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Ein Blick hinter das Eis

oder wie Joey nicht nur den Eisprinzen bezwang, sondern auch die letzte Schlacht überlebte...
von

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Konfrontation

Es ist seltsam, aber ich bemerke zum ersten Mal wie schön sein Gesicht ist. Sicher, dass er gut aussieht war mir auch schon vorher klar. Und nicht erst seit die Mädchen in der Schule kein anderes Thema haben als den ach-so-tollen-Seto Kaiba. Ich habe schließlich Augen im Kopf. Und für einen Mann ist er schon eindrucksvoll, was nicht nur an dem Mantel und der Aura des Unnahbaren liegt, wobei das Beides natürlich was hat.
 

Nein, jetzt gerade, in eben diesem Moment nehme ich erstmals wahr wie gleichmäßig seine Züge sind. Und seine Wimpern. Haben Männer überhaupt soooo lange Wimpern? Ich bin nicht sicher ob das politisch korrekt ist. Von den Augen ganz zu schweigen.
 

Klar, dass sein Blick einen aus der Fassung bringen kann, war schon immer eine unbestreitbare Tatsache. Dass er einen nervös machte, besonders wenn man ihm im Duell gegenüber steht und diese unnachgiebige Sturheit, ja diesen unbeugsamen Stolz in ihnen sieht... Aber jetzt blicken seine Augen weich und sanft auf seinen Bruder und es verschlägt mir den Atem. Ich wage es nicht mich zu rühren um den Moment nicht zu stören. Ich will nicht, dass er die Maske wieder hochzieht. Ich will ihn weiter so beobachten... einfach so. Und dabei das Gefühl genießen, dass sich in mir ausbreitet.
 

Moment, Moment. Gefühl??? Komm in die Realität zurück, Joey. Das hier ist Kaiba. Der Kaiba. Oder doch nicht?
 

"Wie komme ich zu der Ehre deines Besuches, Wheeler?" fragt er schließlich mit diesem nur zu vertrauten spöttischen Ton und der Zauber ist gebrochen. Ich sehe, dass er die Maske wieder aufgesetzt hat, aber sie sitzt nicht mehr so gut. Ich weiß es und ich glaube, er weiß es auch. Ich spüre es daran, dass sein Spott nur zu deutlich gespielt ist. Es ist eine Rolle, nichts weiter. Das wird mir mit einem Mal klar. Er spielt jetzt wieder den unnahbaren Mr. Cool. Und er weiß, dass ich weiß, dass er es nur spielt. Zumindest jetzt. Zumindest mir gegenüber in diesem Moment.
 

Ich weiß nicht recht was ich sagen soll. Als ich hergekommen bin, hatte ich vorgehabt ihm eine reinzuhauen oder zumindest ihn anzubrüllen. Aber mit einem Mal erscheint mir das alles so weit weg. Und unwichtig. Verrückt, was?
 

"Um ehrlich zu sein... ich weiß es nicht." gebe ich daher zu.
 

Er ist verwirrt. Und amüsiert stelle ich nun fest, dass ich ihn aus der Fassung gebracht habe. Müsste er nicht eigentlich irgendeine abfällige Bemerkung an dieser Stelle machen? Steht das nicht in seinem Drehbuch? Ich versuche seinem Blick stand zu halten und wow... zum ersten Mal seit ich Seto Kaiba kenne, liegt Unsicherheit in seinem Blick. Ja, ich bin mir ganz sicher. Unter anderen Umständen hätte ich gelacht und den Triumph ausgekostet. Ich meine, das ist schon mal was, oder? Joey Wheeler macht Seto Kaiba unsicher! Das passiert nicht jeden Tag. Doch in diesem Augenblick liegt es mir fern diesen Kampf weiterzuführen. Ich habe gerade gar keine Lust darauf mir ein verbales Duell mit ihm zu liefern und wie es aussieht... er auch nicht. Welch Überraschung.
 

Er seufzt und wendet mir den Rücken zu.
 

"Hattest du einen harten Tag, Seto?" Mokuba blickt besorgt zu seinem Bruder auf. Kaiba macht eine wegwerfende Geste mit der Hand. "Nicht anders als sonst auch." erwidert er, aber seine Stimme klingt müde und irgendwie... Ich weiß es nicht.
 

"Möchtest du Tee? Joey und ich haben schon welchen getrunken."
 

Kaiba wirft mir einen undefinierbaren Blick zu und nickt Mokuba dann zu. "Gerne." Der Kleine strahlt und macht sich direkt wieder ans Werk. Und Kaiba... Scheinbar zögerlich tritt er zur Couch und nimmt mir gegenüber Platz. Wir beobachten einander wie Wildtiere, die darauf warten wer den ersten Angriff führt.
 

"Worüber habt ihr geredet?" fragt er schließlich und ich ahne was er denkt. Er fragt sich ob sein kleiner Bruder zu viel Preis gegeben hat von dem, was er selbst so verzweifelt zu verstecken versucht. Dass er ein Mensch ist. Mit menschlichen Gefühlen. Kein Roboter. Kein Eisprinz.
 

Ich halte es für besser Mokuba antworten zu lassen und wie erwartet übernimmt der Kleine den Part. Kaiba lässt mich dabei nicht aus den Augen. Er schätzt mich ab und seine Zügen wirken wieder hart und kalt, nur an seinen Augen ist noch etwas von dem Kaiba zu erkennen, der...
 

"Joey hat mir von der Schlägerei erzählt." Ok, das trifft es nicht ganz, aber gut.
 

Kaiba nickt ruhig.
 

"Die Schlägerei bei der du mir den Arsch gerettet hast." Ich kann nicht anders, ich muss das sagen. Ich lächele ihn an. Er reagiert nicht, zuckt nicht einmal mit der Wimper. Dabei habe ich ihm eine geniale Vorlage geliefert.
 

"Und?"
 

"Was und?"
 

"Und worauf willst du hinaus? Ich dachte, das Thema hätten wir hinreichend erörtert." Aha. Da ist er wieder. Naja, fast. Noch nicht ganz der alte Kaiba, aber er gewinnt allmählich seine Fassung wieder. Ich zucke mit den Schultern.
 

"Naja... nicht so ganz, oder?"
 

Er zieht eine seiner makellosen Brauen hoch und ich frage mich wie er das macht, also nur eine hochzuziehen. Ich kann das nicht. Ob er es geübt hat?
 

"Wheeler." Er presst meinen Namen hervor und merke die Wut, die mitschwingt. "Was bitte gibt es noch zu klären? Ich hatte einen harten Tag, das kannst du dir sicher nicht vorstellen. Ich habe eine Firma zu leiten, mein Geduldsfaden ist daher augenblicklich nicht besonders lang und ich würde es begrüßen, wenn du endlich auf den Punkt kommen würdest."
 

Ich bin nicht sicher wie ich ihn gerade einschätzen soll. Eigentlich bin ich mir heute über gar nichts mehr sicher was ihn betrifft. Und genau das ist mein Problem.
 

"Ich glaube Joey..." Kaiba unterbricht Mokuba mit einer einzigen Handbewegung und der Kleine verstummt augenblicklich. "Lass uns bitte alleine, Mokuba." Es ist wieder die Stimme, die keinen Widerspruch duldet. Nicht einmal von seinem Bruder. "Wie du willst, Seto." Mokuba erhebt sich und geht zur Tür, bevor er den Raum verlässt schenkt er mir noch ein aufmunterndes Lächeln. Ich werde es wohl brauchen können.
 

"Wheeler." Er beugt sich vor und seine volle Anspannung ist wieder da. Ich kann sie fast greifen.
 

"Kaiba, ich..." Ich breche ab. Ich weiß doch gar nicht was ich sagen soll. Das hier ist vollkommenes Neuland und ich bin verwirrt.
 

Wir sitzen uns schweigend gegenüber. Ich weiß, dass er nach den richtigen Worten sucht und ich tue es ebenso. Und ich glaube, wir beide wissen nicht so recht was wir sagen sollen.
 

Fakt ist, die Sachlage hat sich innerhalb kürzester Zeit verändert. Wir sind nicht mehr nur Seto Kaiba und Joey Wheeler wie wir es bisher waren. Die alten Regeln gelten nicht mehr. Wir spüren es beide, aber keiner will es sich wohl eingestehen. Es ist ja auch nicht so leicht. Ich meine, gestern, naja, eigentlich vorvorgestern waren wir noch Erzfeinde und das war leicht für uns, mit der Rollenverteilung kamen wir klar, irgendwie zumindest. Aber die Dinge haben sich geändert und auch wenn ich nicht weiß was das überhaupt bedeutet, ich weiß, dass ich Kaiba mit anderen Augen sehe als zuvor. Und dass sich daran auch nichts mehr ändern wird.
 

"Warum hast du mir geholfen?" frage ich schließlich noch einmal.
 

Er schließt die Augen. Es kostet ihn Mühe sich zusammen zureißen. Ich sehe es ihm an. Seine Hände sind zu Fäusten geballt und ich spüre wie er mit sich ringt. Irgendwie tut es mir weh ihn so zu sehen. Es ist als würde er einen inneren Kampf führen und ich kann mir vorstellen wie hart das sein muss.
 

"Das habe ich dir doch bereits gesagt. Wir treten auf der Stelle."
 

Seine Selbstbeherrschung nötigt mir Respekt ab. Ja, ernsthaft. Ich weiß, dass er mich in diesem Moment am Liebsten anschreien, ja vielleicht sogar schlagen würde, aber er tut es nicht. Er ist bemüht darum die Contenance zu bewahren. So ist Seto Kaiba eben. Und irgendwie tut er mir plötzlich leid. Was muss in seinem Leben alles passiert sein, dass er so bemüht ist, sich selbst unter Kontrolle zu behalten, dass er sich keine einzige Emotion gönnt.
 

"Ich bin nicht hier um zu streiten." höre ich mich sagen.
 

"Ach ja?" Der Sarkasmus verfehlt dieses Mal seine Wirkung.
 

"Kaiba."
 

Es ist seltsam... ich agiere wie ferngesteuert. Ein, zwei Schritte und ich bin bei ihm. Lege ihm meine Hand auf die Schulter und bin erstaunt wie zart diese ist, wie mager. Ich dachte immer er hätte so breite, harte Schultern. Aber das macht wohl mehr der Mantel. Er reißt den Kopf hoch und starrt mich an. Unsicher, fassungslos und auch wütend, aber ich halte seinem Blick stand. Ich spüre wie er unter meiner Berührung zu zittern beginnt. Und ich zittere ebenfalls. Aber nicht aus Angst. Ich bin einfach überwältigt. Das Gefühl ihn zu berühren, ihm so nah zu sein - ihm, dem eigentlich keiner wirklich nah ist.
 

"Was zur Hölle willst du, Wheeler?" fragt er und es ist Verzweiflung, die mitschwingt. Ja, echte Verzweiflug.
 

Immernoch liegt meine Hand auf seiner Schulter und ich weiß eigentlich gar nicht so recht was ich hier tue, aber es erscheint mir richtig, so verrückt das Ganze auch sein mag. Das Blau seiner Augen strahlt mir entgegen und es nicht die Spur von Kälte darin. Oh nein, nicht einmal ein Funke. Sie sind warm und weich und irgendwie flehend und der Anblick rührt mich so dermaßen, dass mir die Sinne schwinden. Ernsthaft. Noch nie habe ich solch schöne Augen gesehen und solch unbändige Traurigkeit darin.
 

Vage nehme ich wahr wie ich mich zu ihm beuge und meine Hand zu seinem Nacken gleitet. Ich sehe wie seine Pupillen sich weiten als ich seinen Kopf nach vorne drücke, aber er lässt es geschehen, leistet keinerlei Widerstand und auch wenn ich keinerlei Ahnung habe was ich da gerade tue und warum, ich kann nicht inne halten.
 

Dann liegen meine Lippen auf den seinen und...

Es ist so leicht. Mit einem Mal sind alle Fragen vergessen, alle Zweifel beseitigt und die Ängste weggefegt. Die Zeit scheint still zu stehen und ich fühle nur. Seine Lippen auf den meinen. Sie sind warm und sie zittern und sie sind erstaunlich sanft. Für den Bruchteil einer Sekunde spüre ich seine Überraschung, ja, auch den Versuch sich mir zu entziehen, aber er tut es nicht. Er erwidert meinen Kuss und mein Herz beginnt zu hüpfen. So unglaublich ist das Gefühl. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es ist unbeschreiblich und einfach nur... wow.
 

Eine Ewigkeit scheint zu vergehen bis wir uns von einander lösen, um Luft zuholen und zu realisieren was gerade geschehen ist. Mein Hirn ist wie aufgeweicht. Ich fühle mich trunken und mein Blick hält seinen fest.
 

"Wow." bricht es schließlich aus mir hervor.
 

Er sagt nichts, sieht mich nur an.
 

"Wow."
 

Dann dämmert mir die Wahrheit. Die Realität hat mich zurück. Wie vom Donner gerührt starren wir uns an.
 

Wir haben uns geküsst.

Kaiba und Wheeler haben sich geküsst.
 

Ich weiß nicht was mich mehr schockiert. Diese Erkenntnis oder die Tatsache, dass es sich unglaublich angefühlt hat.
 

"Oh Mann."
 

"Du sagst es."
 

"Ich..."
 

Ich höre wie Kaiba tief durchatmet.
 

"Das war definitiv nicht geplant." sage ich und komme nicht umhin zu lachen. Ich bin nicht sicher ob es ein glückliches oder hysterisches Lachen ist. Wahrscheinlich was von beidem.
 

"Ich kann nicht umhin dir zu zu stimmen."
 

Er versucht sich wieder zusammeln, aber das kann er vergessen. Es wird ihm nicht gelingen. Mir auch nicht. Nicht nach... dieser Aktion.
 

Ich habe tatsächlich Kaiba geküsst. Oh Mann.

Und wenn das nicht schon verrückt genug ist... es war toll. Mehr noch, es war... gigantisch.
 

"Dir ist schon klar, dass das..." Er bricht ab und schüttelt den Kopf.
 

"Verrückt ist?" Er nickt.
 

"Jepp, das steht außer Frage würd ich sagen. Wahrscheinlich das Verrückteste was ich je getan habe."
 

"Und warum hast du es getan?" Seine Stimme ist nur ein Flüstern.
 

Puh. Gute Frage. Warum habe ich Kaiba geküsst? Weil es mir eine gute Idee schien? Und auch eigentlich eine gute Idee war, wenn man die Sachlage rein auf den Gefühlswert beschränkt.

Und weil ich irgendwie gar nicht anders konnte. Auch wenn das verrückt klingt. Ich bin eben verrückt.
 

Ist es nicht erstaunlich wie gut ich mich fühle nachdem ich Kaiba geküsst habe? Oh Mann, was für ein Tag.
 

Er sieht mich fragend an.
 

"Ich schätze aus dem gleichen Grund warum du mir geholfen hast." erwidere ich schließlich.
 

Und nun befinden wir uns beide in einer Pattsituation.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  jyorie
2013-02-15T11:16:03+00:00 15.02.2013 12:16
Hey ^_^

Hat mir sehr gut gefallen, das Joey diesmal wieder den Anfang gemacht hat und auf Kaiba zugeht, um ihn zu küssen :D Und es beiden auf anhieb gefallen hat. Wie es jetzt wohl weiter geht, nach diesem ersten Kuss?

CuCu Jyorie

Von:  Shimizu-chan
2010-10-01T20:47:22+00:00 01.10.2010 22:47
wahhhh sie ham sich geküsst *freu* :] *knuff*
die beiden sind einfach soooo was von süß >/////< *beide ganz fest knuddel*
ja joey so ein gefühl nennt man auch liebe oder auch zuneigung *grins* ^-^
und joey sollte gut auf seto aufpassen sonst regt der sich wieder so auf
naja man kennt ihn ja auch net anders, aber seto kann bestimmt auch ganz ganz lieb sein :] *knuff*
Von:  Sethi
2010-09-03T09:15:15+00:00 03.09.2010 11:15
Ich habe gerade deine FF entdeckt und muss sagen: WOW!!!
Du hast echt einen schönen Schreibstil (ich habe nicht einen einzigen Rechtschreibfehler entdeckt!!!).

Was mir besonders gut gefältt ist einmal, dass es komplett aus Joey's Sicht geschrieben ist und ich damit viel besser in die Geschichte eintauchen kann, und das alles so realistisch und nachvollziehbar beschrieben wird. Beide Charaktere sind wirklich sehr gut getroffen, das schafft auch nicht jeder.

Eine der wenigen SxJ wo es nicht heißt: sehen-küssen-sex und am besten alles in einem Kapitel. -_-'

Ich bin schon ganz gespannt, was als nächstes passiert. Und solange ich warte, lese ich nochmal die Stelle mit dem Küss. *seufz* Ach war die süß und irgendwie auch voll romantisch. =)

Gruß
dat Sethi
Von:  Sephira
2010-09-03T00:44:09+00:00 03.09.2010 02:44
Mir gefällt dein Schreibstil total gut.
Es ist witzig und spannend zu lesen ^^
Hoffe du schreibst bald weiter. :D
Von:  Jackie20
2010-09-02T20:21:00+00:00 02.09.2010 22:21
wieder mal ein tolles kapitel
das joey kaiba küsst und er nicht macht
ist ja komisch
ich freu mich schon wenn es
weiter geht
schreib schnell weiter
bye


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