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Sealed Souls I

Uchihabrüder in Therapie
von

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Der Stolz des Clans

Gegen Mittag verließ ich das Gefängnis. Yamato kümmerte sich um Itachi, Sai begleitete mich ins Dorf zurück.

„Wollen Sie noch etwas essen, bevor Sie den anderen Mörder besuchen?“, fragte er locker und ich schüttelte mich. „Sie müssen doch Hunger haben, nachdem Sie Ihr Frühstück erbrochen haben.“

„Bitte... Erinnern Sie mich nicht daran“, bat ich elend.

Der ANBU blieb stehen und deutete zu einem Imbissstand auf der gegenüberliegenden Straßenseite. „Dort vorn ist Ichiraku's. Ich habe gehört, er soll recht gute Nudeln haben. Ich mag das Zeug eigentlich nicht, es erinnert mich immer an Würmer, aber...“

„Danke, ich verzichte...“

„Also schön, dann lade ich Sie ein“, meinte er vergnügt und nahm seine Maske ab.

Ich starrte ihn ungläubig an. Was war an einem 'nein' so schwer zu verstehen? Und überhaupt, durften ANBU ihre Masken denn abnehmen?

„Ich habe mal in einem Buch gelesen, dass Frauen, wenn sie von Männern zum Essen eingeladen werden, aus Höflichkeit immer erst einmal 'nein' sagen, aber eigentlich wollen sie es doch. Da Sie mich also so verzweifelt darum bitten, werde ich mal nicht so sein.“

Ich glaubte, mich verhört zu haben. „Ähm... Sie sind doch ANBU... Dürfen Sie das überhaupt?“

„Um genau zu sein, bin ich Teilzeit-ANBU. Es ist mir erlaubt, auch in zivil Missionen zu erledigen oder mich ohne die Uniform frei zu bewegen.“ Sai lächelte (es sah furchtbar aufgesetzt aus) und führte mich zu dem Imbissstand.
 

„Oi, Ichiraku! Noch eine Portion bitte!“, tönte eine laute und irgendwie bekannte Stimme aus dem Laden. Tatsächlich, da saß Uzumaki Naruto, der Typ der versucht hatte, Sasuke mit Gewaltandrohungen zur Vernunft zu bringen.

„Hallo Naruto“, begrüßte Sai den Jungen. Scheinbar waren die beiden Freunde, oder zumindest so etwas wie Bekannte.

„Hi Sai“, erwiderte er, dann fiel sein Blick auf mich. Sofort verfinsterte sich seine Miene. „Hey, das ist doch dieses Mädchen, wegen der ich nicht zu Sasuke darf, oder!?“ Aggressiv deutete er mit seinen Essstäbchen auf mich.

„Freut mich auch, dich wiederzusehen“, murmelte ich und machte nicht die geringsten Anstalten, mich zu ihnen zu setzen.

„Hey Sai, ist das etwa jetzt deine Freundin?“, fragte Naruto.

„Nein“, sagte ich und „Ja“, sagte der ANBU im selben Moment.

Ich starrte den schwarzhaarigen Bengel an. „Wie bitte? Ich bin ja wohl nicht Ihre Freundin!“

„Sie sind nicht meine Feindin, also müssen Sie doch meine Freundin sein“, erwiderte er verwirrt.

„Wir kennen uns überhaupt nicht!“

„Natürlich kenne ich Sie. Sie sind Sekina Chinatsu.“

„Ja und das ist vermutlich das Einzige, was Sie über mich wissen“, beschuldigte ich ihn.

„Ganz genau und damit sind Sie mir nicht mehr unbekannt“, entgegnete er und lächelte.

„Ich... Ich muss jetzt los“, meinte ich zerstreut. „Naruto-kun, Tsunade-sama hat dir verboten zum Uchiha-Anwesen zu kommen, damit ich in Ruhe meine Arbeit machen kann. Ich will Sasuke-kun doch nur helfen, aber dazu muss ich als erstes eine gute Beziehung zu ihm aufbauen und das geht nicht, wenn von außen noch Druck auf ihn ausgeübt wird und sei es auch durch seine alten Teamkameraden. Ich hoffe, du verstehst das.“ Naruto grummelte, wandte sich aber wieder seinen Nudeln zu. Bevor ich mich umdrehte, wandte ich mich noch einmal an Sai: „Hören Sie, das Wort 'Freundin' kann zweideutig sein, Sie sollten nicht leichtfertig damit um sich werfen.“

„Tatsächlich? Hm, dann muss ich das Wort nochmal nachschlagen...“, murmelte er und ich schüttelte fassungslos den Kopf.
 

Nachdem ich den Laden hinter mir gelassen hatte, wurde mir aber doch etwas mulmig. Ich wohnte jetzt faktisch bei den Uchiha, was bedeutete, dass ich gleich wieder Sasuke gegenüberstehen würde. Ich erinnerte mich an Itachis Worte: Wenn die Hokage klug wäre, würde sie ihn nicht in sein altes Haus sperren – doch genau das hatte sie getan. Jetzt wusste ich natürlich, was diese Worte bedeuteten. In diesem Haus waren seine Eltern gestorben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er dabei gewesen war, vermutlich hatte sein Bruder ihn nur deshalb verschont, weil er eben gerade nicht anwesend gewesen war. Dennoch war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er der Erste vor Ort gewesen war, die Leichen all seiner Verwandten noch gesehen hatte. Da ich annahm, dass dieses Ereignis mindestens fünf oder sechs Jahre her war, musste Sasuke damals zehn, höchstens elf Jahre alt gewesen sein., wahrscheinlich aber noch jünger. Ein Kind also, egal was für Ninjaregeln dieses Dorf in seiner Ausbildung vorschrieb. So ein Erlebnis war schlicht und einfach traumatisch, natürlich war das nicht spurlos an ihm vorbei gegangen.

Nun war ich mir nicht ganz sicher, was für Emotionen das Betreten seines alten Hauses in ihm hervor rufen würde. Würde er wütend sein, aggressiv? Traurig, depressiv? Oder noch schlimmer – so kühl und professionell, wie ihn ihn kennen gelernt hatte?
 

Als ich das Anwesen betrat, merkte ich nichts von dem Ninjawächter, der sich doch irgendwo in der Nähe befinden musste. Nun, das hatte nichts zu sagen, schließlich sollte man ihn ja auch nicht sehen. Im Haus selbst war alles ruhig. Es war im traditionellen Stil gehalten, Türen aus Reispapier, runde Fenster, hölzerne Dielen und kunstvoll angelegte, jetzt jedoch verwilderte Steingärten. Eine kleine Quelle zog sich an der Rückseite des Hauptgebäudes durch die Grünanlage. In regelmäßigen Abständen füllte das Wasser ein Bambusrohr, welches durch das Gewicht mit einem hellen 'Klonk' auf dem Fels aufprallte, die Flüssigkeit in das künstliche Bett fließen ließ und in seine ursprüngliche Stellung zurückschnellte. Der Garten schloss sich an einen lange nicht mehr gepflegten Weg an, der zu den anderen Häusern führte. Dahinter trennte eine hohe Mauer das Anwesen vom Rest der Stadt ab. Immer wieder war auf ihr ein fächerartiges Symbol abgebildet, das Familienwappen, nahm ich an.

Etwas jedoch machte mich stutzig. Ich lief ein paar Schritte an der Mauer entlang, einmal um das Haus herum, bis ich wieder vor dem Haupteingang stand. Das Bauwerk war tadellos intakt, aber einzig hier waren ein paar Risse in der Mauer zu sehen. Verwitterung etwa? Aber warum nur hier? Feine Linien durchzogen das Fächersymbol, teilten es glatt in zwei. Eine Kerbe war darauf zu sehen, wie... Ja, wie von einem dieser Kunai, die die Ninja so gern benutzen.

Ich trat ein paar Schritte zurück, betrachtete es noch einmal. Wieder überkam mich das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Die Uchiha waren offensichtlich einmal sehr reich gewesen. Geachtet? Nun, vielleicht nicht in dem entsprechenden Maße, ich hörte ihren Namen kaum im Dorf. Im Gegenteil, er wurde gemieden. Ich kannte andere reiche Clans im Dorf; die Hyuuga etwa, oder Aburame, Inuzuka. Sie waren berühmt, weil sie einzigartige Fähigkeiten mit in den Kampf brachten. Die Mitglieder waren für gewöhnlich stolz, zu ihrem Clan zu gehören.
 

Diesen Punkt durfte ich bei den Brüdern nicht außer Acht lassen. Stolz war sicher ein wichtiger Faktor, auch bei ihnen. Sicher hatte der Clan als solches eine Bedeutung für sie, die wiederum sicher etwas mit dem 'Vorfall' vor einigen Jahren zu tun hatte.

Doch die gesamte Lage des Anwesens kam mir seltsam vor. Um hier her zu kommen, hatte ich einen ganz schön langen Weg auf mich nehmen müssen. Warum lag einer der reichsten Clans Konohagakures ganz am Rande des Dorfes? Sie waren doch nicht erst kürlich hinzugezogen! Aber selbst wenn, warum diese Abgrenzung, diese Mauer? Als wollte sich der Clan vom Rest des Dorfes abschotten. Gedanklich verglich ich das mit dem Anwesen der Hyuuga – dort hatte ich einmal an einem Fall von Wahnsinn gearbeitet. Die Hyuuga belegten die Hälfte aller Familienmitglieder mit einem Jutsu, dass sie 'Juin' nannten und wer der Hauptfamilie ungehorsam war, dem zerstörte das Juin die Gehirnzellen. Heute war der Clan humaner und so etwas kam kaum noch vor, aber als ich den armen Mann damals behandelt hatte, hatte ich dennoch Klage beim damaligen dritten Hokage eingereicht. Leider war das Anliegen gänzlich untergegangen, als das Dorf später vom Angriff der Suna- und Oto-nin getroffen wurde und das Dorfoberhaupt verstarb. Zum Glück hatte ich den Shinobi damals heilen können, die Zerstörung des Juin war auf biologischer Ebene keinesfalls allzu schädlich gewesen, aber seine Psyche hatte sehr unter dem Schmerz gelitten.

Das Anwesen der Hyuuga jedenfalls besaß keine Betonmauern, die es wie ein Gefängnis aussehen ließen. Es bestand aus den kleineren Häusern der Nebenfamilie, die sich um einen Grüngürtel um das Gebäude der Hauptfamilie gruppierten. So war es in sich abgeschlossen, aber dennoch von außen zugänglich. Anders als hier lag es auch in der Mitte des Dorfes. Manche Familien wurden an den Rand gedrängt, die Inuzuka zum Beispiel, weil sie Hunde züchteten und sie regelmäßig in den Wald hinter Konoha ausführen mussten, ebenso wie die Aburame, deren Insekten die Natur brauchten. Der Nara-Clan unternahm nur gelegentlich Ausflüge in die Wälder, wo er Shikahirsche züchtete und Heilkräuter anbaute. Sie lagen weiter innen im Dorf.

Yamanaka und Akimichi, die kleiner waren aber ebenfalls interne Jutsus besaßen, fanden sich im Zentrum des Dorfes, zusammen mit den Hyuuga. Das waren alle berühmten Ninjafamilien, von denen ich wusste, denn sie gehörten zu meinen häufigsten Kunden. Schließlich war ich Psychotherapeutin für Ninjafälle, auch wenn natürlich nicht alle Ninja aus einem der Clans stammten. Einige von ihnen waren ja auch bereits ausgestorben – wie die Uchiha.

Umso mehr aber verwirrte es mich, dass die Uchiha, der einzige Clan neben Hyuuga, der ein Doujutsu, überhaupt ein Kekkei Genkai besaß, die reich und nach dem zweifelhaften Rang meiner Patienten auch erfolgreich waren, so an den Rand gedrängt worden waren. Ich sah dabei einfach keinen nachvollziehbaren Grund.
 

Meine Sachen hatte ich mit den Ge-nin zusammen ja schon früher in einem der leeren Zimmer untergebracht. An den meisten Schlafzimmern hingen kleine Namensplaketten und so war es nicht schwer gewesen, ein freies Gästezimmer zu finden. Natürlich waren auch die anderen Räume frei, aber ich besaß einen gesunden Respekt vor den Toten. Bevor ich zu Itachi gegangen war, hatte ich noch keine Gelegenheit gehabt, mir die Zimmer der ehemaligen Bewohner anzusehen, aber ich nahm es mir vor.

Während ich durch das Haus streifte, wurde mir immer unheimlicher. Das verlassene Viertel, dieses große, aber leere Haus... und alles war so ruhig hier. So war ich fast erleichtert, als ich aus einem Raum um die Ecke leise Geräusche hörte. Es war das Bad, das hatte ich bereits früher in Erfahrung gebracht. Sasuke musste darin sein.

Vorsichtig nährte ich mich. Die Tür stand offen und so warf ich einen Blick hinein.

Sasuke stand mit entblößtem Oberkörper vor dem Waschbecken. Die Verbände trug er noch immer. Er stand etwas gebückt, stützte sich schwer mit den Armen am Rand des Beckens ab. Sein Blick war gesenkt, er stierte hinunter ins Abflussrohr. Dann bemerkte er mich und warf mir aus den Augenwinkeln kurz einen Blick zu. Er richtete sich auf, drehte den Wasserhahn auf und warf sich eine Ladung frischen Nass ins Gesicht. Vermutlich hatte er das bereits mehrmals getan, denn die Spitzen seiner Haare waren ganz feucht. Er griff nach einem Handtuch, sah mich nicht an.
 

„Brauchen Sie das Bad? Oder warum starren Sie mich so an...“, murmelte er abweisend.

„Entschuldige, ich... Ich mache mir nur etwas Sorgen“, erwiderte ich vorsichtig. „Ich habe herausgefunden, was hier passiert ist.“

„Sie denken, ich könnte jeden Moment durchdrehen und Sie umbringen“, schlussfolgerte er kühl, provozierend.

„Nein, das meinte ich nicht“, widersprach ich. „Obwohl ich es wahrscheinlich verstehen würde...“

„Tsk“, machte er verächtlich. „Verschwinden Sie einfach.“

„Nun, das würde ich ungern tun... Aber ich möchte dir sagen, dass, wenn du dich hier unwohl fühlst, ich gerne versuchen kann, mit Tsunade-sama zu reden. Vielleicht erlaubt sie dir, stattdessen zu mir zu ziehen.“

Er schüttelte den Kopf. „Sie verstehen das nicht. Das Uchiha-Anwesen liegt geschützt, nahe der Polizei, es gibt viel Platz hier und die Gefahr, das Zivilisten bei einem Kampf mit hinein gezogen werden, ist geringer. Deswegen haben sie mich hierher gebracht.“

„Nun, dann möchte ich dich wenigstens nicht allein lassen.“

„Genau das will ich aber.“ Er trocknete sich das Gesicht ab. Mir fiel auf, dass er mich immer noch nicht angesehen hatte. „Ich dulde Sie in diesem Haus, weil ich im Moment weitere Kämpfe vermeiden will. Das ist alles.“

„Nein, ist es nicht“, erwiderte ich. „Du willst auch etwas über deinen Bruder erfahren. Ich bin deine einzige Informationsquelle.“

Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Und? Haben Sie Informationen für mich?“

„Glaubst du, dass du sie dir verdient hast?“, konterte ich mit einer Gegenfrage.

Er starrte mich an. Dann nahm sein Gesicht einen spöttischen Ausdruck an. „Nun, ich habe seit meiner Ankunft hier noch niemanden umgebracht, falls Sie das meinen...“

Ich seufzte leise. „Niemanden umgebracht... Dass heißt bei dir also Fortschritt, ja? Nun, dann muss ich wohl ganz bei Null anfangen.“ Besser als im Minusbereich, fügte ich in Gedanken hinzu und dachte an Itachi.
 

„Sie sollten sich nicht als meine Seelenklemptnerin aufspielen“, knurrte er ärgerlich, „denn wie Sie schon gesagt haben, Sie sind einfach nur eine Informationsquelle.“ Er drückte mir das Handtuch in die Arme und trat an mir vorbei. Lässig griff er sich sein Oberteil von einem Haken an der Wand und verließ das Bad.

Seufzend breitete ich das nasse Handtuch über der Heizung aus, bevor ich ihm folgte. Mit ein paar eiligen Schritte war ich an seiner Seite.

„Lass uns am besten auf die Terrasse gehen“, schlug ich vor, als wir daran vorbei kamen. An dieser Stelle besaß das Gebäude eine Überdachung, die zwei Meter über seine eigentliche Grenze hinausragte und einen Rundweg bildete, von dem aus man eine wunderbare Aussicht auf den verwilderten Garten besaß. „Dann erzähle ich dir, was ich weiß.“

Sasuke zuckte zusammen. „Hier?“, fragte er und ich hielt an, verwirrt, da ich den Ton in seiner Stimme nicht zuordnen konnte.

„Ja, warum nicht?“, fragte ich und setzte mich, ließ meine Beine über den Rand der hölzernen Terrasse baumeln und deutete auf den freien Platz neben mir.

„Ist etwas nicht in Ordnung?“

Sasuke ließ seinen Blick über den Garten schweifen. Mir war, als würde sich sein Blick für einen Moment verdunkeln. Das hier war in der Tat ein sehr schöner Platz – hatte er hier vielleicht auch oft mit seinen Eltern gesessen und geredet – oder gar mit seinem Bruder?
 

Schließlich setzte er sich wortlos neben mich.

„Also, was haben Sie heraus gefunden?“, verlangte er zu wissen.

„Itachi ist ein Gefangener Konohas“, eröffnete ich und achtete ganz genau auf seine Reaktion. „Er ist im Gefängnis.“

Ein Gesichtsmuskel unterhalb seines Auges zuckte. Er schob die Unterlippe ein klein wenig vor, starrte zu Boden. Ohne Zweifel dachte er nach, verarbeitete die Information jedoch sehr schnell und fragte weiter:

„Ich nehme an, er hat sich bereits wieder... vollständig erholt?“

Für einen Moment überlegte ich, ihn erst eine meiner Fragen beantworten zu lassen, wie ich es bei Itachi getan hatte, verwarf die Idee aber wieder. Hier kam es darauf an, das Vertrauen des Jungen zu bekommen und sei es auch nur, dass er in mir eine Verbündete gegen seinen Bruder fand.

„So kann man das nicht sagen“, erwiderte ich. „Die … Folter- und Verhöreinheit hält ihn ziemlich auf Trapp.“ War das ein leichtes Zusammenzucken? „Außerdem.. glaube ich kaum, dass man ihn ordentlich verarztet hat.“ Im letzten Moment sagte ich 'glaube' statt 'weiß', denn das hätte mich verraten. „Um genau zu sein... Nun, ich habe mir Zutritt zu seiner Akte verschaffen müssen, aber schließlich habe ich in Erfahrung gebracht... dass er erblindet ist“, flüsterte ich schließlich.

Wie sich nun herausstellte, war meine Wahl des Ortes für das Gespräch richtig gewesen. Ich schätzte Sasuke als kühlen, nahezu emotionslosen Menschen ein, hier aber kamen so viele Erinnerungen in ihm hoch, dass er seine Gefühle nicht länger verbergen konnte.

Er war aufgesprungen, wich vor mir zurück, das Gesicht hassverzerrt. „Sie lügen!“, stieß er hervor, ballte die Hände zu Fäusten. „Was erzählen Sie für einen Unsinn?!“

„Was ist so seltsam daran?“, fragte ich.

„Itachi... Niemals kann er blind sein! Er war es nicht bei meinem Kampf, er... Er sagte zwar, er verliert langsam sein Licht, doch nicht so schnell...“

„Was meinst du damit?“, wollte ich leise wissen.

Sasuke ging hin und her wie ein Tiger im Käfig, strich sich fahrig durch sein Haar.

„Er... Er sagte, er wolle meine Augen... Weil er selbst langsam blind wird. Das hätte sein Sharingan gerettet. Das würde bedeuten, er war wirklich kurz davor... Aber das ist unlogisch, warum hat er sie mir dann nicht genommen!?“ Ruckartig wandte er sich zu mir um. „Sie müssen lügen! Überhaupt, Itachi ist ein S-Rang-Krimineller, wie hätten Sie sich Zutritt zu seinen Informationen verschaffen können? Konoha will mich doch garantiert von ihm fernhalten, bis sie alle Informationen über Akatsuki aus ihm heraus haben, sie werden Sie doch genauso überwachen wie mich!“

Drohend kam er auf mich zu und nun fürchtete ich mich tatsächlich etwas vor diesem Hass in seinen Augen. Irgendwo im Hintergrund vernahm ich ein leises Rascheln. Sasukes Hand zuckte an seine Hüfte, wo er normalerweise vielleicht Waffen versteckt hielt. Auch sein Blick war zu der Geräuschquelle gehuscht, zweifellos handelte sich um den Ninjawächter, der jeden Moment eingreifen könnte.

Rasch stand ich auf. Ich streckte meine Hände beruhigend aus, gleichzeitig postierte ich mich zwischen meinem aggressiven Patienten und dem Shinobi im Hintergrund, wobei ich mir nicht ganz sicher war, wen von beiden ich damit mehr schützte.

„Sasuke, beruhige dich“, sagte ich leise, eindringlich. „Ich glaube nicht, dass das der richtige Zeitpunkt ist, um darüber zu reden. Es ist die Wahrheit und mir scheint, sie ist für dich bedeutsamer, als ich zuerst dachte. Du brauchst Zeit, um das zu verarbeiten. Morgen haben wir eine vertrauliche Sitzung, dann können wir...“, ich warf aus den Augenwinkeln einen Blick hinter mich, „...frei über alles reden.“ Bis dahin würde ich heraus gefunden haben, was es mit dem Sharingan und Itachis Blindheit genau auf sich hatte. Erst hatte ich gedacht, Sasuke hätte ihn bei dem Kampf an den Augen verletzt, aber das Problem war anscheinend doch tiefgehender.
 

Sasuke zitterte kurz, als würde es ihn noch immer danach gelüsten, sich auf mich zu stürzen. Doch er war nicht so dumm, ohne Waffen und mit seinen Wunden von dem Kampf vor den Augen eines feindlichen Shinobi etwas anzufangen. Also wandte er sich ruckartig um und marschierte mit festen, wütenden Schritten von dannen.

Ich wartete noch einige Minuten, still in Gedanken versunken.

Hinter mir ertönte ein Hüsteln.

Erschrocken drehte ich mich um und verfluchte still diese Ninja, die sich so lautlos anschleichen konnten. Hinter mir stand der Shinobi, den ich schon bei meinem Umzug getroffen hatte; es war der Ninjawächter. Sasukes Aufpasser.

„Entschuldigung...?“

„Takanado“, stellte er sich nochmals vor. „Ich war etwas besorgt wegen der... Szene vor ein paar Minuten.“

„Nun, ich bin froh, dass sich das von allein geregelt hat“, betonte ich höflich.

„Sicher, aber... Sie sollten wirklich auf sich Acht geben. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, könnte ihnen das hier vielleicht von Nutzen sein.“ Er reichte mir ein kleines Säckchen, dessen Inhalt sich, als ich ihn befühlte, als zermahlende Kräuter herausstellte.

„Was ist das?“, fragte ich mit einer Spur Misstrauen.

„Das ist ein Beruhigungsmittel.“ Er hob abwehrend die Hände, als ich ihn vorwurfsvoll ansah. „Ich habe es direkt von der Hokage-sama erhalten. Es entfaltet seine Wirkung langsam, alle drei Tage etwas ins Essen zu mischen, reicht völlig. Es wird ihn ein wenig träge machen und seine Wahrnehmung herabsetzen, aber vor allem hemmt es Hormone wie zum Beispiel Adrenalin und macht ihn weniger angriffslustig.“

„Ich weiß nicht...“, meinte ich, „das kommt mir nicht richtig vor.“

„Sagen Sie das noch einmal, wenn wir Sie auf dem Friedhof vergraben müssen“, erwiderte er zynisch.

Mir lief ein Schauer über den Rücken. Ich suchte im Gesicht des Ninjas nach einem Zeichen, dass dieses Mittel noch andere Nebenwirkungen hatte, fand aber nichts.

„Also schön, ich werde es versuchen“, willigte ich schließlich ein.

Der Ninja bedankte sich kurz, bevor er wieder im Schatten verschwand.
 

Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass ich ruhig damit anfangen konnte, Abendessen zu machen. Wahrscheinlich war das gar keine so schlechte Idee, immerhin konnten Shinobi für gewöhnlich überhaupt nicht kochen, sie aßen auf ihren Missionen nur das, was sie am Wegrand fanden. Meine Küche würde meinen Patienten vielleicht etwas auftauen.

Beim Umzug hatte ich darauf geachtet, auch Lebensmittel hier her zu bringen und so machte ich alles für Sushi bereit. Ich hatte gedacht, dass ich Sasuke extra suchen müsste, aber als ich fertig war, kam er von ganz allein herein. Ich begrüßte ihn freundlich, doch er beachtete mich nicht. Stattdessen warf er dem Essen einen misstrauischen Blick zu.

„Du hattest vermutlich vor, dir etwas Brot oder Reis zu schnappen und wieder zu verschwinden“, sagte ich lächelnd, „aber ich hab ein anderes Angebot. Setz dich zu mir und wir essen gemeinsam, dann sorge ich für eine gesunde Ernährung, mit der du schnell wieder gesund wirst.“

Gemeinsame Mahlzeiten waren ebenfalls so ein Punkt, auf dem ich aufbauen wollte; heute aber brachte er mir gar nichts.

Sasuke setzte sich zwar zu mir, aber er antwortete auf keine meiner harmlosen Fragen. Bevor er aß, hielt er einen Moment lang inne und ich hielt den Atem an. Hatte er gemerkt, dass ich dem Essen etwas beigemischt hatte? Doch er runzelte nur die Stirn, anscheinend in Gedanken versunken und aß.

Fast bekam ich ein schlechtes Gewissen, beruhigte mich dann aber. Immerhin, Antidepressivum war auch bei meinen vergangenen Therapien ein gängiges Medikament gewesen, was war also falsch daran? Nun, vielleicht störte mich wirklich nur der Umstand, dass ich es ihm heimlich hatte geben müssen. Ich redete von Vertrauen, aber gleichzeitig hinterging ich ihn irgendwie, ich schummelte ihm Beruhigungsmittel unter und verheimlichte ihn die Sache mit seinem Bruder.

Doch wenn er mehr von mir wollte, musste er schon größere Fortschritte als 'niemanden umbringen' zeigen.
 

Nach dem Essen verdrückte Sasuke sich ziemlich schnell wieder. Ich räumte noch die Küche auf, dann machte ich mich auf den Weg ins Bad. Eine ordentliche Dusche später fühlte ich mich bereits angenehm schläfrig und wollte nur noch ins Bett. Also wollte ich zu dem Zimmer gehen, das ich als meines auserkoren hatte. Ich war auch schon fast da, als ich erstarrte. Hinter der feinen Reispapiertür sah ich einen Schatten. Vorsichtig linste ich hinein. Dort kniete Sasuke mit gesenktem Haupt auf dem Boden. Die Wand ihm gegenüber war mit kunstvollen Zeichnungen verziert, in denen immer wieder der Fächer, das Symbol der Uchiha auftauchte. Fast sah es wie ein Altar aus, als wäre der Junge hier, um zu beten.

Leise schloss ich den winzigen Spalt der Tür wieder. Egal wie kalt der junge Shinobi sich gab, ich war überzeugt davon, dass die Geschehnisse der letzten Tage ihn sehr mitgenommen hatten.
 

Fünf Minuten später lag ich dann endlich im Bett und schlief ein.

Mein Ruhe währte allerdings nicht lange. Ein Klopfen an der Fensterscheibe weckte mich schon bald wieder auf. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und stöhnte auf. Zwei Uhr morgens. Irgendwie hatte ich da ein Déjà-vu. Oder jemand erlaubte sich einen richtig miesen Scherz mit mir.

Schläfrig quälte ich mich aus dem Bett, warf mir rasch eine Strickjacke über mein Nachthemd und trat ans Fenster. Diesmal war es kein Botenfalke, es war Sai.

Ich öffnete das Fenster.

„Halten Sie das nicht für eine recht aufdringliche Art des Stalkings?“, wollte ich schnippisch wissen.

Der ANBU, jetzt wieder mit Maske, beachtete meine Worte nicht, sondern sprang herein.

„Sekina-san, es gibt ein Problem“, erklärte er mir umgehend.

Oh, toll, der Morgen fing ja super an.

„Bitte sagen Sie mir nicht, dass schon wieder ein Serienmörder im Dorf angekommen ist“, flehte ich.

„Im Gegenteil. Wir vermissen einen“, erwiderte der Junge.

„Äh...?“, machte ich nicht sehr intelligent.

„Takanado-san war beauftragt, in jeder Nacht Punkt zwölf Uhr einen Rundgang durchs Haus zu machen. Die Suche läuft seit zwei Stunden, ich bin mit einem ANBU-Team zur Verstärkung gekommen. Die nähere Umgebung wird abgeriegelt, eine Kompanie ist zum Gefängnis entsandt worden. Der Wald um Konoha wird von Teams aus Jou-nin und Chu-nin durchsucht.“

„Wovon reden Sie überhaupt?“, fragte ich komplett verwirrt.

„Sasuke Uchiha“, sagte Sai ernst. „Er ist verschwunden. Ich bin gekommen, um Sie zu evakuieren.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  PlaymateJessy
2011-02-20T14:09:41+00:00 20.02.2011 15:09
Wo Sasuke wohl hin ist?!
Von:  Elynsinos
2011-02-12T18:40:51+00:00 12.02.2011 19:40
Huhu

Es freut mich, dass du wieder weitergeschrieben hast
Das Kapitel hatte eine angenehme Länge und Fehler waren, soweit ich bemerkt hab, keine drin
Die Handlung wurde zwar nicht sonderlich vorangetrieben, aber das kommt bestimmt in den nächsten Kapiteln

Es ist wirklich irritierend, wenn man das Chapter liest und merkt, dass unsere liebe Psychologin keine Ahnung - ok, kaum eine Ahnung von der Ninjawelt hat. Verweise in dieser Hinsicht auf die Aufzählung diverser Clans und deren Wohnorte bzw. auf den Abschnitt mit dem Kunai
Ist natürlich so gewollt, ich weiß, aber wie gesagt - etwas seltsam ist es halt doch zu lesen gg

Ich finde es sehr seltsam, dass sie diese Kräuter wirklich ins Essen gemischt hat.. Eigentlich hätte sie selbst ja auch etwas von dem Zeugs zu sich nehmen müssen - sie konnte ja nicht genau wissen, was von dem Sushi Sasuke jetzt isst und was nicht, oder hat sie das schon portioniert?
Komisch finde ich auch, dass Sasuke ihr Essen anstandslos gefuttert hat.. Gerade er ist doch so ein misstrauischer Geselle

Weiters wundert es mich, dass Sasuke auf der Terasse geblieben ist - die Erinnerungen an seinen Bruder müssen ihn wirklich quälen. Ich persönlich hätte mich in irgend eines der Zimmer verzogen. Dass Sasuke so aufgebracht reagiert hat, wundert mich nicht im geringsten, er hat Itachi immer als.. ich drücks mal so aus.. als eine Art Hindernis gesehen, das er eigentlich niemals wirklich überwinden konnte. Er hätte Itachi nie besiegt, wenn er sich 1. in einem optimalen Gesundheitszustand befunden hätte und 2. er wirklich vorgehabt hätte, Sasuke seine Augen zu stehlen und ihn dann umzubringen. Itachi wollte seinen kleinen Bruder beschützen - bin ja gespannt ob das in deiner FF noch erwähnt wird, oder ob du das komplett anders schreiben wirst :)

Wieso Sasuke jetzt abgehauen ist.. joah eigentlich null Ahnung - vll. ist er auf der Suche nach Itachi, vielleicht will er sich einfach Sammeln weil er seine Familie vermisst & es nicht glauben kann, dass Itachi wirklich erblindet ist
Kann aber auch sein, dass er einfach nur in ruhe nachdenken will

Naja, ich freu mich auf jeden Fall wie es weitergehen wird

Lg
Von:  KleineBine
2011-02-12T16:21:56+00:00 12.02.2011 17:21
hm..bin gespannt wohin Sasu abgehauen ist o.o

LG Bine


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