Chapter 1
Kindergelächter erfüllte den kleinen Sandkasten der direkt vor der blauen Rutsche stand. Einige der Kinder füllten den Sand in kleine Eimer aus Plastik mit dem Ziel ein Schloss zu bauen während andere über den Spielplatz rannten, um vom Fänger nicht geschnappt zu werden.
Etwas abseits der Rutsche hörte man das Quieken rostigen Metalls, das bei jedem hin und her schwingen der Schaukel verursacht wurde. Es ertönte immer im selben Rhythmus, wurde weder schneller noch langsamer bis es vollkommen verstummte.
Der kleine Junge saß nun regungslos auf der Schaukel. Die Schaukel neben ihm war frei und dies würde sich nicht ändern so lange er dort verweilte. Seine Altersgenossen mieden ihn. Nie wurde er gefragt ob er an ihren Spielen teilnehmen wollte.
Er war alleine. Fünf mal die Woche immer wieder dasselbe. Seine Mutter setze ihn im Kindergarten ab, wo er entweder schaukelte oder in einer Ecke des Spielraumes einem kleinen Klavier Töne entlockte, welches nicht größer als ein Kinder-Xylophon war.
Am Wochenende war es anders. Am Wochenende war er nicht alleine. Er hatte seinen großen Bruder Wes. Mit ihm konnte er spielen. Er brauchte die anderen Kinder nicht solange er Wes hatte, oder?
Er entschied sich ins Gebäude zu gehen, setzte sich wie gewohnt auf einen Stuhl in der Ecke des Raumes wo ein Tisch mit seinem Spielzeugklavier stand. Er strich sich kurz mit einer Hand über seine schneeweißen Haare und seufzte. Es war ein Tag wie jeder andere auch und es würde sich auch nichts ändern.
Dieses Klavier war nichts im Vergleich zu dem was er zu hause hatte. Es reichte aber dennoch für sehr einfache Melodien. Er erhielt seit knapp einem Jahr Unterricht und sein Talent konnte sich bereits am Anfang sehen lassen.
Seine kleinen Finger glitten über die Tasten und erzeugten dunkle Töne. Es war die Melodie, die er immer spielte. Dass er die anderen dadurch abschreckte wusste er, aber interessieren tat es ihn nicht. Zumindest nicht mehr.
Seine Erzieherin lobte ihn oft, fragte aber immer, ob er auch was fröhlicheres spielen könne. Wes war in dieser Hinsicht nicht anders. Selbst seine Eltern tadelten ihn dafür.
Er erhielt Lob für sein Talent, aber niemals Anerkennung für das, was er spielte. Dabei war es das, was er fühlte. Das, was aus seiner Seele kam.
Das Resultat daraus war einfach. Er würde nie für das Akzeptiert werden, was er ist. Um Akzeptiert zu werden, hatte er sich so zu geben wie die anderen es von ihm wollten. Selbst so früh im Kindergarten.
Sein Finger strich über die letzte Taste und spielte den letzten Ton bis wieder Stille einkehrte.
„Ich mag es“
Eine Stimme regte seine Aufmerksamkeit. Direkt hinter ihm.
Er drehte seinen Kopf nach hinten, um zu sehen wer dort stand. Seine roten Augen erblickten ein Mädchen, welche wohlmöglich in seinem Alter war. Sie hatte blonde Haare, die zu zwei Zöpfen gebunden waren, und große grüne Augen.
„Ich verstehe es zwar nicht, aber mir gefällt es trotzdem.“
Ihr gefiel sein Stück? Noch nie hatte irgendjemand dies zu ihm gesagt. Und wenn er ehrlich war, dieser kleine Satz steigerte seine Laune erheblich.
Als er sich komplett zu ihr gewannt hatte, lächelte sie ihn herzlich an. Es war ein wunderschönes und ehrliches Lächeln. Er wusste nicht wieso, aber ihm wurde auf einmal sehr warm. Eine angenehme Wärme. Etwas wusste er sofort. Er mochte dieses Mädchen. Sie war anders. Seine Lippen bildeten ebenfalls ein Lächeln und entblößten seine weißen spitzen Zähne, etwas was er selten tat, und grinste das Mädchen an. Ihre Augen weiteten sich. Ihr Lächeln verschwand. Als er dies bemerkte, wandte er seinen Blick sofort ab und starrte auf den Boden. Sie war doch nicht anders.
„Deine Zähne...“
„Ja, ich weiß...Aber -“
„Die sind ja voll cool!“
Er blickte sie verdutzt an. Wie bitte? Was hatte sie gerade gesagt? Das Ganze wurde ja noch verrückter. Erst sagte sie ihm, dass sie sein Stück mochte und jetzt fand sie seine Zähne cool? Träumte er etwa?
Cool... Etwas an diesem Wort gefiel ihm.
„Mein Name ist Maka, und du bist?“, fragte sie ihn und hatte wieder ein Lächeln auf den Lippen.
„Ich heiße Soul.“, erwiderte er mit einem Grinsen.
Sie streckte ihm ihre Hand aus und grinste ihn noch breiter an.
„Freunde?“, fragte sie.
Ok, falls dies wirklich ein Traum sein sollte, so wollte er ganz bestimmt nicht aufwachen.
Er erwiderte ihre Geste, indem er nach ihrer Hand griff.
„Freunde“
Dieses Mädchen war wirklich anders. Sie war etwas ganz besonderes.