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Cocoon

von

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1. Kapitel

Hektisch rannte ich ihm Zimmer auf und ab. Das ging schon seit mindestens 2 Stunden so und ich hatte immer noch nicht alle Sachen im Koffer.

Laut hatte ich meine Anlange angestellt, die mich unentwegt mit den neusten Songs von Tokio Hotel beschallte.
 

Ich liebte diese Musik, aber besonders liebte ich den Gitarristen der Band, Tom. Mein sehnsüchtiger Blick flog im Vorbeigehen auf das überdimensionale Poster des Hip Hoppers an meiner Wand.

Ein Traumtyp schlechthin. Aber meine persönlichen Traumtypen waren immer stock hetero und dieser zusätzlich auch noch ein Megastar.
 

Ich würde ihn eh nie treffen, und wenn was sollte ich schon groß sagen, es würde eh kein Wort über meine Lippen kommen.

Seufzend wand ich mich meinem Kleiderschrank zu, das war jetzt eindeutig wichtiger als meine Schwärmerei.
 

„Wo ist denn noch mal... ah da...“ stand ich nuschelnd vor meinem Kleiderschrank. Endlich hielt ich die gewünschte Jeans in den Händen, um sie gleich in den Koffer zu stopfen.

Ich war eigen, wenn es darum ging was ich anzuziehen hatte. Und besonders, wenn ich diese Sachen für einen Kurztrip in den Koffer packen sollte.

Eigentlich nahm ich eh immer zu viel mit. Aber besser ich hatte alles dabei, als das mir dann doch was fehlte.
 

Mein Koffer quoll mit der Zeit allmählich über. Mit roher Gewalt und meinem Hintern auf dem Koffer bekam ich ihn anschließend doch zu.

Geschafft lies ich mich auf den Boden sinken. Dass packen aber auch immer so anstrengend sein musste.
 

Ein kurzer Blick zur Uhr lies mir fast das Blut in den Adern gefrieren. 13 Uhr und um 15 Uhr sollte der Zug gehen.

Jetzt wurde ich noch panischer. Immerhin wartete meine beste Freundin am Bahnhof auf mich.

Auch wenn sie wusste, dass ich ein notorischer Zuspätkommer war, diesmal wollte ich es wirklich pünktlich schaffen.
 

Ein letzter Blick in den Spiegel verriet mir, dass alles perfekt saß. Es war egal wo ich hin ging, ich wollte stets umwerfend aussehen.

Bei meiner Figur und meinem natürlichen Aussehen war das eh kein großes Problem. Dennoch, ohne schwarz geschminkte Augen, knalleng anliegende Klamotten und meinen gestylten Iro hätte ich nie das Haus verlassen.
 

Schnell steckte ich mir noch den ganzen Kleinkram in eine meiner übergroßen Handtaschen, bevor ich in meine Stiefel und eine meiner unzähligen Lederjacken schlüpfte, um nur kurz darauf mit dem Koffer im Schlepptau meine kleine Studentenbude zu verlassen.
 

Mehr als abgehetzt kam ich genau eine halbe Stunde später am Hauptbahnhof in Stuttgart an. Ich hasste Bahnhöfe zutiefst.

Lauter Menschen die im Stress ihre Umwelt vergaßen und mich mehr als nur einmal anrempelten. Ich liebte die Ruhe und Gemütlichkeit.

Großen Tumult hielt ich lieber von mir fern, außer wenn ich abends ausgiebig Party machen ging. Dann konnte ich nicht genug Menschen um mich herum haben.
 

Dann war es an mir bewundert zu werden, wenn ich meinen Arsch auf der Tanzfläche hin und her schwang und den einen oder anderen Flirt nicht ausließ.

Ja, in dieser Beziehung konnte ich zur kleinen Schlampe mutieren. Was aber nicht hieß, dass ich jeden an meinen umwerfenden Body ließ.

Nur Ausgewählte durften mich anfassen und vor allem auch küssen. Auf die anderen, mit ihren abgelutschten Anmachsprüchen konnte ich getrost verzichten.
 

Aber auf einen Menschen konnte ich gar nicht verzichten: Auf meine beste Freundin Kathy.

Wir kannten uns schon seit dem Kindergarten. Waren seit dieser Zeit durch alle Phasen unseres Lebens gemeinsam gegangen.

Besonders durch meine persönlich schwerste Phase, als ich mich selbst finden musste, als ich mir selbst lange nicht eingestehen wollte, dass ich auf Kerle stand.
 

Das war für uns beide nicht einfach gewesen. Ich war ihr unendlich dankbar, dass sie immer noch bei mir war, auch wenn ich sie damals behandelt hatte wie man höchstens mit seinem Erzfeind umging.
 

Kathy stand bereits mit ihrem kleinen, im Vergleich zu meinem auf jeden Fall, Koffer auf dem Bahngleis im Raucherbereich.

Ihr Blick flog durch die Gegend und als sie mich entdeckte zeichnete sich auf ihrem Gesicht ein breites Lächeln ab. Immerhin hatten wir uns schon seit einer Woche nicht gesehen.

Diese Woche kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit. Normalerweise sahen wir uns mal zwei Tage nicht und das war schon Horror.
 

Wie von der Tarantel gestochen ließ ich meinen Koffer mitten im Weg stehen, als auch ich Kathy zwischen den ganzen Menschen ausmachte und rannte auf meine beste Freundin zu.

Nach tausend Küsschen und festen Umarmungen eilte ich zurück zu meinem Koffer, der mittlerweile schon ziemlich an den Abgrund der Gleise gedrängt worden war.

Nicht auszudenken, wenn dieser den Abflug auf die Gleise gemacht hätte. Den Urlaub hätten wir getrost abblasen können.
 

„Oh man Kathy, ich bin so aufgeregt.“ Immer wieder zappelte ich auf seinem zweite Klasse Sitz herum.

„Bill du nervst, wir fahren noch 4 Stunden und du bist jetzt schon unerträglich.“ Augenrollend wand sie sich von mir ab, um die vorbeiziehende Landschaft zu genießen.
 

Ich hatte so starkes Verlangen nach einer Zigarette. Ich hätte eindeutig doch eine rauchen sollen, als wir noch am Bahnhof waren.

Vor lauter Hektik, hatte ich aber auch das vergessen. Ich war wirklich unerträglich, wenn ich nervös war.

Dann machte ich nicht nur mich selbst sondern auch meine ganze Umwelt verrückt. Ich musste mich dringend beruhigen, tief durchatmen und die Augen schließen, das half immer.

Das half dann allerdings so stark, dass ich innerhalb weniger Minuten in einen, wenn auch leichten, Schlaf fiel.
 

Jeder Halt des Zuges ließ mich aufschrecken. Ich wollte es nicht riskieren, dass wir unsere Umsteigemöglichkeit verpassten.

Kathy neben mir war mittlerweile nämlich auch nicht mehr unter den Wachen. Außerdem kenne ich mich, wenn ich einmal fest schlafe, dann könnte die Welt um mich herum untergehen, ich würde sicherlich nichts mitbekommen.
 

Interessiert schweifte mein Blick durch den Wagon. Wenn schon nichts mit Kathy anzufangen war, vielleicht wollte sich ja jemand anders um meine Aufmerksamkeit bemühen.

Man könnte jetzt meinen ich wäre arrogant, bin er aber nicht, ich weiß nur wie ich auf meine Außenwelt wirke.
 

Etwa die Menschen lieben mich oder sie hassen mich und ich kann nicht behaupten, dass es wenige Menschen sind die mich lieben.

Zufrieden grinsend lehnte ich mich zurück, auch wenn hier eindeutig keiner meinem Geschmack entsprach. Alles nur Businessleute auf der Durchreise oder Familien mit anstrengenden Kindern.
 

Kathy lehnte sich an meine Schulter und seufzte zufrieden. Behutsam strich ich ihr über ihre langen blonden Haare.

Würde ich auf Frauen stehen, wäre ich längst mit ihr zusammen, sie war nun mal eine Traumfrau, das musste sogar ich mir eingestehen.
 

Bisher waren jedoch alle ihre Beziehungen in die Brüche gegangen, was nicht weniger an mir lag. Ich war eben die Nummer 1, da hatte sich jeder Partner mit abzufinden.

Grinsend über diese Tatsache schloss auch ich wieder die Augen. Nur um sie 2 Sekunden später wieder aufzureißen, als ich die Durchsage hörte.
 

„Kathy… Kathy verdammt.“ Schüttelnd wollte ich meine Freundin wecken.

Erst nach einigen Minuten schlug sie die Augen auf. Ich zerrte derweil schon panisch an meinem Koffer.

Der Zug würde jeden Moment zum Stehen kommen und ich kämpfte immer noch mit diesem Monstrum. Warum musste ich aber auch immer so viel mitnehmen?

In solchen Momenten konnte ich mich darüber grün und blau ärgern.
 

Wenig später standen wir dann doch auf dem Hauptbahnhof von Hannover. Zufrieden zog ich an meiner langersehnten Zigarette.

„Herr Gott Kathy, wenn du länger gebraucht hättest.“ Ich wirkte immer noch mehr als aufgeregt.

Kathy war erst im letzten Moment aus dem Zug gehüpft. So schnell zu handeln war ihrem noch schlafenden Gehirn anscheinend nicht möglich gewesen.
 

„Schrei nicht so Bill, ich bin nicht taub.“ Sie war gereizt, mehr als gereizt.

Eingeschnappt drehte ich mich weg und beobachtete die Menschen die sich hier tummelten.

Gab es denn nur noch schlecht aussehende Männer? Nicht einen der wenigstens etwas akzeptabel war hatte ich heute gesehen.
 

Stark hoffte ich, dass das in Hamburg nicht auch der Fall war. Ein bisschen Spaß wollte ich dort doch schon haben. Auch ohne Kathy, wenn diese weiter so rumzicken würde.

Wir hatten uns noch nie richtig gestritten, auf das wollte ich auch nicht hinaus, aber ich würde nicht ihre schlechte Laune ertragen.

Schon allein, weil ich mich so lange auf diesen Kurztrip gefreut hatte. „Weiber“, nuschelte ich vor mich hin.
 

Die nächste Stunde sprachen wir beide nicht mehr viel miteinander. Auch im Zug herrschte eisernes Schweigen. Keiner von uns beiden wollte nachgeben.

Wenn es darum ging stur zu sein waren wir beide wie eineiige Zwillinge und wir beherrschten es perfekt.
 

Bei der Ansage, dass Hamburg die nächste Stadion sein sollte sprang ich auf und lief sofort zum Ausgang ohne auch nur auf Kathy zu warten.

Ich wusste wo es hingehen würde, immerhin hatte ich das Hotel rausgesucht und auch sonst den ganzen Rest organisiert.

Sie war also auf mich angewiesen, nicht ich auf sie und das konnte ich sie eiskalt spüren lassen.
 

Zufrieden registrierte ich, dass Kathy mir folgte. Was anderes blieb ihr auch wohl oder übel nicht übrig, auch wenn sie wahrscheinlich am liebsten sofort die Heimreise wieder angetreten hätte, das wusste ich.

So kalt war die Stimmung zwischen uns schon lange nicht mehr gewesen. Und wenn ich ehrlich war, ich wusste noch nicht mal genau warum.



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