Es war später Nachmittag, als ich wieder im Uchiha-Anwesen ankam. Sasuke war noch nicht vom Training zurück. Da ich keinen Hunger hatte, beschloss ich das Abendbrot ausfallen zu lassen. Ich richtete in der Küche eine rasche Mahlzeit für Sasuke an, dann ging ich in meine Zimmer und schloss mich ein. Gegen Abend klopfte es an der Tür und Sasuke fragte, ob ich schon schlafen würde, doch ich antwortete nicht. Schließlich ging er wieder. Es dauerte bis tief in die Nacht, bis der Schlaf tatsächlich zu mir kam.
 

Die nächsten Tage verbrachte ich in Apathie, in vollkommener gedanklicher Abwesenheit. Itachis Geschichte, die Ungerechtigkeit der Welt, Konohas und die Bürde, nichts davon verraten zu dürfen, machten mich fertig. Mehrmals fragte der jüngere Uchiha-Sprössling, was denn los sei. Die ersten Mal antwortete ich gar nichts und als er dann wütend wurde, setzte ich ein Lächeln auf und klagte über Bauchschmerzen. Dennoch blieb er misstrauisch, das spürte ich deutlich. Als der Tag der Prüfung gekommen war, stellte er mich beim Frühstück zur Rede.

„Irgendetwas ist doch hier faul!“, rief er aus. „Du bist schon seit Tagen so komisch. Gestern hat mir Kakashi gesagt, dass Sie hier ausziehen wollen. Warum weiß ich davon nichts?!“

Ich zuckte mit den Schultern. „Wenn du die Prüfung erfolgreich überstehst, giltst du als geheilt und wirst wieder als vollwertiger Ninja aufgenommen. Du stehst dann nicht mehr unter Arrest und meine Anwesenheit als deine Überwachung ist natürlich auch überflüssig. Ich werde eben in meine eigene Wohnung zurückkehren. Ich dachte, das wäre dir klar.“

„Na schön“, erwiderte er misstrauisch. „Wann ist dann unsere nächste Sitzung?“

Ich sah ihn überrascht an. „Sitzung?“

„Ja, klar! Seit die Wachen weg sind, konnten wir uns auch so unbemerkt unterhalten und einzelne Sitzungen waren nicht mehr nötig. Aber nach der Prüfung werden sie ja dann wohl wieder andere Patienten behandeln müssen. Dann muss wohl auch ich einen Termin ausmachen.“ Was ihm überhaupt nicht zu gefallen schien.

„Sasuke-kun... Ich hab doch gesagt, du bist dann geheilt. Konoha... hab ich damit abgegrast. Aber in Kiri ist eine Stelle frei geworden, ich hab gestern einen Brief gekriegt. Wir... Wir werden uns nicht wiedersehen.“ Ich hatte keinen Brief bekommen, aber Kirigakure hatte ich lange nicht mehr besucht. Es war tatsächlich möglich, dass ich dort Arbeit finden würde.

Sasuke aber war verblüfft. „In Kiri? Aber das.... Das liegt am anderen Ende der Welt! Überhaupt, wie willst du da hin kommen? In Kiri finden nicht oft Missionen statt, es gibt kein Shinobiteam, dem du dich anschließen könntest, dass demnächst dort hin will.“

Wieder zuckte ich mit den Schultern. „Ich hatte nicht vor, mich irgendwem anzuschließen.“

„Sei nicht albern. Allein reisen, bis nach Kiri? Du musst verrückt geworden sein.“

„Wer sollte mir schon was antun? Es lohnt sich ja nicht einmal, mich auszurauben. Und im Gegensatz zu dir“, sagte ich mit einem aufgesetzten Lächeln, „stehe ich in keinem Bingo-Buch. Es gibt keinen Grund, mich anzugreifen.“

„Für Akatsuki schon“, knurrte er, „sobald sie herausfinden, dass du Itachi therapiert hast. Sie werden sich doch fragen, ob er dir irgendetwas erzählt hat.“ Er schwieg für einen Moment. Dann: „Was ich mich übrigens auch frage...“

„Ich habe Itachi therapiert“, sagte ich leise, „aber das ist jetzt auch vorbei.“

„Klar, von Kiri aus kannst du das schlecht machen. Deswegen ist es ja auch unsinnig, dass du aufhören willst.“ Dann aber erstarrte er. „Moment! Du... Du hörst auf, weil...?“

Ich senkte den Kopf. Er hatte es erraten. „Der Termin steht noch nicht fest“, murmelte ich. Der Termin der Exekution.

Jetzt schwieg auch Sasuke. Er starrte hinunter auf seinen Teller, erst verblüfft, fassungslos, dann verengte er die Augen, ballte die Hände zu Fäusten.

„Verdammte Scheiße!“, stieß er hervor und erhob sich ruckartig, um aus dem Raum zu stürmen.

Ich seufzte und sah auf meinen eigenen Teller. Dann beschloss ich, das Essen stehen zu lassen und Sasukes Beispiel zu folgen. Es war Zeit, aufzubrechen.
 

Eine Stunde später saß ich zwischen gut zweitausend Leuten in einem riesigem Stadium, in dem die letzte Prüfungsrunde stattfinden sollte, während die Worte von Tsunades Eröffnungsrede zu meinem einen Ohr hinein, zum anderen wieder hinaus wanderten. Es gab noch etwa zehn Minuten Vorgeplänkel, bis endlich die ersten Kämpfe losgingen. Irgendein Suna-nin gegen irgendeinen Kiri-nin. Ersterer gewann. Als nächstes war irgendso ein Zwerg von Konoha-nin dran, der schwächlich aussah, aber eine ganz gute Kunst drauf zu haben schien und einen Suna-nin damit besiegte. Die nächsten zwei Kämpfe bekam ich überhaupt nicht mit, so sehr war ich in Gedanken versunken. Dann trat das erste Mal Sasuke nach vorne. Sein Gegner war der Zwerg von vorhin, der mir irgendwie bekannt vorkam. Da es neben Naruto und Sasuke der einzige Konoha-nin war, musste es Sasukes dritte Teammitglied sein.Der Ex-Nuke jagte ihn mit ein paar gezielten Kunai von der Bühne, bevor er überhaupt seine Kunst einsetzen konnte. Danach machte er noch einen Kiri- und einen Kusa-nin fertig, unterbrochen noch von einem Kampf, den Naruto mit einem Kiri-nin ausfocht. Dann stand der ersehnte Zweikampf, auf den ohnehin nur alle gewartet hatten, endlich bevor. Ich erwachte aus mein Gedanken, die sich um einen ganz anderen Ninja drehten, und sah nun das erste Mal interessiert hinunter.

Die beiden schienen erst einige Momente miteinander zu reden, doch als sie aufeinander zustürmten, wirkten sie beide entschlossen. In dem schnellen Kampf aus Kunai, Shuriken, Tritten und Schlägen verlor ich, da ich ja auch so weit weg saß, schnell den Überblick, aber das war ohnehin nur die Aufwärmphase. Naruto wendete schließlich als Erster ein Ninjutsu an und im nächsten Moment war die ganze Arena voller Narutos.
 

*
 

Sasuke lächelte in sich hinein. Naruto war ja so vorhersehbar! Das war die Technik, die er am besten beherrschte und die einzige, die er hier gefahrlos anwenden konnte, neben Rasengan. Er hatte in Erfahrung gebracht, dass Naruto diese Kunst inzwischen um ein Vielfaches verstärkt hatte, aber das spielte jetzt keine Rolle, denn in diesem Stadion war ihm ein Limit gesetzt. Auch Kuchiyose konnte er nicht benutzen, jedenfalls nicht, um den riesigen Frosch zu holen.

Kagebunshin war die sinnvollste Wahl. Und sie war vollkommen unnütz.

Sasuke schwang sich in die Luft, er sprang heftig ab, nur um dann kopfüber wieder zu Boden zu rasen. Er verschränkte die Arme vor der Brust, biss sich kurz in den Daumen und strich Blut über die Bandagen an seinen Handgelenken, um die darin versteckten Senbon herauf zu beschwören. Diese Technik hatte er sich von Itachi abgeguckt, und zwar nicht bei seinem letzten Kampf mit ihm, sondern vor etlichen Jahren, als er ihn beim Training beobachtet hatte.

Der Schwarzhaarige begann die Nadeln zu werfen, eine nach der anderen, immer schneller und schneller, sein Sharingan funkelte. Er drehte sich in der Luft wie ein Kreisel, die Senbon stießen aneinander, lenkten sich gegenseitig von ihrer Bahn ab und jede einzelne traf ins Ziel.

Ein wahrer Regen an Wurfnadeln ging auf die Doppelgänger nieder. Eine dieser Nadel allein war keineswegs tödlich, sie verletzte nicht einmal unbedingt, aber sie war genug, um einen Doppelgänger auszuschalten, der so wenig Chakra inne hatte wie Narutos, wenn sie in dieser Zahl geschaffen wurden.

Als der Shinobi wieder auf dem Boden landete, stand kein einziger Naruto mehr aufrecht. Das Stadion war leer. Auch der Echte war verschwunden...?

Sasuke zog sein Schwert hervor, lud es mit elektrischen Chakra auf und rammte es zwischen seinen Beinen in den Boden, dem einzigen Ort, wo Naruto sich verstecken konnte. Das Erdreich zersplitterte und lockte den blonden Ninja hervor, der einen Schmerzensschrei ausstieß und von der Wucht des Angriffs von Sasuke weggeschleudert wurde. Er hielt sich den rechten Arm, wo das Schwert ihn gestreift hatte und hatte die Augen verbissen zu Schlitzen verengt.

„Na warte“, murmelte er und schloss noch einmal das selbe Fingerzeichen.

Wieder waren da tausende von Doppelgängern, doch diesmal stürmten sie alle gleichzeitig sofort auf Sasuke zu. Dieser wiederholte seinen Trick von eben genauso schnell und sprang wieder ab. Als erstes erledigte er die beiden Doppelgänger, die ihn aus dem Hinterhalt von oben angreifen wollten, dann die von unten, rechts, links und arbeitete sich immer weiter im Kreis vor.

Diesmal blieb einer der Narutos übrig. Er stürmte nun mit zwei Doppelgängern direkt auf ihn zu, in der Hand ein wirbelndes Rasengan. Kurz bevor er ihn erreichte, warf Sasuke sich zur Seite und hieb mit seinem Schwert nach den Beinen des Anderen. Der Doppelgänger verpuffte.

Langsam hatte er das Spielchen satt. Der Shinobi lud sich selbst mit elektrischem Chakra auf und jagte es strahlenförmig von ihm weg. Auch der zweite Bunshin verpuffte, der dritte Naruto jedoch schrie auf und krümmte sich getroffen am Boden. Sasuke verlor keine Zeit und jagte ein Feuerjutsu hinterher. Obwohl er ihn mit voller Wucht traf, stand Naruto wieder auf, wie er es immer tat, erschöpft, verletzt und lächelnd. Er war in seinem Element.
 

Naruto begann erneut einen Taijutsu-Kampf. Er setzte dabei seine Kagebunshin ziemlich geschickt ein, das musste Sasuke zugeben. Tatsächlich schaffte er es sogar einmal, ihn mit seinem Rasengan zu treffen. Sasuke konnte den Schaden abwenden, indem er Chidori dagegen hielt, aber dennoch war sein rechter Arm danach verbrannt und schmerzte. Es war der erste Treffer auf der Seite seines Teamkameraden. Es wurde Zeit, einmal ernst zu machen.

Sasuke begann ein Genjutsu zu weben. Es erforderte ihn kaum eine Anstrengung und so experimentierte er ein wenig. Erst schuf er ein Standartjutsu, aus dem sich Naruto nach fünf Minuten befreien konnte und spottete, ob er nicht mehr drauf hätte. Danach jedoch vermied es der Blondschopf, ihm in die Augen zu sehen und Sasuke lockte ihn in den Nahkampf, bis er es schließlich doch tat. Das folgende Genjutsu spielte ihm einen virtuellen Kampf vor, in dem Sasuke vorgab, all sein Chakra zu verbrauchen. Diesmal funktionierte es. Als er spürte, dass Naruto den Sieg sicher glaubte, löste er das Jutsu und wartete darauf, dass der Andere seine Trumpfkarte ausspielte.

Diese bestand, wie er überrascht feststellte, aus einer Kuchiyose. Naruto beschwor einen Frosch herauf, nicht das große Riesenvieh, aber doch gut mannshoch und grellbunt.

„Damit kriegen wir dich!“, rief der Ninja aus und sprang auf den Kopf des Frosches. Gespannt wartete Sasuke. Plötzlich spieh der Frosch einen großen Wasserstrahl in seine Richtung. Naruto, der die Hand auf seinen Kopf gelegt hatte, verschärfte die Wucht der Attacke mit seinem Windchakra um ein Vielfaches und Sasuke erkannte, dass es klüger wäre auszuweichen. Das tat er dann auch, doch der Wasserstrahl folgte ihm und hatte scheinbar vor, ihn durch das ganze Stadion zu jagen. Also entschied sich Sasuke zum Kontern, blies seinem Gegner eine riesige Feuerwolke entgegen und nutzte den entstehenden Wasserdampf als Deckung.

Naruto zuckte zusammen, als Sasuke vor ihm auftauchte. Im letzten Moment wollte er den Blick abwenden, aber es war zu spät. Er war in Sasukes Genjutsu gefangen.
 

Sasuke trieb sein Schwert in den Oberschenkel des Frosches, der daraufhin mit einem lauten Quaken in einer weißen Rauchwolke verschwand. Dann hielt er Naruto, der jetzt nur noch bewegungslos vor sich hinstarrte, ein Kunai an die Kehle und sah zu dem Prüfer herauf. Es war ein eindeutiges Zeichen, er hatte den Kampf gewonnen.

Doch plötzlich erstarrte er. Sasuke wandte den Kopf ganz langsam um und riss die Augen auf. Hatte er da nicht etwas gesehen?

Tatsächlich! Sasuke keuchte auf, ließ das Kunai fallen und wich ein paar Schritte zurück. Da, ein paar schwarze Haare, die im Wind wehten. Rotgemusterte Augen, die ihn aus der Menge heraus beobachteten. Ein langer Mantel, der um die Ecke herum verschwand.

Rote Wolken.
 

*
 

Im Publikum hatte sich zaghafter Applaus breit gemacht. Ich wagte noch nicht mit zu klatschen, denn wenn ich genau hinunter sah, schien da etwas nicht zu stimmen. Sasuke starrte in die Menge, auf einen Punkt irgendwo weiter links von mir. Mit einem Mal hatte er sogar das Kunai fallen gelassen und wich zurück. Auch der Prüfer hatte gemerkt, dass etwas faul war und ließ den Arm, den er bereits erhoben hatte, um Sasukes Sieg zu verkünden, irritiert wieder sinken.

Dann ging alles furchtbar schnell. Auf einmal stand Sasuke nicht mehr in dem Stadium: Dort erblickte ich nur noch eine Staubwolke. Wie von einem wilden Tier gejagt stürmte der Uchiha quer durchs Stadion. Die Menge hielt geschlossen den Atem an. Was war denn da los? Die ersten Zuschauer erhoben sich von ihren Bänken.

„Ist er jetzt selber in einer Illusion gefangen?“, hörte ich Jemanden neben mich fragen.

Ein Anderer schüttelte den Kopf. „Dieser Uchiha ist verrückt geworden – hey, seht, der klettert über die Absperrung! Das geht jetzt wirklich zu weit!“

Sasuke-kun, was machst du denn nur?, fragte ich mich ängstlich. Auch ich war jetzt aufgestanden und beobachtete verwirrt und voller Furcht, wie Sasuke sich doch tatsächlich einen Weg in den Zuschauerraum bahnte.

„Scheiße, lass uns abhauen!“, hörte ich irgendwo die Stimme eines Gastes. „Der Typ ist doch ein Abtrünniger, oder!? Der wird uns alle umbringen!“

„Unsinn! Der will ein riesiges Chaos anrichten und sich dann in dem Trubel aus dem Staub machen! Einmal Verräter immer Verräter, ich hab's gewusst...“

„Nein, dass stimmt nicht“, flüsterte ich leise. „Sasuke-kun weiß, was er tut.“

Der Kerl, der gesprochen hatte, drehte sich unwirsch zu mir um. „Hä? Was soll das heißen?“

„Es gibt nur einen Grund, warum Sasuke die Prüfung einfach in der Mitte abbrechen und das Stadion verlassen sollte.“ Nur eine Person , die ihn zu einer solch wahnsinnigen Aktion treiben konnte. Aber... Das war unmöglich.
 

*

Sasuke stürzte los und rannte davon, rannte quer über das Stadion, wo er die Bewegung zu sehen geglaubt hatte. Die Konzentration für das Genjutsu hatte er verloren und hinter ihm hörte er Naruto schreien, er solle zurückkommen, doch er beachtete ihn nicht.

Da war er wieder! Er sah das Gesicht nur für einen Sekundenbruchteil, dann verschwand es hinter einer Säule. Merkte denn niemand etwas!? Itachi war aus seiner Zelle geflohen, er war hier, unter den Zivilisten!

Narutos Gebrüll wurde lauter und jetzt erhoben sich auch die Zuschauer in ihren Bänken. Sasuke zischte unwillig. Naruto sollte sich gefälligst nicht einmischen! Er wandte sich um, zog ein Kunai und warf die elektrisch aufgeladene Klinge zu ihm hinüber, wo sie im Boden stecken blieb, der durchnässt war von Narutos Wasserjutsu. Ein blendend heller Blitz schoss über die nasse Bahn, das Wasser leitete den Strom ganz hervorragend und fing Naruto mitten im Lauf ab. Der blonde Ninja sackte zusammen.

Nun, das würde ihn zumindest für ein paar Augenblicke aufhalten.

Sasuke hatte die Balustrade bereits erklommen, die Zuschauer waren allesamt vor ihm geflüchtet, noch bevor er dort angelangt war. Der Shinobi sprang in die Höhe, riss ein Loch in das Dach des Stadions und schwang sich hinauf. Verdammt, Naruto hatte ihn aufgehalten. Wo war Itachi hin?!

Dann sah er ihn. Der Uchiha sprang gerade vom Dach herunter. Landete auf allen Vieren, warf einen Blick über die Schulter zu ihm zurück. Wie hatte er nur aus der Ausbildungszentrale der ANBU entkommen können!?
 

Schon war der Nuke wieder auf den Beinen und mit einem mächtigen Sprung landete er auf dem Dach des nächsten Hauses.

„Warte!“, rief ihm Sasuke hinterher, doch sein Bruder hielt nicht an. Also stürmte er hinterher, fest entschlossen, ihn aufzuhalten.

Es begann eine rasante Hetzjagt durch ganz Konoha. Aus den Augenwinkeln sah Sasuke, dass auch er Verfolger hatte. Jounin und ANBU aus Konoha waren ihm auf den Fersen.

„Warte, Sasuke-kun!“, hörte er die vertraute Stimme seines Senseis. „Mach nicht schon wieder den selben Fehler!“

Für einen Moment stutzte der Uchiha. Den selben Fehler? Ach so, die dachten, er wolle Konoha verlassen! Gerade wollte er zurückrufen, dass sie doch mal die Augen aufmachen sollten, dass ihnen gerade ihr Hochsicherheitsgefangener entkam – aber dann ließ er es bleiben. Er hatte jetzt keine Zeit für Gespräche, wenn er nicht aufpasste, entkam ihm Itachi!

Sein Bruder aber – sein Bruder schien ihn gezielt irgendwo hin führen zu wollen. Vielleicht aber wollte er auch nur die Verfolger abhängen. Er schlich durch dunkle Gassen, schwang sich in zerbrochene Kellerfenster, einmal verschwand er sogar in einen unterirdischen Geheimgang. Natürlich wusste Sasuke, dass sein Bruder das Dorf gut kannte – aber so gut? Dennoch schaffte es der Akatsuki nicht, seinen Bruder, dafür aber die Konoha-nin abzuhängen. So schnell er auch war, immer wieder erhaschte Sasuke einen kurzen Blick auf einen Zipfel seines Mantel oder eine Strähne seines Haares, bevor er verschwand. Mittlerweile war er sich sicher, dass der Ninja ein Ziel hatte.

Dann plötzlich stand Sasuke auf einem kleinen Trainingsplatz in der Nähe der Stadtmauer und wusste nicht mehr wo lang. Er sah sich fieberhaft um und dann, endlich, erhaschte er noch einen Blick auf den gemusterten Stoff eines Akatsuki-Mantels. Jetzt würde er ihm nicht mehr entwischen!

Sasuke schwang sich auf das nächste Haus und dahinter wieder hinunter, um dem Nuke den Weg abzuschneiden.

Jetzt saß er in der Falle!

Sasuke erstarrte.

„Du... Was zum Teufel machst du hier!?“

„Eh? Da hat man mich wohl erwischt...“

Der Ninja vor ihm war in der Tat ein Akatsuki. Es war nur nicht Itachi. Es war Hoshigaki Kisame, sein Partner.
 

Zehn, zwanzig, dreißig Sekunden lang starrte Sasuke den Schwertninja einfach nur an. Das Letzte Mal, als er ihn gesehen hatte, hatte er dafür gesorgt, dass er allein zu Itachi durchkam und hatte Team Hebi aufgehalten. Was wollte er jetzt in Konoha?

„Was willst du in Konoha?“, fragte er auch sogleich.

„Dieselbe Frage könnte ich dir stellen“, schnarrte der Ninja anstelle einer Antwort, zog sein riesiges Schwert und deutete auf ihn. „Dieses Stirnband da heißt wohl, du bist in dein Dorf zurückgekehrt. Bedeutet das, die Gerüchte sind falsch?“

Sasuke hatte sein neues Konoha-Stirnband um seinen rechten Oberarm gebunden.

„Welche Gerüchte?“, fragte er vorsichtig, lauernd.

„Die Gerüchte, dass Itachi gar nicht gestorben ist, wie unser Spion das gesagt hat, sondern hier in Konoha festgehalten wird. Aber ich kann mir schlecht vorstellen, dass ihr jetzt beide ganz friedlich in Konoha lebt.“ Kisame legte den Kopf schräg. „Andererseits hätte ich auch nicht gedacht, dass du überhaupt zu diesen Losern zurückkehrst...“

„Tsk“, machte Sasuke, „jetzt sag schon, was willst du?“

„Das sagte ich doch schon. Ich soll die Gerüchte überprüfen und... Nun, Konoha hat uns einigen Ärger bereitet. Wir brauchen neue Mitglieder. Interessiert?“

Überrascht hielt Sasuke inne. Für einen Moment dachte er tatsächlich darüber nach. Er, ein Mitglied der Akatsuki? Das wäre eine ideale Position. Itachi würde ohnehin bald sterben und hatte doch nichts preisgegeben. Bei Akatsuki wäre er in der Nähe von Uchiha Madara, der einzigen anderen Informationsquelle, die er noch hatte.

Aber dann fiel ihm wieder ein, was ihn eigentlich hierher geführt hatte. Itachi war aus seiner Zelle entkommen, er war irgendwo hier in der Nähe. Wenn Kisame das mitbekam, würde er doch bestimmt seinem alten Partner helfen und sie würden ihn beide umbringen. Aus irgendeinem Grund aber blieb Itachi noch im Hintergrund. Das würde sich ändern, wenn er jetzt zusagte.

Also zog Sasuke bedächtig sein Schwert. „Tut mir Leid, ich passe. Itachi ist tot und du wirst es auch bald sein. Du hast dir einen wirklich günstigen Zeitpunkt ausgesucht, um Konoha auszuspionieren, das muss ich zugeben. Alle sind bei der Prüfung. Du hast freie Bahn, das dachtest du wohl. Akatsuki hat eine Menge Biju gesammelt, hab ich gehört, aber ihr seid immer noch hinter Naruto her.“ Er verengte die Augen zu Schlitzen. „Es ist ein Angriff geplant, nicht wahr? Ein Angriff auf das Dorf, den du vorbereiten sollst.“

„Ah, du hast mich ertappt. Itachi wird gar nicht erfreut sein, dass ich seinen kleinen Bruder umgebracht habe. Und der Boss auch nicht... Itachi hat dich immer für sich beansprucht. Obwohl, vielleicht verzeiht er es mir ja jetzt, wo er tot ist.“ Kisame bleckte die Zähne zu einem Haifischgrinsen. „Eigentlich soll ich ja kein Aufsehen erregen, aber was soll ich machen... Samehada ist hungrig.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-05-17T12:59:22+00:00 17.05.2011 14:59
Wow, wirklich toll! Mies das du an so einer Stelle aufhörst :D bin wirklich schon gespannt... Mach bald weiter! Lg


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