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Sealed Souls I

Uchihabrüder in Therapie
von

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Gift und Galle

Jaja, Tsunade kann schon fies sein^^ Und Sekina will deswegen auch sofort jede Beteiligung leugnenXD Naja, für die D-Mission kann sie ja wirklich nichts.

Auf die Chunin-Prüfung seid ihr jetzt wohl alle gespannt, aber ich sage euch gleich, dass die nur Mittel zum Zweck und kein Hauptinhalt der ff sind.In erster Linie geht es ja um die Psyche der beiden. Und die – speziell die von Itachi – nimmt sich Sekina jetzt noch einmal vor.

Happy Birthday, Itachi!
 

XxX
 

Als der Morgen und mit ihm auch meine Wenigkeit erwachte, fühlte ich mich frisch und ausgeruht. Für heute hatte ich keine Sitzung angemeldet und so beschloss ich, mich ein wenig um den Haushalt zu kümmern. Was wirklich schon überfällig war.

Am Frühstückstisch begegnete ich Sasuke, der mit einem geradezu angewiderten Gesichtsausdruck eine Schriftrolle, die vor ihm auf dem Tisch lag, mit seinem Blick zu vernichten versuchte. Als ihm klar wurde, dass er damit keinen Erfolg haben würde, widmete er sich widerwillig dem Müsli, das ich ihm hingestellt hatte.

"Sie haben die Mission schon gebracht?", fragte ich mit einem Blick auf die Rolle. Was darin stand, konnte ich nicht erkennen, aber das große schwarze 'D' auf der Vorderseite verhieß nichts Gutes.

"Vermutlich ist das ein Test", murmelte Sasuke. "Ich meine, das können sie nicht ernst meinen."

Ich lächelte mitleidig. "Ist es wenigstens eine Einzelmission?"

Er brummte etwas Zustimmendes.

"Nun, wenigstens darfst du mal wieder ins Dorf hinaus, das ist doch auch schon etwas wert", meinte ich, während ich mein eigenes Frühstück aß.

Sasuke brummte wieder etwas in seinen nicht vorhandenen Bart. "Die Hokage nimmt sich trotzdem viel heraus. Erst schickt sie mir dieses Formular zum ausfüllen und dann soll ich aber noch tausend Leute abklappern und mir ihre Unterschriften holen. Können das nicht irgendwelche ANBUs machen? Die sitzen doch sowieso nur faul vor meiner Haustür rum."

Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Was für eine Arroganz!

Ich warf einen Blick auf das Formular, das er hervorgezogen hatte. Es handelte sich um den Papierkram für seine Wiederaufnahme in Konoha. Für ihn war es wahrscheinlich tatsächlich nur eine Formalität, ich aber erkannte die himmelschreiende Bedeutung: Sasuke war den Nuke-Rang los. Sobald dieses unscheinbare Blatt Papier durch die Verwaltung gegangen war, wurde er aus dem Bingobuch gestrichen, ihn zu töten wäre fortan ein Verbrechen, er stand unter dem Schutz der Hokage - sobald er die Unterschriften alle beisammen hatte. Was bedeutete...

"Sasuke-kun, dir ist schon klar, dass einige Ninja hier deine Wiederaufnahme nicht billigen werden? Du empfindest die ANBU-Wächter um das Anwesen herum als Gefängniswärter, aber sie geben dir auch Schutz. Heute ist für deine Feinde die letzte Gelegenheit..."

"Ich weiß", blockte er ab.

Für einen Moment hielt ich im Essen inne, sah ihn an, dann schüttelte ich den Kopf. Kurz darauf stand Sasuke auf und verließ die Küche. Ich versuchte nicht enttäuscht zu sein, immerhin war das ein fast schon freundliches Gespräch zum Frühstück gewesen. Das war endlich mal Normalität - sah man davon ab, dass wir über Mordanschläge geredet hatten.
 

Nach dem Frühstück räumte ich die Küche auf, putzte dann erst das Wohnzimmer, das Bad, danach mein eigenes. Die anderen, weitestgehend unberührten Räume entstaubte ich lediglich grob. Ich wollte auch Sasukes Zimmer aufräumen, aber nachdem ich bereits in der Schmutzwäsche, die überall auf dem Boden verteilt herumlag, drei Shuriken und fünf Kunai gefunden hatte (allesamt illegal), ließ ich es bleiben. Stattdessen nahm ich die Sachen mit und schmiss die Waschmaschine an. Dabei fand ich in einer meiner alten Hosen das alte, angesengte Foto der beiden Brüder wieder. Gedankenverloren steckte ich es ein und arbeitete weiter.

Mit den selben Zweifeln über Privatsphäre und dunkle Geheimnisse, die besser unaufgedeckt blieben, stand ich dann auch vor Itachis Zimmer. Ich schwankte hin und her, sollte ich den Raum aus Respekt Sasuke gegenüber so schmutzig und zerstört lassen wie er war, oder sollte ich ihn so gut es ging wiederherstellen, um in gewisser Weise zu bedeuten, dass Itachi hier noch immer seinen Platz hatte? Im Grunde war besonders letztere Überlegung lächerlich. Itachi würde es nie erfahren und hatte nichts davon, Sasuke hingegen würde es wütend machen.

Trotzdem fasste ich mir schließlich ein Herz und begann, die umgestoßenen, aber nicht zu sehr beschädigten Möbel zu säubern und neu aufzustellen. Ich versuchte auch das Blut von den Wänden zu kratzen, musste aber bald aufgeben. Das war ein Job für einen professionellen Maler - wobei ich gern das Gesicht des Unglücklichen sehen würde, wenn hier tatsächlich je einmal einer herein käme.
 

Gerade richtete ich das Bett wieder her, nachdem ich die staubige und teilweise sogar mottenzerfressene Decke am Fenster ausgeschüttelt hatte, da öffnete sich die Tür. Ich erstarrte mitten in der Bewegung und wandte mich ertappt zu dem Geräusch um.

Sasuke verzog keine Miene. Er stand an den Türrahmen gelehnt da, die Arme vor der Brust verschränkt, kalt.

"Ich habe Sie gesucht", sagte er und es klang wie: "Das Wetter ist mies heute." Jetzt sah er sich um, als würde er eben erst registrieren, in wessen Zimmer er sich befand. "Ich hätte Sie nicht hier erwartet."

"ich putzte das Haus", erwiderte ich etwas lahm.

"Das seh ich", meinte er spöttisch. "Sie verschwenden Ihre Zeit."

"Weil er nicht zurückkommen wird?", fragte ich ganz direkt, aber im Flüsterton. "Dann willst du ja vielleicht sein Zimmer neu vergeben und nach deinen Wünschen einrichten. Solange du hier wohnst..." Ich ließ den Satz unvollendet. So sehr er ihn auch hasste, so sehr hing Sasuke auch an seinem Bruder. Es war eine merkwürdige Hassliebe, mit der er sich jedoch ungern auseinandersetzte. Nicht umsonst - das hatte ich an der zentimeterdicken Staubschicht bemerkt – war er seit seiner Rückkehr nicht ein einziges Mal in dieses Zimmer zurückgekehrt.
 

„Dieses Anwesen ist genauso wenig mein Zuhause wie Konoha“, sagte Sasuke ungerührt. „Es ist mir egal, was Sie hier suchen.“

„Warum wolltest du mich dann sprechen?“, wollte ich wissen.

Sasuke sah an mir vorbei aus dem Fenster. Vermutlich sollte es nachdenklich wirken, aber ich erkannte, dass er meinem Blick absichtlich auswich.

„Wann sehen Sie ihn das nächste Mal?“, fragte er und es war sofort klar, wen er meinte.

"Nun, spätestens übermorgen, aber wenn es sich um einen Notfall handelt, wird man mir den Zutritt nicht verweigern", erklärte ich misstrauisch.

"Gibt es eine Möglichkeit, wie ich auch zu ihm gelangen kann?"

Mein Blick trübte sich ein wenig. "Es tut mir Leid, Sasuke-kun, aber das glaube ich nicht. Nicht solange du ihn..."

"...umbringen willst?" Er schnaubte verächtlich. "Schon kapiert." Sasukes Blick huschte vom Fenster zum Boden, zu dem Bett, den Wänden, nur nicht zu mir. "Dann gehen Sie eben allein zu ihm... und geben ihm das hier von mir." Er reichte mir einen kleinen Gegenstand, den er die ganze Zeit über in seiner zur Faust geballten Hand gehalten haben musste.

Überrascht betrachtete ich das kleine Objekt. Es war eine Art Medaillon in Form des Uchiha-Zeichens. Das Metall im oberen Teil war aus Kupfer, im unteren aus gehärtetem Weißblech gefertigt und ließ sich aufklappen. Ich öffnete den oberen Halbkreis und wie eine Blüte fielen die beiden Teile im rechten Winkel zur Seite. Darin kam ein, durch den Mechanismus in der Mitte gefaltetes Foto zum Vorschein. Ein Familienfoto, das im oberen Teil einen Mann und eine Frau, vermutlich Sasukes Eltern, und im unteren die beiden Brüder zeigte. Für einen Moment stockte mir der Atem und ich spürte, wie meine Augen feucht wurden.

"Ich hab's vor Jahren gemacht...", murmelte Sasuke abwesend. "Bin aber nicht mehr dazu gekommen, es ihm zu geben, weil... Nun, Sie wissen warum."

"Sasuke-kun... Das ist..." Ich konnte nicht weitersprechen. Das war das Letzte, was ich von ihm erwartet hätte.

"Hast du das etwa all die Jahre über bei dir getragen?"

"Unsinn!", erwiderte er unwirsch. "Ich hatte es bereits komplett vergessen und bin gestern nur zufällig unter meinen Sachen darauf gestoßen" War das etwa ein Rotschimmer um seine Nase herum?

"Aber... Das muss das letzte Foto sein, dass du noch von deiner Familie und deinem Bruder hast. Bist du sicher, dass du es weggeben möchtest?"

Er zuckte mit den Achseln. "Wie gesagt, ich hatte es schon ganz vergessen..."

Ich klappte das Medaillon zusammen und umfasste es fest, wie einen wertvollen Schatz. Ich war gerührt von diesem Geschenk und freute mich aufrichtig, dass der junge Shinobi scheinbar doch nicht nur negative Gefühle wie Hass, Gleichgültigkeit, Rachlust und Desinteresse empfinden konnte, sondern irgendwie vielleicht auch so etwas ähnliches wie Bruderliebe. Natürlich war da immer noch Hass in ihm, aber mit meinen Ermittlungen hatte ich ihn zum Zweifeln gebracht, sodass jetzt nach und nach der alte Wunsch, der mit Blut an die Wand hinter mir geschrieben stand, zum Vorschein kam: Nii-san, warum hast du mich nicht mitgenommen?
 

„Also... Geben Sie's ihm?“, fragte Sasuke verlegen. „Noch heute?“

„Ich... ja“, konnte ich nur stammeln. „Das ist sehr... schön.“

Wie sehr musste Sasuke seinen Bruder geliebt haben!

„Ich werde es ihm bringen“, versprach ich. Dann griff ich in meine eigene Tasche und zog das alte, angesengte Foto hervor. „Dann möchte ich aber, dass du das hier behältst.“

Sasuke verzog das Gesicht, als er das Bild entgegen nahm. „Woher...?“

„Ich habe es hier, in Itachis Zimmer gefunden“, antwortete ich.

Der Shinobi verbannte alle Gefühle aus seinem Gesicht, um sich keine Emotionen anmerken zu lassen. „Danke, Sekina-san.“

Ich lächelte ehrlich. „Es ist okay, wenn du mich duzt“, sagte ich und bot ihm meine Hand an. „Sekina Chinatsu.“

Sasukes Miene wurde noch abweisender. Das hätte mich vielleicht beleidigt, hätte ich nicht erkannt, dass es ein Abwehrmechanismus gegen Gefühlsausbrüche war.

„Ich denke, du hast wirklich große Fortschritte gemacht. Du erkennst langsam, dass es mehr im Leben gibt als Rache. Ich bin sehr stolz auf dich. Und auch wenn du das jetzt vermutlich nicht glaubst und er es auch nicht aussprechen wird – ich denke, auch Itachi wird stolz auf dich sein.“

„Es war Itachi, der mir gesagt hat, ich soll ihn hassen und nach Rache streben. Egal warum, er wollte, dass ich stärker werde.“

„Dann glaubst du, er hält das“, ich hielt das Medaillon hoch, „für ein Zeichen von Schwäche?“

Er erwiderte nichts, aber sein Schweigen war Antwort genug.

„Es ist ein Test, um genau das herauszufinden“, behauptete er schließlich. „Ich will genau wissen, wie er darauf reagiert.“

Ich nickte ihm zu, doch seine ausdruckslose Miene machte mich langsam misstrauisch. Natürlich passte es viel besser zu dem Schwarzhaarigen, Itachis Reaktion testen zu wollen, als ihm tatsächlich ein Geschenk zu machen. Trotzdem wirkte diese Bemerkung vorgeschoben. Seine ablehnende Haltung hatte er erst angenommen, als ich mich von seiner Idee begeistert gezeigt hatte – fast als bekäme er ein schlechtes Gewissen. Das wäre in dieser Art doch nicht der Fall gewesen, wenn er es als einen bloßen Test empfand, oder? Seine anfängliche Verlegenheit könnte immerhin daher rühren, dass ihm ganz genau klar war, dass ich die Geste falsch verstehen würde, verstehen musste, denn darauf zielte er ja ab.

„Es sollte wirklich interessant sein“, stimmte ich ihm deshalb zu. Wenn er aus echten Gefühlen heraus gehandelt hatte, so wollte ich ihm die Verlegenheit, empfand er es als einen Test, ihm das schlechte Gewissen nehmen.

Es schien nicht besonders gut zu funktionieren.
 

Ich versprach ihm, das Medaillon sofort an seinen Bruder zu übergeben. Damit gab sich der Uchiha zufrieden und verließ, um nicht zu sagen flüchtete kurz darauf aus dem Zimmer. Ich beendete noch rasch meinen Hausputz, schnappte mir meine Jacke und wollte noch einmal zu Sasuke gehen, mich verabschieden. Er würde wohl auch gleich aufbrechen, um die Unterschriften und seine Mission in einem Schwung zu erledigen und ich wollte ihn noch vorher erwischen. Aus reiner Gewohnheit heraus nährte ich mich seinem Zimmer leise und vorsichtig. Ich hatte mir angewöhnt, am Zimmer des Ninja nur vorbei zu schleichen, um ihn ja nicht zu stören und gegen mich aufzubringen. So bemerkte er mich diesmal nicht, oder machte sich zumindest nicht die Mühe sich zu mir umzudrehen. Sasuke stand einfach nur da und beobachtete mit kalten Augen das vergilbte Foto, das ich ihm gegeben hatte und das er – vielleicht aus Abscheu? - an nur zwei Fingern in die Höhe hielt, während sanft orangerote Flammen an ihm leckten.

Vorsichtig schloss ich die Tür wieder, ohne etwas gesagt zu haben.
 

Eine halbe Stunde später stand ich vor dem Friseur und stritt mich mit einem Attentäter.

Der etwas heruntergekommene, schon lange geschlossene Laden war einer der geheimen Eingänge zum unterirdischen ANBU-Ausbildungszentrum. Nachdem ich einem zerbrochenen Spiegel die Parole zugeflüstert hatte, war ein maskierter Ninja aus dem Schatten gekrochen – und wollte mich jetzt nicht rein lassen! Er wusste ganz genau, ich hatte das Recht auf meiner Seite, aber diesem Kerl machte es scheinbar Spaß, mich hinzuhalten.

„Sie sind von den Ne, nicht wahr?“, fragte ich nach zehn Minuten fruchtloser Diskussion.

Hätten diese Typen nicht lernen müssen, sämtliche Gefühle abzutöten, wäre er nun wohl erstarrt.

„Ich weiß nicht, wovon Sie re-“

„Ich rede von dieser fiesen Untereinheit von Danzou, die Uchiha Itachi am liebsten – entgegen dem ausdrücklichen Befehl der Hokage! - unter die Erde bringen würden.“

Auf diese Art und Weise stritt ich noch fünf Minuten weiter, bis ich endlich durchgelassen wurde. Danach war ich so stinksauer, dass ich darauf bestand, mich von niemanden außer meiner persönlichen ANBU-Leibwache nach versteckten Waffen abtasten zu lassen. Alle Ninja, die sich mir trotzdem annährten, beschimpfte ich als perverse Lüstlinge.

Schließlich schickte man nach Sai, der heute eigentlich keinen Dienst hatte, denn Yamato war auf Mission unterwegs.

„Wie sehen Sie denn aus?“, fragte ich den Schwarzhaarigen, als er endlich angekommen war. Der Shinobi hatte nämlich an einer ziemlich empfindlichen Stelle einen großen, nassen Fleck auf der Hose.

„Oh, das war Naruto. Er war ein bisschen stürmisch“, meinte er leichthin. „Ich hatte leider noch keine Zeit, mich umzuziehen.“

„Wie darf ich... 'stürmisch' denn verstehen?“, wollte ich vorsichtig wissen.

„Ich habe ihm gerade die Nachricht überbracht, dass er mit Sasuke-kun bei der Prüfung in einem Team sein wird – übrigens eine wirklich amüsante Idee. Er war darüber so aufgeregt, dass er seinen Ramen über meinen Schoß gekippt hat.“ Uzumaki Naruto mit Uchiha Sasuke in einem Team? Die beiden waren doch mal Freunde, nicht wahr? Wieso war Naruto dann immer noch Genin?

„Oh... Da haben Sie sich wohl verbrannt?“, sagte ich derweil in höflichem Mitleid zu Sai.

„Verbrannt? Mir sind fast die E-“

„Okay, so genau will ich das auch nicht wissen“, würgte ich ihn ab. „Jetzt bringen Sie mich lieber zu Itachi.“

Sai willigte ein, tastete mich kurz ab - verflixte ANBU-Masken, ich konnte diese Typen einfach nicht einschätzen! - dann nahm er mich in die unteren Etagen zur Zentrale mit.
 

Bevor wir den Raum erreichten, bat ich Sai noch einmal um Itachis Unterlagen. Seit seine Krankheit festgestellt worden war, wurden seine Symptome genau protokolliert. Innere Verletzungen las ich da, er erbrach regelmäßig Blut. Gelegentliche Hustenanfälle, allgemeine Schwäche, vermutlich auch starke Schmerzen, dazu machte er jedoch keine Aussage. Das hörte sich nicht gut an.

Eigentlich überflog ich allgemeine Angaben wie Alter und Gewicht immer, diesmal jedoch las ich mir alles genau durch und stutzte.

„Der wievielte ist heute?“, fragte ich meine Begleitung, weil ich das Datum gerade nicht im Kopf hatte.

„Der Neunte, wieso?“, antwortete Sai.

Ich sah wieder auf die Akte. „Jetzt wird mir einiges klar...“, murmelte ich.

Erneut spürte ich Tränen der Rührung in mir aufsteigen. Sasukes Medaillon war ein Geburtstagsgeschenk.
 

Sai öffnete die Zelle, in der Itachi rücklings, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, auf dem Futon lag. Der ANBU schloss die Tür hinter mir und zog sich in den Überwachungsraum zurück. Ich wartete anderthalb Minuten, bis der Sichtschutz vorgeschoben und die Wanzen abgeschaltet waren, dann setzte ich zum Sprechen an.

„Sekina-san“, sagte stattdessen Itachi, „für heute war doch keine Sitzung geplant, oder irre ich mich da?“

„Woher wissen Sie dann, dass ich es bin?“, fragte ich anstelle einer Antwort und trat näher.

„Sie haben abgewartet, bis die Lauscher weg waren.“ Er setzte sich auf, wandte sich mir zu, auch wenn er mich nicht anzusehen vermochte. „Warum sind Sie hier?“

„Nun, ich hielt die Vorstellung für traurig, dass Sie an Ihrem Geburtstag keinen Besuch kriegen.“

Er zeigte sich unbeeindruckt. „Ach, das ist heute...?“

„Sie haben doch wohl nicht etwa Ihren eigenen Geburtstag vergessen!?“ Immerhin, Sasuke hatte sich erinnert.

„Hier drin gibt es keinen Kalender und seit meiner schlaflosen Zeit im Gefängnis ist meine innere Uhr etwa durcheinander.“

Daraufhin zog ein beklemmendes Schweigen ein, das ich schließlich brach:

„Behandelt man Sie hier wenigstens anständig?“

„Hai“, erwiderte er, „mehr als genug.“

Wieder Schweigen.

„Sagen Sie, Uchiha-san, haben Sie in den letzten acht Jahren überhaupt Ihren Geburtstag gefeiert?“

„Warum sollte ich? Der Tag meiner Geburt ist gemeinhin nichts, was irgendjemand würde feiern wollen.“

„Aber... Ist das nicht furchtbar einsam?“, flüsterte ich. Vorsichtig setzte ich mich neben ihn auf die Schlafstätte und er folgte mir sofort, drehte sich zu mir herum.

„Wie feiern Sie denn Ihren Geburtstag?“, wollte er wissen. Wie üblich wich er mir mit Gegenfragen aus, um von sich selbst abzulenken. Langsam wurde das zu seinem Markenzeichen.

„Nun, ich feiere...“ Ich feiere mit meiner Familie, wollte ich sagen, aber das stimmte nicht. Meine Eltern schickten mir vielleicht eine Grußkarte und eine Blumenstrauß, aber sie machten sich nicht die Mühe zu mir zu kommen, obwohl wir doch im selben Dorf lebten.

Ich feiere mit meinen Freunden, wollte ich sagen, aber auch das stimmte nicht. Auf meinen Lehrreisen war ich zu viel unterwegs gewesen, um Freundschaften wirklich zu pflegen und so lebten meine Freunde zwar überall auf der Welt verstreut, aber keinem von ihnen stand ich nah genug, als das er die lange Reise für mich auf sich genommen hätte. Und in Konoha war ich erst wieder seit drei Monaten. In dieser Zeit hatte ich ein relativ gutes Verhältnis zu der Hokage als meine Chefin und zu meinen Nachbarn aufgebaut, aber ansonsten gehörten die einzigen Menschen, die ich noch regelmäßig sah, entweder zu meiner Leibwache oder zu meinen Patienten.
 

Die Erkenntnis, so ziemlich alleine auf der Welt zu stehen, traf mich unvorbereitet wie ein Faustschlag in den Magen. Aber jetzt war nicht der richtige Augenblick für Selbstmitleid. Das hier war mein Job, es war meine Aufgabe, meinen Patienten Trost und Hoffnung zu spenden und nicht über mein eigenes Leben zu klagen. Also setzte ich ein fröhliches Lächeln auf - was freilich ziemlich sinnlos war – und versuchte es auch in meiner Stimme klingen zu lassen, als ich sagte:

„Nun, ich hätte auch nichts dagegen, mit Ihnen zu feiern.“

Es war äußerst skurril. Als Außenstehende hätte ich Itachi anhand dieser Unterhaltung niemals für einen geisteskranken Mörder, sondern viel eher für einen guten Freund gehalten.

Er sah mich an – da waren nur leere Augenhöhlen hinter schwarzem Stoff, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, dass er mich ansah. In diesem Moment wünschte ich mir sehnlichst, tatsächlich in seine Augen sehen zu können. Ich stellte mir vor, wie sie wohl aussahen. Bestimmt schwarz, tiefschwarz, wie bei seinem Bruder. Durchdringend, natürlich. Sie würden bis in meine Seele blicken können.

„Sie sind also auch allein“, flüsterte er, nichtsahnend.

Oh, ja. Definitiv durchdringend.
 

Wieder schwiegen wir, diesmal jedoch war es eine friedliche, entspannte Stille. Es war eine Verbundenheit zwischen uns, von der ich schon nicht mehr geglaubt hatte, sie jemals erreichen zu können. Einsamkeit brachte Menschen zusammen.

Ich betrachtete den Nuke-nin und fragte mich, warum er die Augenbinde noch immer trug. Ob seine Augen noch bluteten? Eine Weile spielte ich mit den Gedanken, ihn zu fragen. Dann aber hob ich die Hand, ganz langsam, beugte mich zu ihm, bis er meinen Atem auf seinen Wangen spüren konnte.

„Darf ich...?“, fragte ich leise.

Er erwiderte nichts, senkte jedoch ganz leicht den Kopf, wie zur Zustimmung. Vorsichtig griff ich nach dem Stoff, fuhr mit meinen Fingern in seine Haare und löste langsam den Knoten. Meine Bewegungen waren sehr zaghaft, ich gab ihm jede Möglichkeit zurückzuweichen und hielt sie auch mir offen. Niemals durfte ich vergessen, was er getan hatte. Und doch geriet ich in Versuchung, genau das zu tun, als ich die Augenbinde in Händen hielt und er langsam die Lider hob.

Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte. Vielleicht leere, durchstochene Augenhöhlen, grässlich freigelegte Knochen oder weiße Augäpfel, nur von roten Adern durchzogen, ohne Pupille oder Iris. Aber jedenfalls nicht das hier.

Tsunade hatte vollkommen Recht, wenn sie sagte, ihm war etwas entrissen worden. Genau so sah es nämlich aus. Seine einst schwarzen Augen waren noch zu erkennen., doch um die Iris herum mussten sie schwer beschädigt sein. Die Netzhaut war natürlich kaputt, aber stellenweise war sogar die schwarze Pigmentschicht dahinter, die die Schwärze der Pupille ausmachte, eingerissen und die rote Aderhaut schaute hervor. Dort in der Mitte breitete sich die typische weiße Trübung der Blindheit aus.

„Sobald alle Farbe verschwunden ist, werden mein Augenlicht und mein Sharingan für immer zerstört sein. Dann ist es endgültig“, flüsterte der Uchiha. Mit anderen Worten, noch hätte eine Heilung Erfolg. Und doch, das erkannte ich nun, hatte er diese Hoffnung schon lange aufgegeben.

Itachis Augen waren mittig weiß, mit einem gezackten Kranz aus Schwarz und Rot darum herum. Vermutlich war es vollkommen unpassend, das zu denken, aber ich fand sie faszinierend und wunderschön. Und selbstverständlich durchdrangen sie mich vollkommen. Sein Blick war wie kaltes Wasser, klar und eisig und doch schien er mich damit verbrennen zu wollen.

„Kannst du... mich damit sehen?“, fragte ich atemlos. Vor lauter Schreck vergaß ich vollkommen, ihn zu siezen. Es käme mir auch nicht richtig vor in dieser seltsam... intimen Situation. Aber ich wollte auch nicht darüber nachdenken, was zum Teufel ich hier eigentlich gerade tat.

Itachi hob die Hand, ebenso langsam wie ich zuvor und legte sie ganz sanft auf meine Wange. Dann folgte die zweite, er nahm mein Gesicht in seine Hände, strich mir fast zärtlich über das Haar.

„Dazu brauche ich keine Augen...“, murmelte er und tastete ganz sacht über mein Gesicht. Er erforschte mein Haar, meine Stirn, seine Finger fuhren über mein Kinn, meine Lippen und ich schloss die Augen, als sie auch über meine Lider tasteten. Mein Herz raste, das Blut rauschte mir in den Ohren. Er war so nah, so furchtbar nah! Ich ahnte, dass er nur eine Vorstellung von meinem Aussehen bekommen wollte und so ließ ich ihn gewähren. Schließlich hatte er ja auch mir einen Blick in seine Augen gewährt. Doch diese Nähe war zu viel. Ich zitterte, als seine Hände an meinem Hals entlang strichen.

Schließlich zog er sich zurück. „Jetzt könnte ich jederzeit ein Phantombild von dir erstellen“, sagte er leise. Ich war mir nicht sicher, ob das ein schlechter Scherz oder eine Drohung war. Vermutlich eher Letzteres. Ich war ihm eindeutig und im wörtlichen Sinne zu nahe getreten und das war seine Art, es mir zu zeigen.

Langsam fand ich meinen Atem wieder.

„Ich... Es... Es tut mir Leid, was da gerade passiert ist... Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist“, stammelte ich verlegen und rückte von ihm ab.

Er hob leicht die Schultern, eine merkwürdig menschliche Geste. „Sie sind eine Frau. Sie sind meine Therapeutin, sie sind blind für meine schlechten Seiten. Vermutlich tickt Ihre biologische Uhr.“

Schlagartig wurde ich knallrot. Obwohl er es offensichtlich nicht sehen konnte, stieg meine Verlegenheit immer weiter und irgendwann reichte ich ihm demonstrativ die Augenbinde. Er nahm sie wortlos entgegen. Wütend auf mich selbst beschimpfte ich die kleine dumme Stimme in mir, die seinem Blick hinterher trauerte, als diese seltsamen Augen wieder hinter dem Stoff verschwanden. Bei Gott, was war nur heute mit mir los?
 

„Eigentlich habe ich ja... Nun, ich bin eigentlich im Auftrag Ihres Bruders hier, Uchiha-san.“ Ich holte das kleine Medaillion hervor. Am liebsten hätte ich es einfach vor mich hingelegt, aber das ging ja schlecht. Also ergriff ich zögernd seine Hand. Er öffnete sie und ich ließ den kleinen Gegenstand hineinfallen.

„Ein verspätetes Geburtstagsgeschenk.“

Er befühlte das kalte Metall. „Verspätet?“

„Ja. Um so ziemlich genau acht Jahre“, erwiderte ich. „Er hat es mir für Sie mitgegeben.“

Ich beobachtete Itachi genau, aber die Augenbinde verdeckte zu viel von seinem Gesicht, als dass ich seine Gefühle hätte erraten können. Dennoch entwich ihm ein kleines, überraschtes „Oh“.

Er hatte nicht mit einem Geschenk gerechnet. Am allerwenigsten von seinem Bruder.

Der Shinobi fand die kleine Rille und klappte den oberen Halbkreis auf.

„Es ist ein Foto“, verriet ich ihm. „Ein Foto, wo ihr beide mit euren Eltern-“

„Ich kenne es“, unterbrach er mich. „Es ist das letzte, das wir gemeinsam machten...“ Seine Stimme geriet ein wenig ins Wanken. „Ich habe mich gefragt, warum er unsere Großmutter bat, es zu schießen...“ Er brach ab. Fest schloss er die Faust um den kleinen Gegenstand, wandte sein Gesicht ab.

„Gehen Sie“, flüsterte er dann, etwas erstickt, aber beherrscht. Trotzdem spürte ich die Gefahr.

Ich gehorchte, stand auf, ging zur Tür.

„Wissen Sie, Uchiha-san, ich glaube, es ist noch nicht zu spät. Noch kann alles gut werden.“

Mit diesen Worten verabschiedete ich mich von ihm.
 

*
 

Uchiha Itachi saß noch lange so da, die Faust um das Medaillon geschlossen, den Kopf gesenkt und sein Gesicht verborgen vor den neugierigen Augen der ANBU hinter den Kameras. Er fragte sich, ob er die letzten Minuten nur geträumt hätte. Das passierte in letzter Zeit öfter, dass er im Fieber phantasierte. Aber das kühle Metall in seiner Hand sprach eine andere Sprache. Zweifellos war er nicht recht bei Sinnen gewesen, dieser Frau so nahe zu kommen, aber was sollte es? Er war ohnehin bald tot.

Das war untypisch für ihn und er wusste es. Itachi plante immer alles genau durch und er ließ keine Lücken offen. Doch er hatte sich diese harmlosen Gespräche erlaubt, einfach nur, um die Nähe eines Menschen zu spüren, der ihn nicht abstoßend fand. Er hatte sich gestattet, noch ein letztes Mal alles für seinen Bruder zu richten, obwohl es seine Tarnung bedenklich schwanken ließ. Im Angesicht des Todes handelten die Menschen anders.

„Sorry Sasuke. Es wird kein nächstes Mal geben“, hatte er zu seinem Bruder gesagt. Es war falsch gewesen, unvorstellbar unvorsichtig. In diesem Moment hatte er alles aufs Spiel gesetzt, für das er gekämpft hatte. Was soll's, hatte er sich gedacht, es würde der einzige Hinweis sein, dem sein Brüder je hätte nachgehen können und dazu war er nicht gewillt.Er hatte sich dem Tode nah geglaubt und sich diese letzte Bemerkung gestattet.

Dies hier war nicht anders.
 

Itachi wurde von einem seiner Hustenkrämpfe geschüttelt. Mit einer Hand stützte er sich an der Wand ab, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Die andere umklammerte das Medaillon, damit es nicht beschmutzt wurde, als er Blut auf den Boden spuckte.

Keuchend lehnte sich der Ninja an die Wand. Sein Zopf hatte sich gelöst, wild hingen ihm die Haare ins Gesicht.

Itachi stand auf, schleppte sich zu der Toilette, wo er hinter dem Sichtschutz aus Reispapier wenigstens ein Minimum an Privatsphäre hatte. Hier kniete er sich nieder und tat, als würde er sich übergeben, während er hinter dem schützenden Schatten seiner Haare das Medaillon nochmals betrachtete.

Es war ein Spiel. Ein Rätsel. Die Lösung kannten nur Sasuke und er. Diese Frau war natürlich nicht darauf gekommen, obwohl sie es hätte vermuten können.

„Links einmal, auf und rechts“, flüsterte Itachi den uralten Kinderreim, „off'nes Tal, dreh am Stiel, du bist am Ziel...“

Dabei drehte er die runde Wölbung des Fächerzeichens erst einmal nach links, öffnete den Teil mit dem Foto und drehte es wieder herum. Jetzt drehte er noch einmal an dem kleinen Vorsatz am unteren Rand und schon öffnete sich das Medaillon.

Itachi hatte seinem kleinen Bruder einmal ein solches Medaillon geschenkt. Es war nur aus Holz gewesen und irgendwann hatte der kleine Junge es verloren, aber sie hatten oft damit gespielt. Damals hatte er in das Geheimfach immer eine kleine Süßigkeit getan und sie dann für Sasuke versteckt.

Jetzt saß er hier mit diesem Schmuckstück in der Hand. Mit der Kette daran war es offensichtlich dafür gedacht, es stets bei sich zu tragen. Es war nichts anderes als ein Ninjawerkzeug. Die meisten ANBU besaßen etwas Vergleichbares für den Fall, dass sie in Gefangenschaft gerieten. Natürlich durften sie keine Informationen preisgeben. Und wenn es ihnen nicht gelang, zu fliehen, dann war das meist ihr einziger Ausweg.

Itachi ertastete das kleine, runde Kügelchen in dem Geheimfach. Süß war das mit Sicherheit nicht.

Der Verurteilte schloss das Medaillon wieder. Er ballte die Fäuste so sehr, dass seine Knöchel weiß hervortraten.

Wie sollte er diese Botschaft seines Bruders verstehen? War es schlicht und einfach nur ein: „Stirb endlich, Bastard!“? Fest stand, Sasuke bot ihm einen Ausweg. Einen schnelleren, vielleicht sogar angenehmeren Weg als Krankheit und Hinrichtung. Die Frage war nur: Würde Itachi ihn annehmen?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-04-05T18:51:07+00:00 05.04.2011 20:51
das kapi ist total schön und spannend geworden :)
ich frag mich was das wohl für ein kügelchen ist
-> Gift?
hoffendlich nicht

glg Sasuke


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