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Ein Blick hinter das Eis

oder wie Joey nicht nur den Eisprinzen bezwang, sondern auch die letzte Schlacht überlebte...
von

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Reform

Die Stimme des Tunierleiters dringt nur von weitem an mein Ohr. Vage nehme ich noch wahr wie das Duell als beendet erklärt wird. Ich bin unsicher ob ich zu ihm sehen soll. Die Plattform fährt bereits nach unten als ich doch einen Blick riskiere.
 

Er steht wie steinern da. Der Mantel bewegt sich kaum merklich in der leichten Windböe, die geht. Seine Miene ist vollkommen undurchdringlich. Die Maske sitzt wieder perfekt. Er hat alles dahinter verborgen. Keine einzige Regung lässt auf irgendetwas schließen, was in ihm vorgehen mag.
 

Ich schlucke.
 

Habe ich das Richtige getan?
 

Eben war ich mir noch sicher. Jetzt - weiß ich es nicht mehr. Mir ist seltsam zumute.
 

Ich verweile noch einen Moment an dem Pult als die Plattform schon unten ist.
 

Habe ich richtig gehandelt? Die Frage manifestiert sich wie Beton in meinem Schädel. Ich kann mich nicht einmal rühren. Meine Hände liegen auf dem Pult und ich glaube, ich zittere.

Ich glaube, ich fasse erst jetzt langsam was gerade passiert ist. Noch habe ich es nicht ganz realisiert.
 

Ich wünschte, ich könnte zu ihm, mit ihm reden, aber ich weiß, dass dieser Wunsch aussichtslos ist. Jetzt und hier kann ich ihn nicht erreichen. Er ist mir genauso fern wie all den anderen und selbst wenn ich zu ihm gehe...
 

Ich schüttele den Kopf.
 

Bitte, sag mir wer, dass ich richtig gehandelt habe. Dass er wollte, dass ich das tue.
 

"Joey?" Yugi ist hinter mich getreten und hat mir sanft seine Hand auf die Schulter gelegt. Ich habe Angst, dass ich gleich anfange zu weinen. Verrückt, was? Ich verstehe mich gerade selbst nicht.
 

"Alles ok... ich bin nur..." Ich breche ab und er dringt Gott sei Dank nicht weiter in mich. Ich glaube, er weiß auch nicht was er sagen soll. Das ist ok, ich verstehe es. Ich bin ja selbst gerade neben der Spur. "Gib mir einen Moment, ja?" bitte ich ihn und sehe aus den Augenwinkeln, dass er nickt und sich abwendet um sich zurück zu ziehen. "Warte..." halte ich ihn zurück. Er sieht mich fragend an.
 

"Hast du Pegasus geschlagen?" Er schüttelt den Kopf. "Das Duell beginnt erst in zehn Minuten." erwidert er. Ach so. Verstehe. Ich nicke leicht. "Viel Glück, Yugi." sage ich und meine es so. "Danke, Joey." Er schenkt mir ein Lächeln und lässt mich allein.

Und ich, ich bleibe einfach stehen. Ich will jetzt nicht zu den anderen. Ich weiß, wie sie reagieren werden. Ich sehe es direkt vor mir. Ich weiß nur gerade nicht, wie ich reagieren soll.
 

Hab ich richtig gehandelt?
 

Etwas in mir hofft, dass sich alles schon bereit macht für das nächste Duell. Tristan und Tea werden Yugi sicher anfeuern. Eine Gelegenheit für mich ihnen aus dem Weg zu gehen. Ich kann sie jetzt nicht sehen. Nicht nach dem was gerade geschehen ist.
 

Ich spüre wie mir Tränen in die Augen treten. Ich versuche sie wegzublinzeln, aber es gelingt nicht ganz. Ich bin wirklich zu albern. Ich sollte glücklich sein und mich freuen. Feiern, tanzen, schreien... Ich kann es nicht. Ich kann nur weinen.
 

Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, dass ich hier dämlich herumstehe. Ich bin echt erbärmlich. Kaiba hatte damit schon ganz Recht, wenn auch auf andere Art als er es immer gemeint hat. Verdammt, Joey, reiß dich zusammen. Freu dich endlich. Ich kann es nicht. Das ist gerade zu viel. Es überwältigt mich. Ich spüre, wie ich in die Knie gehe und hemmungslos zu schluchzen anfange. Zum Glück kann mich hier keiner sehen.
 

Plötzlich legt sich eine Hand auf meine Schulter. Ich muss mich nicht umdrehen um zu wissen wem sie gehört. Ich erkenne das Gefühl direkt. Das Gewicht, der Druck, den Geruch... Ich taumele auf die Beine und werfe mich ohne Zögern in seine Arme. Er schlingt seine Arme um mich und hält mich fest. Ich spüre wieder seinen Herzschlag und schluchze nur noch mehr. Und er... er hält mich einfach fest.
 

Mein Gott, nichts hat sich je tröstlicher angefühlt als seine Nähe. Ich weine hemmungslos an seiner Brust und er lässt es über sich ergehen. Sein Hemd wird nass, denke ich kurz, aber ich kann nicht aufhören.
 

"Joey..." Beruhigend streichelt seine Hand über meinen Kopf.
 

"Ich..." Ich kann nichts sagen. Es geht einfach nicht. Ich weine nur.
 

"Ist schon gut." sagt er und eine unbeschreibliche Wärme liegt in seiner Stimme.

"Bitte beruhig dich..."
 

"Ich kann aber nicht." erwidere ich trotzig und er lacht.
 

Dann schiebt er sich ein Stück von sich um mich anzusehen. "Du bist albern, Joey." sagt er.
 

Ick nicke. "Ich weiß." Sanft umfasst seine Hand mein Kinn und er schiebt mein Gesicht nach oben um mir in die Augen zu sehen.
 

"Das ist absurd." kommentiert er. Das weiß ich auch. Dennoch...

Ich bin... ich weiß es doch auch nicht.
 

Er seufzt. Seine Augen haben wieder diese Farbe... diese unwahrscheinliche, überirdische Farbe. "Du bist ein Lügner." sagt er schließlich und lächelt.
 

"Du auch." Ich blinzele ein Paar Tränen weg und reibe mir mit dem Ärmel über die Augen.
 

"Dann sind wir beide Lügner." stellt er fest.
 

"Warum?!" will ich wissen. "Warum was?" erwidert er.
 

Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Also zeige ich es ihm.
 

Ich wende mich um und nehme meine letzten Handkarten auf. Wortlos reiche ich sie ihm. Er wirft einen kurzen Blick darauf und nickt. "Das dachte ich mir." sagt er nur. "Ich habe es in deinen Augen gesehen." Ich sehe ihn fragend an, aber er lächelt nur.
 

"Warum hast du sie nicht gespielt?" will er wissen. Blöde Frage. Selbst für seine Verhältnisse.
 

"Warum hast du sie mir gegeben?" entgegne ich. "Du wolltest, dass ich gewinne... Das war gegen unser Abkommen!"
 

Er lacht.
 

"Ich habe dir die Karte gegeben, weil sie zu deinem Deck passt. Wie hätte ich wissen können, dass sie zum Einsatz kommen könnte - gegen mich?"
 

Ok, der Logikpunkt geht an ihn. Wie immer. Auf dem Gebiet ist er eindeutig der Meister. Trotzdem...
 

"Du bist der Meisterstratege..." erwidere ich und weiß gerade nicht mehr ob ich lachen oder weinen soll.
 

Kaiba seufzt. "Joey... ich habe dich nicht gewinnen lassen. Du hast mich gewinnen lassen." Wo wer Recht hat, hat er Recht. Verdammt. Logik kann man sich nicht entziehen.
 

"..."
 

"Müsste ich nicht viel eher warum fragen?" will er sanft wissen.
 

Weiterer Punkt für ihn. "Also?" Er sieht mich erwartungsvoll an. Fragt er das tatsächlich? Ja, das tut er. Typisch Kaiba. Er muss es analysieren. Auch dafür liebe ich ihn.
 

"Ich habe deine Geste mit einer weiteren beantwortet." erkläre ich wahrheitsgetreu, doch er scheint nicht zu verstehen.
 

Dieser unglaublich süße Idiot.
 

"Du hast gewusst, wie sehr ich mir das gewünscht habe, nicht wahr?" frage ich ihn ernsthaft.
 

Und Kaiba nickt. "Natürlich. Genauso sehr wie ich es mir wünsche Yugi zu schlagen."
 

"Siehst du." entgegne ich. Er nickt. Ich muss es ihm nicht erklären.
 

"Wir sind ganz schön albern, oder?" will er wissen. Ich lache. "Jepp, soviel steht mal fest."
 

Ich weiß, hier ist weder die Zeit noch der Ort um ihn zu küssen, aber ich muss es tun. Jetzt und hier. Ich sterbe, wenn ich es jetzt nicht tue. Nicht nachdem was er gerade getan hat.
 

Und in dem Moment in dem seine Lippen die Meinen berühren, weiß ich, dass ich richtig gehandelt habe. Ja, es war richtig. Dessen bin ich mir mehr als sicher.
 

"Danke, Joey." sagt er als wir uns nach Luft schnappend von einander lösen. "Ich danke dir. Ich weiß wieviel es dich gekostet hat..."
 

Wer könnte das übersehen? Ein Seto Kaiba, der freiwillig verlieren würde... Noch dazu ein Tunier?! Etwas, dass einfach unmöglich ist und doch... er hat es riskiert. Er hat es dem Schicksal überlassen, wenn man so will. Vielleicht hat das Herz der Karten gesprochen, vielleicht auch nicht. Ich glaube, dass spielt zwischen ihm und mir längst keine Rolle mehr. Er hat mir heute etwas geschenkt. Etwas, dass für kaiba´sche Verhältnisse gleich zusetzen ist mit dem heiligen Gral. Wie hätte ich ihm da den Sieg nicht schenken können?
 

Und ich habe tatsächlich auf ein "Ich liebe dich" gewartet.
 

Worte, das begreife ich gerade, sind Schall und Rauch. Er hat es heute bewiesen. Genau wie ich. Das sagt doch mehr als tausend Worte, oder?
 

"Seto?" frage ich und sehe ihn ernst an. "Warum haben wir uns je gestritten?"
 

Ich weiß es längst nicht mehr. Wie habe ich je glauben können, dass ich diesen Mann hasse? Wie kann jemand behaupten, dass er kalt und gefühlstot wäre? Wer immer das denkt, der hat keine Ahnung. Nicht die Geringste.
 

"Weil wir das gut können?" Ich lache. Ja, das können wir tatsächlich gut. Ein Teil von mir vermisst sogar ab und an das Gezanke.
 

"Ich wünsche mir, dass du Yugi schlägst." sage ich ehrlich. "Ich werde mein Bestes geben." erwidert er.
 

"Das hoff ich auch." Ich grinse ihn vielsagend an. "Seto?"
 

"Hm?"
 

"Ich hätte dich schlagen können."
 

"Ich weiß." Er lächelt. "Aber nicht nur dieses Mal."
 

Ich seufze theatralisch. "Oh, Seto,..."
 

Er lacht.
 

Das Finale wird gleich beginnen. Ich bin sicher, dass Yugi Pegasus geschlagen hat. Ich schätze, es steht sogar außer Frage.
 

"Lass uns gehen." sagt er. Ich nicke. "Geh voraus... ich folge dir - Herrchen."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  jyorie
2013-02-20T16:09:31+00:00 20.02.2013 17:09
Hey ^_^

Ich habe einen ganzen Moment gebraucht um herauszufinden, wer den nun gewonnen hat bei dem Duell Kaiba/Joey. Du hast es so geschickt geschrieben das man bis zum letzten viertel nicht genau wusste wer der Sieger war. Es wäre beides möglich gewesen. Aber ehrlich gesagt, ich hätte auch Joey verlieren lassen, wenn ich das Kapi hätte schreiben müssen. Für Kaiba hängt irgendwie mehr dran und er hat ja sonst auch immer gewonnen und zu wissen das Joey hätte gewinnen können ist ja auch etwas wert, spätestens dann als Kaiba die Karten gesehen hat, so gesehen haben beide irgendwie gewonnen ;D)

CuCu Jyorie



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