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Unsterblich

My Immortal ~ Eternal Chronicles
von

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Nächtliche Gespräche

Es war bereits spät in der Nacht, als Leana zusammengerollt auf dem Futon lag, um keinerlei Schwachstelle preiszugeben und auf die Geräusche um sie herum lauschte. Sie hörte die leisen Gespräche der Wachen im Hof, das laute Husten des Spähers auf seinem Glockenturm – aber auch das beinahe lautlose Kichern der Lakaien, die unsichtbar ihre Runden drehten, sie beobachteten und nur auf eine Gelegenheit, einen Grund, warteten, sie anzugreifen, um die Gier nach Mana zu stillen.

Dieses Gefühl der Schutzlosigkeit war es, unter anderem, das Leana kaum einschlafen ließ. Immer wieder döste sie, von der Müdigkeit überwältigt, ein, nur um gleich danach wieder hochzuschrecken und mit jedem Mal verstärkten sich ihre Kopfschmerzen.

Die Sehnsucht nach Zetsu, die in dieser Nacht stärker als sonst brannte und in ihrer Brust stach, ließ ebenfalls nicht zu, dass sie den benötigten Schlaf fand.

So war sie noch wach, als die Glocken einer nahegelegenen Stadt verkündeten, dass es Mitternacht war – und als sie eine fremde Präsenz spürte, die sie anstarrte.

Auch wenn das nicht ganz richtig war, denn die Aura kannte sie sehr wohl, nicht zuletzt, weil sie ihm in dieser Welt bereits mehrmals begegnet war.

Als sie den Blick in Richtung des Fensters wandte, entdeckte sie tatsächlich den im Fensterrahmen kauernden Hyperion, der auf sie herabsah und obwohl seine Augen kein bisschen Emotionen zeigten, glaubte Leana doch, zu spüren, dass er sie besorgt musterte.

Sie gab ihm mit einem kurzen Zeichen zu verstehen, dass er hereinkommen sollte, während sie sich aufrecht hinsetzte und noch in der selben Bewegung ihren erneut verrutschten Kimono richtete.

Lautlos nahm Hyperion neben ihr Platz, sein Blick immer noch auf sie gerichtet. Sie bekam davon kein unangenehmes Gefühl, seine Augen waren die von Zetsu und dieser Moment war fast wie früher.

„Ich weiß, dass du nichts sagen wirst“, begann sie nach einem kurzen Moment der Stille, „aber dafür rede ich einfach.“

Auch wenn das sonst nicht ihre Art war, denn normalerweise war sie die Schweigsame, doch in diesem Augenblick brauchte sie jemanden, mit dem sie reden konnte und er war die beste Wahl.

Er neigte ein wenig den Kopf, was sie als Zustimmung interpretierte, so dass sie fortfuhr. „Du bist auch ein Teil von Zetsu, das wusste ich schon, als ich dir das erste Mal begegnet bin. Und auch wenn du Schuld daran bist, dass ich jetzt hier sein und das alles durchmachen muss, so bin ich doch froh, dich getroffen zu haben.“

Er neigte den Kopf ein wenig, als würde er nicht wissen, was sie meinte. Dabei fragte sie sich, ob er eigentlich wirklich fähig war, Gesprochenes zu verstehen. Er sagte nie etwas, vielleicht nicht nur, weil er nicht sprechen konnte oder wollte, sondern auch weil er diese Sprache einfach nicht beherrschte?

Sie wusste es nicht und sie nahm an, dass es sinnlos war, ihn danach zu fragen.

„Durch dich weiß ich endgültig und mit absoluter Gewissheit, dass Zetsu nicht verloren ist“, fuhr sie schließlich fort. „Auch wenn er gerade zersplittert ist, weiß ich ganz genau, dass ich ihn wieder zusammensetzen kann... dass wir wieder zusammen sein können...“

Sie senkte den Blick, ihr Haar fiel nach vorne und versperrte ihr die Sicht auf Hyperion. Ihre Augen brannten, aber es kamen keine Tränen, nicht eine einzige, nicht in diesem Moment.

Sie zuckte überrascht zusammen, als jemand plötzlich einen Arm um sie legte. Erst nach einem kurzen Augenblick erkannte sie, dass es Hyperion war, der sie ungelenk zu umarmen versuchte, so als würde er dies zum allerersten Mal tun, wovon sie auch ausging.

Er sah sie dabei nicht an, sein Blick war stur auf einen entfernten Punkt gerichtet, aber sie konnte deutlich jene Wärme spüren, die sie an Zetsu so sehr geliebt hatte, weswegen sie immer in seine Arme zurückgekehrt war und sich danach gesehnt hatte.

Mit einem leichten Seufzen schmiegte sie sich dichter an ihn, auch wenn sie wusste, dass sie das eigentlich nicht tun sollte, immerhin war er... nun, sie war sich gar nicht so sicher, ob er wirklich ihr Feind war und im Moment wollte sie auch nicht darüber nachdenken. Sie wollte diesen Moment genießen, solange er anhalten würde und schloss deswegen die Augen, woraufhin sie bald tief und fest schlief, ohne sich weitere Gedanken über ihre Umgebung oder mögliche Gefahren zu machen. Ein Teil von Zetsu war immerhin bei ihr und sie wusste, dass er sie beschützen würde, egal welche Gefahr sie zu bedrohen versuchte.
 

Nur das fahle Mondlicht erhellte Eos' dunkles Arbeitszimmer, als Yori es mitten in der Nacht betrat. Eines der Dienstmädchen hatte ihn darauf angesprochen, dass die Präfektin noch nicht in ihrem Zimmer war und man sich Sorgen um sie machte, aber niemand traute sich, sie in ihrem Büro aufzusuchen – also hatte man einfach ihn gebeten, nach dem rechten zu sehen und er war ohne Murren losgegangen.

Was er allerdings vorfand, stimmte ihn eher nachdenklich als besorgt. Eos lag mit dem Rücken auf dem Boden, die Haare fächerartig ausgebreitet, so dass sie im Mondlicht silbern glitzerten. Sie hielt die Augen geschlossen und atmete tief und friedlich und dennoch konnte Yori sehen, dass sie wach war. Ihre Stirn war kaum merklich gerunzelt, was meist ein sehr eindeutiges Zeichen war.

Ungebeten setzte er sich neben sie auf die Tatamimatte. „Eos-dono, worüber denkt Ihr so angestrengt nach?“

Sie schwieg lange Zeit auf seine Frage, weswegen er glaubte, dass sie ihn gar nicht gehört hätte, doch schließlich öffnete sie den Mund, um eine Gegenfrage zu stellen: „Bin ich ein schlechter Mensch, Yori?“

Überrascht und verwirrt über diese Aussage, neigte er den Kopf. „Wie kommt Ihr darauf?“

Sie hatte zwar wirklich – besonders in letzter Zeit – viele Entscheidungen getroffen oder bewilligt, die er nicht gutheißen konnte, aber im selben Ausmaß war sie bislang auch eine wunderbare Herrscherin gewesen, an der kaum jemand im Volk etwas auszusetzen wusste.

Erst seit der Ankunft dieser Leana war eine Änderung in ihr vorgegangen, die sich auch auf all ihre Untertanen auswirkte. Eos schien das selbst zu bemerken und nicht zu begrüßen, war aber gleichzeitig unfähig, sich dagegen zu wehren – sie tat ihm Leid.

„Du weißt genau, wie ich darauf komme“, erwiderte sie kraftlos. „Ich vernachlässige mein Volk, denke nur an mich und bin geradezu besessen von dieser Ewigen Rose, die ich wiederum für meine Probleme verantwortlich mache, die ich einsperre, bedrohe und verletze... Ich muss ein schlechter Mensch sein.“

„Das seid Ihr nicht, Eos-dono“, erwiderte er so entschieden, wie er in diesem Moment nur konnte. „Ihr seid momentan nur verwirrt, das ist alles. Wenn Ihr Euch eine Weile ausruht und Euren Gedanken ordnet, werdet Ihr wieder zu der Herrscherin, die Ihr einmal wart, davon bin ich überzeugt.“

Sie ließ sich diese Worte offenbar durch den Kopf gehen, denn einen Moment lang schwieg sie nur nachdenklich, dann öffnete sie ihre Augen und sah ihn lächelnd an. „Glaubst du wirklich so sehr an mich, Yori?“

„Natürlich tue ich das, Eos-dono.“ Sonst wäre er immerhin schon längst nicht mehr an ihrer Seite, sondern hätte sich irgendwo zur Ruhe gesetzt, um zu angeln oder sonst einem Hobby nachzugehen, für das er in seiner derzeitigen Lebenssituation keine Zeit fand.

Sie setzte sich aufrecht hin und ehe er sich wehren konnte, hatte sie seinen Kopf bereits an ihre Brust gedrückt. Ihr Herz schlug ruhig und gleichmäßig, das konnte er deutlich hören, trotz des rauschenden Bluts in seinen Ohren.

„Ich danke dir, dass du an meiner Seite bist“, flüsterte Eos kaum hörbar, aber es kam ihm vor als würde sie es direkt in sein Ohr flüstern. „Du gibst mir die Kraft, weiterzumachen.“

Weswegen gerade seine Meinung so wichtig für sie war, wusste er nicht, aber er war sich im Klaren darüber, dass auch andere es nicht verstanden und sich bis zu diesem Tag noch immer fragten, warum so ein junger Bursche wie er ihre rechte Hand geworden war.

Sie vertraute auf ihn, genau wie er auf sie vertraute und deswegen waren sie eine derart gute Kombination. Gemeinsam, so glaubte er zu diesem Zeitpunkt noch, könnten sie auch diese Krise überwinden und sie wieder zu der Präfektin werden lassen, die sie einst gewesen war. Er brauchte nur etwas Zeit – ohne zu wissen, dass er diese nicht haben würde.
 

„Das ist sie also?“ Ayumu blickte mit gerunzelter Stirn über die Ebene zur Burg.

Die schlafende Ylva, die er auf seinem Rücken trug, wurde langsam immer schwerer und schwerer, weswegen er froh war, als Tokimi und Fuu endlich zum Stehen kamen und er das Mädchen ablegen konnte. Sie murmelte leise etwas im Schlaf und rollte sich dann, soweit es ihr möglich war, zusammen.

Tokimi nickte auf seine Frage hin. „Das ist Burg Nakahara. Warst du denn noch nie hier?“

„Hat sich noch nie ergeben.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wenn jemand dorthin geschickt wurde, dann war es ein Elite-Ninja. Ich war eher... der Durchschnitts-Shinobi.“

Die Eternal schmunzelte amüsiert. „Dass du das so einfach zugibst...“

„Ich muss keinem von euch imponieren und Leana ist nicht hier – also kann ich auch ehrlich sein.“

Die Erwähnung dieses Namens erinnerte seine Begleiter wohl daran, dass ihre Aufgaben hier noch nicht erledigt waren, denn sie wandten sich sofort wieder in Richtung der Burg.

„Ich kann spüren, dass sie dort ist“, sagte Tokimi. „Aber es sind auch viele Lakaien und... eine andere Kraftquelle, die ich nicht einschätzen kann, vor Ort.“

Ihr ernstes Gesicht machte Ayumu nicht gerade viel Mut, aber es ging um Leana, also ließ er sich nichts anmerken. „Wir müssen nur rein, Leana rausholen und wieder verschwinden, oder?“

„Das ist richtig“, bestätigte Fuu. „Tokimi-san, Ylva und ich werden für Ablenkung sorgen und du musst dich hineinschleichen.“

Ayumu sah auf das Mädchen hinab. „Aber sie schläft. Wie soll sie-?“

Der Magier unterbrach ihn mit einem einfachen Pfiff – und im nächsten Moment stand Ylva aufrecht, die Augen weit geöffnet, die Ohren aufmerksam aufgestellt. „Was ist los?“

Tokimi lachte leise und Ayumu hoffte, dass es nicht wegen seinem überraschten Gesicht war.

„Es ist bei jedem Inugami das Gleiche“, erklärte sie schließlich. „Sie reagieren auf viele Reize genau wie Hunde.“

Ylva schien es nicht einmal gehört zu haben, denn ihre Aufmerksamkeit war der von Wachfeuern erleuchteten Burg zugewandt. „Oh, wir sind schon da?“

Fuu nickte. „Du wirst uns beim Ablenkungsmanöver helfen, Ylva, ist das in Ordnung?“

„Natürlich.“

„Sind wir dann bereit?“, fragte Tokimi.

Auch wenn Ayumu sich nicht sicher war, ob er das wirklich schaffen könnte – die Burg war groß und er wusste nicht, wo genau sich Leana aufhielt – würde er es dennoch versuchen. Er musste sie einfach finden, selbst in dieser Burg, immerhin war er ein Shinobi und sie war ihm wichtig, er konnte nicht versagen.

Mit diesen Worten in seinem Inneren, die er immer wiederholte, nickte er schließlich ebenfalls, so wie die anderen, die schon längst bereit schienen.

Tokimis Lächeln erlosch und wurde durch einen ungewohnt ernsten und seriösen Gesichtsausdruck ersetzt, der von Bitterkeit sprach. „Dann beginnen wir hiermit den Angriff auf Burg Nakahara.“



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