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Die Sterne über Dalaran

World of Warcraft-Fanfiction
von

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5. Liebesspiel

Liebesspiel
 

Ylaria hatte den Zettel mehrmals schon zusammengeknüllt, in eine Ecke geworfen, nur um ihn wenige Momente später wieder hektisch einzusammeln und auf ihrem kleinen Tischchen glattzustreichen. Ihr Abendessen stand unberührt auf dem Tablett auf demselben Tisch. Der Kerzenständer, der auf ihrer Kommode stand, verströmte ein warmes Licht in der Kammer, doch heute empfand sie es nicht als beruhigend. Es erinnerte sie daran, dass die Nacht längst angebrochen war, sie aber noch immer nicht wusste, was sie tun sollte.

Was sollte das überhaupt heissen? 'Solltest du derselben Ansicht sein wie ich..' Sie inspizierte die wenigen Zeilen zum wiederholten Male. Daireans Handschrift war schnörkellos, fast etwas krakelig. Besonders die runden Buchstaben fielen ziemlich ungleich aus, während andere fast schon zackig wirkten, so, als würden sie im nächsten Moment soldatengleich über den Papierrand marschieren.

Das flaue Gefühl, dass sich bei der ersten Lektüre des Zettels in ihrem Magen ausgebreitet hatte, verstärkte sich von Minute zu Minute mehr. Es hatte ihr das Essen ebenso verunmöglicht wie jegliche Bettruhe. < Ylaria, Ylaria.. Was ist mit dir los?“, murmelte sie sich selber zu, legte eine Hand über ihr Herz. Es pochte schnell und sofort bildete sich erneut dieser Kloss im Hals, den sie schon mehrmals hatte herunter schlucken müssen.

Mit einem lauten Seufzer liess sie sich rücklings aufs Bett fallen und starrte die schmutziggraue Decke an, die sich über ihr auftat.

Sie wollte ihn sehen. Sie wollte ihn so gerne sehen und mit ihm sprechen. Aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass es tatsächlich geschehen würde. In ihren Tagträumen hatte er sie – wie der berüchtigte Prinz auf dem goldenen Falkenschreiter – aus ihrem Quartier befreit und sie waren gemeinsam gen Sonnenbrunnen geritten. Aber das waren unsinnige Kleinelfenmädchenvorstellungen. Dinge, die man vor sich herträumte, damit die Realität nicht allzu bedrückend war. Die Realität war, dass er sie benutzt hatte. Das war zumindest das, was sie sich einzureden versuchte. Es hatte so gut geklappt. Und nun.. kam diese kryptische Botschaft.

Unruhig erhob sie sich wieder vom Bett und trat zu ihrem Fenster, blickte hinaus. Ihre Kammer befand sich im ersten Stock, über einem kleinen Streifen Gras, der von einigen Büschen und Bäumen gesäumt war. Von ihrem Fenster aus hatte sie einen guten Blick auf die Treppe, die in Dalarans grössten Turm führte, wo Rhonin und seine Gemahlin Wisperwind hausten.

„Wenn man verliebt ist, sieht man manchmal nicht alles, was man sehen sollte. Ich kenn'... ich kenn' das zu gut. Aber... Bitte. Versuchs trotzdem“, hatte Verian gesagt, als er gegangen war. Ylaria stützte die Ellbogen auf der Fensterbank auf und blickte in den Nachthimmel. Sie konnte nicht alles sehen, so sehr sie sich bemühte. Zu viele Fragen waren offen geblieben, die sie umso mehr verwirrten, desto mehr sie darüber nachdachte. Und noch immer wusste sie nicht, was sie tun sollte.

„Was habe ich zu verlieren“, murmelte sie schliesslich, und löste sich vom Fenster. Nur noch einen kurzen Moment hielt sie inne, schloss die Augen. Dann durchquerte sie die kleine Kammer mit zwei Schritten, hielt das Briefchen in die offene Kerzenflamme des Leuchters und sah zu, wie es in Rauch aufging.

< Nicht mehr nachdenken >, beschwor sie sich selbst, als sie schliesslich eine Kerze aus dem Kerzenhalter entfernte, den Boden etwas flachdrückte, und sie mit etwas flüssigem Wachs auf dem Fensterbrett notdürftig festmachte.

Sie kehrte zum Tisch zurück, nahm sich vom Besteck das Messer, und setzte sich auf ihr Bett. Die Schuhe machten ein lautes Geräusch, als sie sie etwas zu energisch gegen die hölzerne Truhe warf, aber sie dachte auch darüber nicht nach. Stattdessen setzte sie sich in die hinterste Ecke des Bettes, wo es sich an die Ecke der Kammer anschmiegte und zog die Decke zu sich, um unter ihr zu verschwinden. Nur noch ihr Kopf blickte hervor, ihre Arme umschlangen ihre Beine, die sie leicht aufgestellt hatte.

Wenn er es wagen würde, sie mehr als fünfzehn Minuten warten zu lassen, würde sie durchdrehen. Dumpf spürte sie das Blut durch ihre Adern pochen und sie knirschte leicht mit den Zähnen.
 

Es dauerte nicht lange, als sie ein Geräusch vernahm. Mit einem leisen Knarren öffnete sich der zweite Fensterflügel. Sie hatte angenommen dass er vermutlich durchs Fenster kommen würde, aber es überraschte sie dennoch, dass es nun tatsächlich geschah.< Bis zuletzt hast du dir gewünscht, du hättest dir alles eingebildet, nicht wahr, Silbersang?>, schalt sie sich selbst einen Narren.

Sie richtete ihren Blick auf das Fenster. Dairean zog sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit an der Fensterbank hoch und schlüpfte nahezu geräuschlos in ihr Zimmer. Anstatt sich einfach auf die Füsse fallen zu lassen, rollte sich Dairean auf dem Boden ab, so dass auch diese Bewegung nahezu geräuschlos von sich ging. Sein Blick schweifte kurz durch das Zimmer, um dann bei ihr zu landen.

Ylaria umklammerte den Griff des Messers unter der Bettdecke fester und starrte ihn an.

„Guten Abend, Ylaria“, sagte er leise. Auf seinen Lippen zeigte sich tatsächlich ein leichtes Lächeln, was sie umso mehr erzürnte. Macht er sich etwa lustig über sie?

„Ich hoffe, du verzeihst die Unannehmlichkeiten und die Heimlichtuerei, ich..“

„Hör auf mit der Floskeln, und der Förmlichkeit“, unterbrach sie ihn zischend. „Was willst du von mir?“

Dairean hob leicht die Hände. „Entschuldige, ich wollte dir nicht zu nahe treten, ich dachte nur...“

„Hör auf, so verdammt freundlich zu sein“, fuhr sie ihn an, härter als beabsichtigt.

Dairean blickte sie einen Moment lang schweigend an. Dann liess er die Schultern etwas sinken, ging zum Tisch und setzte sich unaufgefordert auf den einzigen Stuhl, den es in der Kammer gab. Ylaria beobachtete jede seiner Bewegungen, ihre Finger schlossen sich noch enger um den Messergriff.

Als er sich hingesetzt hatte, sprach er nicht weiter. Er sass einfach da, ohne zu sprechen. Im schwachen Kerzenlicht wirkte er mit seiner dunklen Lederrüstung düster. Schatten zeigten sich auf seinem Gesicht. das Lächeln, dass ihm so gut stand, war etwa anderem gewichen. Ylaria befand, er wirkte müde.

„Du hast von mir nichts zu befürchten“, sagte er endlich. „Ich bin nicht hier, um dir Gewalt anzutun.“ Sein Blick streifte den ihren, und er nickte sachte in Richtung des Bettes. Ertappt liess sie von dem Besteckmesser ab, und versuchte, aufkommende Röte in ihrem Gesicht zu vermeiden. Sie zog die Decke enger an sich.

„Das hoffe ich“, entgegnete sie. „Ausserdem steht eine Wache vor meinem Zimmer. Ein Wink von mir, und du würdest im Kerker landen.“

Dairean schien unbeeindruckt. „Ich habe die Wache gesehen. Entgegen aller Vorstellungen, die man sich von Spionen macht, bevorzuge ich eigentlich die Tür vor dem Fenster.“

„Du.. warst.. vor der Tür? Im Quartier? Aber.. wie?“ Ylaria blickte ihn überrascht an, ehe sie sich besann, und wieder versuchte, ihren vorherigen wütenden Gesichtsausdruck aufzusetzen.

„Natürlich war ich hier. Ich hatte gehofft, ganz normal durch die Tür zu kommen, nicht wie ein Dieb durchs Fenster zu steigen“, sagte Dairean seelenruhig, blickte sie wieder an. „Sag mir, warum wirst du.. bewacht? Fürchten sie sich vor Attentätern, die dich zur Strecke bringen könnten?“

„Schön wär's“, brach es aus Ylaria heraus. Sie biss sich auf die Lippen, und starrte stur an die gegenüberliegende Wand, weg von Dairean.

„Ah.. es ist, wie ich es mir gedacht habe.“ Dairean rieb sich mit dem Zeigefinger den einen Nasenflügel. „Sie misstrauen dir ebenso wie mir, hm?“

Ylaria fluchte innerlich. Am liebsten hätte sie sich auf den Blutelfen geworfen und auf ihn eingeprügelt. Sie hätte ihn am liebsten laut beschimpft und angeschrien. Aber sie war sich nicht sicher, ob sie das schaffte, ohne als weinerliches Häufchen Elend zu enden. Allein sein Anblick brachte Erinnerungen zurück die sie lieber verdrängen wollte. Die Tage in der Höhle, die furchtbaren Schmerzen, der Dämmrige Wachzustand nach der Einnahme des Pulvers. Der Gedanke, dass sie sterben würde, an der Seite des Blutelfen, der sie im Arm gehalten und sie gewärmt hatte. Ihr erster Kuss im Gasthaus der Allianzfeste in der Drachenöde.
 

Das Schweigen zog sich in die Länge. Dairean blickte in ihre Richtung, sie blickte zur Wand. Irgendwann begann sie auf ihrer Lippe zu kauen und blickte in ihren Schoss. Sein Schweigen machte sie nervös. Einen kurzen Moment lang blickte sie in seine Richtung, und dann schnell wieder weg.

„Du wolltest Dinge klären“, sagte sie schliesslich. Ihre Stimme klang längst nicht mehr so wütend. „Aber ich höre nichts.“

Dairean entfuhr ein abgehackter Laut, der entfernt einem Lachen glich. Dann griff er in seine Haare, zog das Haarband heraus, und strich sich durch die kastanienbraune Mähne, die im dämmrigen Kerzenlicht fast schwarz wirkte.

„Ich hab' Fragen erwartet, glaube ich“, murmelte er. Dieses Mal war er es, der den Blickkontakt als erster unterbrach.

„Oh, derer habe ich genug“, sagte sie spitz und verschränkte die Arme. „Die Frage, warum du hier bist, und was diese Scharade soll, wäre einmal die erste. Aber du kannst auch mit der zweiten Anfangen: Was gibt es deiner Meinung nach für Dinge, die zwischen uns noch ungeklärt wären, und die wir unbedingt besprechen müssen?“

Noch ehe er ihr antworten konnte, sprach sie weiter, eine Hand abwehrend hochgehalten. „Für mich ist die Lage doch ziemlich klar.“ Sie schluckte den Kloss herunter, der sich in ihrer Kehle begonnen hatte zu formen. „Du hast mich benutzt, um mehr Informationen über das Relikt zu bekommen. Ich bin drauf reingefallen. Du kannst dir auf die Schulter klopfen, dass du mich so exzellent getäuscht hast.“

Er blickte sie schweigend an. Seine Lippen waren ein dünner Strich und auf seiner Stirn zeigten sich zwei tiefe Furchen.

„Dann hast du mich gerettet, damit du etwas in der Hand hast, um freizukommen und dich irgendwie noch aus dem Schlamassel zu retten, in das du dich hinein manövriert hast. Für mich ist die Sache ziemlich eindeutig. Das einzige was ich nicht verstehe – und das wäre dann meine Frage Nummer drei: Warum hast du das Relikt zurückgelassen? Das verstehe ich nicht.“

„Es war Hathorel“, sagte Dairean. „Er hat das alles hier vermasselt. Wegen ihm bin ich aufgeflogen. Und dann..“ Dairean brach ab, schüttelte den Kopf. „Beantworte mir eine Frage, dann beantworte ich dir alle die deinen. Warum hast du ihnen nicht erzählt, wo der Griff ist?“

„Vielleicht habe ich das schon längst getan“, fuhr sie ihn an.

„Das hast du nicht. Es sind keine Silberbundeinheiten losgeflogen, und auch Feuerblüte und Tyballin sind immer noch hier. Ausserdem.. Der Fakt, dass du zu deiner 'Sicherheit' bewacht wirst, spricht für sich.“

Ylaria erwiderte nichts. Sie wusste nicht, was sie diesem Elfen hätte sagen können. Offensichtlich war er besser informiert als sie, und Bemerkungen, die ihn treffen sollten, prallten ohne Wirkung an ihm ab. Kerzengerade sass sie im Bett und versuchte den Kloss herunterzuschlucken, der ihre Stimme einen heiseren Ton verlieh und ihre Kehle einengte. Sollte das nun ewig so weitergehen? Der eine stellte eine Frage, die der andere nicht beantworten konnte, und dafür eine Gegenfrage stellen würde? Sie schaute in seine Richtung, und erneut trafen sich ihre Blicke. Dieses Mal löste sie sich nicht von diesen Augen, die viel stärker als zuvor in felgrün funkelten.

Gerade, als sie dachte, es werde unerträglich, unterbrach Dairean das Schweigen.

„Hathorel hat gesagt, ich wäre der Finderlohn für .. deinen Vorgesetzten“, sagte er heiser. „Er hätte mich ihm überlassen. Als Trophäe, dafür, dass er selber das Relikt zu den Sonnenhäschern hätte tragen können. Ich hatte alles getan, um uns beide vor dem Erfrieren zu schützen. Phönix ist gestorben, mein treuer Drachenfalke, auf dessen Rücken ich so viele Aufträge für Magister Hathorel erledigt hatte.“ Aus seinem Mund klang die Ehrbezeichnung der Magier wie ein besonders schlimmes Schimpfwort. „Und dann war ich der 'Finderlohn'.. Ich kann dir nicht sagen, was mich in diesem Moment genau gerittten hat, ausser.. Wut. Ich wollte nicht, dass ein Sin'dorei, der seinen treuen und besten Untergebenen so einfach Folter oder gar Tod ausliefert, noch dafür belohnt wird.“

Er rieb sich mit der Hand über das Gesicht und blickte sie dann an. „Ich hatte ihm vertraut und.. er.. will mich einfach verkaufen.“ Ihre Blicke trafen sich kurz, dann schaute sie wieder stur an die gegenüberliegende Wand. „Und du? Warum hast du ihnen nichts erzählt?“

„Weil.. sie mir Verrat vorgeworfen haben“, murmelte sie. „Weil du mir Distelpulver eingetrichtert hast – danke übrigens dafür – und sie dachten, ich würde das schon viel länger nehmen. Sie sagten, ich hätte die Mission gefährdet.“ Ylaria lachte kurz auf bei dem absurden Gedanken. „Leireth glaubt sogar, ich hätte das ganze eingefädelt, weil ich eine Spionin sei wie du, die den Silberbund seit Jahren unterwandere.“

Dairean zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Der Drachenfalke dieser Frau hat nicht mehr alle Federn im Bürzel“, kommentierte er trocken.

„Lach nicht darüber. Sie meint das ernst. Und ich fürchte, sie ist nicht die einzige.“

„Also deswegen die Wache?“

Ylaria nickte. „Sie denken, ich wüsste, wo der Schwertgriff geblieben ist.“

„Was ja von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt ist.“ Dairean erhob sich vom Stuhl und ging zum Fenster, wo noch immer die Kerze vor sich hin brannte. Mit einer kurzen Bewegung der Hand erstickte er ihre Flamme.

Wieder herrschten einige Atemzüge lang schweigen zwischen ihnen. Ylaria schlang die Arme wieder um ihre Beine. Vermutlich sah sie damit so hilflos aus, wie sie sich fühlte, aber es kümmerte sie gerade nicht. Vor Dairean hatte sie sich bereits andere Blössen gegeben, und war erniedrigt worden. Nur verstand sie noch immer nicht, was diesen Elfen für sie so anziehend machte. Das flaue Gefühl in ihrem Magen verwandelte sich allmählich in Übelkeit.

Sie war bald den Tränen nahe, als seine Stimme erneut erklang. Er stand noch am Fenster, hatte sich ihr aber zugewandt und sprach leise.

„Anfangs war es so. Wie du sagtest. Ich wollte mehr Informationen und wissen, wer mir in dieser Gruppe gefährlich wurde. Ich wollte dich verführen, für Informationen.“

Seine Worte verstärkten die Übelkeit, die sie empfand. „Gratuliere, du hast mich gut getäuscht“, brachte sie mühsam hervor. Sie wollte ihn zum Schweigen bringen. Nicht weiter zuhören.

„Aber in den letzten Tagen musste ich mir eingestehen, dass es zu.. Ende.. längst nicht mehr allein das war“, sprach er weiter. Dumpf nahm Ylaria den unsicheren Klang in seiner Stimme war.

„Ich will nicht, dass du denkst, ich.. hätte dich nur gerettet, um mein eigenes Überleben zu sichern, ich.. Ich hätte dich nicht da liegen lassen können. Schon in dem Moment war's mir irgendwie klar, dass ich längst darüber hinweg war, dich als reines.. Werkzeug zu sehen.“

Ylaria versuchte irgendetwas zu sagen, aber ihre Kehle war zugeschnürt.

„Es ist immer noch wahr. Was ich sagte.“ Er hatte sich dem Bett einen Schritt genähert. „In der Höhle. Als ich sagte, dass ich wünschte.. uns würde kein Graben trennen, und das..“ Erneut rieb er sich durch die Haare. „Ich bin nicht gut in sowas“, murmelte er. „Ich bin hier, weil du mir nicht aus dem Kopf gehst. Und bei der Sonne – ich habe versucht, dich aus meinem Kopf zu treiben. Aber je mehr ich tue, desto mehr brennt sich dein Bild in meine Augenlider, ob ich wach bin oder ob ich schlafe.“ Er rieb sich die rechte Seite seines Gesichts.

„Ich habe keine Ahnung, was ich hier tue. Ich würde sowohl von meinen als auch von deinen Leuten sofort getötet, würden sie mich hier bei dir erwischen, aber dennoch plane ich seit Tagen nur noch.. mit dir in Kontakt zu treten.“

„Wie.. kann ich..“ Ylaria räusperte sich, doch noch immer klang ihre Stimme belegt. „Wie soll ich glauben, was du sagst? Wie sollte ich unterscheiden, was Lüge ist, und was Wahrheit?“

Ihre Zurückhaltung schien ihn zu treffen. Er schwieg einen Moment. „Du kannst es nicht. Du kannst mir nicht vertrauen, und bei der Sonne, es ist das beste, was du tun kannst“, erwiderte er schliesslich. „Aber nicht das, was ich mir wünsche.“

„Was wünschst du dir?“, fragte Ylaria brüchig.

Dairean näherte sich dem Bett und setzte sich auf die Bettkante, hielt ihr die Hand hin und blickte sie an. „Ich wünschte.. du könntest akzeptieren, was ich tat. Nicht verzeihen. Noch nicht. Aber akzeptieren. Meine Beweggründe, und..“ Er verstummte, rang um Worte. „Ich habe das ernst gemeint. In der Höhle. Ich weiss nicht, was ich hier tue, aber der Gedanke, in einer Woche versetzt zu werden, und zu wissen, dass du diese Dinge über mich denkst.. ist.. war unerträglich für mich.“

Ylaria blickte ihn über ihre Knie hinweg an. Ihr Verstand hatte längst Alarm geschlagen. Sie hatte sich auf das Schlimmste vorbereitet, doch nun sass ihr dieser Sin'dorei gegenüber, den Kopf leicht gesenkt gehalten, und erzählte ihr, dass er.. nun ja.. dass er was? Das machte die Lage viel komplizierter. Ihr Verstand hatte abschliessen wollen – und nun schlug ihr Herz Purzelbäume, weil der Sin'dorei sich so anders verhielt, als sie sich ausgemalt hatte. Sie hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit einer Entschuldigung.

„Dairean“, brachte sie mühsam hervor. „Das ist.. Ich weiss nicht..“

Zwei Elfen, die sich soviel zu sagen hätten, und doch um Worte rangen. Noch immer hielt er ihr die Hand hin, und sie befreite schliesslich mit pochendem Herzen ihren Arm aus dem Deckenwust, legte die Fingerspitzen auf die seinen. Nur ein Hauch von Berührung.

Dairean ergriff ihre Hand mit der ausgestreckten rechten und legte dann die Linke auf ihre Finger. Einen Moment lang blickte er sie an, dann hob ihre Hand zu seinem Mund und küsste hauchzart ihren Handrücken. Einen Moment lang verharrten sie beide so. Ylaria hatte das Gefühl zur Salzsäule zu erstarren, nur um sofort danach im wohlig-warmen Schauer, der ihren Rücken hinunterlief, zu schmelzen wie ein Stück Butter an der Sonne.

Sie rutschte näher zu ihm, schlang einen Arm um seinen Nacken und küsste ihn, ehe sie auch noch darüber nachdenken konnte. Er liess ihre Hand los, und legte einen Arm um sie, beugte sich mehr zu ihr und erwiderte ihren Kuss mit der Intensität eines Betrunkenen.

Ihr Kuss hielt so lange an, bis sie beide nach Luft schnappen mussten. Ylaria hatte sich immer weiter nach hinten sinken lassen und Dairean mit sich gezogen, den einen Arm um seinen Oberkörper geschlungen, den anderen um seinen Nacken geschlungen.

„Du wolltest mich wirklich mit einem Besteckmesser angreifen?“, raunte Dairean kurzatmig, und blickte sie mit einem zugleich erleichterten und schelmischen Grinsen an. Er hatte sich von ihr mitziehen lassen und stützte sein Gewicht mit dem linken Unterarm ab. Mit der rechten Hand hatte er nach unten gegriffen, und einen Gegenstand unter der Decke hervorgezogen. Es war das Besteckmesser.

Ylaria lief schlagartig rot an. „Sei ruhig, du Tor, oder ich überlege es mir anders“, murmelte sie, schloss die Augen und küsste ihn erneut.
 

Das metallene Besteckmesser fiel mit einem gut hörbaren Klirren auf den gekachelten Boden der kerzenbeschienenen Kammer.
 


 

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